Grüner See und Grüblsee. Steirische Smaragde für Taucher

Teile:
28.10.2014 08:05
Kategorie: Reise

Luftlinie zählt in den Alpen nicht viel. Grüblsee und Grüner See in der österreichischen Steiermark sind auf der Wanderkarte nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Der Landweg zwischen den beiden Seen jedoch ist relativ lang.

Zwei Seen, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. Der eine besteht aus reinstem Quellwasser, verschwindet aber jedes Jahr fast vollständig. Der andere ist eigentlich ein künstliches Reservoir für Schneekanonen. Erst ein Visionär machte ihn zum ungewöhnlichsten Tauchplatz Österreichs.

Bericht von Harald Mathä

Der Grüner See


Unglaubliche Sichtweiten in einer wunderschönen Gebirgslandschaft

Jedes Jahr im Frühling nach der Schneeschmelze beginnt eine kleine Lacke in den Ostalpen geheimnisvoll anzuschwellen. Millionen Liter Wasser drücken von unten in den See und lassen ihn schnell wachsen. Sechs bis zehn Meter steigt das Wasser in den nächsten Wochen an. Dabei wird alles überflutet, was sich dem Wasser in den Weg stellt. Wiesen, blühende Gänseblümchen, Bäume und Wanderwege. Sogar ein Bankerl, das sonst den müden Wanderer zur Rast einlädt und eine kleine Brücke verschwinden im glasklaren Wasser. Nach einigen Monaten ist der Spuk wieder vorbei. Statt Tauchern sitzen wieder Wanderer auf dem Bankerl und rasten sich aus. Ein Schmetterling tanzt über die Wiese. Unterm Brückerl fließt murmelnd ein Gebirgsbach durch. An die blubbernden Taucher kann sich jetzt im Herbst keiner mehr erinnern. Auch nicht die für Angler eingesetzten Forellen. Zusammen mit Petersilkartoffeln wurden sie wohl längst "blau" oder "Art Müllerin" verspeist.

Tauchen im Grüner See


Dort, wo sich im Frühjahr und Sommer die intensiv grün reflektierende Oberfläche des Grüner See ausbreitet, kann man im Rest des Jahres trockenen Fußes herumwandern. Der Grüner See ist ein reiner Quellsee, gespeist vom geschmolzenen Schnee aus dem Hochschwabmassiv. Nach der Schneeschmelze dringt das Wasser durch das Gebirge und tritt im Tal gefiltert wieder an die Oberfläche. Das Quellwasser ist ohne Nährstoffe, eiskalt und glasklar. Tauchen hier ist ein "Schweben im Nichts". 40 Meter Sichtweite sind dabei keine Seltenheit.

Der Haupteinstieg befindet sich beim Gasthaus "Seehof". Nach links abtauchend gelangt man dem überfluteten Wanderweg entlang nach etwa 15 bis 20 Minuten Tauchzeit zu den oft fotografierten Sehenswürdigkeiten "Brückerl" und "Bankerl". Um diese unter Wasser sehen zu können, muss der Wasserstand aber mindestens 8 oder besser 10 Meter sein.

Nach rechts abtauchend sieht man einige hoch aufragende Felsformationen. Auch hohle Baumstämme fallen hier auf. Erst beim genauen Hinsehen erkennt man, dass es sich nicht um historische Wasserleitungen handelt. Taucht man hier weiter gelangt man in einen Seitenarm des Sees. Der überflutete Teil eines Fichtenwalds kann hier erkundet, fast unter Wasser "erwandert" werden.

Abstand zum Boden und gutes Tarieren sind hier gefragt. Der Seeboden besteht aus feinstem Kalksteingrieß, der leicht aufwirbelt und die tolle Sicht schnell zerstört.

Fauna und Flora
Das nährstoffarme Wasser und das regelmäßige Austrocknen machen es dem Leben im See sehr schwer. Einige für Angler eingesetzte Forellen umschwimmen wenig scheu die Taucher. Am Boden auf den Steinen krabbeln emsig Köcherfliegenlarven umher.




Taucherische Infrastruktur
Im "Seehof" besteht die Möglichkeit, seine Flaschen mit feinster Alpenluft füllen zu lassen und es stehen Leihflaschen zur Verfügung. Tauchgenehmigung gibt es im Seehof und beim Tourismusverband. Weitere Informationen bekommt man über den Tourismusverband Tragöß (Tauchgenehmigung 9 €/Tag; mit Gästekarte 8€/Tag).

Tourismusverband Tragöß
Für weitere Informationen, Zimmersuche und zusätzliche Angebote vor Ort:
Oberort 88, 8612 Tragöß
Tel & Fax.: +43 (0)3868-8330
Mail: tv.tragoess.gruener.see@utanet.at
Web: Tragöß-Grüner See


Essen, Trinken, Schlafen
Direkt am See befindet sich der "Seehof". Der beliebte Ausflugsgasthof bietet hervorragende Küche, faire Preise sowie flotte und freundliche Bedienung. Unterkünfte finden sich in ausreichender Anzahl im ganzen Tal.

