Lärm im Ozean gefährdet Wale

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09.01.2016 17:18
Kategorie: News

Ölindustrie erzeugt durch Schallkanonen Höllenlärm

Narwale - Glenn Williams - National Institute of Standards and Technology
Narwale - © Glenn Williams,
National Institute of Standards and Technology

Ein Forschungsbericht im Auftrag von Greenpeace, durchgeführt von der britischen NGO Marine Conservation Research, kommt zu einem alarmierenden Ergebnis: Schalluntersuchungen der Ölindustrie dürften das Leben von Walen enorm beeinträchtigen.

Die Forscher haben in den Jahren von 2008 bis 2010 beobachtet, dass Narwale vor Grönland sich nicht rechtzeitig auf ihre Wanderschaft machten. Durch verspäteten Aufbruch wurden sie vom Winter eingeholt und so teilweise vom Eis eingeschlossen. Tausende Wale seien laut Greenpeace so erstickt, da sie zum Atmen nicht mehr an die Oberfläche kommen konnten.

Dies sei aber nicht das einzige ungewöhnliche Walverhalten: Immer mehr Strandungen würden beobachtet. Den Grund liege in den seismischen Untersuchungen durch die Ölindustrie, die auch vor Grönland und der Arktis stattfänden.

Bei seismischen Untersuchungen feuern Sondierungsschiffe mit Druckluftkanonen in den Meeresboden, um durch die reflektierenden Schallwellen Erdölvorkommen aufzuspüren. Unter Wasser erzeugt das einen Höllenlärm. Alle zehn Sekunden, 24 Stunden am Tag, kommt es zu Schallexplosionen, die eine Lautstärke von 259 Dezibel haben - so laut wie ungefähr achtmal das Abheben eines Düsenjets.

Eine amerikanische Studie von 2004, in der Walgesänge aufgenommen wurden, hatte derartige Geräusche fast dreitausend Kilometer entfernt noch auf einer Aufnahme. Im Wasser breitet sich Schall, abhängig zum Beispiel von Temperatur und Druck, sehr weit aus. Walgesänge schaffen es so kilometerweit, verstummen aber in der Nähe der Schallsondierungen. Im Umkreis von 200 Kilometern habe man deutlich weniger Walgesänge aufnehmen können, heißt es im Forschungsbericht, der eine Vielzahl von Studien der letzten Jahre zu diesem Thema zusammenfasst.

Wale nutzen Schall, um zu navigieren, zu kommunizieren, auf Angreifer zu reagieren und Nahrung zu suchen. In der Umgebung seismischer Untersuchungen allerdings könnten Wale zeitweise ihr Gehör verlieren, so der Forschungsbericht. Das Gehör eines Beluga-Wals sei demnach zeitweise beeinträchtigt, wenn er nur einen Kilometer von einer üblichen Schallsondierungsoperation entfernt ist. Wale dürften Gebiete mit seismischen Untersuchungen großräumig meiden. Damit fielen eventuell die gewohnten Wanderrouten oder auch Futterplätze der Wale weg. Weniger Nahrung, und weniger Kommunikation könnte zudem weniger Nachwuchs bedeuten.

Greenpeace fordert einen Stopp der seismischen Untersuchungen mit Schallkanonen - zumindest bis Untersuchungen über mögliche Langzeitfolgen vorliegen. Zurzeit könne man die kurzfristige Wirkung auf das Verhalten der Wale abschätzen, langfristige Folgen allerdings noch gar nicht.

Greenpeace fordert Schutzzonen für besonders sensible Arten und Regionen, in denen Schallkanonen unter keinen Umständen eingesetzt werden dürften. Das gilt besonders für die Arktis, die eines der letzten intakten Ökosysteme der Erde ist.

Link zur Studie.