Eistauchen am Baikalsee

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05.12.2018 07:25
Kategorie: Reise

Eiskalt und doch so heiß!

Der Baikalsee ist eines der größten Gewässer der Erde. Super sauberes Wasser. Fast unglaublich die Tatsache dass der See nahezu ein Viertel des gesamten flüssigen Süßwassers der Erde beinhaltet. Mit 1642 Metern Tiefe und 673 Kilometern Länge könnte er die komplette Menschheit knapp 50 Jahre lang mit Trinkwasser versorgen. Mehr als 25 Millionen Jahre ist er alt und damit der älteste Süßwassersee der Erde. Gewaltige Zahlen eines beeindruckenden Gewässers.

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Bericht von Gerald Nowak

Der See ist Teil eines kontinentalen Grabenbruchs, des sogenannten „Baikal-Grabens“. Der Bruch erweitert sich um ca. zwei Zentimeter pro Jahr, wobei die eurasische und die amurische Kontinentalplatte auseinanderdriften. Dieser Riss geht über sechs Kilometer in die Tiefe, ist aber mit Sedimenten aufgefüllt. Den Tiefenrekord eines Süßwassergewässers könnte man, wenn man den Riss mitzählt, von 1642 Meter Tiefe auf über sechs Kilometer hochsetzen.

Als Badesee ist er eher ungeeignet, denn die durchschnittliche Oberflächentemperatur im Hochsommer steigt selten über 6 Grad plus. Dennoch ist er ein beliebtes Ausflugsziel. Fischer und Naturliebhaber besuchen den See zu jeder Jahreszeit und seit ein paar Jahren kommen auch die Taucher.

Im Sommer ist das kühle, glasklare Wasser faszinierend. Die überall wachsenden grünen Schwämme sind einzigartig, ebenso die mehr als 300 Flohkrebsarten (Acanthogammarus maculosus). Eine „spezielle“ Art zu tauchen gibt es im Winter, denn der Baikalsee bietet mehrere außergewöhnliche Varianten des Eistauchens. Das Eis wird im Durchschnitt ein Meter dick, aufgrund des glasklaren Wassers kann man wie durch eine Glasscheibe hindurch sehen. Es gibt aber auch Verwerfungen, die bis zu 10 Meter Dicke aufweisen.

Bestes Eintauchen in den sibirischen Winter

Das Eisbruchfeld an der Nordspitze von Olchon ist einer der schönsten Spielplätze für Eistaucher, die man sich vorstellen kann. Jedes Jahr Anfang Januar toben heftige eiskalte Stürme am Baikalsee. Taifunartige Winde blasen von Nordosten über den See und tragen dabei die frostig-kalten Minustemperaturen Sibiriens mit sich. Das Wasser des Baikalsees gefriert in Sekunden, doch der Wind bricht die Eisdecke immer wieder auf. Es entstehen Eisschollen mit bis zu einem Meter Dicke. Böen schieben diese gegen die Nordostspitze der Insel Olchon und stapeln sie dort zu einer immer stärker werdenden Eisdecke. Durch das Gewicht des Eises wird der größte Teil dabei unter die Wasseroberfläche gedrückt. Es entsteht Packeis. Die Temperaturen fallen immer weiter und erreichen spielend 30 Grad minus und darunter. Jetzt gefriert auch der Rest des Sees.

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Durch die gewaltigen Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht und durch die Temperaturunterschiede zwischen dem „warmen“ Tiefenwasser welches durch Strömungen hoch zum eisigen Oberflächenwasser gespült wird, entstehen große Risse im Eis die sich bis zur Eisdecke ziehen. Diese gefrieren jedoch an der Luft jede Nacht sofort wieder zu. Es entstehen Gänge, die sehr eng, aber auch mehrere Meter weit und hunderte Meter lang sein können. Das Beste Eintauchen in den sibirischen Winter was man sich nur vorstellen kann.

Mitte Januar beruhigt sich das Wetter meist und ab Anfang Februar ist es fast wolkenlos - über Wochen. Ideale Bedingungen also für den „perfekten“ Eistauchgang.