Freizeitmöglichkeiten
Wandern, Mountainbiken, Natur genießen und die Seele baumeln lassen. In Tragöß ist auch kulturell eigentlich immer etwas los. Von Volksmusik über Fensterln bis Didgeridoo.


Infobox Grüner See


Höhe: 780 m (Bergsee)
Länge/Breite: Schwankend, bis maximal etwa 200x200 Meter
Tiefe: 12 Meter maximal
Sichtweite: 40 Meter und mehr
Beste Reisezeit: Mai und Juni
Temperatur: 6°C
Tauchzeit: 9 bis 18 Uhr
Ausbildung und Nachttauchen verboten!
Tauchgebühr: 9 Euro/Tag
Füllgebühr: 90 Cent/Liter (Flaschengröße)



Anreise
Zumeist über die A9 Pyhrnautobahn. Abfahrt Knoten Sankt Michael, dann über die S6 nach Bruck an der Mur. In Bruck/M. der Beschilderung folgend links abbiegen. Nach knapp 25 Kilometern in Tragöß links halten und an den Parkplätzen vorbei bis zum "Seehof" fahren.
GPS: N 47°32'27" O 15°03'21"
Navidaten: Tragöß, Oberort 46

Im Grüner See locken Sichtweiten, die nur in sehr wenigen österreichischen Seen zu finden sind. Tauchen über überfluteten Wiesen und Wanderwegen, eine Brücke und eine Bank bieten Fotomotive, die sonst nirgends zu finden sind. Der wunderschöne Talschluss bei Tragöß sei hier nur ganz nebenher erwähnt.


Der Grüblsee


Handzahme Fischsuppe hoch droben auf der Alm

Zuerst war das Eisenerz. Dieses wurde spätestens seit dem 11. Jhd. am steirischen Erzberg abgebaut und verhüttet. Im Spätmittelalter war die Region mit etwa 11.000 Tonnen/Jahr größter Eisenproduzent der Welt. Auf Eisen folgte Stahl. Zum Werk in Donawitz musste der Präbichlpass überwunden werden. Auf Straße und Schiene. Hoch oben am Präbichl entstand viel später ein Skigebiet.

Skifahren sollte nicht mehr vom Wetter abhängig sein, daher wurde auch hier eine Beschneiungsanlage installiert. Schneekanonen benötigen viel Wasser; 1998 wurde ein künstliches Reservoir gebaut. Knapp 0,02 km2 groß und 9 Meter tief. 90 Millionen Liter reinstes Quellwasser fassend. Fünf Jahre später begann die Vision: Hier, hoch oben am Präbichl, sollte eine Tauchattraktion der besonderen Art entstehen. Nachdem alle bürokratischen Hürden gemeistert waren, konnte Robert Marschnig seinen Traum verwirklichen. Europas höchstgelegene Tauchbasis auf 1.160 Metern Seehöhe direkt an einem See mit tollen Sichtweiten. Handzahme Fische und ein Unterwasserkuriositätenkabinett, das seinesgleichen sucht, sollten folgen.

Tauchen im Grüblsee


Der Grüblsee ist ein künstlicher See. Neun Meter "tief". Mit Folie ausgelegt wie ein Schwimmteich. Wasserpflanzen? Fehlanzeige. Klingt langweilig, oder? Die Attraktionen die der See zu bieten hat, haben Flossen oder dienen der Unterhaltung. Schätze gilt es hier zu finden. Eine Kanone streckt ihr Rohr den Tauchern entgegen, als wollte sie den Schatz gegen heran marschierende feindliche Truppen verteidigen. Oder gegen den Ritter in seiner glänzenden Rüstung? Ach nein, der sucht nur sein Schwert Excalibur. Wo hatte er es denn nur in den Fels gerammt?

Nähern sich Taucher der Plattform, bedeutet das Essenszeit. Hektik kommt in die Unterwasserwelt sobald Fischfutter ausgestreut wird. Aus allen Himmelsrichtungen strömen die Fische herbei! So hautnah kann man Forellen und Saiblinge sonst nie beobachten. Wenn alles Futter aus dem Döschen gefressen ist, kehrt langsam wieder Ruhe um die Plattform ein. Bis die nächsten blubbernden Taucher kommen und bereits erwartet werden. Mahlzeit!

