Hi,
ich habe das Video gesehen. Das Wichtigste vorweg: es soll anscheinend ja in diesem Fall eine Veröffentlichung aller Details geben. Dann, aber auch erst dann, lohnt sich glaube ich eine echte Diskussion. Einige allgemeine Beobachtungen aber:
1.: Es geht hier um DAN in den USA. Das ist sowohl ein anderes Unternehmen mit anderen Konditionen und Bedingungen, als auch andere Versicherungen, als hier bei uns. Direkte Vergleiche / Schlussfolgerungen für die DAN Versicherung die wir hier kaufen können sind also so und so schwierig, oder sogar unmöglich.
2.: Dass ohne direkte Untersuchung nicht sofort und ohne jede Frage jemand bei Symptomen die auch etwas anderes sehr gefährliches sein können (Es ging ja hier nicht um sonnenklare Dinge wie cutis marmorata, sondern um ein neurologisches oder zentrales Geschehen. Für die Perspektive ist auch nicht uninteressant, wie lange der Patient und sein Buddy eigentlich selbst gebraucht haben um zu realisieren, dass er medizinische Hilfe braucht. Das ist menschlich, aber sollte eben dann bei der Einordnung der Reaktion anderer in der Kette auch nicht vergessen werden; diese mögen besser ausgebildet sein, aber auch das verleiht keine Unfehlbarkeit) stundenlang in eine Druckkammer transportiert wird ist grundsätzlich viel verständlicher als es vom Verunfallten wohl empfunden wurde. Schliesslich sind -- grade in der Altersgruppe über die wir hier reden -- Herzinfarkte und weisse oder rote Schlaganfälle nicht nur häufiger als DCS, sondern sogar noch gefährlicher. Es wäre extrem tragisch, wenn jemand daran dann auf dem Flug zur Kammer verstirbt, weil jeder sofort "DCS" gesagt hat, und die eigentlich notwendige Intensivbehandlung stationär, da wo der Patient grade ist, unterblieb. Die Zeit ist die wertvollste Ressource, und ein langer Flugtransport in sich ein Risiko, das abgewogen werden *muss*. So weit ich verstand, hatte der Tauchmediziner auf den sie sich beziehen den Patienten auch nicht live gesehen, sondern nur eine telefonische Beschreibung.
3.: Es scheint aber natürlich in diesem Fall wirklich DCS gewesen zu sein. Daher war die Kammerbehandlung richtig und wichtig, und hätte schneller geschehen sollen. Was man hinterher natürlich weiss. Aber was auch nicht den Blick zu arg prägen sollte. Hindsight Bias ist eine große Versuchung und Gefahr. Ich bin froh für ihn, dass alles gut ausging. Das Video "Mein Freund hatte bei einem langen TG eine kleine Subarachnoidalblutung. Alle wissen, dass deren Symptome ähnlich aussehen können wie neurologische DCS. Die Versicherung hat ihn auf einen 4 stündigen Flug geschickt weil sie ihn unbedingt in der Druckkammer haben wollten, obwohl der Arzt vor Ort sich nichtmal sicher war, ob es wirklich DCS ist. Leider ist er auf dem Flug an einer massiven Nachblutung verstorben, nur eine OP hätte ihn retten können." möchte aber auch niemand jemals machen müssen...
4.: Davon aber abgesehen, wegen der Bürokratie alleine muss aber -- wenn das so war wie berichtet -- DAN USA sich da wirklich Fragen gefallen lassen. WENN, wie so oft. Aber, hier werden wir es wohl tatsächlich erfahren, DAN hat ja wohl zugesagt, die Telefon Transcripts zur Verfügung zu stellen. Das wäre sehr transparent!
