Thüringer Allgemeine 5.3.03 Seite 8
Tödlicher Leichtsinn
Zwei Sporttaucher sind in der Saale bei Uhlstädt ertrunken. Sie wollten Treibgut aus den Auffangrechen eines kleinen Wasserkraftwerkes am Wehr beseitigen. Dabei unterschätzten sie die tödliche Strömung an dieser Stelle. Die aufwendige Bergung der Toten endete in der Nacht mit Dammbruch.
"Blauäugig". Das war noch die freundlichste Bemerkung für den Leichtsinn, den die beiden 29 und 32 Jahre alten Sporttaucher begangen hatten. Profitaucher der Bereitschaftspolizei Erfurt und der Berufsfeuerwehr Gera zeigten sich gestern entsetzt, dass die beiden Männer an dieser Stelle ins Wasser gestiegen waren. Wehre gelten wegen ihrer Strömung als tückisch. Doch vor dem Absperrschieber einer Turbinenanlage zu tauchen, dass berge unkalkulierbare Risiken. Vor allem, wenn der Schieber nicht ganz geschlossen werden kann, weil er klemmt und Wasser so ungehindert durchrauscht. Rund 800 kg Druck pro m2 habe vor dem offenen Schieber geherrscht, sagte ein Experte der Baufirma, die das Kraftwerk errichtet hatte. Warum die Männer trotzdem tauchten kann sich Bürgermeister Peter Schröter nicht erklären. "Mit dem Chef der Tauchbasis Hohenwarte war nur vereinbart, dass er sich das Problem ansieht und sagte, ob er etwas machen kann. Zum Tauchen gab es keinen Auftrag", so Schröter. Die genauen Zusammenhänge ermittelt derzeit die kripo. Schweigen dagegen bei Tauchbasis Hohenwarte und der Tauchsportschule Rudolstadt. Die Toten aus Bad Kissingen in Bayern und Tännich im Kreis Saalfeld-Rudolstadt gehörten zum Verein. Laut Bürgermeister soll erst ein Taucher und als dieser nicht mehr reagierte ein zweiter Taucher ins Wasser gegangen sein, ohne dass ausreichend gesichert wurde. Als auch der zweite Mann nicht mehr nach oben kam, sei noch eine junge Frau ohne Ausrüstung, aber mit einer Leine gesichert, hinterher gesprungen. Sie hatte die beiden Taucher im Schieber verklemmt gesehen. Erst da wurden Polizei und Feuerwehr arlamiert. Doch auch diese konnten die Männer nicht mehr lebend bergen. Die Taucher der Feuerwehr Gera fanden am Montagabend einen der beiden Männer 30 m flussabwärts. Ihn hatte die Strömung durch das Ansaugrohr der Turbinenanlage gedrückt.Der zweite Taucher hatte sich in dem Rohr verklemmt. Um ihn zu bergen, schüttete gestern eine Baufirma den ganzen Tag vor dem kraftwerk einen Damm auf, um das Wasser aus dem Ansaugbecken ablassen zu können. Als es gegen 20 Uhr soweit war, brach der Damm wieder ein, so dass der zweite Taucher nicht aus dem Wasser geholt werden konnte. Heute soll ein neuer Versuch gestartet werden...