Tegnue - Allgemeine Tauchplatzbeschreibung, Tegnue, Adria/Venedig

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TEGNUEDer Unterwasserschatz des Golfes von Venedi ...

TEGNUE
Der Unterwasserschatz des Golfes von Venedig

Die Adria ist ein sehr besonderes Meer. Hier wirken Meereskunde, Biologie und Geologie in Synergie zu¬sam¬men und formen so einen Lebensraum wie er anderswo kaum vorzufinden ist. Seine größte Vielfältigkeit weißt er im Golf von Venedig auf. Es handelt sich um den äußeren Bereich eines verlängerten Beckens der nördlichen Adria. Er reicht von Istrien bis zur Pomündung gegenüber. Hier erreichen die Gezeiten ihre höchsten Werte. Die Tiefe hingegen ist entschieden begrenzt: Sie erreicht Werte von 14 bis zu 40 Metern entlang der istrischen Küste und sogar 50 Meter innerhalb der Lagune Venedigs. Inzwischen sind bereits einige Bereiche unter Naturschutz gestellt worden.

Die stetige Strömung gegen den Uhrzeigersinn bewegt die klaren, kargen und salzigen Gewässer des Mittel¬meers bis zur Küste Albaniens und des Ex- Jugoslawien bis hin zur Küste Istriens. Dort steigen sie empor und nehmen die nährreichen Inhaltsstoffe auf, welche auch durch die Zivilisation dieser Gebiete ins Meer abgeführt werden. Hier findet nun das Plankton ausreichend Nahrung und beginnt zu blühen. Ab dem Gebiet um Trieste bis hin nach Venedig und Richtung Süden ermöglichen Sie das Gedeihen von großen Weichtierzuchten wie Muschelbänke. Vor der Hafeneinfahrt von Lido di Jesolo und Cavallino befindet sich einer der größten Miesmuschelbänke Europas. Das Tauchen und durchfahren mit Boote ist hier verboten. Es gibt aber eine Wasserstraße, die das Queren des Gebietes in Ost-West bzw. West-Ost-Richtung ermöglicht.
Das Gewässer wird immer nährreicher, gleichzeitig jedoch auch immer trüber. Wichtig zu wissen ist, dass die Trübheit des Meerwassers entlang der Küsten am Golf von Venedig im Wesentlichen bedingt ist durch die zahlreiche Anwesenheit von Plankton. Aber auch der sandige und teilweise schlammige Grund tragen durch Strömung und das Aufwirbeln durch Schiffsschrauben zur Eintrübung genauso bei wie der Eintrag der Zuflüsse gerade nach Unwetter. Nicht selten findet man nach heftigen Unwetter Schilf- und Grasabschnitte und manchmal auch Äste an der Oberfläche weit draußen im Meer treiben. Dadurch liegen die „normalen“ Sichtweiten unter Wasser bei 3 bis 8 Meter, können aber an gleicher Stelle 25 Meter oder wenige Stunden später nur 1 Meter oder weniger betragen. Diese Eintrübungen können auch am gleichen Ort Schichtweise unterschiedlich auftreten. Sind sie in den oberen Schichten, ist es unten trotz dort klareres Wasser dunkler.

Mutter Natur hat dem Golf von Venedig die „TEGNUE“ geschenkt. Es handelt sich hierbei um besondere Felsformationen, die sich über hunderte von Metern erstrecken oder auch nur einzelne Blöcke sein können. Sie haben sich erst in den letzten 3000 bis 4000 Jahre durch die Zementierung der Ablagerungen am Meeresboden gebildet, welche wiederum durch das zeitgleiche Ausströmen von Methangas ausgelöst wurde. Auf diesen Blöcken setzten sich Muscheln, Kalkalgen, Anemonenartige und Schwämme fest. Als sie abstarben, bildeten sie eine weitere Schicht und Grundlage für neue Ansiedlungen. Bis heute hält dieser Kreislauf und somit das Wachstum der Tegnue an. Der Reichtum an Plankton, ihre Sauerstoffanreicherung und die fehlende Bodensatzbildung haben die An¬sied¬lung einer enormen Anzahl an verkrustenden und aufbauenden Organismen, vor allem der Kalkalgen, gefördert und so zur Formung von wahrhaften Riffs mit bis zu einigen Metern Höhe mit Schluchten, Überhänge und Höhlen geführt. Die Strömungen und der Wellengang wirbeln die Schlick- und Sandab¬la¬gerungen und eventuelles Geröll auf und verschieben sie in größeren Tiefen des Golfes von Venedig. So halten sie die Felsformationen “sauber”.

