Tauchmedizin ist ein sehr interessantes Thema. Über alles rund ums Thema Gesundheit und Tauchen kann hier ausgiebigst diskutiert und geschnackt werden. Sehr kompetente Antworten sind garantiert - denn viele Mediziner besuchen dieses Forum.
  • 1
  • 2
  • 3

Wiederbelebung im Wasser

In den Ausbildungsrichtlinien meines Verbandes (PADI) gibt es eine Sache, auf die dort auch sehr viel Wert gelegt wird (ist auch Bestandteil der TL Prüfung), deren Sinn ich aber schon seit Jahren anzweifele.
Ich wüßte daher gerne mal wie diese Sache bei anderen Ausbildungsorganisationen bzw. von Medizinern gesehen wird.
Es handelt sich um einen Bestandteil der Rescue Diver Ausbildung, nämlich den Umgang mit einem nicht atmenden Taucher an der Oberfläche.
Kurz gefasst empfiehlt PADI (und dies ist auch eine Übung sowohl in der DM-Ausbildung als auch in der TL-Prüfung) sofort mit der Beatmung zu beginnen und den Taucher, unter ständiger Fortsetzung der Beatmung zum Boot oder Ufer zu schleppen.
Nun bin ich auch EFR Instructor und habe eine SAN-B Ausbildung des DRK. Von daher glaube ich mich ein bisschen mit HLW auszukennen.
Nach meiner Erfahrung ist es im Wasser nahezu unmöglich bei einem bewußtlosen Taucher festzustellen, ob noch Kreislauftätigkeit vorhanden ist. Allenfalls kann man feststellen, ob er noch atmet. In der Regel tritt aber der Kreislaufstillstand relativ bald nach einem Atemstillstand ein. Meist weiß man aber nicht, wie lange ein bewußtloser Taucher bereits Atemstillstand hat. Also muß man m.E. vom worst-case Szenario ausgehen, also davon, dass auch Kreislaufstillstand besteht. Nun ist es aber bekannte Tatsache, dass bereits bei einem Ausfall der Sauerstoffversorgung des Gehirns von 3-4 min. erste Schädigungen des Hirns beginnen.
Eine vollständige HLW ist meines Wissens nach im Wasser nicht durchführbar. Von daher gibt es für mich in diesem Fall nur eine Lösung, nämlich das Opfer so schnell wie möglich an Land bzw. aufs Boot zu bringen um dort eine vollständige HLW durchzuführen.
Dabei ist aber aus meiner Sicht die Vorgehensweise von PADI sogar kontraproduktiv, da ich durch die Beatmung während dem Transport wertvolle Zeit verliere. Und da ich eben auch nicht weiß, ob noch ein Kreislauf vorhanden ist und ich somit davon ausgehen muss, dass eben nicht, kann ich auch soviel Luft in das Opfer hineinblasen wie ich will. Da der Sauerstoff nicht transportiert wird, bewirkt das garnichts ausser dem bereits benannten Zeitverlust.
Wie seht Ihr das?
AntwortAbonnieren
19.11.2008 20:48
Sachlicher Volltreffer!

Feststellung von Vitalfunktionen vor Beginn mit HLW ist out.
Herzkompression im Wasser geht schon mal gar nicht.
Der neue Rhythmus von Herzkompression zu Beatmung zeigt auch die deutliche Betonung des Kreislaufs gegenüber der O2-Versorgung.
Nachgewiesenermaßen ist eine halbwegs effektive Beatmung an der Oberfläche nicht möglich und birgt sogar weitere Gefährdung des Opfers.

Damit ist alles, was die Verbringung an Land/Boot verzögert, absolut kontraproduktiv.
Und offensichtlich schaffen es große Tauchorgs nicht, so etwas einigermaßen zeitnah in Richtlinien einzuarbeiten.
19.11.2008 20:50
Bin ganz deiner Meinung, raus aus dem Wasser, und dann Reanimieren. Alles andere kostet nur deine Kraft, und bringt nix.
19.11.2008 21:13
"Von daher gibt es für mich in diesem Fall nur eine Lösung, nämlich das Opfer so schnell wie möglich an Land bzw. aufs Boot zu bringen um dort eine vollständige HLW durchzuführen." -> Genau das war Inhalt des rescue-updates für TL Anfang des Jahres. ...
shuttleTL** / Instructor Trainer / MSDT / TMX
19.11.2008 21:17
"Von daher gibt es für mich in diesem Fall nur eine Lösung, nämlich das Opfer so schnell wie möglich an Land bzw. aufs Boot zu bringen um dort eine vollständige HLW durchzuführen." -> Genau das war Inhalt des rescue-updates für TL Anfang des Jahres. ...
19.11.2008 21:18
Frag nen Taucharzt, hier gibt es nur spekulative Antworten:


http://taucher.net/forum/Postoperatives_Tauchverbot__medi2273.html


Und wenn Du abgetrieben in einer Gruppe bist weil Du zu den Auserwählten gehörst, da Du als TL eine gute Chance dazu hast und dann kollabiert Dir einer aus der Gruppe, dann könntest Du dankbar sein im Wasser HLW zu können, also mindestens LW.
Und wenn Du mit der Scheiße im Uferbereich beginnst, dann hast Du mit Sicherheit irgend etwas nicht ganz gut verstanden.
Wo steht denn das nach 3-4 min. erste Schädigungen des Hirns beginnen? Und wieso leben unsere Apnoe-Weltrekordler so wie etliche Muscheltaucher und Beinaheertrinkenopfer dann noch?
19.11.2008 21:31
Genau, hmpf, Du hast mit Sicherheit irgend etwas nicht ganz gut verstanden.
19.11.2008 22:05
Hab ich auch beim Rettungsschwimmer so gelernt, wie es D-32 schon gesagt hat:

Schnell raus und an Land dann richtig


Und zu hmpf sag` ich jetzt einfach mal nichts
19.11.2008 22:24
wiederbelebung im Wasser, totaler Blödsinn in meinen Augen.
19.11.2008 22:31
@hmpf:

a) Lies mein Posting zu dem Du den Link gesetzt hast mal richtig.
b) Zu Deiner Frage: Ehm, 7. Aufl. S. 474; Gorgaß/Ahnefeld, Rettungsassistent und Rettungssanitäter, 5. Aufl. S. 297; DRK, Handbuch für den Sanitätsdienst, 3. Aufl. S. 52. Wird im Übrigen in jeder EH/HLW-Ausbildung gelehrt.
c) Ich gehe mal davon aus, dass sämtlich Apnoe-Weltrekordler, sowie die angesprochenen Muscheltaucher bei der Ausübung ihrer Tätigkeit auch noch einen funktionierenden Kreislauf hatten. Gleiches gilt auch für die Beinaheertrinkensopfer. Andernfalls wären es nämlich nicht nur "Beinaheertrinkensopfer".

Übrigens, wenn man keine Ahnung hat, sollte man sich an die alte Regel halten: "Reden ist Silber, Schweigen ist Gold".
DorisMittelschule (damals)
20.11.2008 05:45
@hmpf, solcher Schmarren muss dann anonym abgesetzt werden? Hier wäre Schweigen tatsächlich besser gewesen.
Wie explorer schon schrieb haben Apnoetaucher einen intakten Kreislauf und ein mit Sauerstoff aufgesättigtes Blut, zumindest vor dem Tauchgang. Dazu sind sie auch nioch trainiert.

Eine Beatmung an der Wasseroberflächer wäre zwar noch machbar, bringt aber bei Kreislaufstillstand nur noch eine zusätzliche Verzögerung für eine anständige HLW.
Wenn man Pech hat bläst man dabei noch richtig schön Wasser in die Lunge.
20.11.2008 07:34
Wir haben das damals bei unserer Rescue Ausbildung auch angezweifelt - Aussage des TL "Padi schreibt es so vor"
@shuttle
Schön, dass auch dort nun jemand eingesehen hat, dass die Beatmung auf dem Weg nicht sinnvoll ist!
Martin GehringTauchlehrer CMAS / IDA TL2 / PADI - MSDT
20.11.2008 08:33
@D-32 @ shuttle
Ich habe das schon von Anfang an meine Schüler weitergegeben (auch wenn es PADI wollte) lasst den Quatsch geht so wieso nicht spart eure Energie bringt den Verunfalten so schnell wie möglich an Land / Boot und gebt dann alles weil da braucht Ihre eure kommplette Kraft.

