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PoldimanIDC Padi

Visuelle Umkehr

Geändert von Poldiman,

Hallo und guten Abend zusammen,

könnte mir jemand bei einer Frage behilflich sein...?

Es geht um das Phänomen, der visuelle Umkehr. Es lässt Objekte unter Wasser weiter weg erscheinen als sie es tatsächlich sind...

Aus meiner Erfahrung, beim Ausstieg unter Wasser hatte ich schon des Öfteren das Geländer verfehlt, weil ich dachte es steht näher.

Vielen Dank vorab, Grüße Poldiman

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23.03.2020 21:48Geändert von Hosenmatz2011,
23.03.2020 21:50
Das hat mit der Dichte von Wasser und Luft zu tun. Wir können nur mit einer Luftschicht vor den Augen klar sehen, wer schon einmal die Maske unter Wasser abgenommen hat weiß dass alles sehr verschwommen ist. Durch die Maske bekommen wir die benötigte Luft zum klaren sehen wieder vor die Augen. Jetzt hast du aber das Problem das Luft und Wasser eine unterschiedliche Dichte haben und daher deine Sinne getäuscht werden. Es erscheint dir unter Wasser auch alles um ein Drittel größer. Es sollte aber nicht weiter weg erscheinen sondern alles erscheint dir ein Viertel näher zu sein.

LG

Hm
23.03.2020 22:07
Moin Poldimann,

was genau ist denn deine Frage?


LG
NDLimitGelegen-
heits-
taucher
23.03.2020 23:01
oder vor dem Tauchgang weniger kiffen
23.03.2020 23:14Geändert von kwolf1406,
23.03.2020 23:17
Wie Hosenmatz schreibt: Unter Wasser sehen wir, wenn wir eine Maske auf haben, alles 1/4 näher und 1/3 größer. Das liegt daran, dass die Luftgefüllte Maske wie ein leichtes Vergößerungsglas durch die Grenzschicht Glas/Wasser (etwa gleiche, aber höhere optische Dichte als Luft) zu Luft wirkt.
24.03.2020 09:32Geändert von Gabs,
24.03.2020 10:56
Moin Poldiman,
dann mal ohne konkrete Frage deinerseits:

Die visuelle Umkehr ist wie du schon schriebst kein physikalisches Gesetz, sondern ein Phänomän- Es kann sich bei schlechter "schlechter " Sicht (Tiefe, wenig Licht, Trübung) ereignen. Aber auf kurzer Distanz?

Wir sind es gewohnt mit Hilfe von Konturen, anhand der Größe der Gegenstände und der Umgebung die Entfernung zu abzuschätzen. Aufgrund der fehlenden Konturen und der konfusen Lichverhältnisse/Umgebung (ausgehend von einer visuellen Umkehr) ging in deinem Beispiel das Geländer - einfach ausgedrückt - im Hintergund unter. So hast du es nur innerhalb der diffusen Umgebung gesehen und konntest die Entfernung nicht richtig einschätzen.

Der Vergleich hinkt etwas, aber an Land kennen wir das auch: z.B. beim Autofahren in der Dunkelheit, besonders bei Regen/reflektierender Nässe. Wir können Konturen und Größe nicht richtig einschätzen und damit auch nicht die Distanz. Folglich kommt es zu vermehrten Unfällen, weil wir den Bremsweg nicht richtig einchätzen können.

Da dieses Phänomen meines Wissens nur in der Kombination "bei relativer Entfernung und beeinträchtigten Sichtverhältnissen" auftreten kann, du aber von einer nahen Distanz schreibst, fallen mir noch zwei weitere Gründe ein. Den ersten haben Hosenmatz und KWolf schon angeschnitten.
Der Lichstrahl ändert seine Geschwindigkeit wenn er durch verschiedene Medien (hier Luft, Wasser, Luft) fällt und macht dadurch einen Knick. Folge: Gegenstände scheinen größer als sie sind und sie sind nicht da wo man sie vermutet. Auch das kann zu einer Fehleinschätzung der Entfernung führen. Für mich die wahrscheinlichere Ursache für deinen Griff ins Leere.

Ansonsten könnte es noch an einer Kurz- oder Weitsichtigkeit liegen; bzw. einer Hornhautverkrümmung. Die Brechkraftabweichung des Auges sorgt dafür, dass der Brennpunkt bei parallel einfallenden Lichtstrahlen vor oder hinter der Netzhaut liegen, bzw. fehlt und es daher zu Fehleinschätzungen kommt (Edit: kommt dann aber auch an Land vor).