Eistauchen und saunieren

Meist reicht ein Tauchgang am Tag, denn die Vorbereitungen dauern ihre Zeit. Nach einer Stunde unter dem Eis, freut man sich dann sehr auf das mitgeführte „Banja“, die russische Variante unserer Sauna. Auf Kufen montiert, wird ein Anhänger mit einer Kabine hinter dem Transportfahrzeug mitgeschleppt. Der Anhänger dient zum Umziehen und Aufwärmen, aber eben auch als Sauna nach den Tauchgängen. Ein eingebauter Holzofen sorgt dabei für angenehme Wärme.

Da nur direkt unter dem Eis getaucht wird ist die Stickstoffsättigung in den Geweben gering bis nicht vorhanden, somit ein Saunagang auch problemlos möglich. Ein Heidenspaß nach der Sauna aufgeheizt ins Eisloch zu springen. Weniger kalt als man erwartet. Wer trotzdem friert, kann sich anschließend mit einem kräftigen Schluck Vodka wieder aufwärmen. Getrunken wird in Russland übrigens deutlich weniger als man vermutet, denn selbst auf dem Eis ist die örtliche Polizei unterwegs und kontrolliert die Fahrer. Wer Gäste transportiert darf nichts trinken: 0,0 Promille ist angesagt!

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Nachdem das Tauchen und der Saunagang abgeschlossen sind, geht es noch auf große Entdeckungsreise. Es gibt unglaubliche Eisformationen, Höhlen voll mit Eiszapfen, funkelnde Eiskristalle im Abendlicht und auch einige Kultstätten entlang der Insel Olchon und den kleinen Inselchen in der geschützten Bucht. Der Schamanismus ist inzwischen wieder offiziell erlaubt und wird von einigen Einheimischen nun wieder praktiziert. Direkt hinter dem Dorf liegt ein heiliger Schamanenfelsen: Anziehungspunkt für unzählige Touristen, ein perfekter Ort für tolle Fotos im Abendlicht. Generell sind der See und die Natur auch im Winter ein Ort für unglaublich faszinierende Fotos, weshalb Olchon nicht nur im Sommer ein Touristenmagnet ist. Wer denkt hier im sibirischen Winter alleine unterwegs zu sein, der irrt. Die Region wird von mehr und mehr Menschen aus aller Welt besucht, nur unter dem Eis, da ist man zusammen mit dem Tauchbuddy ganz für sich alleine in der eisigen Welt des Baikals.

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Reisetipps:

ACHTUNG Russland ist für D, A, CH Reisende VISA pflichtig! Das Visum muss mindestens 2 Wochen vorher beantragt werden und kostet ca. 65 Euro (über den Visumservice 25 Euro Aufpreis).

Flug mit AEROFLOT über Moskau nach Irkutsk (von allen großen Flughäfen).

Hotel Courtyard Marriott in Irkutsk: Einziges internationales Hotel; österreichisches Management, Essen/Service und Zimmer entsprechen dem internationalen Standard und sind sehr zu empfehlen.

Sinnvolle Ausrüstung:
Arktisgerechte Winterkleidung. Schal, Mütze, dicke Winterschuhe mit Thermoeinlagen, kleine Wärmflasche, dicke Neoprenhandschuhe oder dicke Trockenhandschuhe, vereisungssichere Lungenautomaten (2).

Reiseveranstalter:
Waterworld, www.waterworld.at

Touren in 2019:

Baikal Black Ice Tour 2019, Eistauchen im Hochwinter am Baikalsee: vom 04.02.2019 – 14.02.2019, Expedition 10 Tage / 9 Nächte, 2.990,00 Euro (zzgl. Flug ab ca. 550 Euro + ca. 250 Euro Nebenkosten).

Baikal Nerpa Tour 2019: vom 01.04.-11.04.2019 mit maximal fünf Teilnehmer. Nur für erfahrene Trockentaucher, Eistauchbrevet ist notwendig. Expedition 10 Tage / 9 Nächte, 5.550 Euro (zzgl. Flug ab ca. 550 Euro).

Tauchbasis:
Baikal Tek (baikaldiving.ru/en/)

Ausrüstung / Ausrüstungstest:
www.mares.com