Apnoe Rekord 'No-Limit'. Andreas Pap auf Tiefenjagd

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30.01.2014 16:59
Kategorie: Diverses


Andreas Pap hat Mitte Januar den Deutschen Rekord von Andy Güldner in der Disziplin "No-Limit" gebrochen. In dieser sehr speziellen Apnoe-Disziplin taucht man mithilfe eines Schlittens in die Tiefe und ein Hebesack bringt den Taucher wieder zurück an die Oberfläche.

Der Begriff "Apnoe" kommt aus dem griechischen und bedeutet: ohne Atem. Die bekannteste der drei Apnoe-Disziplinen ist das "No-Limit", bei der es gilt, so tief wie möglich zu tauchen. Technische Hilfsmittel wie ein Schlitten, auf dem der Sportler in die dunkle Tiefe gleitet, und ein Hebesack, das ihn wieder an die Oberfläche tragen, sind dabei erlaubt.

Die Herausforderung bei dieser Spielart des Apnoetauchens ist die Tiefe und vor allem in dieser Tiefe geistig und körperlich völlig entspannt zu bleiben. Wir telefonierten mit Andreas Pap, nachdem er aus Sharm el Sheikh zurück war und konnten mit einem außergewöhnlich entspannten Apnoetaucher am anderen Ende der Leitung sprechen, der seinen 115m Tauchgang so gar nicht als extrem ansieht.


Interview von Nik Linder / DiveInside

DiveInside: Andreas, nachdem du bisher immer durch Rekorde unter Eis (tiefster Mensch unter Eis) im Wettstreit gegen Christian Redl auf dich aufmerksam gemacht hast, warst du nun in Sharm el Sheikh um im Januar den Deutschen Rekord in der Disziplin "No-Limit" zu brechen. Wie kamst du auf diese Idee?

Andreas Pap: Es gibt Freediver und "Deep Freediver", und ich gehöre definitiv zu den "Deep Freedivern". Unter Eis war ich noch nicht an meinem Limit (der Grund hat mich jedes Mal gestoppt) und letztes Jahr in Sharm el Sheikh hatte ich das gleiche Problem, auf 80m war wieder der Grund da. Daher musste ich noch einmal hin. Die Zahl 100m hatte ich schon lange im Kopf und den deutschen Rekord zu brechen war eine zusätzliche Motivation. Dass es nachher sogar 115m Tiefe waren, ist der absolute Hammer.

DI: Herzlichen Glückwunsch nochmal. Wer hat den Rekord organisiert – wer war vor Ort dein Coach und wie sah in Sharm el Sheikh dein Tagesablauf aus?

AP: Den Rekord hat das Only One Apnea Center organisiert. Sie sind vor Ort und haben die gesamte Logistik (Plattform, Schlitten, Wettkampfrichter, Sicherungstaucher, Schnellboot, Notarzt und auch eine Dekokammer). Trainiert und gecoached hat mich meine Freundin, sie ist die Beste. Ein Coach hat die Aufgabe alle alltäglichen Arbeiten von mir zu übernehmen und Stress möglichst fernzuhalten. Dazu gehört die Trainingszeiten zu organisieren, meine Ernährung zu planen, meine Aktivitäten zu organisieren, bis hin zum Equipmenttragen, damit ich mich nicht anstrengen muss.
Morgens habe ich einen Tee getrunken um mich zu entspannen, um 12 Uhr ging es auf die Plattform zum Trainieren. Nach dem Training musste ich etwas essen. Anschließend stand ein Entspannungsspaziergang auf dem Programm. Anschließend "chillen" und danach wieder eine Kleinigkeit essen und früh ins Bett.

 


Der Rekordtauchgang beginnt...


DI: Erzähl mal etwas zu deinem Rekordtag, wie war der genaue Ablauf?

AP: Am Rekordtag lief alles perfekt, bis auf eine starke Strömung durch die Gezeiten. Geplant war ein Tauchgang auf 60m und danach auf 115m (Rekord). Weil es durch die Strömung sehr schräg runter ging, habe ich noch einen extra Tauchgang auf 80m gemacht. Damit haben wir mehr Zeit gebraucht als geplant und die Strömung hat währenddessen nachgelassen. So war für den Rekordversuch alles in Ordnung und alles lief problemlos.

DI: Was geht einem durch den Kopf, wenn man auf 115m Tiefe ist?

AP: Ich habe als Kind viel "Unterwasser-Fangen" gespielt, und ich war so gut, dass es praktisch unmöglich war, mich zu erwischen. Dadurch habe ich mich im Wasser sicher gefühlt, ich würde sagen sogar geborgen. Umso mehr Wasser um mich herum ist umso geborgener fühle ich mich, und aus diesen Grund habe ich keine Probleme -was den Kopf angeht- in der Tiefe.

DI: Du kommst aus Velbert bei Düsseldorf, nicht gerade der perfekte Platz um sich auf diesen Tiefenrekord vorzubereiten. Wie sah dein Training aus?

