16.08.2013 11:28
Kategorie: Reise
Kategorie: Reise
Norwegens Westküste bietet Top–Tauchgebiete mit einer Vielzahl von Wracks, reicher Flora, wie Kelp, Anemonen und jeder Menge Weichkorallen nebst beeindruckender Fauna. Daneben eindrucksvolle Natur: gigantische Felsküsten, Holmen und Schären, Gebirge, Wälder, Fjorde.
So weit so gut. Der ansonsten sonnenverwöhnte, mehrheitlich in tropischen Gefilden Urlaub machende Südeuropäer denkt jedoch sofort auch an Kälte, hohe Lebenshaltungskosten und eine völlig unverständliche Sprache. Wir lernen bei diesem Trip, dass es im Norden oftmals nicht so ist, wie man es erwartet.
Bericht von Hans Schach und Birgit Butterhof
Graupelschauer im Schwarzwald, Regen und 8°C Kälte in Stuttgart beim Abflug. Nein, nicht April, Mitte Mai schreiben wir. Aber gut so, sagen wir uns, insofern brauchen wir uns nicht umstellen im hohen Norden. Jedoch weit gefehlt: 27°C, Sonne und wolkenloser Himmel vermeldet der Flugkapitän des KLM Fluges bei der Landung in Trondheim, Norwegen. Die Sturmjacken und Pullover wandern zunächst einmal in die Rucksäcke. Der Schweiß rinnt uns herunter, als wir mit unseren Koffern und Tauchtrolleys auf dem Weg zum Mietwagenschalter sind. Rund 250km Fahrt durch das Innere des Landes sowie auf Küstenstraßen liegen vor uns. Vier Stunden haben wir eingeplant. Wir genießen die atemberaubende Landschaft auf dem Weg nach Süden. Schneebedeckte Berge, gefrorene Seen, die von der Sonne zum Dampfen gebracht werden, Fjorde, die via Fähre oder durch Untertunnelungen überquert/durchquert werden. So wird bereits die Anfahrt zum eindrucksvollen Urlaubserlebnis.
Averøy – Norwegen
Averøy ist eine rund 180 km² große Insel westlich von Kristiansund und ist von dort aus seit einigen Jahren über einen Tunnel direkt erreichbar.
Flughafen: Kristiansund oder Trondheim (von Trondheim ca 250km),
Fluglinien: KLM, SAS, Lufthansa und Andere.
Währung: Norwegische Kronen (NOK) 10 NOK ca 1,32 €
Sichtweiten: Die Sichtweiten betragen je nach Jahreszeit von 5m bis 50m, i.d.R. sind sie von November bis April sehr gut, Mai bis Juli gut, Hochsommer wechselhaft.
Beste Reisezeit: Eigentlich ganzjährig. Auf Alveroy sinkt die Temperatur auch im Winter selten unter den Gefrierpunkt. Wer es wärmer mag: Ab Mai klettert die Temperatur, erreicht im Juli/August die Höchstmarken und sinkt ab Oktober wieder ab.
Wassertemperatur: kalt! Im Mai an der Oberfläche max. 9°C, ab 30m und tiefer 5°C. Hier ist der Trocki Pflicht.
Infos über das Tauchen in Norwegen:
Taucherverband Norwegen: Norges Dykkeforbund
Infoseite fürs Tauchen: www.dykkersiden.com
Diving Guide into the submarine rainforest by Nils Aukan (engl.)
Ankunft in Sveggvika - In the middle of nowhere
"Schauen wir, dass wir noch bei Tageslicht ankommen" meint Birgit. Keine Kunst: Als wir kurz vor Mitternacht von Kristiansund durch den Atlantiktunnel auf die Insel Averøy gelangen, ist es noch taghell. Nach kurzer Fahrt erreichen wir auf der Nordseite der Insel das kleine Schild "Sveggvika", das uns den geschotterten Weg zu der kleinen Ferienanlage, bestehend aus sechs gemütlichen Ferienhäuschen und der einzigen Tauchbasis der Insel, weist. Der Schlüssel steckt im Häuschen Nr. Eins.
