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Tour ab Colombo November 2016

Vom 19-26 November 2016 war ich mit zwei Freunden auf der Sri Lanka Aggressor gebucht; von Aggressor wurde eine Tour ab Colombo die Küste nordwärts bis Kalpitiya und wieder zurück beworben mit einer Mischung aus Wrack- und Drifttauchgängen an Riffen, das Ganze auf einem im September 2016 in Dienst gestellten Schiff. Die Realität sah anders aus.

Das Schiff
Der ursprüngliche Name “Diamond Discovery” prangte noch am Bug und die ägyptische Schrift am Heck führten uns schnell auf die Spur, dass das Schiff ursprünglich wohl für “RedSea Diamond” in Ägypten gebaut wurde. Wann genau konnten wir nicht recherchieren, aber abblätternde Farbe an Rumpf und Aufbauten ließen vermuten, dass das nicht in den letzten 12 Monaten passiert war; innen jedoch war das Schiff neu ausgebaut. - inkl. entsprechender Kinderkrankheiten wie zickende Klimaanlage in manchen Kabinen, Probleme mit dem Wasserablauf und bei Regen Wasser in meiner Kabine, dass an der Innenwand herunter lief und aus dem Rauchmelder tropfte. Über die Woche hinweg erwuchs bei den Gästen der Verdacht, dass das Schiff für die Wetterverhältnisse in Sri Lanka nicht ausgelegt ist - sowohl was die Dichtigkeit des Schiffs angeht (bei Regen) als auch die Stabilität auf dem Wasser (bei Wellengang).

Die Tour
Entgegen der oben beschriebenen Erwartung einer typischen Safari Tour, fanden wir uns jeden Abend im Industriehafen von Colombo wieder, gleich neben dem Containerterminal mit 24h Betrieb. Als Begründung musste das Wetter herhalten: es war Ende der Monsunzeit und fast täglich hatten wir gegen Abend ein Gewitter, tagsüber war es freundlich und sonnig mit eher ruhiger See; die Spekulationen unter den Gästen über die tatsächlichen Gründe nahmen entsprechend zu: bei näherer Betrachtung der Küstenlinie von Colombo nach Norden findet man in der Tat wenig Buchten oder Inseln, die ggf. Schutz bei schlechtem Wetter bieten; zusammen mit der gefühlten instabilen Wasserlage des Schiffs war es – betrachtet man es aus der Perspektive des Kapitäns - durchaus nachvollziehbar, jeden Abend den sicheren Hafen anzusteuern; Aggressor hat die Route inzwischen auf ihrer Homepage abgeändert. So mussten wir uns also damit abfinden, jeden Abend mit Dieselgeruch der anderen Schiffe in der Nase im Anblick des globalen Welthandels unser Dekodier zu schlürfen und darüber zu spekulieren, was wohl noch so kommt…