Diese Gebilde werden von den Fischern “Tegnue”, im venezianischem Dialekt das Wort für „halten“, genannt, weil sich darin ihre Netze verfingen und so kaputt gingen. Sie sind fleckenförmig im Golf von Venedig, nicht weit weg von den touristischen Stränden verteilt und erheben sich zwischen wenigen Zentimetern und einigen Metern aus dem Untergrund hervor. Beim Tauchgang lässt uns der Reichtum an Lebendigkeit, Farben und die Schönheit der verschiedenen Lebewesen und Pflanzen leicht vergessen, dass wir nicht im Roten Meer oder in einer der vielen prächtigen Korallenriffe der tropischen Gewässer dieser Welt sind.

Diese Felsen bilden den idealen Lebensraum für die Vermehrung von zahlreichen Meerestierarten. Auf den meisten von diesen Formationen haben aufbauende Organismen, wie verkrustete Algen, Schwämme, Röhrenwürmer, Anemonen, Hydrozoen, große Steckmuscheln und, in selteneren Fällen auch Korallenartige Lebensraum gefunden. Die Tegnue haben schon immer einen Reichtum an Meerestiere vorgewiesen. Die Felskluften beherbergen Hummer, oftmals mit außergewöhnlichen Dimensionen und stets umgeben von Jungfischen, die hier Schutz suchen. Aber auch zum Teil kapitale Meeresspinnen oder andere Krabben wie der Granchio Facchino, mit einem Schwamm auf dem Rücken gut getarnt auch Schwammkrabbe genannt, leben in diesem Refugium. Sie zu entdecken bedarf einer ruhigen Tauchweise. Weitere sehr häufige Bewohner sind verschiedene Krebsarten, Putzergarnelen, Nacktschnecken, vor allem die lila- bis rosafarbenen Fadenschnecken, Grundeln, Schleimfische, Meeraale auch Conger genannt, die gut getarnten Drachenköpfe aber auch kleine und bis zu 35 cm große Seesterne, Sardinen, Brassen, Barsche, Seebarben, Dorsche, Meeräschen, Makrelen, Sepia, Oktopoden, Seegurken und viele weitere Arten. Mit etwas Glück kann man auch Adlerrochen und mit noch mehr Glück Katzenhaie, oder zumindest deren Eier, entdecken. Häufig anwesend aber schwierig zu entdecken sind die Plattfische wie Butt, Seezungen, Schollen, Flunder und vor allem die Sandzunge. Egal ob am Wrack oder an der Tegnue, man sollte sich Zeit nehmen, das Auge der Umgebung anzupassen, dann sieht man, dass selbst der Boden „lebt“ und sich „bewegt“.

Mit Hilfe einer Tauchlampe, die auch am Tage empfehlenswert ist, kann man eine regelrechte Explosion der Farben entdecken. Jeder Fels bietet einen Regenbogen an Farben und Lebendigkeit.

Die unterschiedlichen geographischen Positionen der Tegnue und die unterschiedlichen Eigenschaften der jeweiligen umgebenden Gewässer (Tiefe, Lichtverhältnisse am Meeresboden, Ablagerungsmaterial usw.) führen zu, zum Teil entscheidenden Unterschieden in der Besiedlung der jeweiligen Tegnue.

An der Oberfläche sind immer wieder Delphinschulen und Meeresschildkröten gesehen worden.

