Einführung
Mein Name ist Gerald Lemke und ich bin Inhaber der Fa. NAUTEC.
Ich nehme hiermit zu den Vorwürfen des Herrn Luchner aus Österreich Stellung.
Bevor ich jedoch in die Details des Vorgangs gehe, möchte ich folgendes nicht unerwähnt lassen.
Eigentlich wollte ich zur Klärung der Angelegenheit die Korrespondenz des Fachhändlers von
Herrn Luchner mit heranziehen und veröffentlichen. Ich bat Ihn also höflich um seine Zustimmung.
Sehr überrascht hat mich dann doch, dass mir dieser „Fachhändler“ folgendes geschrieben hat.
Ich zitiere:
“Mit einer Veröffentlichung, in welcher Form auch immer, auch auszugsweise, bin ich nicht einverstanden und würde dagegen auch in geeigneter Form vorgehen.“
Bitte bilden Sie sich darüber vorab schon einmal Ihre eigene Meinung.
Auch zu erwähnen ist, dass ähnlich wie beim Service von Atemreglern, die Personen, die solche Arbeiten durchführen, vom Hersteller geschult werden müssen. Dieser Fachhändler, um den es hier geht, hat von uns nie eine Unterweisung erhalten.
Wie bei der Wartung und Reparatur von Ventilen vorzugehen ist, ist übrigens in der
DIN EN ISO 22434 „Ortsbeweglich Gasflaschen – Inspektion und Instandhaltung von Gasflaschenventilen“ vom Mai 2011 niedergelegt.
Aber nun zu den Fakten.
Die von Herrn Luchner mit mir geführte Korrespondenz kennen Sie ja bereits. Gleich zum Auftakt seines Schreibens versucht er uns anzugreifen oder einzuschüchtern, in dem er uns sofort eine „Qualitätsverschlechterung“ unserer Produkte unterstellt.
Als Unternehmen sahen wir uns in der Pflicht, diesen Anschuldigungen auf den Grund zu gehen.
Wir baten Herrn Luchner um die Zusendung der beanstandeten Ventile zwecks Überprüfung.
Unsere Produkte durchlaufen immer eine Qualitätskontrolle.
Werden Mängel vom Kunden reklamiert, zieht dies immer eine Produktüberprüfung nach sich.
Hochwertige Produkte aus hochwertigen Materialien in bester Qualität zu produzieren, ist unser
täglicher Anspruch.
Für eine Beschwerde dieser Qualität gilt bei uns grundsätzlich das 6-Augen-Prinzip beim Prüfen, Protokolle schreiben, fotografieren und Materialproben sichern.
Hier nun das Ergebnis:
Wir erhielten 2 Stück 300 bar-Ventile des Typs SLS für Druckluft aus unterschiedlichen Produktions-Chargen. Nämlich vom August 2015 und November 2015. Folgende Arbeitsschritte wurden ausgeführt:
1. Visuelle Äußere Überprüfung:
Runddichtringe M 25 x 3,55
Die Ventilkörper machten auf den ersten Blick einen gepflegten Eindruck. Außer an den schwarzen Handrädern waren keine Schäden an der Oberfläche (z. B. Chrom) erkennbar. Allerdings waren die auf dem M25 Einschraubgewinde aufliegenden Runddichtringe, die den Flaschenhals abdichten, sofort auffällig. Diese waren von der Schnurstärke her 0,5 mm zu dick und 2 mm zu groß im Innendurchmesser (statt 25 mm also 27 mm).
Dafür gibt es zwei Erklärungsmöglichkeiten:
- die Dichtungen waren durch außergewöhnliche Umwelteinflüsse aufgequollen,
- oder es handelte sich nicht um die originalen Runddichtringe
Sicher ist jedenfalls, dass diese Runddichtringe in keinen Flaschenhals gepasst hätten.
Schlitzmuttern
An beiden Ventilen wiesen die Schlitzmuttern starke Gebrauchspuren auf. Am vertieft sitzenden Außenrand gab es erhebliche Verkrustungen (Schmutz), die man mit dem Fingernagel entfernen konnte. Eigenartigerweise war eine solche Verschmutzung an den Ventilkörpern erst einmal nicht zu erkennen.
Bei dem Ventil mit Produktionsdatum August 2015 war die Schlitzmutter bis zum Anschlag angezogen. Dadurch ragte die Oberspindel etwa 1,5 mm hervor. Besteht keine „Federspiel“ mehr, wird die Oberspindel gegen den Dichtring in der Druckschraube gezogen und das Handrad ist
bedeutend schwergängiger oder blockiert.
Handräder
Nimmt man die Handräder genauer in Augenschein, so stellt man erhebliche Ablagerungen sowohl
in den äußeren Nuten als auch an den Innenflächen der Handrad-Bohrungen fest. Die Substanz der
Verkrustung könnte mit der an den Schlitzmuttern identisch sein. Zudem sind die Handräder im Außenbereich durch mechanische Einwirkung ungewöhnlich stark ramponiert.
