Kategorie: Reise
Osterinsel? Vielen ist der Name geläufig, doch geografisch orten können diese Perle im Südostpazifik auf halbem Weg zwischen Chile und Französisch Polynesien nur Wenige. Und auf dem Radar der allermeisten Taucher erscheint diese Destination ebenfalls kaum. Völlig zu Unrecht!
Bericht von Dominik Vögtli
Für viele Reisende sind die kolossalen, bis zu 1.000 Jahre alten Steinstatuen der Osterinsel Grund genug um hier einen Zwischenstopp einzulegen. Die Moai stehen bis zu elf Meter hoch, wiegen maximal 90 Tonnen und wurden auf unbekannte Weise von ihrem Ursprungsort, einem Nebenkrater des Vulkans Rano Raraku, an ihren Bestimmungsort auf den Zeremonienplattformen an der Küste transportiert.
Die Osterinsel (Isla de Pascua, oder in der Muttersprache, "Rapa Nui" oder "Te Pito te Henua" - der Nabel der Welt) wird trotz ihrer Abgeschiedenheit, sie liegt je rund 3.500 km vor der chilenischen Festlandküste und von Französisch Polynesien entfernt, jährlich von knapp 70.000 Touristen besucht, bei einer stetigen lokalen Bevölkerung von nur 6.000 Personen! Der Durchschnittstourist bleibt ca. drei Tage, besucht die bekanntesten der einigen hundert Moai, ergötzt sich am Abend an einer polynesischen Tanzaufführung und genießt die hervorragenden lokalen polynesischen und französischen Restaurants. Sportliche und abenteuerfreudige Gäste können die Insel per Pferd, Mountainbike, Scooter oder Quad auf eigene Faust entdecken.
Jacques Cousteaus Vermächtnis
Alles sehr eindrücklich, aber der eigentliche Schatz der Osterinsel liegt unter der Wasseroberfläche! Henry Garcia aus Frankreich war ein Wegbegleiter des legendären Jacques Cousteau und ihre Expedition zur Erkundung der Unterwasserwelt führte sie 1976 an diesen abgelegenen Ort. Als ihr Forschungsschiff Calypso nach sieben Monaten Forschung und Filmdreharbeiten die Anker lichtete, blieb Henry für eine neunmonatige Auszeit auf der Insel.
Nach einem kurzen Besuch zu Hause in Frankreich und einer weiteren Mission mit Cousteau wurde die Sehnsucht nach seiner Wahlheimat so groß, dass er zwei Jahre später zurückkam und in Hanga Roa, der Hauptstadt von Rapa Nui, zusammen mit seinem Bruder Michel die erste Tauchbasis der Insel eröffnete.
Informationen Osterinseln
Sprache: Spanisch, Polynesisch, Französisch und Englisch werden oftmals verstanden, gerade im Tourismussektor.
Währung: Chilenischer Peso, auf der Insel gibt es zwei Bankomaten und Kreditkarten werden vielerorts akzeptiert.
Visa/Impfung: nicht notwendig
Anreise: fünfstündiger Flug mit LAN entweder von Santiago de Chile oder von Papeete (Französisch Polynesien)
Zeitverschiebung: 7 Stunden (GMT-5)
Hotels: zahlreiche Unterkünfte in allen Preisklassen in Hanga Roa
Lufttemperatur: zwischen 17°C im Juli und 24°C im Januar/Februar
Wassertemperatur: zwischen 20°C im Juli und 25°C im März
Tauchbasen:
Orca Dive Center (Cousteau)
Mike Rapu - Rapa Nui Diving
Weitere Fotos: www.travelholic.ch/easter-island-chile
Wenig Fisch, tolle Unterwasserlandschaft, unglaubliche Sichtweiten
Wer bunte Fische und Nacktschnecken oder Großfisch erwartet, wird enttäuscht. Die Osterinsel ist von kaltem und zugleich nährstoffarmen Wasser umgeben und wird vom nährstoffreichen Humbolt-Strom links liegengelassen.
Hinzu kommt, dass weder größere Flüsse noch unbehandeltes Abwasser Nährstoffe ins Meer spülen. In Kombination führt dies zu unglaublich klarem Meerwasser, solange die Brandung in Küstennähe nicht zu viel Sediment aufwirbelt. Keine andere Destination – ausgenommen die Silfra-Spalte in Island – kann mit derart klarem Wasser aufwarten.
Die Klientel der Tauchbasen sind hauptsächlich Schnupper- und Gelegenheitstaucher, die einen oder zwei Tauchgänge absolvieren. Reine "Tauchurlauber" trifft man hier kaum an. Dies führt dazu, dass oftmals Tag für Tag derselbe anfängerfreundliche Tauchplatz "Moai" angefahren wird. In rund 20 Metern wurde eine Replikat Moai Statue versenkt, umgeben von gut erhaltenen Hartkorallenriffen.
Henry und Michel haben den operativen kommerziellen Tauchbetrieb weitgehend den einheimischen Angestellten übergeben und widmen sich selbst Forschung und Erkundungen. Ich hatte das unglaubliche Glück, dass außer mir eine Gruppe sehr erfahrener Taucher anwesend war, unter anderem ein Instruktor aus Neuseeland, ein Archäologe aus Polen und ein Journalist aus Frankreich, sodass Henry persönlich unsere Tauchgänge geführt hat und wir in den Genuss kamen, Höhlen und tiefere Canyons zu besuchen, die normalerweise nicht mit Touristen betaucht werden.
Nur bei guten Bedingungen kann der Tauchplatz "Motu" angesteuert werden. Schon über Wasser sind die beiden vorgelagerten kleinen Felsinseln – Hort von zahlreichen Seevögeln – landschaftlich eindrücklich, erst unter Wasser folgt aber das Aha-Erlebnis. Die Wände fallen wie auch oberhalb der Wasserlinie steil in die Tiefe. Auf 20 Meter halten wir kurz inne und können problemlos den Grund ausmachen. In 40, vielleicht 50 Meter scheinen die Steilwände in den mit kleineren Korallenblöcken übersäten Sandgrund überzugehen. Doch in Realität sind es knapp 80 Meter, die unglaublichen Sichtweiten täuschen jeden noch so erfahrenen Taucher. Liebhaber von tieferen Tauchgängen werden hier auf ihre Kosten kommen, und selbst jenseits der PADI-Grenzen hat man nie das Gefühl, wirklich tief zu tauchen. Eine konsequente Kontrolle der Luftreserven und der Tiefenanzeige ist unabdingbar und allfällige Dekompressionsstops plus zusätzliche Sicherheitsstops müssen eingehalten werden, denn die nächste Druckkammer ist mehr als 3.500km entfernt...
Auch wenn die Osterinsel von der internationalen Tauchcommunity bisher nicht oder nur marginal beachtet wurde, bietet sie unvergessliche Tauchgänge. Kaum jemand wird einen Tauchurlaub bloß auf der Osterinsel verbringen. Doch mit einem vor- oder nachgelagerten Besuch von Französisch Polynesien mit den berühmten Taucherinseln Rangiroa und Fakarava entsteht eine traumhafte Ferienkombination mit Kultur, tollen Stränden und abwechslungsreichem Tauchen.
Video zum Thema:
Das Video gibt einen guten Eindruck über das Tauchen an der Osterinsel und einige Impressionen der Insel über Wasser.