@hmpf (ich sag lieber nicht was ich denke).
Gruß Martin
20.11.2008 09:15
@shuttle:
Nachdem ich mich von Deiner Userinfoseite aus durch diverse Links geklickt hatte, habe ich festgestellt, dass Du auch PADI Instructor bist. Daher mal eine direkte Frage. Du sagst oben: "Genau das war Inhalt des rescue-updates für TL Anfang des Jahres." War dies ein update von PADI EU, oder wer war der Veranstalter?
shuttleTL** / Instructor Trainer / MSDT / TMX
20.11.2008 09:26
explorer08: ja, ich hab dir dazu eine mail geschrieben.
20.11.2008 09:33
@ Martin G

Gut gemacht! Ich stehe ja schon lange auf dem Standpunkt und vertrete das auch immer wieder:
Egal wie weit oder eng die Lehrvorgaben für einen TL sind, sollte ein wirklich guter TL egal welches Verbandes diese Vorgaben nicht sklavisch nachplappern, sondern Brain ab 1.1 nutzen, sich auch mal extern weiterbilden und nach Erkenntnisse aus verschiedenen guten Quellen seinen eigenen Unterricht modifizieren, auch wenn das verbandseigene Material (noch) was anderes sagt.
Schlechte TLs mit Brain 0.1 schieben eine DVD in den Player und das war es dann.

Unterm Strich geht es um die bestmögliche Ausbildung für den Tauchschüler und um nichts anderes. Und wenn man weiß, dass HLW an der Oberfläche sinnlos ist, dann gibt man das seinen Schülern weiter, das ist letztlich auch eine Verantwortungsfrage.
shuttleTL** / Instructor Trainer / MSDT / TMX
20.11.2008 09:47
D32: genauso
Martin GehringTauchlehrer CMAS / IDA TL2 / PADI - MSDT
20.11.2008 10:04
D-32

das ist das immer was ich eigentlich bei jeder Verbandsdisco hier versuche zu erklären.
Es gibt keine scheiß Verbände es gibt nur scheiß TL´S
Wenn jeder TL sich von jeder Verbandsausbildung die Rosinen rauspickt (wovon er auch überzeugt ist was gut und was schlecht ist) und dies seinen Tauchjüngern weitergibt. Das zeichnet auch einen guten TL aus nicht dehnjenigen der über die Ausbildung anderer Verbände herzieht seine (wie du sagst DVD reinschiebt) das runter rattert weil er das auswendig gelernt hat und fertig.

Für dein letzten Absatz gibts

Gruß Martin

PADI / IAHD / INTD / DAN TL
20.11.2008 10:33
Nur als Anmerkung: Ich habe es in der Praxis immer ganz einfach gehalten. Zunächst einmal habe ich meinen Schülern erklärt und mit ihnen geübt, was PADI haben wollte. Immerhin habe ich als Instructor die Ausgildungsstandards meines Verbandes einzuhalten. Danach habe ich ihnen allerdings gesagt, dass wir das eben nur wegen der Ausbildungsstandards gemacht haben und das sie es auch wenn sie Divemaster oder Instructor werden wollen, in den jeweiligen Kursen wieder so machen müssen. In der Realität sollten sie es aber ganz schnell vergessen weil...(siehe meine Ausgangsfrage).
20.11.2008 10:35
Hallo,

ich möchte mich nur kurz auch noch in die Diskussion einschalten. Zwar als Taucher, jedoch Tauchanfänger (114 TG), jedoch als Mediziner & Notarzt.

In den "neuen" Regeln der HLW wird folgendes gelehrt:
1) Keine Prüfung auf Puls mehr! Schon garnicht vom Laien.
2) Nur noch Prüfung auf Atmung. Denn wie schon richtig geschrieben wurde... wer nicht atmet hat auch demnächst keinen Kreislauf mehr.
Auch die Aussagen Apnoetaucher betreffend möchte ich garnicht eingehen... selten so einen BS gehört
3) Wenn es ans "drücken" geht: 30 x Drücken : 2 x Beatmen -> aber im Wasser macht das alles sowas von keinen Sinn!

In diesem Fall gilt ganz klar: Raus aus dem Wasser und auf eine feste Unterlage. Nur ne kleine Anmerkung am Rande: in Krankenhäusern gibt es Reanimationsbretter, die im Fall des Falles unter den im Bett liegenden Patienten geschoben werden. Nur damit der Untergrund hart genug ist.

Jemanden nur zu beatmen (siehe oben) ist in diesem Zusammenhang wirklich kontraproduktiv und schlecht. Nicht umsonst heißt es für die Rea: "Push hard and fast"

4) Alles was den Beginn der Reanimation verzögert ist zu unterlassen. Kreislaufzirkulation ist das Wichtigste!

