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Zahnspangen und Retainer

Ich bin im Begriff, mich in den nächsten Monaten einer kieferorthopädischen Behandlung zu unterziehen und werde danach Zahnspangen sowie "Retainer" tragen müssen.

Meine Frage an alle, die mir helfen können, lautet:

(1) Aus welchem Werkstoff oder Legierung bestehen sie?

(2) Falls Titan enthalten ist, gibt es eine Gefährdung (d.h. Entzündung, Verbrennung o.ä.), wenn Sauerstoff als Safety- resp. Dekogas geatmet wird?

Ich wäre um Antworten dankbar, da ich die Befürchtung hege, daß Retainers die Freiheitsgrade im Tauchen erheblich einschränken könnten (d.h. die Auswahl an Gas).
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08.07.2005 08:29

Hallo Vivendi!

Die kieferorthopädischen Geräte Brackets, Bänder und Bögen bestehen hauptsächlich aus Chrom-Nickel-Stahl (Anteile Fe, Chrom, Nickel Molybdän). Diese müssen den harten Bedingungen der Mundhöhle widerstehen und werden dir keinerlei Probleme bereiten. Selbst bei einer Nickelallergie kommt es mit diesen Materialien selten zu Problemen, da einerseits die Empfindlichkeit der Mundhöhle deutlich geringer ist als auf der Haut, andererseits es zur einer Bildung von korrosionshemmenden Oxidationsschichten kommt(Passivierungsschicht).

Ein weiteres Material ist Nitinol (ein von der amerikanischen Navy entwickeltes Material). Dieses ist eine Nickel-Titan Legierung, welche auch korrosionsfest ist, da sich hier auch ein Passivierungschicht bildet.

Der Retainer ist ein kleiner Draht aus o.g. Materialien, der mit Composite (Kunststoff) an den Zähnen befestigt ist. Dieser wir dich überhaupt nicht stören.

Probleme könntest du aber beim Tauchen 1-2 Tage nach Einsetzen der Spange oder einem "Bogenwechsel" bekommen, da dann die Zähne recht aufbissempfindlich sind und du das Beißen auf dein Mundstück als recht unangenehm empfinden könntest...

Bei weitern Fragen stehe ich dir gerne zur Verfügung

Gruss Suppe


:o
08.07.2005 10:20
Guten Tag "Suppe"

Herzlichen Dank für Deine äußerst kompetente Antwort. Die ist obendrein fürs erste sehr beruhigend. Ich habe übrigens die exakt gleiche Frage in einem anderen (englischsprachigen) Forum gestellt und da hat man mir auch gesagt, daß ich mir keine Sorgen zu machen hätte, solange das Atemgas nicht aus 100% Fluor bestünde....

Beim Nitinol müßte man davon ausgehen dürfen, daß sie das bei ihren SEALs schon einmal ausprobiert haben, nach dem Motto: "Die essen auch, was sie kochen." Dennoch: gibt es Studien oder "Garantien" dafür, daß ein solches Material auch unter Druck (i.e. höherer Sauerstoffpartialdruck) dieselbe Eigenschaft besitzt/behält wie an der Oberfläche? Oder anders gefragt: wie sicher ist die sogenannte Passivierungsschicht? Ist das ein ähnlicher Effekt, den man beispielsweise bei künstlichen Hüftgelenken vorfindet?

Ich bin sehr an Deiner Antwort interessiert und würde mich außerordentlich freuen, da ich womöglich auch bei der Auswahl des Materials "mitreden" müßte, sollte das Nitinol diesbezüglich nicht 100%-ig sicher sein.

08.07.2005 16:02
Frag doch mal bei Deinem behandelnden Kieferorthopäden nach, welche Art von Retainer/Zahnspange(n) bei Dir angedacht sind. Prinzipiell gibt es da sowohl festsitzende als auch herausnehmbare Apparaturen. So wirst Du die herausnehmbaren beim Tauchen sicher am Ufer "parken" können.
08.07.2005 16:23

Guten Tag Howard

Danke für den Hinweis - das ist genau der Grund, weshalb ich die Frage überhaupt gepostet habe. Es ging mir eben auch darum zu sehen, ob es grundsätzlich eine Auswahl an Materialien gibt.

