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wirbelwindDivemaster300 TGs

Havarie der Dolce VitaAm 14.09.2006 starteten wir ...


Havarie der Dolce Vita

Am 14.09.2006 starteten wir (20 Taucher) eine Safari ins südliche Rote Meer mit der Dolce Vita. Es ging von Marsa Alam runter auf die Südtour ´Deeper St. Johns´. Die ersten Tauchgänge absolvierten wir am Shab Sharm am Morgen des 15.09. von dort ging es dann runter nach St. Johns und nach Abu Fendera. Die Tauchgänge waren allesamt gut und Kurzweilig.
Unsere Diveguides sorgten stets für eine relaxte und fröhliche Stimmung. Das Briefing war gut und ausreichend, auch wenn man sich mit der Stärke und Richtung der Strömung nicht immer einig war.
Die Mannschaft machte einen sehr gut aufeinander abgestimmten und eingespielten Eindruck. Jeder hatte seine speziellen Aufgabenbereiche und erfüllte diese zuverlässig und unauffällig. Das Boot war in einem sehr guten Zustand Es war stets sauber und nie stand etwas im Weg was dort nicht hingehörte.
Die beiden Zodiaks waren in einem ordentlichen aber nicht herausragenden Zustand, taten aber zuverlässig ihren Dienst. Das Absetzen und Einsammeln funktionierte ausgezeichnet.
Täglich wurden 3 bis 4 Tauchgänge angeboten: Early Morning, vormittags, Nachmittags und Nachts.
Je nach Fahrtstrecke konnte es aber sein, dass der Nachmittag oder Nachttauchgang ausfallen musste. Der Early Morning fand jeden Tag statt ...
JEDEN TAG????

