Verletzung durch Kontakt mit einer Feuerkoralle

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23.09.2024 09:46
Kategorie: Medizin

Ein kleiner Kratzer durch eine Feuerkoralle kann schnell dramatische Folgen haben, wie der Erfahrungsbericht eines betroffenen Tauchers eindrucksvoll zeigt. Was als harmloser Kontakt begann, führte zu einer monatelangen Tortur. Erfahre, welche Erste-Hilfe-Maßnahmen wirklich helfen und wie wichtig die richtige Behandlung solcher Verletzungen ist.

Bericht des Unfalls aus der Sicht unseres Users Reinhard:

Im August 2023 verbrachte ich meinen Tauchurlaub in Soma Bay, Ägypten. Es war ein Traumurlaub – bis zu dem einen Tauchgang, der alles veränderte. Während eines Tauchgangs wurde ich von einer Strömung in Richtung eines Korallenriffs gedrückt. Bei dem Versuch, mich abzufangen, berührte ich eine Feuerkoralle und zog mir vier Kratzer am linken Bein zu. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich noch nicht, welche dramatischen Folgen diese vermeintlich harmlosen Verletzungen haben würden.

Die Kratzer behandelte ich sofort nach dem Tauchgang mit Essigsäure, wie ich es in solchen Fällen immer mache. Die Feuerkoralle setzt ein starkes Nesselgift frei, das zwar anfangs brennende Schmerzen verursacht, die jedoch relativ schnell abklingen. Dies führt leicht dazu, dass man die Verletzung unterschätzt. So übersah ich leider einen Kratzer an der Wade, was sich später als verhängnisvoll herausstellen sollte.

Die erste Verschlimmerung

Zwei Tage später entdeckte ich während des Duschens eine Blasenbildung an der Wade. Obwohl ich sofort mit Essigwasser und einem Verband reagierte, verschlimmerte sich die Situation rasch. Am nächsten Tag, meinem Abreisetag, hatte sich die Blase zu einer offenen Wunde von der Größe eines 10-Cent-Stücks entwickelt. Der Hotelsanitäter versorgte die Verletzung mit einem Jodverband, und ich trat die Heimreise an.

In Frankfurt angekommen, stellte ich am nächsten Tag fest, dass sich die Wunde auf Golfballgröße vergrößert hatte. Starke Schmerzen und Fieber machten die Sache noch schlimmer. Der Notarzt, den ich aufsuchte, war überfordert und versorgte die Wunde lediglich mit einem neuen Verband, ohne eine genaue Diagnose zu stellen. Am nächsten Tag war das Fieber verschwunden, doch ich entschied mich, einen Hausarzt aufzusuchen, der mich sofort zu einem Unfallchirurgen weiterleitete.

Nekrosen und weitere Komplikationen

Der Unfallchirurg identifizierte die dunklen Ränder der Wunde als Nekrosen – abgestorbenes Gewebe, das sich durch die Einwirkung des Nesselgiftes gebildet hatte. Die dreiwöchige Behandlung mit Salbenverbänden, die alle drei Tage gewechselt wurden, schien zunächst erfolgreich. Die Wunde heilte langsam, und ich schöpfte Hoffnung, dass alles gut verlaufen würde.

Doch nach einer weiteren Woche, an einem Sonntagmorgen, wachte ich plötzlich mit starken Schmerzen, Fieber und Kreislaufproblemen auf. Beim Entfernen des Verbandes entdeckte ich, dass sich über Nacht eine weitere große Hautöffnung gebildet hatte. Meine Frau und ich fuhren sofort in die Notaufnahme der Universitätsklinik Frankfurt, wo die Ärzte die ursprüngliche Wunde als gut heilend einstuften, jedoch die neuen Verletzungen auf eine erneute Infektion zurückführten.

Es folgten weitere Untersuchungen, Verbände und Abstriche, die jedoch keine klaren Ergebnisse lieferten. Währenddessen verschlechterte sich mein Zustand weiter. Ich wollte mich nicht nur auf die Ärzte verlassen und suchte nach zusätzlichem Rat. So telefonierte ich mit Tropen- und Meeresinstituten in ganz Deutschland – doch niemand konnte mir wirklich helfen.