Daher sollte jeder TL meiner Meinung nach Unterrichten was Richtig ist, nicht was Verbandsmeinung ist.

Für alle Interessierten ein Link zu nem sehr guten Vortrag über die neuen Rea-Richtlinien:

http://www.medizin.uni-halle.de/kai/media/Richtlinien/Neue_Reanimationsrichtlinien_2005.pdf

Gruss Sven
20.11.2008 10:37
Moin Martin,

danke für das Lob! Man kann wirklich überall was dazulernen, und ich bin auch überzeugt, dass du als DAN-Instructor bei einem Aqua Med-Instructorseminar einiges lernen würdest, das bei DAN nicht drin ist.

Und ich bin auch überzeugt, dass im Grunde jedes Ausbildungskonzept jedes anerkannten Verbandes gut ist, wenn es so durchgezogen wird, wie es gedacht ist. Die verdammte Crux sind einerseits TLs, die böse gesagt nix in der Birne haben und eben kaum mehr können als eine DVD reinschieben, andererseits Preisverfall und Überlebenszwänge auf dem Tauchmarkt, die zu nullwertigen Pseudo-Tauchkursen mit faktischer grober Verletzung der Ausbildungsstandards führen.

Ich finde es deshalb beispielsweise ausgesprochen gut und auch wichtig, dass einem TL-Anwärter u. a. ein von ihm gewähltes Thema gestellt wird, zu dem er selbständig etwas ausarbeiten und auch frei vortragen muss. Klar, dass einige sowas nicht hinbekommen, aber die sind dann später auch diejenigen, die nur die DVD reinschieben können und sich Pattex auf die Lippen schmieren, und die sollten angesichts des Überangebots auch keine TLs werden.
20.11.2008 10:45
@ julius

Interessant ist ja in diesem Zusammenhang das kontrolliert durchgeführte Experiment von Medizinstudente aus Hannover (?): War passiert kardiologisch bei einem Menschen ohne Notfallsituation, wenn ich Herzkompressionen gebe?

Du dürftest das Experiment kennen.

Für alle anderen:
Schietegal, ob das Herz noch irgend was macht! Loslegen mit 100/min ohne jedes Nachdenken, davon kriegt das Opfer keinen Herzkasper!
Martin GehringTauchlehrer CMAS / IDA TL2 / PADI - MSDT
20.11.2008 10:53
@D-32
du sprichst mir aus der Seele.

PS hab ich besucht ein Aqua Med Seminar. Stimmt geb dir Recht. Das ist ja genau das was hier manche nicht verstehen.
Ich kann eine Meinung haben, vertretten aber ich kann auch meine Meinung ändern wenn mich etwas Anderes überzeugt.

@explorer, sorry sei mir nicht böse aber ich finde es etwas belustigend wenn du sagst:
..."Danach habe ich ihnen allerdings gesagt, dass wir das eben nur wegen der Ausbildungsstandards gemacht haben ......
Kannst zum Schluß ja auch zu deinen Schülern sagen: so Leute jetzt habt ihr gelernt wies geht aber vergisst das ganz schnell wieder weil das Quatsch ist aber ich muss es halt sagen....

Kein Verband auch Padi nicht hat etwas dagegen wenn du in deinen Kurs vernünftige alterativen einbaust. Ich selbst habe bei PADI gewisse dinge eingereicht die ich in meinen Kurse vermittle die nich in den Standarts von PADI stehen und das OK auch bekommen.
20.11.2008 11:11
Liebe Mitstreiter,

merkt ihr was? Das dürfte seit langem die kompetenteste und fairste Diskussion in diesem Forum sein!

Und eigentlich sollte man sie inhaltlich auch ins Ausbildungsforum umkopieren, denn da lesen viele mit, die sich vermutlich ins Medizinforum nicht reintrauen, die aber mit TLs konfrontiert werden, deren Wissen von gestern ist.

Oder @DiveInside-Redaktion

Klasse Thema für einen längeren Artikel!
20.11.2008 11:27
@D-32

Tatsächlich gute Idee... und die Idee mit der DiveInside finde ich gleich zweimal gut.

"Loslegen mit 100/min ohne jedes Nachdenken, davon kriegt das Opfer keinen Herzkasper! "

Richtig.... höchstens der Helfer eine Ohrfeige, wenn es eben doch nix war. Aber das Risiko gehe ich jederzeit ein.
  • 1
  • 2
  • 3
Antwort