Jaanus Relo, der die Anlage und Basis mit seiner Partnerin Anette Õunapuu leitet, kommt trotz der späten Stunde vorbei um uns willkommen zu heißen. Kaffee, Fisch, Brot, Butter, Kartoffeln und etwas Gemüse bringt er, so dass wir für die ersten Tage schon einmal vorsorgt sind. "Mehr Fisch und Muscheln gibt’s im Meer, Angeln könnt ihr morgen haben", meint er lächelnd. Er überreicht noch den Tauchplatzführer der Gegend (siehe Info-Box) und verabschiedet sich mit "Schlaft euch aus und kommt zum Tauchen vorbei, wann immer ihr wollt".
Wir beziehen die gemütlichen Zimmer des Ferienhäuschens/Apartments, und versuchen trotz der Helligkeit gegen 3.00 Uhr morgens einzuschlafen. Von Mitte Mai bis Mitte Juli wird es hier nicht mehr dunkel und es dauert einige Tage, bis sich der Biorhythmus an dieses Phänomen gewöhnt hat. Eines ist jetzt schon klar: Nachttauchgänge wird es hier nicht geben, die kurze Dämmerung in den Morgenstunden wird dann eher für einen early morning dive passen.
Tauchen : offener Atlantik & Fjords
Von der Tauchbasis aus haben wir leichten Zugang zu den Tauchspots von Kristiansund und der Hustadvika Bay. Während die Bay bei jeder Witterung direkt von der Basis aus betauchbar ist, sind die Plätze im hinteren Teil der Bay/des Fjords (Canyons, Steilwände und Muschelfelder) und auch offshore im offenen Atlantik in jeweils 5 bis 30 Minuten, längstens einer Stunde mit dem Boot erreichbar.
Wir haben die Wahl zwischen Strömungstauchen, Steilwandtauchen, Canyons, Wracks und gemütlichen Dümpeltauchgängen inmitten von Seetangwäldern. Wir besprechen mit Jaanus morgens die Tauchgänge in Abhängigkeit der jeweiligen Witterung: Bei ruhiger See bringt uns sein schnelles Boot weit hinaus auf den offenen Atlantik zu vorgelagerten Inseln und Felsnadeln mit bemerkenswerten Sichtweiten, Steilwänden, in der Tiefe bewachsen mit Anemonen und Softkorallen, leuchtenden Kaltwasserkorallenriffen, Seetangwäldern und imposanten Kelpstauden. Es finden sich mannigfaltig Seesterne, Seescheiden, Seenelken, Lippfische, Flundern, Krabben, beeindruckend große Quallen, Schwämme, Muscheln, Goldstriemen- und Makrelenschwärme, Seeteufel und mehr.
Hier fühlen wir uns mehr als Forscher denn als Tauchtouristen. In den ganzen zwei Wochen treffen wir nicht einmal andere Taucher an den fesselnden Spots. An zwei Tagen gibt uns Nils Aukan, der bekannte norwegische Unterwasserfotograf, die Ehre und zeigt uns "seine" Lieblingsspots. In den Tauchpausen genießen wir auf der Terrasse der Basis den Blick auf den Fjord und sehen den Grindwalen zu, die derzeit nahezu täglich die Bay durchstreifen. Außerdem beobachten wir Robben und Otter, die neugierig heraufschauen.
Alteisen
Auch "Alteisenfans" kommen hier auf ihre Kosten. In Schlagdistanz von Averøy finden sich die Wracks SS (Steam Ship) Borghild, die Krystal und SS Hilda.
Wir nutzen die z.Zt. ruhige See und führen zwei Tauchgänge an der Borghild durch, einem 1940 gesunkenen estonischen Frachter, der mit Carbid für England beladen war. Heute steht es mit einer Gesamtlänge von rund 60m je nach Wasserstand auf 35m (Deckaufbauten) bis zu 48m (Schiffsschraube/Boden) aufrecht auf Sandboden.
Jaanus wirft geübt und sicher die Shotline nach GPS-Position rund 5m neben den alten Frachter und wir tauchen bei moderater Strömung zu dem erstaunlich gut erhaltenen Wrack. Der erste Tauchgang dient der Orientierung, beim zweiten Tauchgang können wir die weit offenen Laderäume sowie die Kajüten inspizieren. Es mag Einbildung und reine Kopfsache sein, aber irgendwie kommen uns die 5°C Wassertemperatur auf Tiefe und 8°C auf den Dekostufen kälter vor, als bei vergleichbaren Süsswassertauchgängen.
