Kategorie: Ausrüstung
Dem einen oder anderen werden sie schon mal aufgefallen sein, diese kleinen Kameras in Plastikgehäusen. Bevorzugt bei Bikern am Helm oder bei Surfern vorne am Brett zu finden. "You in HD" oder "Be a Hero" lauten die Slogans des kalifornischen Herstellers GoPro. Und sie bringen es damit ziemlich genau auf den Punkt, worum es bei diesen Kameras geht.
Die Winzlinge, die in der Grundausstattung ohne Display auskommen, werden überall dort eingesetzt wo eine normale Kamera zu groß, zu schwer oder zu unersetzlich wäre. Und natürlich dann, wenn es darum geht, die eigenen Heldentaten für die Nachwelt zu verewigen.
Bericht von Andreas Abstreiter
Doch was nützt uns Tauchern das? Helden sind wir doch schon, schließlich schleppen wir mit Vorliebe bei tropischer Hitze kiloschwere Unterwassergehäuse und Lichtsysteme durch die Landschaft, investieren Unsummen in Objektive, Domeports und Zubehör. Und nun soll das alles durch eine Kamera, die gerade mal etwas größer als eine Streichholzschachtel ist, ersetzt werden? Zu einem Preis von 550 Euro für Kamera, Display und Unterwassergehäuse?
Überflüssig wird das liebgewonnene Foto- bzw. Videoequipment natürlich nicht, aber wer noch nicht im Besitz einer solchen Ausrüstung ist, dafür auch kein Vermögen ausgeben möchte oder nach neuen kreativen Möglichkeiten sucht, der sollte jetzt besser weiterlesen, denn spätestens wenn man die Videos des bekannten Unterwasserfotografen und Filmers Eric Cheng gesehen hat, in denen er Haien diese Kameras wortwörtlich ins Maul schiebt (siehe: vimeo.com/15273716), ahnt man welches filmische Neuland sich hier unter Wasser nun auch für den ambitionierten Amateur erschließen lässt.
Die nun neu auf den Markt gekommene GoPro Hero3 ist, man möchte es fast ahnen, die dritte Kamera einer Serie, welche auch in HD bzw. FullHD aufnehmen kann. Doch ganz so einfach hat es uns GoPro dann doch wieder nicht gemacht. Zu allem Überfluss hat der Hersteller nämlich verschiedene Editionen herausgegeben. Es gibt die Hero3 in der White, Silver und der Black Edition.
Silber, Weiß oder Schwarz - welche ist die richtige?
Bei der White und Silver Edition handelt sich um die Zweitverwertung "alter" Produkte. Man hat die vor zwei Jahren erschienene Hero HD in ein neues Gehäuse gepackt, noch ein WLAN-Modul eingebaut und verkauft sie nun als Hero3 White Edition. Ganz analog wurde aus der im Herbst 2011 erschienen Hero2 die Hero3 Silver Edition.
Wer also aktuelle Technik kaufen will, der muss zur Hero3 Black greifen, die natürlich von allen Editionen die teuerste ist. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt...
Der Listenpreis für die Hero3 Black beträgt um die 450 Euro. Dafür erhält man die Kamera mitsamt Unterwassergehäuse (60m max. Tiefe) und einer WLAN-Fernbedienung. Allerdings ist noch kein Display im Set enthalten. Dieses schlägt nochmals mit fast 100 Euro zu Buche, sollte man noch keines von einem Vorgängermodell haben. Netterweise sind die alten Displays kompatibel mit der neuen Kamera. Dies ist ein Luxus, den man als Technikkunde fast schon gar nicht mehr erwartet.
Welche Kamera aus den Hero3 Editionen ist also die richtige für Taucher? Diese Frage beantwortet sich, wenn wir daran denken was uns beim Filmen unter Wasser am meisten Kopfzerbrechen bereitet. Das Licht. Licht ist häufig Mangelware und bei mangelndem Licht zeigen sich die CCD- und CMOS-Sensoren von ihrer schlechtesten Seite. Sie fangen an zu rauschen und machen aus einem eigentlich recht schönen Bild eine grobkörnige Kreation, die in nur wenigen (künstlerischen) Ausnahmefällen gewünscht ist.