Das Tauchen
Der übliche Checkdive fand am Negombo Reef ca. 4 Stunden nördlich von Colombo statt: ein unspektakulärer Tauchplatz in 18 Meter Tiefe; für einen Checkdive OK, den zweiten Tauchgang dort hätte man sich schenken können. Danach folgten bis zum Ende der Tour ausschließlich Wracktauchgänge im Umkreis von Colombo. Bis auf die 2012 gesunkene, 155m lange “Thermopylaen Sierra”, bei der die Schiffskräne wie stille Zeugen ihres Schicksals aus dem Wasser ragen, liegen die Wracks durchgehend tiefer als 30 Meter, die SS Perseus sogar auf 40m. Wracks dieser Art erfordern Tauchen in U-Profilen: Abstieg an der Leine - schon allein wegen der teilweise erheblichen Strömung, Erkundung des Wracks, Aufstieg an der Leine zurück zum Schiff. In allen Parameter - Grundzeit, Luftvorrat, maximale Tauchtiefe (standardmäßig wurde mit Nitrox 32 getaucht) - bewegt man sich bei Tauchtiefen jenseits der 30 Meter schnell am Limit; nix für Anfänger!
Die Wracks sind allesamt spektakulär, jedes auf seine Art, teils bisher kaum betaucht: die 100 Jahre alte Dampfbarke “Toilet Barge”, verschwenderisch bunt und prachtvoll bewachsen; die 133m lange “Chief Dragon”, ein 1983 gesunkener panamaischer Autotransporter, bei dem die Überreste der Autos in Reih und Glied auf dem Deck stehen und das ganze Schiff eingehüllt ist in einen einzigen riesigen Fischschwarm; die geschichtsträchtige “SS Perseus”, ein britisches Kriegsschiff, das 1917 nach Kontakt mit einer deutschen Seemine sank; der 2009 gesunkene 77 Meter Frachter “MV Medhufaru” oder das 1994 gesunkene 88 Meter Frachtschiff “MV Pecheur Breton” - allesamt von riesigen Fischschwärmen bevölkert, patrouillierenden Barrakudas, Muränen, die aus Bullaugen lugen und im Sand schlummernde Rochen - einzigartig! Die Sicht war meist mäßig mit 5-15 Metern, was dem ausklingenden Monsun geschuldet sein dürfte. Die Strömung brachte auf 3 Tauchgängen Quallenschwärme mit sich - aufpassen und ausweichen war angesagt. 
Die Sri Lanka Aggressor machte stets direkt am Wrack fest. Durch die Strömung riss dabei einmal die Stahlschlinge, mit der das Schiffstau am Wrack befestigt war, einmal das Tau selbst. In beiden Fällen waren Taucher im Wasser, teilweise am Tau beim Aufstieg. Mehrfach mussten Tauchgänge ausfallen, mal strömungsbedingt, mal weil der Crew die Routine fehlte, den Tauchtag wie geplant abzuarbeiten, mal weil von Aggressor installierte Taue mit Ankerbojen nicht mehr da waren, wo sie die Woche zuvor noch waren; ein Tauchtag wurde komplett gestrichen, stattdessen gab es für die Gäste Sightseeing in Colombo, während die Crew mit viel Bauschaum versuchte, das Schiff gegen Regen abzudichten und die Klimaanlagen in den Kabinen zu einem stabilen Betrieb zu überreden. Die Reihenfolge der Tauchgänge während des Tages war teils unglücklich geplant (tiefe TGe zuletzt) oder mit langen Wegstrecken zwischen den Tauchplätzen und entsprechendem Zeitverlust.
In Summe kamen auf dieser Tour damit gerade mal 12 Tauchgänge im Logbuch zusammen - geplant mehr als 20.

Ein herausragendes Erlebnis war ein Tag in der Gesellschaft von Blauwalen: nach mehreren Stunden Fahrt von Colombo südwärts gab es zunächst Delphin- und dann Blauwal Sichtung mit 10-15 Tieren. Für mehrere Stunden hatten wir Gelegenheit mit Schlauchbooten uns zwischen den Walen zu bewegen und zu versuchen, diese Kolosse schnorchelnd im Wasser zu erreichen, bevor sie mit der Fluke winkend in die Tiefe abtauchten oder schlicht einen Bogen um den Schwarm neugierigen Gummifische schwammen; trotz sicher 20+ Versuchen war mir das Glück nicht hold - oder ich bin einfach zu langsam geschwommen; manche Mitreisende hatten mehr Glück.

