01.08.2012 13:00
Kategorie: Reise
Kategorie: Reise
Solange es nicht um Fußball geht, ist Holland ein sympathisches Land: Keine Berge, viel Meer, Frauen in klobigen Holzschuhen und überall findet man Windmühlen und Grachten. Man kann bei unseren westlichen Nachbarn prima baden, zelten und tauchen – aber richtig Spaß macht dies erst in Kombination.
Bericht von Linus Geschke
Meist drehen sich Reiseberichte in Tauchmagazinen um die Filetstücke dieser Welt. Es gibt unzählige Berichte über Raja Ampat und Cocos Island, über die Brothers und über Galapagos. Erstaunlich wenig gibt es dagegen über die vielen Plätze vor unserer Haustür oder im grenznahen Ausland – Tauchspots, die eher der "Brot-und-Butter- Variante" angehören und die dennoch dafür sorgen, dass der Taucher regelmäßig "satt" wird.
Das holländische Kapel-Avezaath ist so ein Platz; der dortige See so unbekannt, dass er einfach nur als "Lake Kapel-Avezaath" bezeichnet wird. Er kann mit keinerlei imponierenden Besonderheiten aufwarten; weder mit spektakulären Bauten unter Wasser noch mit einem überragenden Fischaufkommen oder mit glasklarer Sicht. Und dennoch geben sich hier in den Sommermonaten deutsche Tauchschulen und Vereine bei Ab Van´t Veen die Klinke in die Hand, weil sie das Gesamtangebot schätzen, das seine kleine Tauchbasis und der direkt daneben liegende Campingplatz bieten.
Die Tauchbasis ...
... ist kaum mehr als ein großer Container, der direkt am See aufgebaut ist und hinter dem sich zwei Schwimmpontons befinden – auf dem einen kann man in der Sonne liegen und das Briefing abhalten, der andere dient zum Sprung ins Wasser. Wenn sich größere Gruppen hier über ein Wochenende einbuchen, halten die Betreiber die Tauchbasis so lange offen, wie es nötig ist: Notfalls auch von 8 Uhr in der Früh bis um 23 Uhr in der Nacht.
Überhaupt wird Kundenfreundlichkeit im Land des Gouda großgeschrieben. Die Füllung der Tauchflaschen beispielsweise wird jeweils bar-genau abgerechnet – man bezahlt immer nur so viel, wie man tatsächlich verbraucht hat. Die Kölnerin Ariane Schild war schon oft in Kapel und seit sie 2010 ihre eigene Tauchschule "rHeintauchen" gegründet hat, ist der dortige See jedes Jahr Ziel eines Gruppenausfluges. "Das ist so herrlich familiär hier", sagt sie, "und genauso stell’ ich mir ja auch meine Tauchschule vor." Für den Freitag hat sie noch zu Hause vorgekocht, 20 Taucher wollen schließlich verpflegt werden, den Samstag überlässt sie aber den Inhabern der Tauchbasis.
Auf Wunsch veranstalten Vater und Sohn Van´t Veen für die Gäste ein Barbecue, dass sich gewaschen hat: Berge von Fleisch und Salat werden dann aufgefahren, dazu Brot und Dips aller Art und dies in Mengen, die vor Ort kaum zu bewältigen sind. Man taucht zusammen, man sitzt zusammen und man quatscht zusammen: ganz familiär halt.
Der See selber ist rund 400 Meter lang, 70 Meter breit und kein Ort für Tieftaucher: Nach maximal 14 Metern ist der Grund erreicht. Je nach Jahreszeit und Bedingungen liegen die Sichtweiten zwischen drei und zwölf Metern und man sieht, was man in den meisten Seen zu sehen bekommt: Barsche und Hechte, einige Wasserpflanzen, viele Jungfische, ein paar kapitale Karpfen. Nicht schlecht, aber auch nicht überwältigend.
Das Highlight beim Nachttauchen ist ein weißer Aal, der recht standorttreu ist und dem manche Taucher sogar schon einen Kosenamen gegeben haben. Aber fährt man allein deswegen nach Holland? Niko Schmidt, der bei "rHeintauchen" gerade eine Ausbildung zum Master Diver macht, meint nein: "Ich bin mit meiner Frau jetzt zum zweiten Mal hier, aber das hat nur zum Teil mit dem See an sich zu tun. Uns gefallen halt das Gemeinschaftsgefühl und die Gelegenheit, mit netten Leuten ein entspanntes Tauchwochenende zu erleben. Lecker Essen, abends beim Bier dumm rumquatschen, tagsüber ab und zu Tauchen gehen – das ist es, was Kapel für uns ausmacht! Dazu kommt dann noch der schöne Campingplatz: Preislich voll im Rahmen, sehr sauber und eine gute Ausstattung mit vielen Duschen und Toiletten.
Eigentlich ist Niko Schmidt ein bekennender Wrack- Fan: Aber wenn das große Ganze passt, kann er auch mal ohne Maschinenräume leben. Die schönsten Bereiche des Sees liegen links und rechts des Einstiegs; die gegenüberliegende Seite ist bis auf eine Schule Karpfen weniger von Fisch besiedelt. Besonders nett anzusehen sind die kleinen Canyons und Felsformationen unterhalb des Sandstrandes, auf die man schnell stößt, wenn man vom Ponton aus nach rechts wegtaucht.
Kapel-Avezaath
Lage: Kapel-Avezaath liegt an der E31, rund 35 Kilometer hinter Arnheim oder Nijmegen. Für Ortsunkundige ist der See nicht einfach zu finden – hier sollte man sich zuvor eine Wegbeschreibung über die Tauchbasis oder den Campingplatz besorgen.
Tauchcenter: Die Basis am See wird vom Vater- und Sohn-Team Van´t Veen meist nur am Wochenende betrieben. Besucher sollten sich unbedingt vorab unter folgender Nummer anmelden: 0031-6555-78487
Weitere Tauchinfos aus der Nähe: Kapel-Avezaath
Der Campingplatz ...
... bietet Tauchern alle Möglichkeiten: Man kann dort für wenige Euro pro Nacht sein Zelt aufbauen oder ein festes Chalet mieten, im Restaurant essen und die gepflegten Duschen und Toiletten benutzen – alles maximal zwei bis drei Gehminuten vom See entfernt. Hier treffen Dauercamper, Jugendgruppen, Taucher, Radfahrer und die in Holland allgegenwärtigen Wohnwagen- Touristen zusammen und dennoch ist es ein eher ruhiges Gelände: Nur die nahegelegene Autobahn liefert ein dezentes Hintergrundsummen dazu.
Auch für die Redakteure von Tauchmagazinen ist Kapel ein interessanter Ort: Einfach, weil er wieder erdet. An Seen wie diesem spielt sich ein Großteil des deutschen Taucherlebens ab; mehr als an all den Traumzielen, über die man sonst permanent schreibt. Er erinnert einen daran, dass es auch ein Tauchen abseits von Hammerhaien und Buckelwalen gibt, weit weg von tropischen oder exotischen Zielen. Und plötzlich stellt man fest: So schlecht ist das gar nicht!
Orte wie Kappel mögen nicht die Filetstücke unter den Tauchdestinationen darstellen, aber sie sind wie ein Brot mit gutem holländischem Käse: Lecker, herzhaft und satt machend – wer isst schon immer Filet?