Kategorie: Reise
Dem Klischee vom Südsee-Paradies kommt die Insel Yap recht nahe. Mantas, Haie und andere Großfische... addiert man noch Barrakudas, kunterbunte Mandarinfische, Thunfische, grandiose Steilwände, kristallklares Wasser und gelegentliche Stippvisiten von Delfinen und sogar Walen, hat man eines der besten Tauchgebiete der Welt.
Bericht von Angelika Heinrichs
Das muss wahre Liebe sein: Der Blick auf den Computer zeigt Minute 72, die Fini-Nadel kratzt bedenklich nah am 40 Bar-Bereich, und immer noch harrt die gesamte Mannschaft vor einem großen Geweihkorallenfeld aus. Mit weit ausladenden Schwingen kommt der größte von vier Mantas herangeschwebt. Bewegungslos wie ein gigantischer Raubvogel in der Thermik steht er über der Waschstraße, wo die Putzerfische eiligst ihre Flossen in Bewegung setzen. Die anderen drei fliegenden Teppiche halten auf die Tauchergruppe zu und verdunkeln die Sonne über uns. Einen knappen Meter über meinem Kopf verharrt einer der Raumgleiter und lässt sich von den Luftblasen den Bauch kraulen. So läuft das schon seit mehr als einer Stunde und das in nicht einmal zehn Metern Tiefe. Kein Wunder, dass niemand aus dem Wasser steigen will.
"Tauchgänge über siebzig Minuten sind bei uns kein Problem, solange Kapitän und Guide informiert sind", erklärt Basenleiter Jan in fast akzentfreiem Deutsch. "Das Besondere an den Mantas in Yap ist, dass sie Taucher mögen, glaube ich", meint der gebürtige Belgier und gibt das Zeichen zum Aufbruch.
Hai-Kino
Entlang üppiger Mangroven düst das Speedboot hinüber zum nahen Außenriff; das grünlich-türkise Lagunenwasser verwandelt sich schlagartig in tiefes Ozeanblau. Und noch während Guide Matt anlegt, erscheint der erste Schwarzspitzenriffhai neben dem Boot. Als wir über dem in acht Metern gelegenen Plateau ankommen, sind es schon vier Tiere, und ein Blick über die Riffkante hinaus verrät, dass sich auch Grauhaie die Ehre geben. In zehn, zwölf Metern Tiefe führt uns Matt an einen Platz mit abgestorbenen Korallen, und schon kann das Hai-Kino beginnen...
Gut und gerne zwanzig der eleganten Räuber schweben im kristallklaren Wasser vor dem mehr als hundert Meter tiefen Abgrund. Einzelne Tiere lassen sich nicht beirren und kommen bis auf zwei Meter heran. Obwohl wir von ihren gelben Katzenaugen genau unter die Lupe genommen werden, sind die Tiere mit den blubbernden Gestalten in den Neoprenanzügen gut vertraut. Viel intensiver kann ein Naturerlebnis kaum sein. Für die Makrelen und die vorwitzigen dicken Schnapper hat jedenfalls niemand Augen.
Knapp 200 Fotos und erneut siebzig Minuten später rast die "Silvertip" mit sieben glücklichen Tauchern in einen engen Mangrovenkanal hinein, was schon verdächtig viel von James Bond oder einem Videospiel hat. "Wusstest du eigentlich, dass die Deutschen den Kanal gebaut haben?", ruft Jan als der Motor gedrosselt wird. Yap ging durch viele gierige Hände: Die Spanier waren da, die Japaner, die Amerikaner, und Ende des 19. Jahrhunderts eben auch die Deutschen.
Etliche Grabsteine auf dem alten Friedhof des Hauptstädtchens Colonia, eine Telegrafenstation, eine verfallene Gouverneursresidenz, das Wrack des Vermessungsschiffes SMS Planet im Hauptkanal – es kann betaucht werden - und vereinzelte Vokabeln wie "Hammer" sind von Deutsch-Neuguinea übrig geblieben. In den letzten Minuten vor der Ankunft im Manta Ray Bay Resort lasse ich die letzten zwei Tage Revue passieren...
Tauchplätze - Yap's Top Five
Stammtisch Die beliebteste Waschanlage der Mantas von Yap ist ein Geweihkorallenfeld im inneren Bereich des Mil Channel. Der flache Tiefenbereich – von der Oberfläche bis in etwa zehn Meter – macht die verlässliche Begegnung mit den oft neugierigen Teufelsrochen auch für Anfänger möglich und erlaubt lange Tauchgänge. Die besten Bedingungen an der Putzerstation ergeben sich bei einlaufendem Wasser in den Morgen- und Mittagsstunden (Gezeitentabelle auf mantaray.com).
Vertigo Mehr als zwanzig Graue Riffhaie und rund zehn Schwarzspitzenriffhaie haben ihr Revier an diesem Außenriff. Die Tiere halten sich ebenfalls im Flachbereich zwischen der Oberfläche und etwa 16 Metern auf, sind an Taucher gewöhnt und zeigen dementsprechend keine Scheu. Im meist kristallklaren Wasser leben auch Zackenbarsche, Muränen, Schwärme von Falterfischen und Regenbogen-Renner. Gelegentlich werden vor der Steilwand sogar ozeanische Hai-Arten gesichtet.
Yap Caverns Der abwechslungsreiche Spot ist ein natürliches Amphitheater, von dessen Grund sich prächtig bewachsene Korallenpfeiler bis ins Flache erheben. Namensgebend sind eine "Kathedralen-Höhle" und ein Tunnel, der unmittelbar im Steilhang mündet. Dort laufen zwei Strömungen zusammen, was Begegnungen mit Hochseefischen jederzeit möglich macht. In der Tiefe gibt es eine Grauhai-Putzerstation. Weichkorallen, Makro-Motive, große Barrakudas, Zackis und Herden von Büffelkopf-Papageienfische lassen kaum Wünsche offen.
Slow & Easy Einen Steinwurf vom Manta Ray Bay Resort und seinem Mandarinfisch-Mating-Platz entfernt, ist inmitten der Lagune Makro-Gestöber angesagt. Auf dem Parcours zwischen zwei Bojen finden sich rare "Kleinigkeiten" wie Pfeifenfische, Nacktschnecken, schneeweiße Mantis Shrimps, Schaukelfische, diverse Garnelen und Schalentiere sowie die in Symbiose lebenden Wächtergrundeln und Knallkrebse.
Yap Corner ...ist besonders bei einlaufendem Wasser "heiß": große Grauhaie, Thunfische, Adlerrochen und drei Arten Barrakudas - auch in großen Schwärmen - und sogar Stachelmakrelen schwimmen vor dem Eingang des Mil Channel, auf dessen Grund etliche Weißspitzenhaie liegen. Luftverbrauchs-Akrobaten können kanaleinwärts auf Mantas, Schildkröten und Stachelrochen treffen. Die Guides der Yap Divers kennen einen Korallenblock mit verschiedenfarbigen Schaukelfischen und Glasfischen. Prächtige Steinkorallengärten im Flachwasser, pinke Weichkorallen im Mittwasser und Hornkorallen-Felder in der Tiefe.
Steingeld im "Inselreich" Yap
Die Anreise über Tokyo und Guam ist kein Sonntagsausflug, aber sobald der Einreisestempel seinen Weg in den Reisepass gefunden hat und einem eine spärlich bekleidete Südseeschönheit den Blumenkranz um den Hals legt, stellt sich das Gefühl ein mit der Reise um die halbe Welt doch etwas richtig gemacht zu haben.
Abenteuer über und unter Wasser auf Yap