Während die Hero HD, die 2010 erschienen ist, bereits bei durchschnittlichen Lichtverhältnissen deutliches Rauschen produzierte, war dies bei der Hero2 schon wesentlich besser. Insbesondere dieses Bildrauschen ist bei der Hero3 Black nun nochmals deutlich geringer als bei den anderen Editionen und Vorgängermodellen. Das Kontrastverhältnis wurde ebenfalls deutlich verbessert und die Hero3 Black hat nun keine Probleme mehr beim Umgang mit starken und schnellen Schwankungen in der Helligkeit. Ein typisches Beispiel dafür ist das Schwimmen aus einem dunklen Bereich, zum Beispiel eine Höhle, ins deutlich hellere Freiwasser. Diese beiden Verbesserungen, Rauschverhalten und der Umgang mit harten Kontrasten setzen in der Klasse der Actionkameras nun mit der Hero3 Black neue Maßstäbe.
Auflösung im Übermaß
Mehr als Marketing-Gag darf man die hohen Auflösungen (max. 4k) der Hero3 Black betrachten. Diese ist nämlich sogar in der Lage mit einer deutlich höheren Auflösung als der von Blu-rays her bekannten 1080p (FullHD) zu filmen. Verfügt man jedoch nicht über die dazugehörige Rechenpower am heimischen PC wird man an den dann sehr ruckeligen Videos jedoch nur wenig bis gar keine Freude haben. Interessanter ist da schon die Möglichkeit die Kamera per beiliegender Fernbedienung bzw. per kostenloser App (Android/iOS) fernzusteuern und einzustellen. Beim Tauchen nützt einem dieses Feature zwar nichts, aber wer weiß, auf was für Ideen die Kunden dieser Kamera dank der neuen Funktion noch kommen werden. Nachdem das WLAN überall einsetzbar ist, und quasi mehr als eine Art Fernsteuerung zu verstehen ist, spricht nichts dagegen die Kamera zum Bleispiel am Ufer zu plazieren und Krabben immer dann zu filmen, wenn diese auch wirklich im Bildbereich auftauchen. Solange Sonnenanbeterinnen sich dadurch nicht gestört fühlen, sollte es bei diese Art zu filmen auch keine Probleme geben... ;-)
Doch zurück zum Filmen unter Wasser... Ich gebe zu, als Besitzer einer alten Hero HD war ich skeptisch. In den meisten Fällen waren die Unterwasseraufnahmen mit der Hero HD ernüchternd. Die Hero2 konnte ich mir daher trotz des verbesserten Bildrauschens verkneifen, doch die ersten Beispielvideos der neuen Hero3 Black machten mich neugierig genug mir diese Kamera zu bestellen und einem kleinen Praxistest zu unterziehen (siehe: youtu.be/S2Mkx5iuWBc).
Doch auch die Hero3 Black holte mich anfangs auf den Boden der Tatsachen zurück. Zwar war das Bildrauschen minimal und das Kontrastverhältnis sehr gut, doch die knapp bemessene Akkulaufzeit von ca. einer Stunde und die vielen Bugs in der Firmware der Kamera verdarben den ungetrübten Spaß. Zumindest die gröbsten Fehler der Firmware wurden zwar mit einem Update am 14.12.2012 behoben, doch ist die Software noch immer nicht fehlerfrei (Stand 22.12.2012). Springt man zu schnell durch die einzelnen Punkte im Einstellungsmenü, wird man oft ganz herausgekickt und findet sich im Kameramenü wieder. Auch die GoPro Hero3 Black ist also eines von vielen Bananenprodukten, die erst beim Kunden reifen. Ich denke jedoch, bei einem Actionkamerahersteller ist so etwas ein absolutes No-Go, denn viele Aufnahmen sind einmalig und unwiederbringlich. Wenn die Kamera dann versagt, kann einem schon einmal die Zornesröte ins Gesicht steigen.
