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Am 23. März 1911 sank während eines Zyklons 11 Me ...

Am 23. März 1911 sank während eines Zyklons 11 Meilen östlich von Cape Bowling Green (Queensland) das Dampfschiff Yongala. Beim Untergang verloren 120 Menschen und ein Pferd ihr Leben. Die Tragödie von damals beschert uns heute eine der besten Dive Sites in Australien. Von Townsville aus werden eine Menge Tauchtrips zur Yongala angeboten. Der Spaß ist allerdings nicht ganz billig. Da man mit dem Boot 8-10 Stunden zum Wrack braucht, dauert ein Trip mindestens zwei Tage und zwei Nächte, bei Preisen von 350 AU$ aufwärts.

Mein Trip mit Mike Ball Dive Expeditions startet um 20 Uhr im Hafen von Townsville. Das Einchecken auf der Watersport geht superprofessionell vonstatten, Chef Dave geht nochmal mit jedem einzelnen der knapp 20 Taucher die bisherige Taucherfahrung durch. Auch werden wir nochmals auf die Möglichkeit hingewiesen, daß der Trip zur völlig ungeschützt im offenen Meer liegenden Yongala aufgrund zu hohen Seegangs kurzfristig gecancelt werden kann und wir stattdessen zu geschützten Tauchplätzen am Great Barrier Reef fahren. Ein paar Tage später hab ich prompt einen Taucher getroffen, der bereits fünf Mal einen Trip zur Yongala gebucht hatte und fünf Mal mußte der Trip gecancelt werden. Shit happens! Ich kann daher eigentlich nur raten, in Abhängigkeit des Wetters einen Trip zur Yongala immer nur kurzfristig vor Ort zu buchen. Aufgrund der vielen Anbieter sollte eigentlich immer noch ein Plätzchen irgendwo zu ergattern sein.

Wir haben jedenfalls Glück, der Wellengang bleibt bei etwa 2 m und so erreichen wir nach einer schlaflosen Nacht auf der rauhen See morgens um 7 Uhr das Wrack. Vor dem ersten Tauchgang gibt es nochmal ein ausführliches Briefing, in dem wir auf einige wichtige Punkte hingewiesen werden. So ist das Eindringen in das Wrack strengstens verboten. Die Yongala ist so etwas wie ein Nationaldenkmal und natürlich auch eine Grabstätte für 120 Menschen. Jeder, der das Verbot mißachtet, wird in Townsville den Behörden gemeldet und anschließend schlimmstenfalls des Landes verwiesen. Lediglich Terry, unser Videomann, darf aufgrund einer Sondergenehmigung in das Wrack eindringen. Wichtig ist auch, daß man sich nicht vom Wrack entfernt, denn im Umkreis von 45 km um das Wrack gibt es nur Sand - ein langer Weg zu schwimmen. Dafür hat`s Tiger- und Bullsharks, 4,50 m lang sei der Größte gewesen, den Terry hier gesehen habe und das einzige, was zwischen dem und mir dann stünde, sei mein Buddy. Tauchergarn?

Nach getanem Briefing geht`s dann endlich ins Wasser und an der Referenzleine nach unten. Die Sicht ist ziemlich gut, etwa 20 m. Beim ersten der insgesamt sechs Tauchgänge begleitet uns noch ein Divemaster, um uns eine Orientierung am Wrack zu geben. Alle folgenden Tauchgänge kann man dann alleine mit seinem Buddy absolvieren, so daß man in Ruhe sein Ding drehen kann und nicht mehr Taucher als Fische sieht. Das Erste, was ich denke, ist: "Wo ist denn hier das Wrack?" Es ist über und über mit Korallen bewachsen und als solches gar nicht mehr zu erkennen. Das marine Leben ist tatsächlich fantastisch, wohin man nur blickt Fische, Fische, Fische. Wir bekommen auch direkt Besuch von drei Adlerrochen, die im Formationsflug an und vorbeischwimmen, oder besser gesagt -fliegen. In einiger Entfernung schwimmt eine Schildkröte zum Luftholen nach oben, bevor ich am Boden, den man hier auf gut 30 m Tiefe erreicht, eine Seeschlange entdecke, die sich am Rumpf entlangschlängelt. Da es meine erste Begegnung mit Seeschlangen ist, halte ich respektvoll Abstand. Unüberraschenderweise ist sie überhaupt nicht an uns interessiert, sehr symphatisch. Wir bahnen uns langsam den Weg zum oberen Teil des Wracks, der bis in eine Tiefe von 15 m reicht und der der deutlich buntere Teil ist. Hier finden sich viele, viele farbenfrohe Korallen, Schwämme und Anemonen, die vom Wrack Besitz ergriffen haben. Eine Muräne lugt noch aus einem der vielen Löcher hervor, bevor wir uns ans Auftauchen begeben. Zurück an der Oberfläche krieg ich erstmal einen Enthusiasmusanfall und kann`s gar nicht erwarten, zwei Stunden später wieder ins Wasser zu steigen.