Verpflegung, Service, Crew
Das Essen war aggressor-typisch gut, frisch und in immer ausreichender Menge! Aggressor-typisch war leider auch, dass der Early-Morning Dive erst nach dem großen Frühstück stattfindet. Das hatte ich auch schon auf der Belize Aggressor so erlebt und verstehe bis heute nicht den Grund, da der Early Morning Dive damit erst nach 8 Uhr stattfindet und die weiteren Tauchgänge somit zeitlich recht gedrängt sind; erst auf massives Drängen der Gäste wurde am vorletzten Tag dem Druck nach “kleines Frühstück - Early Morning Dive - großes Frühstück” nachgegeben.
2x am Tag wurden die Kabinen und Betten gemacht - alles sauber, alles gut, nix zu beanstanden. Die Crew war sehr bemüht, uns eine schöne Zeit am Board zu bereiten, stets freundlich und hilfsbereit; dabei wurde die Stammcrew durch zusätzlich Mitarbeiter von Aggressor aus USA unterstützt, die in den ersten Tour Wochen helfen sollten, Routine in den Ablauf zu bekommen. Ab dem dritten Tag, sah sich die Tourleitung auf Grund der oben beschriebenen Unzulänglichkeiten allerdings mit Beschwerden/Eskalation der Gäste konfrontiert. Leider kam bei uns nicht der Eindruck auf, dass die Tourleitung offen und ehrlich mit den Gästen und deren Beschwerden umgeht; Augen zu und durch wahr wohl die vom Management ausgegebene Devise. Die technischen Probleme mit dem Schiff, offensichtliche Willkür der lokalen Behörden und dann noch die nörgelnden Gäste zerrten irgendwann auch an den Nerven der Crew.

Zusammenfassung
Bei der Buchung war uns klar, dass wir mit Unzulänglichkeiten rechnen müssen, wenn man a) mit einem neuen Schiff fährt und b) in einem Gebiet, in dem noch keine anderen Safarischiffe unterwegs sind. Probleme mit den lokalen Behörden wie z.B. fehlende Genehmigungen zum Auslaufen fällt da noch in die Kategorie “exotisches Abenteuer” und auch der Nicht-Neu Zustand des Schiffes und seiner technischen Mängel wären vermutlich zu verschmerzen gewesen. Aber zu groß war die Enttäuschung über das drastisch reduzierte Tauchprogramm mit täglichem Aufenthalt in einem lauten, stinkenden Industriehafen. Dass die Tourleitung es versäumt hat an Tag 1 einzugestehen, dass die Tour nicht wie geplant gefahren werden kann, kommt erschwerend hinzu.

Aggressor suggerierte auf seiner Webseite durch entsprechende Bilder ein brandneues Schiff – dass dies offensichtlich nicht der Fall ist, wiegt schwer; dass es Aggressor nicht gelungen ist, gemeinsam mit dem lokalen Schiffsinhaber-/betreiber alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen, um die Tour halbwegs planmäßig durchführen zu können, ist enttäuschend.

Beim Tauchen hat sich mal wieder gezeigt, warum für Safari Touren eine Erfahrung von 50+ Tauchgängen empfehlenswert ist: anspruchsvoll auf Grund von Tiefe, Strömung und Sicht; die Wracks und der Fischreichtum sind aber sagenhaft und zählen zum Besten, was ich in 7 Safaris und 250 TGen gesehen habe.

Bewertung
Das Schiff war in keinem Zustand, das eine verlässliche und sichere Tour entlang der Westküste erlaubte - 0 Sterne
Der Service (Kabine, Essen) an Bord ist aggressor-typisch sehr gut, wenngleich ein bisschen inflexibel; Abzüge gibt es für die Informationspolitik der Tourleitung und die fehlende Routine der Crew - 3 Sterne
Sri Lanka hat das Zeug zu einer Top-Tauchdestination, Strömung, Sicht und Tiefe der Wracks waren aber teils anspruchsvoll - 4 Sterne
In Summe leider nicht mehr als 2 von 5 Sternen.

Nachtrag: vorausgehende und anschließende Touren im November und Dezember wurden ganz oder teilweise abgesagt. Probleme mit Behörden und dem Schiff scheinen auch im Januar 2017 keinen regulären Tourbetrieb zuzulassen.
Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass Aggressor sich kulant zeigte und 40% des regulären Preises rückerstattete sowie die vor Ort zu zahlende Marinepark Gebühr nicht berechnet wurde.