LG

Edit: Rechtschreibfehler
arureusCMAS-TL**, Nitrox**
24.03.2020 10:58
@Kwolf1406 und @all: Brechungsindex 1:1,33 an der Grenzfläche Wasser-Luft hinter Planglas ist klar und mir bekannt. Natürlich habe ich das auch jahrzehntelang gelehrt.
Aber ich muss sagen, wenn ich mit dem Kopf UW gehe merke ich keinerlei Unterschiede! Nicht im geringsten!
Also z.B. im Schwimmbecken oder an der Leiter am Steg. Ich schaue mir ÜW die Leiter an und gehe langsam UW. Oder auch beim Auftauchen an der Bootsleiter! Für mich absolut kein Unterschied in Größe und Distanz, auch nicht beim halb-halb-guggen.
OK, ich tauche nun 40 Jahre und Schnorcheltauchen (so hieß Apnoe damals) und UW-Rugby betrieb ich auch schon gut 15 Jahre davor.
Ich hab das auch schon mit verschiedenen Wissenschaftlern und TLs in der Tauchszene persönlich diskutiert, ohne Ergebnis.
Kann es sein, dass das Gehirn aufgrund der Erfahrung die Größenunterschiede und Distanzunterschiede korrigiert und das nicht mehr auffällt?
Grüße arureus
24.03.2020 11:21Geändert von Gabs,
24.03.2020 11:22
Moin Arureus,

Es heisst, dass man das mit etwas Übung bekommt man das in den Griff. Richtig. Ich merke da auch nichts, erinnere mich aber das das zu Anfang meiner "Tauchzeit" ein paar Mal und auch nach einer längeren Tauchpause zwei, drei Mal der Fall war. Vermute auch, dass es mit Wiederholungen (und einer "Art veränderter Gewohnheit") sowie einer Korrektur/Anpassung im Gehirn zu tun hat.

LG
AlpöhyHat ein Herz für Baggersee-fraktionisten.
24.03.2020 11:30Geändert von Alpöhy,
24.03.2020 11:32
@Arureus: du bist so viel im Wasser, dass du langsam zu Aquaman mutierst. Schau mal nach dem Duschen im Spiegel ob du schon erste Ansätze von Kiemen erkennen kannst. Wie siehts mit Schwimmhäuten zwischen den Zehen aus? Schon was entdeckt? 😉

Spass beiseite, ich bin keine Wissenschaftler, aber das Hirn ist in der Tat sehr leistungsfähig um gewisse Sachen zu kompensieren. Ich wundere mich z.B. auch immer wieder wenn ich z.B. auf 20m mit Blitz fotografiere und der Blitz zwischendurch mal nicht auslöst. Beim Sichten der Bilder zuhause sind die ungeblitzten Bilder fast ohne Rotanteil und sehr blau- und grünstichtig, im Gegensatz der geblitzten Bilder. Ich könnte aber schwören, dass meine Augen eher die Farben der geblitzten Bilder wahrgenommen haben. Das Hirn kompensiert also sehr stark den Farbverlust und dies in Echtzeit.
In der Akustik gibt es ähnliche Phänomene.
Aber dass du übehaupt keinen Unterschied bemerkst, finde ich schon sehr bemerkenswert.
PoldimanIDC Padi
24.03.2020 12:17
vielen Dank schon mal für eure umfangreichen Beschreibung. Merci.

Ich habe das vermutlich nicht so exakt beschrieben, wie ich das meinte bzw. meine IDC Ausbildungsunterlagen...

so kenn ich das auch 1/3 Größer und 1/4 Näher ( daher das Beispiel mit dem Treppengeländer) siehe Bild im Anhang.

Jetzt gibt es aber da wohl noch die visuelle Umkehr, die Objekte weiter weg erscheinen lässt...
  • Kann es dann einen Weiteren Zustand geben, der das Ganze Bild um 180Grad drehen lässt...?


24.03.2020 12:54
@arureus, Physik ist das Eine, Sinneswahrnehmung das Andere und kognitive Wahrnehmung ein Mysterium. Im Ernst: Die optischen Größenunterschiede gleicht das Gehirn mit der Zeit aus. Analog dazu wie in dem bekannten Experiment, bei dem Versuchspersonen eine Brille tragen, die alles auf den Kopf stellt , aber nach einiger Zeit die Welt wieder richtig herum steht (die Abbildung auf der Netzhaut ist übrigens immer um 180Grad gedreht).
GarfiSchnorchelabzeichen
24.03.2020 12:55
@gabs:
Deinen Beitrag von 9:32 solltest Du noch einmal überdenken. Der Effekt ist sehr wohl physikalisch darstellbar.

