(Zeit)Reise in den Sudan

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08.11.2018 10:32
Kategorie: Reise

Tauchsafari auf der Royal Evolution

Über den Sudan ist hierzulande nur wenig bekannt, zudem gilt er nicht unbedingt als eines der sichersten Reiseländer. Dennoch zieht es immer wieder Taucher in dieses Land. Diesem Phänomen wollte ich auf den Grund gehen und habe mich kurzerhand an Bord der „Royal Evolution“ für eine siebentägige Safari in den tiefen Süden des Sudans eingeschifft.

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Die notwendigen Formalitäten (Visum vorab) werden dabei durch Mitarbeiter des Safariveranstalters vor Ort erledigt. Die Anreise gestaltet sich aktuell einigermaßen aufwändig, entweder mit „Emirates“ über Dubai und dann weiter mit der Low Cost Airline „Fly Dubai“ nach Port Sudan oder via „Air Egypt“ über Kairo in den Sudan.
Hinweis: Ab dem Jahr 2019 starten die Touren in den Sudan wieder in Port Ghalib (Ägypten) um die aufwändige Tour bis Port Sudan zu umgehen. Der kleine Nachteil einer längeren Anfahrt in den Sudan wird damit mehr als kompensiert durch die wirklich einfache Anreise nach Port Ghalib.

So beschwerlich die Anreise auch sein kann, vor Ort ist alles durch den Veranstalter perfekt organisiert: von der Unterstützung bei der Einreise über die Transfers bis hin zu den Briefings an Bord der „Royal Evolution“. Das 39 Meter lange Safariboot bietet Platz für bis zu 24 Passagiere und legt üblicherweise in der ersten Nacht von Port Sudan aus ab. Die größeren Reiseabschnitte finden fast immer nachts statt, um den Tauchern tagsüber soviel Tauchgänge wie möglich zu ermöglichen.

Der übliche Checkdive findet dann am ersten Morgen statt. Dabei geht es primär um das Bestimmen der korrekten Bleimenge. Als einzige obligatorische Übung wird das Setzen einer Boje verlangt. Eine Maßnahme die in Anbetracht des Umstandes, dass man die kommenden Tage kein Festland mehr sieht, durchaus Sinn macht.

Tauchen, essen, schlafen

Sind die folgenden Tauchplätze des ersten Tages noch eher zum Eingewöhnen, so nimmt die Tour spätestens am nächsten Morgen richtig an Fahrt auf. „Habili Miyum“ kann getrost zu den Topspots des Roten Meeres gerechnet werden. Direkt nach dem Abtauchen dort begrüßt uns ein kleiner Weißspitzenriffhai, allerdings hat er nur kurz die Aufmerksamkeit der Taucher, da sich das eigentliche Ziel normalerweise in größeren Tiefen aufhält. Deshalb lässt sich unsere kleine Tauchergruppe an den endlos abfallenden Steilwänden bis auf die Zieltiefe von 40 Meter sinken um große Schulen von Bogenstirnhammerhaien zu sichten.

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Schnell stellt sich auf dem Safariboot die übliche Routine ein. Tauchen, essen, schlafen und von vorne anfangen. Apropos Essen: Die Zeiten zu denen man auf den Safaribooten nur mit dem Nötigsten versorgt wurde sind ja bekanntlich lange vorbei. Aber was die Crew hier an Köstlichkeiten zaubert, ist wirklich eine Erwähnung wert. Die Speisen sind vielfältig, abwechslungsreich und wurden am letzten Tag mit einem sensationell guten BBQ gekrönt. Auch Bier und andere Spirituosen sind verfügbar, keine Selbstverständlichkeit in einem streng islamischen Land. Ebenfalls spitze sind die riesigen Gästekabinen der „Royal Evolution“. Im Laufe der Zeit habe ich ja schon einige Safariboote und Kabinen gesehen, aber nie an ein ähnliches Platzangebot.

Die beiden Tauchguides Khaled und Linus verstehen sich nicht als Aufpasser. Bei den ersten beiden Tauchgängen jeden Tages werden die Gäste begleitet. Es wird ins Blauwasser hinaus getaucht und versucht die Hammerhaischulen zu finden. Zurück am Riff kann jedes Buddyteam sich selbst für einen Weg entscheiden oder aber den Guides weiter folgen und den Nachmittags- und eventuellen Nachttauchgang komplett für sich allein gestalten. Dass die beiden Guides immer noch Spaß am Tauchen haben, äußert sich nicht zuletzt dadurch, dass sie auch während der Nachmittagstauchgänge oft im Wasser gesehen werden.

