Hier gibt es zu allen Fragen "Marke Süßwasser- und Meeresbiologie" kompetente Antworten - vom UBO (unbekannten Bestimmungsobjekt) im See bis zu Verhaltensregeln bei Haibegegnungen.

Süßwasser: kannibalistische Flussbarsche?

Gestern folgte mir bei einem Nachttauchgang etwa 35 Minuten lang ein großer Barsch, der die Gelegenheit nutzte, um im Schein meiner Lampe zu jagen.
Was mich irritierte: Er griff alles an, was sich bewegte, auch viele kleinere Barsche. Ist mein Eindruck richtig, dass Barsche Kannibalen sind, also auch Artgenossen fressen?
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SiKAICMAS***/Nitrox*
15.06.2009 08:49
Ja, meines Wissens fressen große Barsche kleinere junge Artgenossen. Ob das nun generell der Fall ist oder vom Nahrungsangebot abhängt weiß ich aber auch nicht.
Barsche und ihre Gewohnheiten sind ja ja von Gewässer zu Gewässer teil recht unterschiedlich.


http://de.wikipedia.org/wiki/Flussbarsch

KormoranEN 14153-2
15.06.2009 11:19
Machen die gerne, im Lampenschein jagen:

http://home.arcor.de/martin.steidel/061010/MOV05003.avi

Und Artgenossen fressen auch.
15.06.2009 13:08
Ich wüsste nicht das es überhaupt irgend einen Raubfisch gibt der vor Artgenossen in passender Beutegröße Halt macht!

Habe ich in Hemmoor schon erlebt das Brasche Tauchern folgen um im Lichtschein zu jagen. In anderen Gewässern auch bei Hechten, jedoch koordiniert.

Gruß Sven
15.06.2009 14:37
Ich glaube Barsche und Hechte betreiben den aktiven Kannibalismus extrem. Sie dürften dadurch quasi selbst ihr größter Feind sein.
hketTL CMAS
15.06.2009 15:21
Whalie: Nein, Kannibalismus ist eine Überlebensstrategie.
Tiefseeoktopusse haben etwa 20.000 bis 50.000 Eier und verteilen ihren Nachwuch auf eine grössere Fläche, sammeln dort Nährstoffe und fressen sich gegenseitig auf. Nur so kommen genügend Nährstoffe zusammen, um wieder eine fortpflanzungsfähige Grösse zu erreichen.

Helmut
Taeniura_lymmaRescue Diver
16.06.2009 10:48
Meiner Meinung nach haben die Barsche dazugelernt. Eigentlich sind Flussbarsche tagaktiv, machen sich aber inzwischen die künstliche Beleuchtung zu Nutze. Vor drei Jahren habe ich dieses Verhalten zum ersten Mal im Hitdorfer See bei einem sehr großen Exemplar gesehen.
Manchmal übernehmen sie sich aber auch und ersticken an Ihrer Beute s. hier : http://www.psteinmann.net/bio_egli2.html
Ein Stück runterscrollen !

Gruß T.L.
Bio-UliDipl.Biologe, TL****
16.06.2009 14:17
Kannibalismus als Strategie:
Wenn sich Organismen derselben Art gegenseitig bejagen, ist das nichts Ungewöhnliches. Der Rückschluss, dass solch Verhalten "schlecht für die Art" wäre, ist aus diversen Gründen falsch. Zunächst: dem Individuum geht es nicht um die Art-Erhaltung, sondern dessen Genen um den Erhalt derselben, Stichwort: "the selfish gene". Frisst also innerhalb einer Spezies einer den anderen, hat "der stärkere" eines ansonsten fast identischen Gensatzes überlebt. Das wiederum bedeutet, dass es zu einer gesunden, natürlichen Zuchtwahl innerhalb des arteigenen Genpools gekommen ist. Voraussetzung einer solchen Zuchtstrategie ist es selbstverständlich, genügend selektierbares Material in Form von Nachwuchs ins Überlebensrennen zu schicken. Deshalb ist Kannibalismus meist mit hoher Fruchtbarkeit gekoppelt.

Die Tiefsee ist ein Lebensraum, der unter ganz besonderen Gesichtpunkten zu sehen ist: für Räuber gibt es hier extrem wenig Nahrung, sehr selten Kontakt von geschlechtsreifen Individuen, und im Vergleich zu verwandten Oberflächen-Arten eine stark verlängerte Lebenszeit. Auf jeden Fall ein besonderer Casus, den man nicht so einfach für Analogien verwenden kann.
Gut denkbar aber, dass die Tiefsee-Oktopoden-Eierzahl ausreicht (es sind nur 20 % der Menge von Oberflächenarten), um, wie von hket postuliert, Nachwuchs auf einen grössere Fläche zu verteilen", "dort Biomasse zu sammeln" und diese sich dann anschließend auffressen zu lassen. Sich die "Kinder" als eigenes Futter zu züchten scheint im Extrem-Lebensraum Tiefsee durchaus praktikabel.
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