Frühlingserwachen der Frösche und Kröten. Explosion im Tümpel

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12.04.2015 23:20
Kategorie: Biologie


Die Kröten und Frösche leiten die Tauchsaison ein. Aber auch ohne komprimierte Luft aus den Metallflaschen lohnt es sich jetzt mal ein Blick in unsere heimischen Gewässer zu werfen.

Die Amphibien bevorzugen in der Regel das flache, wärmere Wasser; es reicht ein "Schnochelgang" völlig aus, um das geschäftige Liebesleben aus der Nähe zu bestaunen. Allerdings ist etwas Eile geboten. Denn bei den jetzigen Temperaturen dürfte der Krötensex bald vorbei sein.

Bericht von Dr. Hofrichter

Durch innere und äußere Reize gesteuerte Mechanismen führen bei vielen Amphibienarten zur gesteigerten Hormonabgabe. So machen sie sich auf den Weg und erscheinen massenweise an den heimischen Seen und Tümpeln: Eine "Explosion" des Lebens bereitet sich vor, ein wahrlich explosives Frühlingserwachen.

Warum Explosivlaicher?


Zusammen mit der Erdkröte (Bufo bufo), gehört der Grasfrosch (Rana temporaria) wohl zu den bekanntesten, vielerorts häufigsten und am weitesten verbreiteten Froschlurchen Europas. Als "Explosivlaicher" sind diese Arten durch ihre zeitig im Frühjahr einsetzende, massenhafte Migration zum Laichgewässer bekannt. Innerhalb weniger Tage versammelt sich ein großer Teil der reproduktionsbereiten Tiere an ihren traditionellen Gewässern. Früher nahm man an, dass die Reproduktionsstrategie des Explosivlaichens vor allem für Arten der gemäßigten Zonen typisch ist. Heute weiß man jedoch, dass sie sogar bei manchen Amphibienarten der tropischen Regenwälder vorkommt. Unter den heimischen Froscharten gehören auch die "Braunfrösche" Moorfrosch (Rana arvalis) und Springfrosch (Rana dalmatina) dazu.

Im Gegensatz zu den Explosivlaichern kann sich die Laichzeit der sogenannten "prolonged breeder", so jene der Kreuzkröte (Bufo calamita), über Monate hinziehen. Kreuzkrötenmännchen besitzen eine große, kehlständige Schallblase und ihre öfters in Chören ertönenden Rufe sind dann bis zu zwei Kilometer weit zu hören.

Das Ablaichen der "Explosivlaicher" erfolgt hingegen in wenigen Tagen und wenn man das Treiben der Tiere länger beobachtet, wird einem diese Bezeichnung klar: Es kocht und brodelt in den seichten Bereichen der Gewässerufer. Ein unglaubliches Durcheinander, in dem sich unzählige Männchen ein laichbereites Weibchen suchen. Das ist keine leichte Aufgabe, denn Weibchen sind an den Gewässern fast immer in der Unterzahl. Bei den Grasfröschen ist das Missverhältnis nicht so markant, in der Regel kommen auf ein Weibchen zwei Männchen. Das Gedränge bei den Erdkrötenmännchen wird aber verständlich, wenn man das Geschlechterverhältnis erfährt: Unter Umständen kann nur jedes vierte, fünfte oder sogar sechste Männchen ein laichbereites Weibchen bekommen. Ein zusätzliches Problem: Sehr viele Weibchen kommen bereits verpaart am Gewässer an. Sie tragen das kleinere Männchen "huckepack" auf dem Rücken und werden von diesem in der Achselgegend umklammert. Das Verhalten der Männchen ist in dieser Zeit überwiegend vom Klammerreflex (einfach erklärt bedeutet es: alles umklammern, was in die Nähe kommt) geprägt.

Kein lautes Froschkonzert


Die Reproduktionsstrategie der Explosivlaicher basiert auf dem plötzlichen, synchronen Versammeln einer hohen Individuenzahl am Laichgewässer. Das akustische Anlocken der Geschlechtspartner durch ein weit hörbares, lautes Froschkonzert, wie es beispielsweise für unsere Laubfrösche charakteristisch ist, spielt bei Grasfröschen und Erdkröten keine wichtige Rolle. Grasfroschmännchen besitzen nur kleine, innere Schallblasen und ihre Rufe sind nicht weit hörbar.

