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Ägyptens Spiel mit dem Feuer
Preissteigerungen kennen wir alle. Anhebungen um 150 Prozent sind da eher schon die Ausnahme. Nicht so jedoch in Ägypten, denn das Außenministerium hatte kürzlich beschlossen, den Finanzen des wirtschaftlich angeschlagenen Touristenparadieses durch eine drastische Anhebung der Visagebühren für Touristen auf die Sprünge zu helfen. Von 25 $ auf bis zu 60 $ pro Visum sollte die Einreisegebühr für Touristen zum 1. März angehoben werden. Die Gebühren sollen an Flughäfen, in Häfen und an sonstigen Einreisepunkten erhoben werden. Und damit dieser Beschluss auch umfassend umgesetzt werden wird, sind gleich auch die Strafen bei Zuwiderhandlung gegen die Bestimmungen drastisch angehoben worden.
Ägypten wäre aber nicht Ägypten, wenn solch ein Beschluss nicht ebenso schnell, wie er verkündet wurde, auch wieder aufgehoben werden könnte. Und genau dies geschah postwendend, denn eine deutliche Warnung aus den Kreisen der führenden Tourismusmanager Ägyptens fand beim Tourismus Ministerium Gehör. Der Zeitpunkt sei nicht gut gewählt, denn der sich gerade langsam erholende Tourismus werde von solchen Entscheidungen gerade in der strukturschwachen Nebensaison besonders hart getroffen, hieß es von offizieller Seite. Und so wurde der Schnellschuss, zunächst gestoppt und auf den 1. Juli in die Hauptsaison verschoben.
Während weltweit in zahlreichen touristischen Destinationen daran gearbeitet wird, die Touristenströme am Leben zu erhalten und Einreisehemmnisse und Visaprobleme zu beseitigen, ist Ägypten mal wieder auf anderen Pfaden unterwegs. Außer dass die Einführung der Erhöhung der Visagebühr in die Hauptsaison verschoben wird, ist vor Ort nichts Näheres zu erfahren. Taucher.Net hat mit verschiedenen Reiseveranstaltern telefoniert und stieß auch nur auf Fragezeichen.
Das Land liegt wirtschaftlich am Boden und braucht dringend Einnahmequellen um Löcher zu stopfen. Und da Erhöhungen der Verbrauchssteuern, der Grundnahrungsmittelpreise oder der Steuern auf Treibstoffe bei der Bevölkerung kaum mehr auf Verständnis stoßen, ist man diesen vermeintlich einfacheren Weg gegangen. Einmal davon abgesehen, dass solche Maßnahmen auch bei Besuchern nicht gerade auf Begeisterung stoßen werden, sind auch verschiedene Veranstalter wie zum Beispiel Bluewater Safaris völlig ratlos: „Solche Schnellschüsse sind für uns ein riesiges Problem! In unseren Preislisten und Kalkulationen sind die bisherigen Visagebühren zugrunde gelegt. Eine solche kurzfristige Erhöhung würde uns erhebliche administrative Probleme bereiten, denn wir müssten alle Kontrakte und Rechnungen rückwirkend anpassen,“ klagt Bernard Wächter, Inhaber von Bluewater Safaris. „Und ob der anvisierte Termin '1.Juli' verlässlich eingehalten werden wird, steht auch in den Sternen. Für uns und unsere Kunden eine höchst unbefriedigende Situation,“ sagte Wächter gegenüber Taucher.Net.
Dass Ägypten an dieser Finanzschraube dreht, wird schon fast verständlich, denn nach dem vermutlich durch eine Bombe verursachten Absturz einer russischen Passagiermaschine im Herbst 2015 war der Tourismus in Ägypten nahezu zusammengebrochen. Airlineboykotte und internationale Reisewarnungen hatten die Urlauberzahlen einbrechen lassen und von den Zahlen des Rekordjahres 2010, in dem mehr als 15 Millionen Touristen Ägypten besuchten, kann man heute nur noch träumen. Offizielle Statistiken sprechen von mehr als 40 Prozent Verlust, die wahren Zahlen dürften noch deutlich höher liegen. Mehr als 200 Hotels – vor allem im Sinai – mussten in Folge dieser Krise die Pforten schließen. Wie viele Tauchbasen die Rollläden herunterlassen mussten oder durch finanzielle Verluste durch ausbleibende Kunden in Existenzkrisen stürzten, ist nicht bekannt. Es dürfte aber ähnlich dramatisch hoch sein.
Ob eine Erhöhung der Visagebühren für das "große Ägyptenvisum" (das Süd Sinai Visum bleibt nach bisherigen Informationen nach wie vor kostenfrei) nun das richtige Heilmittel gegen Inflation und Finanzkrise ist, mag dahingestellt bleiben. Offiziellen Statistiken zufolge besuchten im November 2014 noch fast 900.000 Touristen Ägypten. Im November 2015 waren es nur noch 560.000 und im vergangenen November nur noch knapp 500.000. Doch selbst bei diesen Zahlen weckt die Aussicht auf monatliche Mehreinnahmen von etwa 15 Millionen Dollar aus dem Visageschäft natürlich Begehrlichkeiten. Und was am Ende die Besucher dazu sagen und wie sie reagieren werden, ist eine weitere offene Frage... (hap)