@Kakadu: das würde einen Wechsel unseres Wirtschaftsystems voraussetzen. You remember: mit dem Fall der Mauer und dem Auseinanderfallen der Sowietunion "siegte" der Kapitalismus auf ganzer Linie. Sagte man. Und Kapitalismus funktioniert nun mal mit Zins und Zinseszins und verdammt uns alle zu Wirtschaftswachstum.
Ich kenne leider auch keine funktionierende Alternative, aber unser jetziges System kann man höchstens als "Soziale Marktwirtschaft" betreiben und die kommt seit 2008 immer mehr unter Druck, mittlerweile kann man in vielen Staaten das "Soziale" getrost weglassen. Übrig bleibt "Marktwirtschaft" in letzter Konsequenz. Das ist weder für einen sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft noch für die Umwelt förderlich. (Eigentlich war der 11. September 2001 der Kipppunkt, zumindest gesellschaftlich)
(Ein weiterer Kipppunkt: 1992 schrieb die NZZ dass die weltweite Marktkapitalisierung dieses Jahr höher sei, als das globale Bruttoinlandprodult (BIP). 2024 stand die Marktkapitalisierung bei 255 Billionen $ und das weltweite BIP bei 87.75 Billionen $, also rund das dreifache. Es gibt also dreimal mehr Geld, als real erwirtschaftet wird, also komplette Entkoppelung zwischen Marktkapital und real erwirtschafteten Leistungen. Die NZZ fragte sich damals, wann dieser Ballon so aufgepumpt sein wird, dass er platzt. Bis jetzt dehnt er sich immer noch gefügig, aber das Knarzen ist unüberhörbar...)
Trump macht es vor: aus Zusammenarbeit und dem Finden gemeinsamer Nenner wird das Recht des Stärkeren. "America first!", "Deutschland first!", "ICH first!" Wettbewerb bis zum Individuum...
Aber: wie sieht eine Alternative aus und noch wichtiger: wie wollen wir das umsetzen? Egal welches Land Du nimmst, alle sind verschuldet und teilweise bald ausser Stande die Schuldzinsen zu bedienen. Die Schere zwischen arm und reich öffnet sich immer schneller und immer noch wird "Trickle down" propagiert. Dazu eine galoppierende Vernebelung der Fakten durch soziale Medien. Alternative Fakten überall, "flood the zone with shit" usw
Mittlerweile leben wir in einer Zeit wo sich sogar der Präsident des Schweizer Arbeitgeberverbands öffentlich getraut zu sagen: "Es ist nicht die Aufgabe der Wirtschaft zu sorgen, dass ein 100% Job auch einen existenzsichernden Lohn garantiert. Die Differenz solle der Staat zahlen." Die Konsequenz wären explodierende Sozialkosten, galoppierende Verschuldung des Staates und viele Bürger, die keine Steuern mehr bezahlen könnten. Klingt für mich irgendwie nach Harz4...
Aber lassen wir mal kurz das Theoretisieren: Fakt ist, wir produzieren weltweit eigentlich genug, um allen Menschen ein menschenwürdiges Leben garantieren zu können. Wir haben hochentwickelte Technologien, um Probleme zu lösen und Geld und Arbeitskraft wäre auch mehr als genug vorhanden.
Nur: das Geld ist ungleich verteilt, die Technologie wird für Hightech Kriegsmaterial oder Bullshit wie Tiktok, Chat GTP, Alexa, Siri und Co eingesetzt, anstatt zu versuchen die echten Probleme anzupacken.
Wir bewegen uns seit einer Ewigkeit auf diesem Pfad und je länger wir uns darauf bewegen, je schwieriger wird es davon abzuzweigen. Dass sich die Geschwindigkeit immer mehr erhöht, hilft auch nicht wirklich.
Eigentlich bräuchte es so etwas wie eine starke UNO, um Gegensteuer zu geben, um einen neuen Weg durchzusetzen. Aber die UNO war leider von Anfang an nie stark genug und seit längerem wird auch die letzte Macht der UNO und deren Seitenorganisationen demontiert. Die Zerschlagung von US Aid und diversen Umweltbehörden und das verweigern von Mitgliedszahlungen durch Trump war wohl der letzte Sargnagel.
Mittlerweile steigt die Not vieler armer Länder (schau z.B. nach Sudan). Dazu entwickeln sich im Windschatten des Ukraine und Gaza Kriegs gerade sehr viele Konflikte in Südamerika und Afrika und anderen Ecken der Erde, die unter dem Radar der Medien laufen. Dies und der zunehmende Mangel an Zugang zu sauberem Wasser, plus der Klimawandel wird die weltweite Migration noch mal deutlich anheizen. Das wird wiederum das weitere erstarken der rechten Parteien zur Folge haben und diese Parteien wollen gaaanz sicher nichts an unserem Wirtschaftssystem ändern. Die möchten höchstens das Rad zurückdrehen: Rückkehr zu wirtschaftlichem Kolonialismus; reicher Westen, armer Süden usw. Dies wird aber nicht mehr gehen, denn wir haben neue Player: die USA verliert an Einfluss, dafür erstarken China, Indien, die Golfstaaten usw. Die Weichen sind längst gestellt in eine neue Machtverteilung und die ultrarechten Parteien sind nichts als Träumer, wenn sie denken, sie könnten den alten Status Quo zurück gewinnen.
Und anstatt mit unseren Restwohlstand in Europa zukunftsorientierte Technologien (Beispiel Energiewende) voranzutreiben, sind wir gerade daran wegen diesem verd... Idi... in Russland unsere Rüstungsindustrie wieder hochzufahren. Ja, es ist scheinbar nötig, aber was für eine gottverd... Verschwendung von Ressourcen.
Keine Ahnung wie das in 20 Jahren auf der Erde aussieht, aber ich war ehrlich gesagt schon zuversichtlicher. Wahrscheinlich war ich sehr naiv, als ich hoffte mit dem Ende des kalten Kriegs könnten wir endlich dauerhaft gemeinsam auf eine bessere Zukunft hinarbeiten...
So, sorry für soviel Off Topic (liess mich wieder mal triggern...) und stimmungssenkendes Geschreibsel.
(Habe zur Strafe nun den Fragebogen ausgefüllt.
)
Ich gehe jetzt mal an meinem freien Tag im Garten arbeiten. Ist wahrscheinlich aufbauender. 