Madonna degli Abissi oder auch Madonna delle Tegnue genannt
Am 10. September 2006 wurde eine Madonnenstatue bei einer Tegnueformation, 4,5 Seemeilen vor der Küste des Litorals Cavallino, in 19 Metern Tiefe versenkt. Sie soll dem Schutz des Meeres und all derjenigen dienen, die es regelmäßig befahren und lieben. Die ca. 1,8 Meter hohe Statue wurde der verstorbenen Apnoe-Weltmeisterin Rossana Maiorca gewidmet, welche in dieser Gegend gelebt hat und 2005 in Mestre verstarb. Nachdem durch illegale Schleppnetzfischerei die Statue sich in ein Netz verfing und mitgerissen wurde, fand Federico Stella sie wieder und barg sie im Auftrage der Comune Cavallino-Treporti. Heute steht sie auf dem Kirchenvorplatz von Ca’ Pasquali. Das Fundament verblieb im Meer direkt neben sehr schöne große und hohe Felsformationen. Maximale Tiefe ist 20 m, minimale Tiefe 14 m.


Weitere Spots der Tegnue

Unbenannter Spot, ca. 200 m westlich der „Madonna“, ca. 17 – 20 m tief

Secca Lunga, ca 10 SM vor der Küste Lido di Jesolo, großflächig zusammenhängende Felsformationen,18 – 23 m tief

S122 und S125, ca. 5 SM vor der Küste Lido di Jesolo, mehrere großflächige aber flache Felsformationen, 14 – 16 m tief

S128, ca. 6 SM vor der Küste Lido di Jesolo, Fleckenformation, 17 – 21 m tief

u.v.m.


Wracks
Im Meeresbereich um das Litoral von Cavallino ist es möglich zahlreiche Schiffwracks, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten versunken sind, zu betauchen. Die meisten liegen auf Sandgrund, sind bunt bewachsen und voller Leben. Einige wurden schon sehr Früh aus wirtschaftlichen Gründen teilweise Zerlegt um an Rohstoffe (z.B. Eisen) zu kommen oder um eine Kollisionsgefahr für andere Schiffe zu verhindern. Zudem haben im Laufe der Zeit unvernünftige Taucher ausgeräumt, was nicht niet- und nagelfest war.
Hier einige Beispiele:

“Vila” Handelsschiff, versunken in einem Februar, vermutlich 1923, ca. 5 SM vor der Küste Lido di Jesolo, ca. 24 m Grundtiefe

“Wrmak” Handelsschiff, versunken 1961, 3 SM vor der Hafeneinfahrt von Venedig, ca. 15 m Grundtiefe

“ 5 PN” Torpedoboot, versunken 1915, ca. 8 SM der Küste Lido di Jesolo, ca. 22 m Grundtiefe

“Sella” Torpedobootszerstörer, versunken 1943, 12 SM südlich vor der Küste Cavallino-Treporti bzw. Lido di Venezia, ca. 24 m Grundtiefe

“88 S” Torpedoboot, versunken 1915, ca. 6 SM vor Lido di Venezia, ca. 20 m Grundtiefe

“Sassi” Lastschiff, versunken 1966, ca. 4 SM vor der Küste von Lido di Jesolo, ca. 16 m Grundtiefe

“Nivia” Brückenschiff, versunken 1995, ca. 32 SM vor Venedig, ca. 30 m Grundtiefe

“Amalfi” Kreuzer, versunken 1915, ca. 20 SM vor Venedig, Reste ca. 30 m Grundtiefe

“Evdokia” Frachter, versunken 1993, zwischen Venedig und Chioggia, ca. 6 SM vor der Hafeneinfahrt Chioggia, ca. 30 m Grundtiefe


