Pro Am 1050

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Nachdem ich die üblichen Vorstufen des Trockikauf ...

Nachdem ich die üblichen Vorstufen des Trockikaufs hinter mich gebracht hatte - endlose Diskussionen über Material, notwendige Features etc., Tauchgänge in Neopren und Trilaminat - interessierte mich, warum Profis anscheinend so gerne in Gummi tauchen. So befriedigende Auskünfte über Vor- und Nachteile bekam ich wenig. Deshalb vorweg ein paar allgemeine Erkenntnisse, die ich zusammentragen konnte (Ergänzungen und Anmerkungen sind mir jederzeit willkommen):

Gummitrockis gelten als sehr robust. Was ihre mechanische Belastbarkeit (Abrieb, Durchdringung) betrifft, lassen sich die für Tauchanzüge verwendeten Gummimaterialien zwischen Neopren und Trilaminat einstufen. Robuster als die meisten Neoprenmaterialien, aber weniger robust als die meisten Trilaminate.
Vorteile hat Gummi vor allem, weil es sehr schnell und effektiv zu reparieren ist (wie ein Fahrradschlauch - ja, man kann wirklich die gleichen Flicken verwenden!). Dazu kommt, daß Gummitrockis bei der Herstellung komplett Heißvulkanisiert werden und es deshalb prinzipbedingt nicht zu Nahtundichtigkeiten kommen kann - die Einzelteile verschmelzen quasi zu einer Einheit. Wenn man überlegt, wie kompliziert eine Naht bei anderen Materialien aufgebaut ist - Anzugmaterial, Nahtmaterial (Garn), Kleber, Abdeckband... und das alles zusammen soll am Ende dicht sein.
Für Profis interessant: die meisten Gummianzüge sind extrem resistent gegen chemische und biologische Umwelteinflüsse. Dazu lassen sie sich aufgrund ihrer glatten Oberfläche gut reinigen und dekontaminieren. In wie weit das für Sporttaucher relevant ist, sei dahingestellt. Ich persönlich verzichte auf den Spaßtauchgang im Klärwerk...

Ich wollte jetzt aber einen Gummianzug. Doch woher bekommt man so ein Teil? Schnell stolpert man über Viking, mittlerweile auch mal über Ursuk und dann gab es noch Hunter. Hunter ist seit einiger Zeit der Name, unter dem die Firma Gates ihre Tauchanzüge verkauft. Auch wenn ich viel Gutes über die Anzüge lesen konnte - in Deutschland ist Hunter schlecht vertreten. Prosub und Submariner, beide im Süddeutschen, bieten Hunter an, zeichneten sich aber dadurch aus, daß sie auf meine Anfragen gar nicht oder extrem unfreundlich antworteten. Dabei wollte ich doch nur ein paar Tips, wie ich die passende Größe ermitteln kann.

Die Lösung gab ein Telefonat mit Hunter/Gates in Schottland: in Berlin, wo ich wohne, gibt es eine Firma für Fetischartikel, Blackstyle, die Gummitauchanzüge im Programm haben. Auch wenn man die Anzüge dort im Normalfall nicht unbedingt für taucherische Zwecke verkauft, war man dort, nach wenigem fremdeln, was denn der Normalo dort wollte - sehr freundlich. Die Schneiderin des Hauses - normalerweise darauf spezialisiert, Latex hauteng an alle möglichen und unmöglichen Körperstellen anzupassen - vermaß mich, ein anschließendes Telefonat mit Gates führte zur Ermittlung der richtigen Größe. In meinem Fall war eine schlank geschnittene M mit verlängerten Beinen das optimale Maß. Die Teilmaßanfertigung war kein Problem. Drei Wochen später konnte ich ein schickes Paket bei Blackstyle abholen.

Jetzt komme ich endlich zum Anzug. Das Hunter/Gates seit längerem professionelle Tauchanzüge herstellen, läßt sich schon am Lieferumfang erkennen. Neben dem Anzug mit Apeks low profile Ventilen und Inflatorschlauch lag ein umfangreiches Pflege- und Reparaturset bei, dazu gab es ein dickes Heft mit Hinweisen, wie so ein Anzug zu tauchen, zu Pflegen und zu reparieren ist. Dazu eine Tasche, die auch als Umziehunterlage zu gebrauchen ist. Optional hatte ich eine Neoprenkopfhaube und Hosenträger geordert, beides lag in sehr guter Qualität bei. Alles sorgfältig im passenden Karton verpackt, machte einen sehr guten Eindruck.

Und wie ist das Ding beim Tauchen? Ich finde es klasse. Der Anzug selber ist recht schwer, wozu zum einen das Material selber beiträgt, das an beanspruchten Stellen - Schultern (Jacket), Hüfte (Bleigurt) und vorderen Beinseiten (Knien) noch aufgedoppelt ist; zum anderen tragen die robusten Stiefel einiges zum hohen Eigengewicht bei. Schadet nichts: was der Anzug an Gewicht mitbringt, kann an Blei oben bleiben.
Ausstattungsfanatiker werden mit dem Anzug sicher nicht glücklich: kein Teleskoptorso, keine Taschen, keine Beinstraps, keine Reißverschlussabdeckung, keine Messerhalterung - nix. Also erst in den Unterzieher (Gummi bewirkt, wie Trilaminat, keine Wärmeisolierung) und dann rein in die Tüte, den hochwertigen Trockenreißverschluss zu und fertig. Kein stundenlanges fummeln und nesteln an irgendwelchen Bändern, Zusatzreißverschlüssen, Schrittgurten etc. Nur gucken, daß die Latexmanschetten an Hals und Handgelenken richtig sitzen und die übliche Kniebeuge. Ach ja, die Hosenträger nicht vergessen. Hier muß man eigentlich gar nicht auf die Hosenträger von Hunter zurückgreifen. Im Anzug sind einfach Laschen angebracht, an die man jeden normalen Hosenträger anklipsen kann.

Tauchen tut sich das Teil prima. Obwohl ich nicht viel Erfahrung im Trockentauchen habe, fühlte ich mich unter Wasser gleich wohl. Das schwere Material wirkt sich meiner Meinung nach günstig auf die Luftverteilung im Anzug aus - es knautscht nicht ganz so schnell wie Trilaminat, behält aber auch nicht so große Falten und Hohlräume wie Neopren. Dank gutem Schnitt und der Flexibilität des Materials ist die Bewegungsfreiheit sehr gut.
Nach dem Tauchen: Gerät runter, Reißverschluß auf, raus aus dem Teil, kurz das Wasser abschütteln und der Anzug ist auch außen fast wieder Trocken.

Fazit: jeder muß überlegen, worauf er beim Trockentauchen wert legt. Wer eine robuste ´Tüte´ sucht, die sich klasse Taucht und auf Gimmicks verzichtet, ist mit dem Hunter Pro AM 1050 sicher gut beraten.