AP: Ja das stimmt, unsere Seen haben nur eine Tiefe von 20m. Der einzige See, der ein bisschen tiefer ist, ist in Messinghausen (Sauerland, 160km von mir entfernt) 40 Meter. Allerdings zu dieser Jahreszeit kommen beide nicht in Frage, aber ich habe das Glück dass der Tauchturm in Siegburg (Dive4Live) von mir nur 80 km entfernt ist. Da habe ich zwei Mal die Woche trainiert, und zwar "leere Lunge" Tauchgänge. Mit dieser Methode kann man große Tiefen in flachen Gewässern simulieren.



Auf dem Weg in die Tiefe...


DI: Du hast dir in Deutschland einen Namen mit deiner Fähigkeit des "Mouthfills" gemacht. Erkläre doch mal was Mouthfill bedeutet und was es dabei bei deinem Rekord zu beachten gab.

AP: Mouthfill ist eine Druckausgleichmethode, bei der man die Luft für den Druckausgleich nicht aus der Lunge nimmt sondern aus den Backen - also den Mund-Rachenraum. Man füllt seine Backen auf ca. 25 Meter Tiefe, schließt die Epiglottis, damit die Luft aus den Backen nicht zurück in die Lunge fließen kann, und presst dann mit Hilfe der Frenzelmethode (Zunge als Kolben benutzen) die Luft durch die Eustachische Röhre in das Mittelohr. Aber VORSICHT! Diese Methode dürfen nur sehr erfahrene Apnoetaucher verwenden, weil durch das Füllen der Backen die Lunge viel weniger Luft zu Verfügung hat und aus diesem Grund kann man sich leichter ein Lungenbarotrauma holen. Das Zweite warum nur erfahrene Apnoetaucher diese Methode nutzen sollten ist, dass der Taucher seine Grenzen sehr gut kennen muss. Kontraktionen (Zwerchfellzucken) in der Tiefe wo die Lunge sehr zusammengezogen ist, bedeutet fast automatisch ein Lungenbarotrauma. Also langsam an die Tiefe herantasten und immer auf den Körper hören und rechtzeitig wenden.

DI: Kann man diesen Mouthfill lernen, bietest du Kurse dazu an?

AP: Ja, man kann Mouthfill lernen und ich werde auch Mouthfill-Kurse anbieten - sogar in Kombination mit einem Schlittenkurs, damit das Erlernte auch in der Tiefe angewendet werden kann. Ich bin damit der einzige Anbieter im deutschsprachigen Raum und freue mich auf die Kursteilnehmer.

DI: Du bezeichnest deine Disziplin "No-Limit" nicht als Extremsport - warum nicht?

AP: Weil ich es nicht extrem betreibe. Ich habe jetzt 115 Meter gemacht und wie man auf dem Video sieht, war es überhaupt kein Problem, weil ich in meinen körperlichen Rahmen tauche (siehe Video am Ende des Berichts). Wenn ich jetzt unter 150 Meter gehen würde, wäre es für meine aktuellen Möglichkeiten zu extrem. Dazu müsste ich viel mehr trainieren um das zu schaffen. Wie gesagt man kann natürlich No-Limit extrem betreiben, man muss es aber nicht.



Der Rekord ist geschafft - nun geht es zurück zur Oberfläche.


DI: "No Limit" ist umstritten, warum ist es deiner Meinung nach ein wichtiger Sport?

AP: No-Limit hat den Apnoesport bekannt gemacht. Klar, es ist und bleibt sehr gefährlich. Aber wenn man das vernünftig betreibt und man die Gefahren ausgrenzt macht es richtig viel Spaß. Die Geschwindigkeit nach unten, nach oben - die Tiefe - einfach wie Achterbahn fahren. Ich biete "No-Limit" Kurse an damit man diese Gefahren lernt und das Schlittenfahren richtig und ohne Verletzungen durchführen kann.

Steckbrief Andreas Pap

Name: Andreas Pap
Geboren: 11.10.1969
Geburtsort: Velbert NRW

Größe: 183 cm
Gewicht: 80 Kg
Lungenvolumen: 5,9 L
Ruhepuls: 48

Mail: info@apnoeausbildung.de
Web: Apnoeausbildung.de

DI: Was stehen für Projekte an?

AP: Ich werde auf jeden Fall Sponsoren suchen, weil es mich richtig reizt den legendären Rekord von Benjamin Franz zu brechen, 126 Meter im See. Dort wo absolut alles dunkel ist und die Temperatur bei nur 4°C liegt. Das ist der absolute Hammer. Aber so etwas geht nur mit Sponsorengelder.
Ich werde auch noch ein Scooterrennen gegen Christian Redl und Nik Linder machen und natürlich die beiden hinter mir lassen Hahaha.

DI: Was ist mit Eistauchen?

AP: Mit Eistauchen haben wir letztes Jahr im Februar am Weissensee mit Peter (Colat) und Nik abgeschlossen, und es soll auch so bleiben. Eistauchen ist sehr gefährlich wegen der Höhenlage des Weissensees und natürlich der Kälte. Ja, und ich bin immer noch der tiefste Mensch unter Eis mit 65 Metern.

DI: Dann schauen wir mal was der Christian Redl im Februar unter Eis macht. Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg für deine zukünftigen Pläne.

Video zum Thema:

 

Der gesamte Rekordtauchgang in einem tollen Video. Die Kamera begleitet Andreas von der Oberfläche bis auf die Zieltiefe von 115 m und zurück.