Die Hero3 gibt es wie bereits erwähnt in drei Versionen. Nur die Hero3 Black ist eine wirklich neue Kamera. Die White Edition ist im Prinzip die veraltete Hero HD, ebenso ist die Silver Edition die Neuauflage der Hero2, nur eben mit WLAN und einem neuen Gehäuse. Wir Taucher sollten also schon wegen des geringeren Bildrauschens zur Hero3 Black Edition greifen. Besonders die hohen Frameraten ermöglichen nun auch Zeitlupen ohne dabei ein ruckeliges Bild in Kauf zu nehmen. Wenn die Kamera also beim nächsten Sprung vom Boot schon läuft, dann lässt sich dieser kurze Moment etwas ausdehnen.
Pro und Contra
Bringen wir es also auf den Punkt. Was ist positiv und was negativ an der Hero3 Black Edition?
Positiv:
deutliche Verbesserung der Bildqualität bei Low Light gegenüber der Hero2kommt gut mit harten Kontrasten zurechthohe Frameraten möglich (60 Frames bei 1080p und 120 bei 720p)nochmals schärfere Optikrobustes, neues unterwasserfilmtaugliches GehäuseFernbedienung im Set enthaltenFernbedienung per App möglichAbwärtskompatibilität zu altem Zubehör (Zusatzakku/Display)kleiner und leichter als das Vorgängermodellkein Fischaugeneffekt mehr in der Einstellung WideProtune
Negativ:
Akkulaufzeit knapp bemessenFirmware noch nicht ausgereiftrelativ hoher Preis von 450€ (für eine Actionkamera)Firmware-Version in der Kamera nicht ersichtlichkeine Schutzabdeckung für die Frontlinse des UW-Gehäuses im Set enthalten
Schärfer als die Vorgänger
Obwohl die Hero schon immer dafür bekannt war, gestochen scharfe Aufnahmen zu machen, wurde diese Fähigkeit noch etwas verbessert und die Lichtstärke von f2.8 beibehalten. Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang vom Fix-Fokus der Hero Kameras zu wissen. Anders als bei Kameras mit Auto-Fokus bildet die Hero alles von ca. 6cm bis unendlich scharf ab. Schwaches Licht und Schwebeteilchen im Wasser haben also keine Chance die Fokussierung der Kamera zu erschweren bzw. ganz zu verhindern. Allerdings kann man mit einem Fix-Fokus auch nicht nur auf ein bestimmtes Objekt allein scharf stellen. Hier ist die Kamera extrem einfach in der Bedienung: einschalten, auslösen, fertig!
Wer schon in Besitz eines Displays oder eines Zusatzakkus, der wie das Display auf die Rückseite der Kamera gesteckt wird, ist, den wird es freuen, dass er beides auch an der neuen Hero3 verwenden kann. Jedoch gibt es hier einen kleinen Wermutstropfen, denn das alte Display ist (noch) nicht in der Lage das Menü der Kamera vollständig anzuzeigen. An den Rändern werden Bildbereiche einfach weggeschnitten. Auch dies ist vermutlich ein Bug in der Firmware, der zwar die Funktionalität nicht beeinträchtigt, aber dennoch lästig ist.
Wie bei der Hero2, so gibt es auch bei den neuen Editionen die Möglichkeit den Bildwinkel zu verändern. Das hat folgenden historischen Hintergrund: Die Heros sind und bleiben in erster Linie Actionkameras. Sie wurden konzipiert um Surfer auf ihren Brettern möglichst gut im Bild zu halten. Man muss jedoch nicht auf einem Surfbrett gestanden sein, um sich vorzustellen, dass dies mit einer normalen oder gar langen Brennweite nicht funktioniert. Daher erhielten und erhalten die Heros bis heute eine extrem kurze Brennweite von nur wenigen Millimetern. Diese entspricht im Prinzip der Brennweite der unter Fotografen bekannten Fisheye-Objektive. Sie erlauben es unter Inkaufnahme einer erheblichen Bildverzerrung einen sehr großen Bildwinkel von 170 Grad zu erfassen. Da bei der Verwendung der älteren Heros diese 170 Grad aber nicht immer sinnvoll waren, wurde der Winkel auf 150 Grad verringert und so die extremen Verzerrungen abgemildert. Außerdem gibt es bei den neueren Modellen nun die Möglichkeit zu "zoomen". Dies darf man aber nicht mit einem normalen Zoomobjektiv verwechseln, denn was die Hero macht ist das digitale Einzoomen, wie es auch als zusätzliche Funktion bei manchen Kompaktkameras zur Verfügung steht. Dadurch lässt sich der Bildwinkel künstlich auf 127 und 90 Grad verkleinern. Leider steht von diesen Winkelangaben im Menü der Kamera nichts. Die Optionen nennen sich vielsagend "Wide, Medium und Narrow". Allerdings fängt man sich mit diesen kleineren Ausschnitten, bedingt durch das digitale Vergrößern auch ein etwas höheres Bildrauschen ein. Wer das vermeiden will, bleibt also bei dem nativen Bildwinkel von ca. 150 (Hero3) bzw. 170 Grad (Hero2).