Im ganzen See sind Kuriositäten verteilt, die auf einem Kurs in Form einer 8 entlang einer am Grund montierten Leitung leicht gefunden werden können. Ein Taucherlebnis der ungewöhnlichen Art ermöglicht ein Unterwasser- Soundsystem. Dringen die Walgesänge ins Ohr des Tauchers, so ist dieser nicht mehr wirklich sicher, ob vielleicht nicht doch gleich noch ein Wal auftaucht. Im hinteren Teil des Sees befinden sich weitere Highlights. Störe! Der größte ist 180 cm lang.

Abstand zum Boden und bedachte Flossenschläge sind hier wichtig. Auf der Folie liegt überall etwas Schlamm, der leicht aufwirbelt und dann die Sicht eintrübt.

Im Winter sinkt der Wasserstand im zugefrorenen und tief verschneiten See durch den Verbrauch der Beschneiungsanlagen auf 3 bis 5 Meter ab. Die Tauchbasis hat sich in eine Skihütte verwandelt. In manchen Jahren ist Eistauchen dennoch möglich und wird von der Basis organisiert (kein Eistauchen im Winter 2014/2015 - Planung für die Saison 2015/2016 läuft.) Der Transport zum See wird dann mittels Pistenraupe oder Skidoo durchgeführt. Eistauchen neben der Skipiste. Abtauchen mit "Schifoahrn" von Wolfgang Ambros im Ohr. Wo gibt es denn das noch? "Wei tauchen is des leiwandste, was ma se nur vorstelln kann..."

Fauna und Flora
Die Flora beschränkt sich auf einige wenige eingesetzte Wasserpflanzen. Die ebenfalls eingesetzten Fische dagegen sind in einer irren Vielfalt vorhanden: Etwa 500 Fische aus 14 verschiedenen Arten tummeln sich in dem kleinen See.

Taucherische Infrastruktur
Direkt am See liegt die Tauchschule Präbichl von Robert Marschnig und Sabine Hausner. Anmeldung erforderlich!

Tauchbasis Präbichl
A-8794 Vordernberg/Präbichl
Tel : +43 660 4638363
Mail: fundive@gmx.at und sabine@swat-team.at
Web: www.grueblsee.at




Essen, Trinken, Schlafen
Ein kleines Wirtshaus mit lokalen Spezialitäten befindet sich in der Tauchbasis. Im "Hüttendorf" am Präbichl klingt der Tauchtag in der Sauna oder am knisternden Feuer gemütlich aus. Die heimeligen Holzhütten sind auch ideal für kleinere Gruppen.

Freizeitmöglichkeiten
Wandern, Skifahren, Paragleiten, Entspannen und Energien tanken. Besonders lohnenswert ist ein Besuch am unübersehbaren steirischen Erzberg oder eine Fahrt mit der Erzbergbahn.


Infobox Grüblsee


Höhe: 1.160 m (Gebirgssee)
Länge/Breite: 200 m x 100 m
Tiefe: 9 m
Sichtweiten: bis 15 Meter
Beste Reisezeit: Sommer und Herbst
Temperatur: bis über 20°C
Tauchgebühr: 5 Euro/Tag
Füllgebühr: 60 Cent/Liter (Flaschengröße)



Anreise
Zumeist über die A9 Pyhrnautobahn. Abfahrt Traboch. Weiter über die B115 nördlich über Trofaiach Richtung Präbichl und "Erzberg". Bei der Schiarena Präbichl führt eine Schotterstraße zur Tauchbasis hoch. Alternativ von Norden über Altenmarkt, Hieflau und Eisenerz.
GPS: N 47°30'59" O 14°57'27"
Navidaten: Präbichl, Skiarena

Fazit


Der Grüblsee ist wohl Österreichs ungewöhnlichstes Tauchgewässer mit Europas höchstgelegener Tauchbasis. Eine unglaubliche Fischvielfalt und tolle Sichtweiten machen den See zum Alpenaquarium in der Obersteiermark.

Sichtweiten ohne Ende verspricht der Grüner See- und was er verspricht, das hält er auch! Aber nur ein paar Monate nach der Schneeschmelze. Tauchen in reinstem Quellwasser. Ein glasklarer See, umrahmt von einer wunderschönen Alpenkulisse.

Welcher nun? Grüblsee oder Grüner See? Beide! Sie lassen sich wunderbar zu einem unvergesslichen Tauchurlaub in Österreichs grüner Mark, der Steiermark kombinieren! Kleiner Tipp zum Abschluss: wer in der Region Grüblsee/Präbichl nächtigt, bekommt am Grüner See die Sondergenehmigung eine Stunde vor offiziellem Beginn ins Wasser zu steigen (also ab 8:00 Uhr). Die Fahrzeit zwischen beiden Seen beträgt eine knappe Stunde.



Video zum Thema:

 


Das Video zeigt das tolle Unterwassererlebnis am Grüblsee. Weitere UW-Videos - zum Grüblsee und Grüner See in unserer Videothek, Rubrik Österreich.