"Es gibt immer mehr Gründe, Ägypten als Tauchziel zu meiden"
Ich habe da auch immer ein extrem zwiespältiges Verhältnis gehabt. Als es noch richtig billig war (so Aktionen wie 300€ für eine Woche all inkl.), konnte man sich wenigstens nicht über den (absurd niedrigen) Preis beschweren. Aber jedes mal, wenn ich dort war, kam die Frage auf: War es (wortwörtlich) seinen Preis wert?
Ich hab immer den Eindruck gehabt: Wenn es noch günstig ist, dann bekommt man in den Hotels teilweise echt mieses Essen auf teils dreckigen Tellern. Möchte man hier einen guten Standard bekommen, muss man schon richtig in die Tasche greifen. Das ist so auch voll OK. Ich schreibe ja selber von absurden Preisen. Dass das nicht unendlich so weitergehen kann, ist irgendwo auch klar.
Aber: Wenn ich mehr ausgebe, habe ich zwar einen besseren Standard, bin aber immer noch in Ägypten. Sprich, Fahnenbarsche und nochmals Fahnenbarsche und Hartkorallen ("nice coral blocks/sandy bottom"). Praktisch kein Großfisch, wenn man nicht unbedingt bei BDE unterwegs ist.
Dem gegenüber gibt es Reiseziele, die rein nominell zwar noch mal teurer sind, aber bei denen ich während eines einzelnen Tauchgangs mehr gesehen habe als während 14 Tagen Ägypten-Urlaub.
Für mich daher: Für einen günstigen Taler ist das OK (und gleichzeitig auch nicht), aber sobald sich der Gesamt-Reisepreis bei über 2000€ einpendelt, schaue ich mich lieber wo anders um.
Da spielen für mich die anderen Faktoren aber auch rein, wie, dass man das Hotel praktisch nicht verlassen kann, ohne, dass bereits nach 10 Metern jemand kommt und sagt "Chef, nur kurz kucken". Ein Spaziergang wird schnell zum Spießroutenlauf. Mir ist auch bewusst, dass das dort niemand zum Vergnügen tut, sondern weil es letztlich um das nackte Überleben geht. Manchmal aber auch, weil sich jeder selbst der Nächste ist: Als ich das letzte mal ausgereist bin, sprach ein Flughafenmitarbeiter jeden (!) Fluggast beim Durchschreiten einer der drölfzig Metalldetektoren mit genau einem Wort an: "Bakschisch".
Ich kann zwar die Ägypter verstehen, dass sie nicht nur die Billigbude für satte Europäer sein wollen. Die Zustände für die dortigen Hungerlöhner halte ich auch für dramatisch und indiskutabel. Da wird (auch durch uns) ein Machtgefälle ausgenutzt. Aber: Es macht die Situation nicht besser, wenn man am eigenen Ast sägt. Und diese vielen kleinen Puzzleteile tragen in meinen Augen aber genau dazu bei.
Die Sache mit der Windstärke ist für mich auch wieder so ein Paradebeispiel für eine Symbolpolitik, die ich dort überall sehe. Es wird viel Show fabriziert, um Show zu fabrizieren. Abläufe, die imitiert werden, ohne den eigentlichen Sinn überhaupt zu verstehen: 5 Flughafenkontrollen hintereinander, aber am Ende wissen sie doch nicht, ob die richtigen Leute im richtigen Flieger sitzen (selbst erlebt: Nach langem Warten am Gate ging jemand im vollbesetzten Flugzeug durch die Reihen, um zu erfragen, ob alle nach Düsseldorf wollen). In den Hotels stehen überall Metalldetektoren zur Zierde. Oder, gibt es ein Problem, dann tauchen nacheinander immer mehr Leute in Anzügen oder Uniformen auf, die dann ratlos die Hände in den Taschen haben, bis irgendwann nach langer Zeit offenbar der Oberchef kommt und eine Ansage erteilt, wie es zu laufen hat.