Anspruchsvolles Tauchgebiet
Da häufig geringe Sichtweiten gepaart mit, manchmal sehr starker, Strömung vorherrscht, die Abstiege relativ zügig am Ankerseil stattfinden und die Destinationen zumeist in 15 bis 24 Meter tiefe liegen, ist das Tauchen im Golf von Venedig relativ anspruchsvoll. Einige Tauchgründe reichen bis zu 30 bis 33 Meter Tiefe. Zudem kann das Meer am Strand ruhig und ohne Wellen sein, und am Tauchplatz hat es dann doch höheren Seegang. Es empfiehlt sich für unerfahrene, oder der Orientierung nicht stark vertrauten Taucher, mit einem kundigen Guide nach ausführlichem Briefing zu tauchen. Bei sehr begrenzter Sicht von 1 bis 2 Meter empfiehlt es sich, dass die Buddys sich an der Hand nehmen. Es minimiert nicht nur die Gefahr des Verlierens, sondern gibt auch ein gewisses Gefühl der Sicherheit. Selten kommt es mal vor, dass Taucher, selbst mit 100 geloggten Tauchgängen an Seen oder im klarem Wasser, schon an der Oberfläche oder am Ankerseil Beklemmungen bekommen und nicht mehr abtauchen. Wenige gute Basen arbeiten mit einem Reel zur Orientierungshilfe. Hier taucht ein Guide mit dem Reel vorne weg und befestigt es in unterschiedlichen Abständen an Steinen oder Felsnasen. Hierbei können Buddyteams unabhängig vom Guide tauchen und finden den Weg am Reel selbstständig zur Ankerleine zurück. Auf die maximal vorgegebene Tauchzeit ist daher dringendst zu achten, da danach der Guide die Reelleine wieder aufnimmt. In der Regel liegt die Tauchzeit je nach Tiefe bei 45 bis max. 60 Minuten, Nachttauchgänge sind aufgrund der „ungeschützten Lage“ meist bei ca. 30 Minuten begrenzt. Da es auch zu stark unterschiedliche Sichtweiten von 1 bis 12 Meter am gleichen Spot in unterschiedlicher Schichttiefe kommt, wird der Abstieg als auch der Aufstieg immer an der Ankerleine durchgeführt.
Für dekompressionspflichtige Tauchgänge sind die Basen in der Regel nicht ausgerüstet. Daher und zugunsten einer direkten Aufstiegsmöglichkeit bei Verlust der Orientierung sind dekompressionspflichtige Tauchgänge untersagt. Gute Basen aber briefen immer den obligatorischen Sicherheitsstopp an der Ankerleine. Die Temperaturen können im Juni und September zwischen 16 und 22 Grad, im Juli und August zwischen 16 und 26 Grad schwanken. Am gleichen Tauchplatz kann es vorkommen, dass es an einem Tag an der Oberfläche 26 Grad und es in mehreren Sprungschichten auf dem Grund dann nur noch 18 Grad hat, am nächsten Tag es fast ohne spürbare Sprungschicht 25 bis 23 Grad hat. Als Tauchanzug empfiehlt sich ein mindestens 5 mm, besser 7 mm dicker Long John. Regler müssen nicht kaltwassertauglich sein. Viele Basen haben Einventilflaschen, einige auch zusätzlich V- oder Doppelventilflaschen. Nitrox ist leider noch nicht sehr verbreitet.

Einige Tauchbasen der Umgebung zwischen Jesolo und Chioggia sprechen neben italienisch auch englisch und deutsch. Meist findet man diese auf Campingplätzen oder am Hafen. Ausfahrten werden meist mit Zodiaks oder kleinen motorisierten Holzboote unternommen. Die Boote fassen zwischen 6 und 10 Tauchgäste, selten mehr. An Wochenenden und während der italienischen Ferienzeiten (Anfang bis Mitte August) auch unter der Woche kann es vorkommen, dass 2 - 3 Boote, bei der Evdokia auch mal bis zu 4 Tauchboote vor Ort sind. Davon sind aber oftmals private Boote mit 2 bis 4 Taucher und vielleicht 1 oder 2 weitere gewerbliche Tauchboote mit 4 bis 10 Taucher dabei.

Diverse Tauchbasen der Umgebung:
: Im Hafen Lido di Jesolo
: Im Hafen Cavallino
: einige Campingplätze von Lido di Jesolo bis Cavallino-Treporti
: auf dem Lido di Venezia
: in Chioggia

Vorgehen im Notfall:
• Rufe die offizielle Rettungseinheit über die Nummer 118 an oder die
Küstenwache (1530 oder Kanal VHF 16).
• Über die Rufnummer 118 kann man sich auch mit den nächstgelegenen
Druckkammerzentren in Verbindung setzen:
- OTI Marghera (www.otiservices.it)
- ATIP Padua


Drachenkopf


Fadenschnecke


Conger


Drachenkopf an der Vila


Schwämme mit Einsiedlerkrebs


Ankerwinsch an dem Bug der Evdokia


Eiablage eines Katzenhais