Das Hauptproblem liegt eben bei den Retainern, die nach der Behandlung fix verdrahtet sind und damit nicht "parkierbar" sind. Deshalb ist es für mich ein imminent wichtiges Anliegen, bei der Planung der Behandlung diesbezüglich einen Input geben zu könnnen.
11.07.2005 09:09
Hallo Vivendi!

Ich kenne keine Studien über das Verhalten von kieferorthopädischen Materialien unter erhöhten Umgebungsdruck. Allerdings sollten diese auch unter "ein paar bar mehr" keinerlei Probleme bereiten. (Die Knochenregeneration ist aber unter hyperbarer Sauerstoffatmung erhöht, falls du dir mal was brichst^^).

Es gibt, wenn du (im Fall des Retainers) auf keinen Fall Metall im Mund haben möchtest allerdings auch die Möglichkeit diesen komplett aus Kunstoff zu gestalten (z.B. das Produkt Stickteck). Dieser ist Fiberglasverstärkt und wir mittels Licht auspolymerisiert. Ist dann nur die Frage ob dein Kieferorthopäde diesen auf Lager hat. Aber wie gesagt auch der normale Draht sollte wirklich keinerlei Probleme bereiten.

Ebenso gibt es aber auch die Möglichkeit den Retainer herausnehmbar zu gestalten. Mir persönlich wäre ein Festsitzender allerdings lieber (da kannst du nichts vergessen).

Gruss Suppe
11.07.2005 18:27
Hi,

Ich bin selbst schon mit Zahnspange getaucht, es macht keine probleme außer, dass das Mundstück ein bisschen hängt aber das ist nicht schlimm.

Jetzt mit Retainern kann man auch problemlos tauchen

Gruß
sun
13.07.2005 18:29

Guten Tag Suppe

Abermals herzlichen Dank für Deine Ausführung. Ich glaube, damit habe ich nun die notwendigen Informationen beieinander; der Grundtenor ist, - und das bestätigt mir auch das andere Forum - daß eine Sauerstoffreaktion tatsächlich als nichtexistent zu bezeichnen ist.

sun_diVer, auch dir vielen Dank für Deinen Input; ich glaube Dir, daß das auf alle Fälle mit ein wenig Übung klappt. Es ging mir hier einzig darum, inwieweit das Material, aus dem die Spangen/Retainer gemacht wurden, mit Sauerstoff reagiert.
15.07.2005 14:29
Meine Tochter (erst Brackets, jetzt Lingualretainer) taucht seit zwei Jahren problemlos damit bis 40%O2.
Die Frage nach dem Entzünden war ein Scherzerl, oder? Nun denn - an Löschmedium mangelt es jedenfalls nicht...

Tipp am Rande: Jax-Mundstück, besonders in der Anfangszeit regelmäßig nachformen.
20.07.2005 12:30

Guten Tag "...und 26 Gäste"

Auch Dir noch ein Dankeschön für die Bestätigung, daß das Tauchen mit Spangen und Retainern in Komination mit Nitrox tatsächlich unproblematisch zu sein scheint.

Ob die Sache ein Scherz ist? Nun, dazu habe ich auch schon folgende Antwort bekommen: "I`m no expert on metal and gasses and stuff, but my son has been diving with braces for two years, with air and nitrox, and he never blew up."

Untersucht man das ein wenig seriöser, dann muß doch erwähnt werden, daß es Metalle gibt, die für sich allein genommen entflammbar sind, wenn sie mit Sauerstoff in Kontakt kommen - Titan ist so ein Element. Deshalb sollte man auch nicht mit Nitrox tauchen, wenn der Lungenautomat aus Titan gebaut ist.
Ob dieser Zusammenhang auch gegeben ist, wenn dies, wie oben erwähnt, beispielsweise mit Nickel verbunden wird, war eigentlicher Gegenstand meiner Frage. Und da es genug Taucher gibt, die entweder chemisch/physikalisch besser ausgeschlafen sind oder anderweitig mehr praktische Erfahrung mit diesen Werkstoffen mitbringen als ich, habe ich diese Frage gestellt. Sollte meine Unwissenheit resp. meine Befürchtung wirklich so lachhaft banal sein, na dann war die Frage tatsächlich ein Scherzerl...
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