Einen Ähnlichen Effekt erleben auch Brillen- und Kontaktlinsenträger. Allerdings aus einem anderen Grund.
Bei einer Brille findet die Korrektur des Sehfehlers in einem geringen Abstand zum Auge statt. Dadurch erscheinen Gegenstände etwas kleiner (bei Kurzsichtigkeit). Das macht aber nichts, weil der Brillenträger gelernt hat das auszugleichen.
Wird nun auf Kontaktlinsen gewechselt, findet die Korrektur direkt auf dem Auge statt. Die Gegenstände erscheinen etwas größer als mit Brille. Das kann in der ersten Zeit zu Irritationen führen, weil es auch Einfluss auf den Gleichgewichtssinn hat. Aber auch hier lernt das Gehirn recht schnell wie es damit umgehen muss.
Irgendwann geht dann der Wechsel von Brille zu Kontaktlinsen völlig unbemerkt, weil das Gehirn beides kann.
24.03.2020 13:13

Moin Garfi,

meinte damit, dass eine visuelle Umkehr meines Wissens keine generelle physikalische Gesetzmäßigkeit ist, also IMMER auftritt, wenn es im Wasser sehr trübe ist. Nachweisbar ist es schon. Da hast du recht.

Und wenn doch; man lernt nicht aus.

Das mit der Fehlsichtigkeit hatte ich ja angedeutet, du aber überhaupt eindeutiger und nachvollziehbar beschrieben was durch Korrektur durch Brillen/Kontaktlinsen passiert.

LG

arureusCMAS-TL**, Nitrox**
24.03.2020 14:07
@Alpöhy: Haha! Nein Kiemen nicht, aber ich durfte mir schon vier mal die Kaltwasserohre/Exostosen abtragen lassen - sehr schmerzhaft! Deshalb tauche ich auch nur noch und schwimme nur noch im Meer im Urlaub. Ich hab soooviele Schwimmbadkacheln gezählt in meinem Leben, in ein Schwimmbad kriegt mich keiner mehr so leicht rein!
Insofern lässt das nach!
@Kwolf: Bin bei Dir.
Grüße arureus

GarfiSchnorchelabzeichen
24.03.2020 16:33
Gabs:
Naja, die optischen Effekte sind immer da. Die sind auch unabhängig davon, ob es dunkel oder das Wasser trüb ist. Den Effekt kann man ja sogar messen bzw. berechnen. Der von Dir beschriebene Knick im Wasser gehört auch dazu und ist eine beliebte Aufgabe im Physikunterricht.
Was das Gehirn draus macht und wie schnell der Einzelne lernt ist, wie kwolf schon schrieb, ein Mysterium. Deswegen kommen verschiedene Leute mit verschiedenen Sehhilfen ja auch unterschiedlich gut zurecht. Immer unter der Voraussetzung, dass der Optiker keinen Mist gebaut hat und die Gläser in der Brille auch richtig eingepasst sind.
25.03.2020 06:55Geändert von Gabs,
25.03.2020 06:56

Moin Garfi,

das Lichtbrechung optische Effekte hat ist klar und unumstößlich.

Ich habe damals (rund 2 Jahrzehnte her) im Grundsatz gelernt und gelehrt, dass bei der Refraktion die Gegenstände größer und dichter dran erscheinen als sie sind. Aber auch, das es da im trüben Wasser eine Ausnahme geben kann aber eben nicht muss: die visuelle Umkehr (Dinge erscheinen weiter weg und kleiner als sie sind). Und ich meine mich eben zu erinnern, dass die Umkehr von daher Phänomen genannt wurde. Wie gesagt, wenn dies nicht mehr gilt, oder ich es falsch erinnere alles gut.

Auch das eine nicht oder schlecht korrigierte Fehlsichtigkeit einen Einfluss auf die Wahrnehmung hat, ist nachvollziehbar. Ebenso das zurecht kommen mit unterschiedlichen Sehhilfen (von Kontaktlinsen bis Gelitsichtbrille). Ja, das Gehirn ist schon ein Mysterium; ein phantastisches.

Ausgehend von Poldimans nicht gestellter Frage (kann die visuelle Umkehr Ursache dafür sein, dass ich beim Ausstieg „daneben“ gegriffen habe?) habe ich in meinem ersten Post die(se) drei mir bekannten möglichen Ursachen benannt. Ich hatte auch überlegt zu schreiben, dass das Gehirn lernt und es etwas Übung braucht bis man die Auswirkung der Lichtbrechung (insbesondere den Vergrößerungseffekt) nicht mehr wahrnimmt/in den Griff bekommt/“austricksen kann“ (Zum Thema, wie schnell jemand - in diesem Zusammenhang lernt: einem Radiobericht zum Thema Fastenzeit zur Folge wird nach etwa 60 relativ kurz aufeinander folgenden Wiederholungen wie z.B. jeden morgen joggen gehen eine Gewohnheit). Empfand das zu dem Zeitpunkt aber als zu weit gehend.


LG

GarfiSchnorchelabzeichen
25.03.2020 21:30
Naja, mein Gehirn ist anscheinend nicht so lernfähig.
Ich tauche nun schon ein paar Jahre und greife immer noch daneben. Jedenfalls dann, wenn ich mich nicht extra drauf konzentriere, sondern einfach z. Bsp. nach dem Seil greife.
Antwort