Nein, nicht jeden Tag. Am morgen des 20.09., unser letzter Safaritag, waren zwei TG am Shab Sharm geplant, wo sich der Kreis der Safari schließen sollte.
Der erste war als Early morning geplant. Und so startete unsere Fahrt vom Nachtankerplatz ca. gegen 04:30 um gegen 05:30 bis 06:00 am Shab Sharm zu sein. Briefing war für 06:30 angesetzt, gegen 07:00 sollten wir im Wasser sein.
Doch heute ist alles anders:
2/3 der Passagiere sind unter Deck in ihren Kabinen, das restliche Drittel verteilt sich auf Ober- und Sonnendeck, als wir alle gegen 05:30 sehr unsanft geweckt werden. Ein enormer ´RRRRrrrrummmmmmssss!´ reißt uns aus dem Dämmerzustand zurück ins Leben. Dieser Rumms ist verbunden mit einer kräftigen Lageverschiebung im Bett. Mein erster Gedanke: Sch ..., das war das Riff! Na ja, so schlimm wird´s schon nicht sein.
Kurz vorher waren die Maschinen ein wenig gedrosselt worden. Trotzdem wird der Aufprall mit ca. 70 bis 80% Fahrt von statten gegangen sein.
Also raus aus der Koje und sehen was passiert ist. Fast alle sind auf den Beinen, die ersten greifen zu ihrem Neopren. Die Schwimmwesten, die in jeder Kabine vorhanden sind, werden bereit gelegt.
Ein Blick in den Salon und in den Kabinengang lässt mich den Ernst der Lage erkennen. Die bislang in einem Regalschrank fest montierten Fernseher sind zwei Meter in den Salon katapultiert worden, der Gang steht bereits Knöchelhoch unter Wasser. Die Tische mit Marmorplatten auf dem Oberdeck, die sich auch bei stärkerem Wellengang nicht bewegt haben, sind ca. 3 bis 4 m verrutscht. Schnell wird mir klar, dass die Leute vom Sonnendeck bestimmt noch nicht wissen, wie es tatsächlich aussieht. Kurzerhand informiere ich sie über die Katastrophe.
Wichtig ist jetzt, der Crew, die bereits die erste Pumpe in Gang setzt, den Weg frei zu halten und nicht im Weg zu stehen. Alles läuft ohne Panik und Hektik ab, auch wenn man den Eindruck kriegen kann, das es etwas unkoordiniert ist. Es fehlt eine klare Ansage.
Besteht Gefahr für Leib und Leben? NEIN!! Definitiv nicht. Zu keinem Augenblick!
Es herrscht eine gewisse Anspannung, die aber nicht richtig zu greifen ist. Einige der Taucher streifen sich ihre Tauchanzüge und Schwimmwesten über, andere kümmern sich um ihr Gepäck, wieder andere verteilen Wasser an die Passagiere. Die Pumpe verrichtet ihren Dienst, aber es läuft viel mehr Wasser rein als die Pumpe rausschaffen kann. Nach ca. 15 Minuten ist der Kabinengang bereits kniehoch voll Wasser.
Gut ist, dass die Dolce Vita mit dem Bug im Riff fest hängt. Nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn sie direkt vom Riff weggerutscht wäre ...
Gedanklich hat sich mittlerweile jeder von seinem Gepäck verabschiedet. Wir packen nur das Wichtigste: Reisepässe!
Sich in Ägypten legitimieren zu können wäre nicht das Schlechteste.
Das Treiben der Crew ist bunt aber doch zielorientiert. Die Guides ergreifen das Wort und beschwichtigen die Passagiere. Sie machen einen überaus ruhigen Eindruck. Sie erklären uns, dass andere Schiffe verständigt sind und wir auf ein anderes Boot „evakuiert“ werden. Wir sollen alles zusammenpacken! Die Betonung liegt dabei auf alles. So macht sich jeder auf, sein Gepäck, soweit noch nicht geschehen, zu sichern.
In der Zwischenzeit steuern die benachrichtigten Safariboote auf uns zu. Eines davon ist die Seven Seas. Diese macht backbord längs an der Dolce Vita fest und die Dolce Vita wird mit einem Tau am Heck gesichert. Ein weiteres Schiff wird Achtern mit der Dolce Vita vertäut. Somit ist ein Sinken erstmal verhindert, auch wenn das Wasser mittlerweile bedenklich hoch steht. Ein drittes Boot legt steuerbordseitig an und von allen Schiffen werden weitere Pumpen auf die Dolce Vita gebracht.
Nach ca. 30 Minuten steht der Kabinengang hüfthoch voll Wasser. Mittlerweile ist klar, dass wir auf das Boot evakuiert werden, welches steuerbordseitig festgemacht hat (es müsste die Makharita gewesen sein). Wir verstauen das Gepäck in die Zodiaks, damit dieses zunächst auf das andere Boot kommt. Danach besteigen wir die Zodiaks, um die Dolce Vita zu verlassen. Die Tauchplattform, die sonst ca. 1m über der Wasseroberfläche ist, liegt jetzt bereits knöcheltief im Wasser.
Alle Passagiere gelangen ohne größere Blessuren auf das andere Schiff und auch fast das gesamte Gepäck konnte gerettet werden. Es sind lediglich Sachverluste zu verzeichnen. So schwamm vom einen oder anderen das Handy oder der Laptop in der Kabine rum. Von Papieren und nassen Koffern oder Klamotten wollen hier mal gar nicht mehr reden.
An Bord der Makharita empfängt man uns sehr freundlich. Kurze Zeit später wird uns hier sogar ein Frühstück serviert.
Es dürfte so ca. 07:00 Uhr sein, als die Tauchplattform der Dolce Vita bereits 1m unter Wasser liegt. Die angeschlossenen Pumpen tun ihr Bestes, doch wenn das Leck nicht provisorisch abgedichtet wird säuft die Dolce Vita ab.
Deshalb werden Bretter, die man auf den drei Booten zusammensucht, mit den Bezügen von Liegmatten bespannt und die Luken damit vernagelt. Auch Tücher werden mit Wachs getränkt und auf Bretter und Platten gezogen, damit diese vor das Leck geschlagen werden können.
Die Arbeiten laufen sehr hektisch ab. Es wird improvisiert, wo es nur geht.
Das Tau zur Seven Seas ist jetzt gespannt wie eine Gitarrenseite. Die Tauchplattform liegt fast 1,5m unter Wasser.
Insgesamt sind 4 oder 5 Pumpen in Betrieb.
Die notdürftige Abdichtung des Lecks (es soll ca. 1,5m groß sein) und der Luken scheint zu funktionieren. Die Pumpen schaffen nun mehr Wasser aus dem Schiff raus als eindringen kann. Das ist eindeutig an der Tauchplattform zu erkennen, die sich langsam wieder zu heben beginnt.
Nach ca. 4 bis 5 Stunden ist der Spuk für uns, die Passagiere der Dolce Vita, erstmal vorbei. Die Dolce Vita liegt fast wieder normal im Wasser und es wird entschieden, dass wir an Land gebracht werden. Die Makharita legt vom Riff ab und wir lassen die Dolce Vita in der Obhut der Seven Seas.
Abschließend ist zu sagen, dass alle von uns wohlbehalten an Land gebracht wurden. Das war zunächst für alle das Wichtigste. Selbst auf der Makharita ist uns versichert worden, dass von Panik oder Hektik nichts zu sehen war. Die Rettungsaktion für uns als Passagiere ist ruhig verlaufen in der sicheren Überzeugung, dass Panik nicht weiterhilft. Taucher eben.
Die Makharita hat uns sicher an Land gebracht und die letzte Nacht haben wir dann in einem Hotel in Safaga verbracht. Hier erst wurde uns klar, wie knapp wir einer echten Katastrophe entgangen sind:
Sicher ist, dass es unter anderen Umständen ganz anders hätte ausgehen können. Stelle man sich nur mal vor, das Boot wäre auf ein Riff, welches viel weiter im Süden liegt, gelaufen... Oder die Seven Seas wäre nicht so schnell in der Nähe gewesen... Oder schlechteres Wetter... Oder die Dolce Vita wäre nicht im Riff stecken geblieben sondern wäre nach hinten abgerutscht... Ich möchte mir das nicht ausmalen.
So endet eine bis dato sehr schöne Safari mit viel Adrenalin und Aufregung vollkommen ungeplant und unvorhersehbar.
Aus meiner Sicht kann ich nur noch eins sagen: Vielen Dank an alle Helfer, die uns und die Dolce Vita gerettet haben!
DANKE!

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