5.: Für mich das persönlich Schlimmste liegt aber ehrlich gesagt wo ganz anders: In welchem System wird es als normal empfunden, dass ein möglicher Weise lebensbedrohlich kranker Patient vor dem Krankenhaus liegt(!), und erst dann hinein gelassen und behandelt wird wenn er eine Kostenzusage hat? DAS ist aus meiner Sicht in jedem Fall noch bedeutend schwerwiegender als die Frage, warum und ob DAN so lange gezögert hat. Die Krankenhäuser / Ärzte hätten aus meiner Sicht erst das Leben sichern müssen, und DANN klären wer zahlt und wie gezahlt wird. (Das mal unbesehen dessen, dass es auch schwer ist zu sagen wie schlimm der Zustand wirklich war. Es fühlte sich sicher dramatisch an. Aber jedenfalls wissen wir, dass neurologische DCS tatsächlich potentiell sehr schwere Konsequenzen haben kann. Damit ist es für die Ethik der Entscheidung egal, ob diese hier wirklich eingetreten wären oder nicht). Es ging ja hier nicht um eine elektive Behandlung, sondern potentiell um lebensrettende sofort nötige Maßnahmen. Mich schockiert ein wenig, dass der Patient das was in dem Bezug geschehen ist anscheinend für logisch und normal hält, und das Problem alleine DAN wegen der ausbleibenden Kostenzusage (siehe unten, nicht für die Kammerbehandlung, da hatten sie sogar schon zugesagt...) anrechnet (und seine Kreditkartenbank lobt -- an der Stelle kommt mir auch ein wenig zu kurz, der Hinweis vor, dass DAN ja anscheinend die gesamte Behandlung am Ende wirklich gezahlt hat). Der Kern liegt aus meiner Sicht woanders. Wenn ein ganzes System so gestrickt ist, dann sollte nicht derjenige Teil des Systems der vielleicht auch nicht richtig handelt, aber jedenfalls nicht das eigentliche Problem verursacht, allen Blame abbekommen. Sondern man für eine grundlegende Änderung (grade auch im eigenen Heimatland!) eintreten. Er war ja nach eigener Aussage vor dem Krankenhaus, hatte auch eine Kostenzusage für die Kammerfahrten von DAN, aber dann sagte das Krankenhaus sie brauchen noch 18 000 USD für eine "Admission" (was auch immer das genau dann gewesen ist das diese Kosten verursacht), und vorher kann keine eigentlich sofort notwendige und potentiell lebensrettende Behandlung starten. Auch hier, WENN das so gewesen ist, muss man ja immer dazusagen, ein dramatisches Erlebnis prägt oft die Erinnerung, ohne jede Absicht. Gegenstand dieses Punktes ist für mich nichtmal so arg, dass solche Vorgehensweise an manchen Orten sicher Realität sind. Sind sie, leider. Sondern eher, was dann vom Opfer anscheinend als das "wahre Problem" erlebt wird, und was anscheinend aber nicht.
6.: Ich verstehe, dass man grade nach so einem schockierenden Erlebnis auch gerne wissen würde "warum" man DCS bekam. Allerdings halte ich es nicht für zielführend, einfach die üblichen Verdächtigen (PFO...) abzuklopfen, und wenn da nichts ist dann zu sagen "Ich war dehydriert und werde mehr trinken!". Emotional verständlich, man möchte ein Werkzeug in der Hand haben damit es einem sicher nicht wieder passiert. Die Wahrheit ist aber eine andere: DCS tritt oft genug ohne greifbaren Grund auf. Jeder TG bringt ein kleines, aber vorhandenes, Restrisiko. Wenn eine Million TG auf der Welt im Jahr gemacht werden (und in Wahrheit sind es mehr), kommen 100 Leute sehr krank aus dem Wasser. Auch wenn keiner von ihnen etwas falsch gemacht oder zu wenig getrunken hat. Die Dekomodelle müssen eine gewisse Überspannung zulassen, sonst können wir nicht tauchen gehen. Damit geht unvermeidlich eine gewisse DCS Inzidenz einher. Ich verstehe, dass jeder der 100 dann unbedingt einen Grund hören will. Zielführend ist es aber leider nicht. Besser wäre, das Risiko bewusst zu akzeptieren, und wenn es passiert und man nicht wirklich sicher sagen kann X lief hart falsch, das dann auch als Eintrittsfall eines Restrisikos verarbeiten zu können.
Sagt sich alles leichter als es ist. Ich für meinen Teil werde wie gesagt erst weiter versuchen der Sache auf den Grund zu gehen wenn es die angekündigten weiteren Infos gibt. Ich bin froh, dass der Patient wieder auf den Beinen ist, und wünsche von Herzen viele weitere schöne TGs (und Livecasts)!