2. Prüfung Äußere Dichtigkeit
Von beiden Ventilen wurde das Handrad abgenommen, die Ventilausgänge mit unseren Prüfstopfen versehen und abgedichtet. (Zuvor waren die Runddichtringe unserer Prüfstopfen durch neue ersetzt worden.) Anschließend wurden beide Ventile mit dem M25 (mit neuen, passenden Runddichtungen) in eine Prüfvorrichtung eingeschraubt, mit 300 bar Druckluft beaufschlagt und in einem Wasserbecken abgesenkt worden.
An der Druckschraube, sowie am Schaft der Oberspindel gab es bei beiden Ventilen keine Undichtigkeit. - Allerdings konnte man an den mit Stopfen versehenen Ventilausgängen alle 2 bis 3 Sekunden etwa 1mm große Luftbläschen aufsteigen sehen.
Der Druck wurde abgelassen und die Runddichtringe in den Prüfstopfen optisch überprüft. Auf der Oberfläche war eine Art weißer Schmutzschleier sichtbar. Um herauszufinden ob diese Verunreinigung für die leichte Undichtigkeit am Ventilausgang verantwortlich war, wurden die Runddichtringe der Prüfstopfen noch einmal gegen neue getauscht und der Drucktest wiederholt.
Die Bläschen traten danach nicht mehr auf.
3. Prüfung Innere Dichtigkeit
Bei der inneren Dichtigkeitsprüfung (Schließfunktion der Unterspindel) wird das Ventil in geschlossenem Zustand wiederum unter Druck (300 bar) im Wasserbecken geprüft.
Der erste Versuch scheiterte, da sich das Ventil (Herstelldatum vom August 2015) nicht per Hand schließen ließ! Auch mit einem Handschuh und größter Kraftanstrengung war es nicht möglich, die Unterspindel zu bewegen. Erst mit Hilfe einer Rohrzange und einer Montagevorrichtung konnte die Unterspindel über das Handrad gelöst und schließlich auch geschlossen werden!
Danach wurden die Ventile erneut im Wasserbecken versenkt und unter Druck gesetzt. Der Test
verlief unproblematisch, die Ventile waren dicht.
4. Prüfung der Ventilmechanik
Die Ventilmechanik wurde ausgebaut, visuell überprüft und als neuwertig befunden. Es war kein Wasser (z.B. durch eine defekte Runddichtung) in das Spindel-Gehäuse eingedrungen! Es gab
keine Korrosionsspuren!
5. Ergebnis der Prüfung
Die Ventile haben mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine längere Zeit in einer für die Runddichtringe nicht verträglichen, mit aggressiven Fremdstoffen (Lösungsmittel, Chemikalien?) kontaminierten Flüssigkeit gelegen (z.B. voll gelaufener Keller?).
Ich gehe davon aus, dass auch die Ventilkörper ursprünglich äußerlich stark verschmutzt waren,
jedoch gesäubert worden sind. Das erkennt man sehr gut an den Schlitzmuttern, die in dem zum Handrad tiefer liegenden Bereich verdreckt sind (in den ein Lappen nicht so leicht hinein kommt).
Laut Schilderung des Herrn Luchner, sollen sich ja auch „falsche Runddichtringe“ in der Druckschraube befunden haben. Das glaube ich so nicht. Es ist eher wahrscheinlich, dass auch die Runddichtringe in der Druckschraube stark aufgequollen waren und zu einem späteren Zeitpunkt erneuert worden sind.
Die festsitzende Unterspindel ist eindeutig auf eine unsachgemäße Ventilmontage zurück zu führen.
Vermutlich sind Unterspindel, Oberspindel und Druckschraube in einem Stück in das Spindelgehäuse des Ventils eingeschraubt worden. Es kann dann passieren, dass die Druckschraube gegenüber der Unterspindel wie eine Kontermutter wirkt und die Unterspindel in einer geöffneten Position blockiert.
Fazit:
- Die Arbeitsabläufe einer fachgerechten Ventil-Revision wurden nicht eingehalten!
- Die Montageanweisungen des Ventilherstellers waren dem Reparateur unbekannt oder wurden nicht eingehalten!
- Nach den Instandsetzungsarbeiten wurde die zwingend vorgeschriebene Innere- und Äußere Druckprüfung nicht durchgeführt!
- Die Ventile hätten dem Herrn Luchner in diesem Zustand nicht übergeben werden dürfen.
- 100 % Fremdverschulden! – Grob fahrlässiges Verhalten des Reparateurs!
- Erhalten wir vom Kunden keinen Auftrag für eine Instandsetzung, sind wir aus dem Grund
der Rechtssicherheit verpflichtet, die Ventile in einem nicht gebrauchsfähigem Zustand
zurück zu geben (also komplett zerlegt).
Gerald Lemke