Verpflegung: Selbstversorgung, Angeln & Sammeln
Tacheles: Norwegen gehört definitiv nicht zu den Low-Cost-Urlaubsländern, die Preise liegen je nach Warenkorbdetail weit höher als hierzulande gewohnt.
Wer im Urlaub gerne einen Aperitif zu sich nimmt oder auf Rauchen nicht verzichten will, ist gut beraten, sich bei Einreise im Rahmen der Einfuhrmöglichkeiten mit Entsprechendem zu versorgen. Gut sortierte Supermärkte bieten dennoch die Möglichkeit zu selektivem Einkaufen; Grundnahrungsmittel wie Brot, Milchprodukte, Nudeln und viele Gemüsesorten gibt es zu durchaus erschwinglichen Preisen. Auch Hackfleisch, Rentierprodukte und ausgesuchte Wurstsorten sind bezahlbar.
Und darüberhinaus haben wir hier die Möglichkeit teilweise selbst für unser Essen zu sorgen: Jaanus stellt Angeln zur Verfügung und gibt Tipps für das Angeln in der Bucht und vom Boot aus. Für eine besondere, leckere Spezialität, Kamm- respektive Jakobsmuscheln, stellt er uns Sammelnetze zur Verfügung und schippert uns zu exponierten Plätzen, an denen wir die begehrenswerten kulinarischen Leckerbissen auf moderaten Tiefen von rund 15m finden können. Rund 7 Euro kostet eine große Jakobsmuschel auf den regionalen Märkten (hand picked), drei der Muscheln benötigt man für eine Person als Hauptgericht.
Jaanus hilft beim Öffnen der Muscheln, Anette bereitet eine traumhafte Soße mit Basilikum, Honig, Broccoli und Gewürzen zu. Zusammen mit Kartoffeln, Spargel und Broccoligemüse steht unser Abendessen einer professionellen Küche à la Haute Cusine in nichts nach. Viel Eiweiß, wenig Kohlenhydrate: 3 kg nehmen wir pro Person ab, ohne zu Hungern. Ein durchaus angenehmer Nebeneffekt!
Ferienanlage und Tauchbasis Sveggvika, Averøy
Sveggvika, Seivågneset, 6530 Averøy, Norway
Geöffnet: ganzjährig
Leitung: Jaanus Relo
Sprachen: Englisch, Norwegisch, Estnisch
fon: + 47 400 18 192
Mail: post@sveggvika.no oder jaanus@sveggvika.no
Web: www.sveggvika.no
Basis auf Taucher.Net: Svegvikka, Averoy
Unterkunft:
Sechs Ferienhäuser für jeweils vier Personen mit zwei Schlafzimmern, Bad, Gemeinschaftsraum mit Küche, Fußbodenheizung, Balkon und Terrasse mit Blick auf den Fjord/das Meer. Derzeit entstehen im Haupthaus Gästezimmer und Appartements, die nach Fertigstellung mit Frühstück und/oder Halbpension gemietet werden können (ab Sommer 2013).
Sehr gut: Free WIFI Internet.
Weitere Infos
Was gibt es im Umkreis
Unterwasserfotos Averoy
Tauchvideo Averoy
Ausbildung nach: PADI
Ausrüstungsverleih: u.A. Scubapro-Trockis, Flaschen: 15l Stahl
Transport: Tauchboot, (Elektro-)Van
Besonderheiten: Tauchgänge am Hausriff kostenlos (lediglich Flaschenfüllung, ca 50 NOK)
Aktivitäten & Lokale Ausflüge
Unser Urlaubsort ist nicht nur prädestiniert für einen exzellenten Tauchurlaub. Wir gönnen uns zwischendurch tauchfreie Tage und widmen uns dem Kajaking in den Fjorden und unternehmen Touren in die Umgebung...
Es geht entlang der Atlantik Road mit ihren beeindruckenden Brücken und Sehenswürdigkeiten rechts und links der Straße: 6.000 Jahre alte Felsenmalereien, verträumte Dörfer, Klippfischanlagen (Dörrfisch, eine alte norwegische Tradition) und gemütliche Restaurants mit lokalen Spezialitäten. Die Zeit vergeht wie im Fluge und schon bald heißt es zusammenpacken und noch einmal über Land fahren... zum Flieger ins kalte Deutschland.
Video zum Thema:
Tauchvideo am "Hausriff" von Sveggvika.