Trotzdem, an sonnigen, warmen Tagen ertönen unmittelbar am Gewässerrand leise Grasfroschchöre, deren genauer Ursprung kaum zu lokalisieren ist. Auch Erdkrötenmännchen geben Rufe von sich, allerdings hört man am Höhepunkt des Laichgeschehens kaum Paarungsrufe, sondern fast ausschließlich die so genannten Befreiungsrufe. Mit diesen signalisiert ein versehentlich geklammertes Männchen, dass es kein laichbereites Weibchen ist und ein Irrtum vorliegt.

Die eigentlichen Paarungsrufe ertönen seltener, vor allem nach der Hauptlaichzeit; sie werden von den im Gewässer verbliebenen Männchen ausgestoßen, die bisher kein laichbereites Weibchen gefunden haben. Ihre Chance auf einen Reproduktionserfolg ist für dieses Jahr aber bereits vorbei, denn die Weibchen haben nach dem Ablaichen das Gewässer längst wieder verlassen.

Eine Besonderheit der Laichwanderung bei Erdkröten ist, dass sie diese oft bereits im Herbst antreten. Durch den Einbruch der Kälte müssen sie die Wanderung jedoch unterbrechen und sich frostsicher verstecken. Sobald die richtige Zeit im Frühjahr gekommen ist, wird die Laichwanderung fortgesetzt und innerhalb kurzer Zeit abgeschlossen.


Hintergrundinformation


Wetterprophet in Bedrängnis

Aus dem Leben heimischer Grasfrösche



Die Partnerwahl


Nur in Einzelfällen kommt es bereits am Überwinterungsplatz zur Umklammerung des Weibchens. Normalerweise verpaaren sich die Tiere aber erst am Weg zum Laichgewässer oder im Laichgewässer selbst. Die Verpaarungen erfolgen unselektiv und zufällig; bemerkenswert ist jedoch die Rolle der Farben bei der Partnerwahl der Grasfrösche.

Bei Attrappenversuchen wurde festgestellt, dass Grasfroschmännchen besonders auf Gegenstände roter Farbe reagieren und diese bevorzugen. Blaue Gegenstände wirken dagegen auf Grasfroschmännchen abschreckend. Die Versuche zeigen, dass das Farbensehen im Sexualverhalten der Grasfrösche eine wichtige Rolle spielt und dem entspricht auch der Tatsache eines sexuellen Dichromatismus in der Laichzeit: die Männchen sind oft bläulich gefärbt, besonders an der Kehle, die Weibchen eher gelblich, rötlich und bräunlich.

Auch die Größe spielt dabei eine Rolle: Besonders bis zu 15 cm große Gegenstände werden geklammert. Irrtümlich geklammerte Männchen wehren sich mit einem Befreiungsruf und durch bestimmte Bewegungen. Der Klammerreflex ist so stark, dass manchmal auch Fische, Kadaver, Pflanzen und andere kuriose Gegenstände geklammert werden. Das kommt vor allem bei Erdkrötenmännchen vor.

Ein Grasfroschweibchen legt in der Regel einen einzelnen Laichballen ab. Die Anzahl der Eier bewegt sich etwa zwischen 700 und 3000, wobei eine positive Korrelation zwischen Eizahlen und Körpergröße festgestellt werden konnte. Große Erdkrötenweibchen bringen es sogar auf 4000 bis 8000 Eier, die in bis zu 5 Meter langen Laichschnüren um Äste und die Unterwasservegetation gewickelt sind.
Laichplatzuntreue hilft den Populationen.

Grasfrösche und Erdkröten sind allgemein laichplatztreu. Sie wandern alljährlich zum selben Laichgewässer, das gleichzeitig ihr "Geburtsgewässer" ist. Wie sie dieses finden und sich bei ihren nächtlichen Laichwanderungen orientieren, wird immer noch diskutiert. Sicher ist, dass sie dabei auf die Kombination verschiedener Sinneswahrnehmungen zurückgreifen, nämlich auf visuelle, olfaktorische, magnetische und akustische Reize. Möglicherweise spielen aber auch noch weitere, für uns schwer nachvollziehbare Faktoren eine Rolle.


Bilder von Dr. Robert Hofrichter und Andreas Wackenrohr