An den folgenden Tagen werden Hammerhaie nur vereinzelt und nicht sehr nah gesichtet. Dennoch wartet das Tauchgebiet mit einer Vielzahl der im Roten Meer beheimateten Spezies auf: Immer wieder haben wir Haibegegnungen, treffen auf Büffelkopfpapageienfische, Blaupunktrochen und Schildkröten. Besonders bleibt die Begegnung mit einem kleinen Manta an „Abidan Island“ in Erinnerung. Auch er möchte nicht mit uns spielen, dreht aber dann doch mit respektvollem Abstand eine Runde um meinen Buddy und mich.

Allen Tauchplätzen ist gemein, dass sie einen total unberührten Eindruck machen. Hart- und Weichkorallen überhaupt das komplette Ökosystem macht einen gesunden und stabilen Eindruck, keine Spur von menschlichen Eingriffen. Große Schwärme von Süsslippen sind jeden Tag zu sehen. Am Tauchplatz „Habili Dibsel“ verdunkelt sich mit einem Schlag das Wasser und ein riesiger Schwarm Barrakudas kreuzt unseren Weg.

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An „Shaab Jumna“ gibt es eine letzte Chance auf große Hammerhaischulen, wieder sind sie da und wieder „verweigern“ sie sich den Fotografen und einer Nahaufnahme indem sie ins Blau des offenen Ozeans verschwinden. Stattdessen haben wir zu Ende des Tauchgangs eine Begegnung die weder erwünscht ist, noch erwartet wurde: Zum ersten Mal seit Beginn unserer Tour sehen wir andere Taucher im Wasser. Man hat sich so an die Ruhe und Einsamkeit gewöhnt, dass diese andere Gruppe – obwohl nicht stört - auffällt. Der Nachmittagstauchgang findet dann an „Shab Jumna“ statt. Auch hier sind wieder fremde Taucher im Wasser. Allerdings werde ich für das zögerliche Verhalten der Hammerköpfe in den letzten Tagen entschädigt. Aus dem Nichts taucht ein kleiner Hammerhai auf und dreht zwei bis drei Runden um mich. Mein Buddy schaut mich nur staunend an und der Guide will diese Begegnung erst gar nicht glauben. Hammerhai? Hier an Shaab Jumna?

Abschließend finden noch zwei Tauchgänge an der „Umbria“ statt. Auch hier sind die Guides wieder mit im Wasser und zeigen uns die versteckten „Schätze“ des Wracks. Die Umbria wurde von ihrer Mannschaft beim Kriegseintritt Italiens 1940 versenkt. Der italienische Kapitän wollte vermeiden, dass die Fracht mit 6.000 Tonnen Bomben und weiteren Kriegsmaterialien in britische Hände gerät. Die Bomben und drei Fiat 1100 befinden sich noch immer im Wrack und können bestaunt werden. Ohne die Guides würde wohl aber kaum ein Taucher weit genug in das verwinkelte Wrack eindringen um die PKW’s zu finden.

Nach diesen Tauchgängen fährt die „Royal Evolution“ zurück nach Port Sudan. Wer möchte kann sich zum Abschluss der Tour in den Hafen übersetzen lassen und mit dem TukTuk die Stadt erkunden.

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Eine Zeitreise?

Ja, mit Sicherheit! Wenn ältere Taucher von Ägypten vor 30 Jahren erzählen, dann fallen immer wieder die Worte „unberührte Riffe“, „alleine am Tauchplatz“ und „riesige Fischbestände“. Also in dieser Hinsicht kann man den Sudan durchaus als Zeitreise bezeichnen. Der Eindruck an Land verstärkt dieses Gefühl noch weiter.

Auszusetzen an der Tour gab es nichts. Naja fast nichts. Das nächste Mal werde ich eine Zehntagestour buchen – und das mit Sicherheit - um auch den nördlichen Teil des Sudans unterwasser erkunden und um die erholsame Zeit auf diesem prächtigen Schiff länger genießen zu können.

Weitere Informationen:
Webseite Royal Evolution
Royal Evolution auf Taucher.Net