Der entscheidende Durchbruch

In meiner Verzweiflung wandte ich mich schließlich an die Gift-Notrufzentrale in Mainz. Eine sehr freundliche Dame dort leitete meinen Fall an einen Arzt weiter, der selbst Sporttaucher war. Dieser Rückruf war der Wendepunkt meiner Geschichte. Der Arzt erklärte mir, dass es von größter Wichtigkeit sei, die Nekrosen chirurgisch entfernen zu lassen, da sich darunter noch aktive Nesselzellen befinden könnten. Diese Zellen könnten bei jeder mechanischen Reizung weiterhin Gift absondern, was zu erneuten Vergiftungen führen könnte.

Außerdem empfahl er, einen erneuten Abstrich zu machen, da die Möglichkeit bestand, dass Bakterien aus ägyptischem Leitungswasser die Wunde infiziert hatten. Tatsächlich fand das Krankenhauspersonal in Frankfurt vier Bakterienstämme, die auf das ägyptische Wasser zurückzuführen waren. Das verordnete Antibiotikum wurde angepasst, und die Wunde, die mittlerweile die Größe eines Tennisballs erreicht hatte, wurde in vier Operationen mit Vakuumverbänden und Hautverpflanzungen behandelt.

Nach insgesamt vier Monaten war die Verletzung endlich verheilt. Der Heilungsprozess war lang und schmerzhaft, doch die Kombination aus Nesselgift und Bakterieninfektion machte dies zu einer der komplexesten Verletzungen, die ich jemals erlebt habe.

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Stellungnahme unserer Ärztin

Dr. Silke Schwaner vom Druckkammerzentrum Heidelberg erläutert, dass Nesselverletzungen durch Feuerkorallen zu den häufigsten Tauchunfällen in tropischen Gewässern gehören. Diese Korallenarten kommen bereits in flachen Bereichen der Riffe vor und können leicht mit harmlosen Steinkorallen verwechselt werden. Taucher sollten auf eine sorgfältige Tarierung achten und stets ausreichend Abstand zu Korallenriffen halten.

Das Gift der Feuerkoralle wirkt hämolytisch und nekrotisierend, was bedeutet, dass es Blutzellen schädigt und Gewebe absterben lässt. Der Kontakt verursacht sofort Schmerzen, doch diese lassen schnell nach, was dazu führen kann, dass die Verletzung unterschätzt wird. Erste-Hilfe-Maßnahmen beinhalten das Abwaschen der betroffenen Stellen mit Meerwasser, das Auftragen von 5%iger Essigsäure und die Reinigung mit sterilem Süßwasser.

Bei Wunden, die Anzeichen einer Infektion zeigen, sollte dringend ein Arzt aufgesucht und ein Wundabstrich gemacht werden. Die Gefahr einer Superinfektion durch Keime, die in der Umgebung vorhanden sind, sollte keinesfalls unterschätzt werden. Dr. Schwaner betont auch, dass europäische Ärzte oft wenig Erfahrung mit solchen Verletzungen haben, weshalb es ratsam ist, sie auf den Kontakt mit Nesseltieren hinzuweisen.

Fazit

Dieser Fall zeigt eindrucksvoll, wie gefährlich der Kontakt mit Feuerkorallen sein kann, insbesondere wenn die Verletzung nicht sofort erkannt oder falsch behandelt wird. Die Kombination aus Nesselgift und bakteriellen Infektionen kann zu schweren Heilungsstörungen führen. Eine schnelle, gezielte Behandlung ist lebenswichtig. Es ist entscheidend, den Kontakt mit Korallen zu vermeiden, und bei einer Verletzung sollte unverzüglich die richtige medizinische Versorgung in Anspruch genommen werden.

Nützliche Informationen gibt es auch auf der Seite von AquaMed: https://www.aqua-med.eu/fileadmin/documents/training/refresher/refresher_10_gefaehrliche_wasserorganismen.pdf