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Süßwasser: Frieren tiefe Seen langsamer zu als flache?

Hallo,
natürlich hängt das Zufrieren eines Sees von vielen Faktoren wie Lichteinfall, Strömung, Oberflächenbewegung, etc. ab. Aber da ich heute zwei nahezu gleich große Seen gesehen habe, die dicht beieinander liegen, von denen der flachere See bereits zugefroren ist und der tiefere nur geringfügig vereist ist, bei anscheinend gleichen Bedingungen, habe ich mich eben gefragt, ob tiefere Seen nicht so schnell zufrieren, wie flache. Ist dem so? Und wenn, warum?
Unten ist doch fast immer 4°C. Hat jemand eine Idee?
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Jens HartmannPADI MSDT, Biologe
29.11.2010 22:12
Lies mal unter den Fachbegriffen, nach welchen man die Seen betreffend ihrer Zirkulationscharakteristika einteilt, nach:

Amiktischer See
Monomiktischer See
Meromiktischer See
Dimiktischer See
Polymiktischer See

Spätestens dann bist Du schlauer. Seen unserer Breiten sind üblicherweise dimiktisch: Die Dichte des Wassers ist im gesamten Wasserkörper 2mal jährlich gleich, nämlich dann, wenn überall 4 Grad sind. Und genau dann kann das Wasser durch den Wind zirkuliert werden. Das ist im Frühjahr und im Herbst/Winter. Irgendwann ist dann die Schichtung wieder stabil, und zwar dann, wenn es im seichteren Bereich wärmer wird (Frühsommer) oder kälter als 4 °C (Winter). Wie lange es dauert, bis die obere Wasserschicht kälter als 4 Grad ist und dann früher oder später einfriert, hängt von vielen Dingen ab: Sonneneinstrahlung, Höhenlage, ...

Ein ganz seichter See friert natürlich theoretisch schneller zu, weil beim Abkühlen des Wassers von der Oberfläche nicht genügend leichteres Tiefenwasser da ist (welches dann nach oben kommt), um das Einfrieren zu verzögern.

Hoffe, das hilft Dir weiter?
Jens
Stephan K.PADI DM, CMAS***, SSI XR, Apnoe 1, Eistauchen
29.11.2010 22:14
Das Wasser hat bei 4 Grad Celsius die höchste Dichte.
Wenn Wasser auf 4 Grad abkühlt, dann sinkt es in die Tiefe und die nächste "wärmere" Wasserschicht steigt nach oben und wid abgekühlt und Sinkt zu Boden usw. usw.
Der Wind hilft dabei auch .

Dies braucht seine Zeit und bei tiefen Gewässern dauert es dann auch länger als bei Flachen.
sharky58Padi-RD / 1000+ TG
29.11.2010 22:20
Nicht so einfach...
Wasser hat bei 4°C die größte Dichte (Anomalie des Wassers).Das bedeutet,daß kälteres (oder auch wärmeres) Wasser nach oben steigt.Ein Gewässer friert immer von oben nach unten zu (zum Glück für alle Wasserlebewesen).
Ein flacherer See hat bei ähnlicher Fläche ein geringeres Volumen an Wasser . So sollte also die Auskühlung und damit der Gefrierprozeß schneller gehen.
Ich sehe das mal als ersten Denkansatz.Vielleicht findet sich noch ein Physiker unter uns!
LG sharky
sharky58Padi-RD / 1000+ TG
29.11.2010 22:22
Nachtrag :Während meiner Schreiberei gab es doch schon andere Wortmeldungen,die doch gut zusammenpassen...
Tümpitausche Sterne gegen Muscheln
30.11.2010 07:22
Ja. Und vier Grad hat das Wasser erst ab einer gewissen Tiefe. Flache Seen haben auch durchgehend niedrigere Temperaturen.
Ein weiteres Kriterium ist, ob der See ein Grundwassersee ist, wie z.B. die meisten Sandkuhlen oder ob es sich um Oberflächenwasser handelt.
DorisMittelschule (damals)
30.11.2010 09:38
und noch mal zu den 4°: ganz flache Gewässer (z.B. kleinere Gartenteiche gefrieren in kalten Wintern durch, da kann man dann im Frühjahr die Goldfische absammeln.
Wasser ist ein super Wärmespeicher, je mehr und je tieferes Wasser da ist, desto länger dauert das zufrieren bei gleicher Temperatur.
Die Teiche hier sind zum Teil schon komplett zu, die Steinbrüche fangen ganz vorsichtig am Rand an und die Talsperren sind noch weit vom zufrieren entfernt
Jens HartmannPADI MSDT, Biologe
30.11.2010 09:59
@Doris: das ist nur teilweise richtig. Wasser ist ein guter Wärmespeicher, das stimmt, aber das Tiefenwasser hat keine Auswirkung. Es stimmt NICHT, dass ein Gewässer später zufriert, wenn es tiefer ist. Nur wenn ein Gewässer so seicht ist, dass es keinerlei Bereich hat, der permanent 4 Grad hat, friert es (wenn alle anderen Parameter gleich sind) früher zu. In anderen Worten: ob ein See 200 oder 2000 m tief ist, ist egal, denn sobald der obere Bereich kühler wird als 4 Grad, ist die Schichtung wieder stabil. Die Zone OBERHALB der 4 Grad Grenze ist bei allen Seen, bei welchen die Umgebungsbedingungen gleich sind, identisch dick.
30.11.2010 21:33
Super!
Vielen Dank für die vielen und guten Beiträge!
Spannendes Thema! Bin jetzt ein Bisschen schlauer.
Viele Grüße
Tümpitausche Sterne gegen Muscheln
01.12.2010 07:36
Ich "schätze" mal, die Fläche eines Sees macht auch noch was aus. Wenn der Wind mehr Angriffsmöglichkeiten hat (Wellen) wird die Oberfläche wohl später frieren. Ich beobachte hier seit Jahren die Seen, die zu sehr unterschiedlichen Zeitpunkten zufrieren.
sharky58Padi-RD / 1000+ TG
01.12.2010 22:18
@tümpi
Absolut o.k.,aber der Nacktschneckenfetischist schrieb ausdrücklich von etwa gleich großen Seen.
LG sharky
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