Für alle, die in einem professionellen Umfeld arbeiten und dort die Hero einsetzen wollen, gibt es nun die Möglichkeit die Kamera in den sogenannten Protune-Modus zu versetzen. Dieses Protune ist im Prinzip das für die GoPro-Kameras, was in der Fotografie das Raw-Format ist. Sprich, es gibt mehr Möglichkeiten in der Nachbearbeitung, dafür wird diese aber auch zwingend notwendig, da man ein relativ unscharfes, farbneutrales Bild erhält. Sollen die Aufnahmen der Hero mit denen anderer Kameras abgeglichen werden, so bietet Protune nun die Möglichkeit Schwierigkeiten in der Postproduktion zu vermeiden. Nachdem die wenigsten von uns aber derart ambitioniert sind und vor allem Stunden über Stunden damit beschäftigt sein wollen, Farben, Bildschärfen und Bildrauschen aufeinander abzugleichen, läuft dieses Feature - ebenso wie die Auflösungen höher als 1080p - unter nice-to-have.
Kein Wunderding - aber ziemlich gut!
Die Hero3 Black ist also unterm Strich kein Wunderding, aber doch ein großer Schritt nach vorne, in Sachen leistungsfähiger Minikamera. Aber Miniaturisierung hat auch Nachteile. Sowohl was die Bildqualität als auch die Akkuleistung betrifft. Warum würden die Profis im Film-Business wohl sonst mit riesigen Unterwassergehäusen im Wasser hängen? Für alle anderen jedoch, die ambitionierten Amateure, die vielleicht etwas mehr wollen, als schlicht nur Urlaubserinnerungen festzuhalten, ist die GoPro Hero3 Black Edition durchaus eine Überlegung wert. Denn es ist erstaunlich, was alles aus diesem Winzling herauszuholen ist.
Nicht umsonst verwenden Fernsehproduktionen die Heros schon seit Jahren immer dann, wenn eine normale Kamera schlicht und ergreifend zu groß oder zu schwer ist. Würde man die gleiche Konfiguration, also FullHD bei 60 Frames pro Sekunde mit einem Bildwinkel von 90 bis 150 Grad bei einem Camcorder oder einer DSLR tauglich für den Unterwassereinsatz machen wollen, müsste man dafür nicht nur ein kleines Vermögen bezahlen, man hätte auch einige Kilo mehr an Gepäck zu schleppen. Die Hero3 ist so klein und leicht, dass die Ausrede, "ich wollte nicht auch noch meine klobige, schwere Kamera mitschleppen", schlicht und ergreifend nicht mehr gilt.
Ergänzende Informationen
In folgendem Bericht ist ein Vergleich zwischen GoPro Hero3+ und GoPro Hero Black Edition zu lesen.
Unterm Strich kann die neue GoPro Hero3 Black Edition also genau die kleine Immer-Dabei-Kamera werden auf die viele Taucher bereits lange gewartet haben. Vorausgesetzt GoPro bekommt die Fehler in der Firmware in den Griff und stellt schnell Updates bereit, denn sonst ist sie nur mit Vorsicht zu gebrauchen.
Video zum Thema:
Ein Testvideo zur GoPro Hero3 Black -vom Autor des Berichts- findet sich hier.