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Jagd auf die TS Shillong (3)
Die Tauchexpedition im Golf von Suez endete am vergangenen Samstag nach einer aufregenden Woche auf See. Das Ziel, die TS Shillong, wurde nicht gefunden – doch die Expedition war alles andere als ein Misserfolg.
Bereits am zweiten Tag konnte die Gruppe rund um Rene Heese das Wrack der Cape Clear orten. Ein Frachtmotorschiff mit 5.085 Bruttoregistertonnen. Dieses Wrack wurde bisher nur von einer kleinen Gruppe betaucht (Entdeckung durch das Team DWELLER) und faszinierte alle Teilnehmer mit fantastischem Bewuchs und einem sensationell guten Zustand (siehe auch Meldung vom 8.12.2014).
Zwischen den Suchfahrten im Golf von Suez entspannten die Teilnehmer bei einigen Erkundungstauchgängen am Wrack der SS Turkia und nahmen die Suchmusterfahrten in der Nacht zum Donnerstag wieder auf. Am frühen Morgen – gegen 03:00 Uhr – schlug dann der Fishfinder stark aus; Andi Häckler von diving.DE, der "auf Wache" war, gab daraufhin "Alarm". Da an der Position nördlich Ras Gharib kein passendes, unbekanntes Wrack verzeichnet war, fiel die Entscheidung sehr schnell. Dieser Fund musste genauer untersucht werden.
Das unbekannte Wrack
Im Laufe des Tages wurden einige Tauchgänge am Wrack durchgeführt. Die max. Tiefe mit 53m war noch gut zu handhaben. Der erste Eindruck des Wracks ließ auf eine britische Korvette der Flower Class schließen. Diese Schiffe, eingesetzt u.a. im Zweiten Weltkrieg, gehörten zu einer Gruppe von 271 Korvetten zur Geleitzugsicherung und U-Boot-Abwehr, die in der britischen Royal Navy und den alliierten Marinen dienten.
Nach mehreren Tauchgängen und einer exakten Vermessung war allerdings klar, das Schiff mit etwa 85m Rumpflänge kann keine Korvette dieses Typs sein. Die Flower Class Korvetten waren um einiges kleiner. Zudem wurde Rene Heese stutzig, weil das Wrack eine Zweischraubenanlage besitzt, die Flower Class jedoch nur mit einem Propeller ausgestattet war. Die weitere Recherche brachte schließlich die Lösung: es handelt sich um eine Fregatte der River Class.
Von diesem Moment an schlug das Entdeckerherz von Rene Heese unter Volllast. Eine bisher nicht bekannte, gut erhaltenen Fregatte… es könnte sogar eine Erstbetauchung sein.
Das gesammelte Material wurde sofort nach Rückkehr genau gesichtet und die folgende Recherche brachte ein erfreuliches Ergebnis. Das gefundene Wrack wurde nach allen vorliegenden Informationen bisher nicht identifiziert. Rene Heese hat ein neues Wrack entdeckt; wir gehen nach vorläufigem Erkenntnisstand davon aus und gratulieren ganz herzlich!
Die Geschichte des Wracks wird nun detailliert recherchiert. Weitere Informationen folgen, im Anschluss nur der erste Erkenntnisstand: Der relativ gute Erhaltungszustand des Wracks, bei dem weder Torpedotreffer noch größere Explosionen durch Seeminen in Frage kommen, schränkte die Suche ein. Ein erster möglicher Treffer war die HMS Papua K588 (Tacoma Class Fregatte) auch wegen des passenden Einsatzgebietes. Die Konstruktionsmerkmale der Bewaffnung insbesondere im Mittschiffsbereich und der Brückenaufbau waren aber schlussendlich ein recht klares Indiz auf eine Fregatte der River Class (beide Varianten ähneln sich stark). Diese eindeutige Zuordnung zu einer Bauklasse führte zur vorläufig gesicherten Identifizierung.
Fregatte mit bewegter Geschichte
Die River-Class Fregatte wurde im Auftrag der Royal Navy in den Leith Shipyards im Jahre 1940 gefertigt. Sie gehörte damit zu einer recht erfolgreichen Schiffsklasse mit insgesamt 151 Einheiten, die in der englischen Marine in diversen Kriegseinsätzen Verwendung fand. Die Fregatten dienten im Zweiten Weltkrieg als Geleitschutz für Konvois und wurden hauptsächlich zur U-Boot-Jagd, aber auch zur Flugzeugabwehr eingesetzt.
Die Fregatte mit der Nummer K215 wurde auf den Namen HMS Nith getauft. Während der Operation Overlord (Großoffensive der Alliierten Streitkräfte in der Normandie) war das Schiff als schwimmender Befehlsstand der Royal Navy eingesetzt. Bei einem der wenigen "Mistelangriffe" der deutschen Luftwaffe (Mistel: Huckepack Kombination aus Bf 109F/Ju 88) wurde die HMS Nith getroffen, blieb aber schwimmfähig. Nach kurzem Werftaufenthalt war die HMS Nith bis zum Jahr 1948 im Dienst "Ihrer Majestät".
Im Zuge der Modernisierung der britischen Kriegsmarine wurden einige Flottenteile abgewrackt, andere gewinnbringend verkauft. Die HMS Nith war Teil einer Waffenlieferung an das Land am Nil. In Ägypten wurde die Fregatte unter dem Namen Domiat im November 1948 in Dienst gestellt. Das Einsatzgebiet war das Rote Meer bis zum Suez Kanal.
Während der Suezkrise (auch Sinai-Feldzug), einem internationalen Konflikt der im Herbst 1956 in einer militärischen Intervention einer Allianz aus Großbritannien, Frankreich und Israel in Ägypten gipfelte - aus Anlass der Verstaatlichung des Suezkanals durch Präsident Nasser, wurde die Domiat bei einer Kampfhandlung gegen Einheiten der Royal Navy versenkt. Ein leichter Kreuzer aus der Crown-Colony Klasse, die HMS Newfoundland, der Fregatte an Kampfkraft weit überlegen, stellte die Domiat. Diese eröffnete die Kampfhandlung und wurde nach kurzem Gefecht mit Granatfeuer durch die HMS Newfoundland mit Unterstützung der HMS Diana, einem Zerstörer der Daring Klasse, am 1.November des Jahres 1956 versenkt.
Ein erstes kurzes UW-Video der Domiat (ex HMS Nith, K215).
Trotz des Erfolgs der zweiten Unternehmung (siehe auch DiveInside Bericht zur ersten Wrackexpedition) will Rene die TS Shillong finden und plant bereits eine dritte Fahrt. Natürlich werden wir wieder mit dabei sein um von einem der seltenen Abenteuer der heutigen Zeit zu berichten. Vorab sei nur so viel verraten: Rene kennt jetzt die Position der Shillong und sie wartet auf ihn – versprochen! Ein ausführlicher Bericht über die aktuelle Expedition und ein längeres Video des Wracks wird kurzfristig in DiveInside folgen. Weiter möchten wir euch an dieser Stelle informieren, dass im Januar (momentane Planung 8./9. Januar) ein Beitrag über diese Expedition im ZDF ausgestrahlt wird.
(23.12.2014) Der vollständige Bericht über die zweite Shillong Expedition ist in unserem OnlineMagazin DiveInside nachzulesen: Und ewig lockt das Wrack. |
An dieser Stelle einen ganz besonderen Dank von Expeditionsleiter René Heese an Andi Häckler von diving.DE für seinen tollen Support, die Bereitstellung von Unmengen an Tauchequipment und seinen vielfältigen UnterwasserSupport! Danke Andi.