Zum zweiten Tauchgang nehm ich dann eine Kamera, die man sich an Bord zum Freundschaftspreis von 40 AU$ leihen kann, mit hinunter. Wenn es einen Ort gibt, um seine ersten unbeholfenen Fotografierversuche mit einer U/W-Kamera zu unternehmen, dann diesen hier. Ich werde auch nicht enttäuscht, neben dem bunten Fischtreiben hat es wieder Schildkröten und Seeschlangen und viele bunte, kleine Fische. Na ja, sofern man einen Queensland Groper, der deutlich länger ist, als ich selbst, als klein bezeichnen kann. Am Ende des Dives tauchen noch zwei große Bullrays vor mir auf und steuern genau auf mich zu. Wie wir dann so in 10 m Tiefe beim ersten Sicherheitsstop am Seil hängen, beobachten wir eine Seeschlange, wie sie sich vom Meeresgrund in 30 m Tiefe mit eleganten Schlängelbewegungen zum Luftschnappen senkrecht auf zur Oberfläche macht, kurz Luft holt und dann wieder senkrecht abtaucht. Das ganze Schauspiel geht ruckzuck und dauert maximal eine Minute.

Tauchgang Nummer drei am Nachmittag verläuft dann relativ unspektakulär (man gewöhnt sich leider so schnell an die Schönheit des Meeres). Das Spektakulärste ist der Versuch, heil wieder auf`s Boot zu kommen, denn entgegen der Vorhersage hat sich die See keineswegs beruhigt. Die Taucher hängen wie die Hühner auf der Stange am Seil und immer, wenn mal eine etwas kleinere Welle kommt, heißt es für den Vordersten, ran an die Leiter, zugepackt und bloß nicht wieder loslassen, weil sich die Plattform schon wieder achterbahnmäßig nach oben bewegt. Von oben packen noch zwei kräftige Crew-Arme zu und lassen einen nicht mehr los, bis man wieder die schwankende Plattform und somit halbwegs sicheren Boden unter den Füßen hat.

Um 19.30 Uhr heißt es dann "Nachttauchen". Natürlich ist das Meer immer noch hübsch "lumpy" und ich frage mich, was jemanden dazu treibt, aus einem schön warmen Bett in einen kalten, feuchten Wetsuit zu steigen und in einen dunklen Ozean zu springen, um sich mit Haien und Seeschlangen zu vergnügen. Als ich dann unten bin, fällt`s mir wieder ein. Die Farben der Schwämme und Korallen kommen im Schein der Lampe natürlich noch viel besser raus, als am Tage. Im Gegensatz zu den Dive Sites am Great Barrier Reef bei Cairns, wo mich die Zerstörung der Korallen so dermaßen erschreckt hat, ist hier nichts zu sehen von Korallenbleiche, alles ist intakt und farbenprächtig. Und wenn dann auch noch im Lichtkegel der Lampen drei große Bullrays vorbeischweben, schlägt das Taucherherz wieder höher.

Nach vier Tauchgängen am ersten Tag läßt es sich gut schlafen. Das ist auch nötig, denn bereits um 6.30 Uhr ist die Nacht vorbei und kurze Zeit später hüpfen wir zum ersten der beiden Tauchgänge am zweiten und letzten Tag des Trips ins Wassers. Tja, was soll ich noch groß erzählen, an die Adlerrochen, die im Rudel an uns vorbeiflogen, hatte ich mich ja schon fast gewöhnt. Vollends weg bin ich aber, als uns am Ende auch noch ein Manta die Ehre gibt, wenige Meter von uns entfernt verharrt und uns anstarrt, als hätte er noch nie einen Taucher gesehen. Ich hatte jedenfalls bis dahin noch nie einen Manta gesehen und war vollends weg vor Begeisterung. Zurück an Bord erfahren wir, daß dies eine wirklich glückliche Begegnung war, denn die Riesenrochen besuchen nur einmal wöchentlich das Wrack. Man darf also nicht unbedingt auf einen Begegnung mit ihnen hoffen.

Die siebenstündige Fahrt zurück nach Townsville vergeht mit Sonnenbaden, dem unvermeidlichen On-Board-Souvenir-Erstehen und Anschauen des Erinnerungsvideos, das Terry gedreht hat. Um 18 Uhr hat der Spass nach zwei viel zu kurzen Tagen dann ein Ende.

Fazit: Ein teurer Spass hier zu tauchen, der Trip mit Mike Ball hat mich schlappe 420 AU$ gekostet - ohne Video und Leihkamera, für die nochmal 40, bzw. 50 AU$ draufgingen. Natürlich habe ich auch nicht nur eine Sekunde lang einen Cent davon bereut, das Tauchen an der Yongala ist einfach nur als fantastisch zu bezeichnen. Wer zufällig mal in Townsville vorbeikommt, das nötige Kleingeld hat und dann hier nicht taucht, ist selbst Schuld.