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Tieftauchen: Helium dein Freund, Luft dein natürlicher Feind ?

Geändert von Herbert,
25.04.2017 07:16

Aus dem "O2 Thread" Sauerstoff - gefährlich für Sporttaucher hat sich eine recht interessante Diskussion entwickelt. Zuletzt stellte user "Fullcave" die These "Helium ist dein Freund auf 60m und Luft ist dein natürlicher Feind" in den Raum. Diskussionsstoff für einen eigenen Thread wie wir meinen. Hier der Beitrag

".... die richtigen Probleme beim Tieftauchen mit Luft:"
Undersea Biomedical Research, Vol 5, No. 4 December 1978 Hesser, Fagraeus, and Adolfson:
Studies on the narcotic action of various gases have shown that the ratio of narcotic or anesthetic potency of CO2 and N2O approximates 4:1 and that of N2O and N2 30:1. From these figures it can be calculated that CO2 has at least 120 times the narcotic potency of nitrogen. Our data would suggest that the narcotic potency of CO2 is even greater, i.e. several hundred times as great as that of nitrogen.
Mit anderen Worten: Helium ist dein Freund auf 60m und Luft ist dein natürlicher Feind.

Ich wollte den Blick auf eine weiteres Problem bei (tieferen) Lufttauchgängen hinweisen. Erhöhte co2 Produktion durch hohe Dichte des Atemgases. Ich wollte also den anderen Aspekt der Luft beleuchten. Die Narkose. Und dort nicht nur die n2 Narkose. Trimix auf 300m atmet sich ungefähr so schwer wie Luft auf 33m. Insoweit ist ein CO2 problem gegeben.
Man geht davon aus, dass co2 120-130 mal narkotischer wirkt als N2. CO2 ist idealerweise ja nicht in dem Gas, welches man atmet. Es wird vom Körper produziert und muss abgeatmet werden. Weiter kontrolliert der CO2 Gehalt im Blut die Atemfrequenz.
Der CO2 gehalt kann durch ruhige Atmung und einfache Atemarbeit niedrig gehalten werden. Bei tieferen Tauchgängen steigt die Gasdichte an und erschwert die Atemarbeit. Co2 kann schlechter abgeatmet werden. Außerdem hat man tieferen Tauchgängen normalerweise mehr Equipment dabei (=mehr Arbeit, höhere Atmung, mehr co2). Mit Mischgas kann zumindest der Faktor der Gasdichte positiv beeinflusst werden und somit die co2 Abatmung erleichtert werden. Das war das ganze jetzt in einfachen Worten zusammengefasst. Imho ist Helium deswegen dein Freund......

Fullcave hat das Wort und natürlich die community!

(Bitte keine DIR Keule,das hab ich ihm versprochen .... loltest)


Weitere Infolinks: Von StoneX/Jamproof:

http://www.navy.gov.au/sites/default/files/documents/THE_PHYSIOLOGY_OF_COMPRESSED_GAS_DIVING.pdf


https://youtu.be/QBajM3xmOtc

und hier die Präsentation dazu. Sehr spannend - viel Spaß beim gucken. 
AntwortAbonnieren
24.04.2017 23:52Geändert von kwolf1406,
25.04.2017

Na, dann kopier ich meine ersten Gedanken dazu aus dem anderen Thread mal hierher:

"Danke, für den interessanten Hinweis auf das Narkosepotential! Wie relevant das ist, kann ich nicht abschätzen, da CO2 ja nicht ständig der Atemluft hyperbar zugeführt wird und nur zu einem Bruchteil physikalisch gebunden im Blutplasma vorliegt. Ansonsten als Hydrogencarbonat und ebenfalls chemisch verändert an Erythrozyten gebunden. Was da noch an effektivem Narkosepotential übrig bleibt ist eine berechtigte Frage. Muss man mal in Ruhe recherchieren.

... Oder doch noch eine andere Abschätzung:Wenn ich das recht erinnere, hat CO2 im Blut einen Partialdruck an der Oberfläche von irgendwo 0,07bar. O2 von 0,21bar. Allein das kompensiert schon mal grob eine Zehnerpotenz an Narkose gegenüber O2. 

Das nur mal als Beispiel, mit welchen Fragen man sich rumschlagen muss, um überhaupt eine Idee von der Relevanz zu bekommen - und selbst das ist heute Abend nur mit der heissen Nadel gestrickt..."

xxxx (Edit von mir selbst: Eine Eule nach Athen wieder eingefangen...)

25.04.2017 00:53Geändert von Taucherladen-online,
25.04.2017 01:00
Mal ganz losgelöst von der wissenschaftlichen Betrachtungsweise, meine Meinung aus Eigenerfahrung.Ist schon lange her und zur damaligen Zeit war ich auch wirklich sportlich fit auf der Höhe.Jedenfalls waren wir damals, zwischen 1990 und 95 des Öfteren auf Gozo zum Tauchen.Dabei absolvieren wir auch so manchen Tauchgang um die 50 Meter mit Luft und dabei fühlte ich mich zumindest immer noch sehr "sicher". Allerdings wollte einer meiner damaligen Buddys und auch ich unbedingt mal die Bottle-Cave dort ergründen. Und nach dem wir ja schon lange gebohrt hatten und man uns auf der Basis dann auch schon relativ gut kannte, verriet man uns damals, unter eindringlicher Ermahnung das Geheimnis zu wahren, den Weg dort hin.Es ist wie der Name schon sagt, eine flaschenförmige Höhle, deren obere Öffnung auf etwa 32m liegt, die untere Öffnung bei ziemlich genau 60m.Wir also eines Tages hin zur besagten Stelle um erst mal zu sehen ob wir die Höhle dort tatsächlich finden und ob die obere Öffnung frei ist. Das war der Fall und so wagten wir uns an der Steilwand nach Unten bis zur unteren Öffnung. Dort zeigte mein damaliger Computer 59,9m. Wir tauchten dann auch problemlos durch diese Bottle-Cave durch und beendeten nach unserer Deko den Tauchgang ohne Probleme. Aber sowohl mein Buddy als auch ich wusten danach, dass der Sprung mit Luft zwischen 50m und 60m ein ganz gewaltiger ist, dass dir bei 60m kein wirklicher Zwischenfall passieren darf, denn da bist mit Luft so langsam und träge, dass Du das bestimmt nicht mehr in den Griff bekommst, ausser alle deine Schutzengel sind passionierte Taucher oder Du hast mehr Glück als Verstand....... Fazit, ich für meinen Teil würd Heut keinesfalls mehr mit Luft in diese Tiefe gehen, da gibts wesentlich besser geeignete Gasgemische dafür. Und da mir persönlich der Aufwand zum Mischgastauchen wiederum zu groß ist, müssens eben 40m mit kleiner Toleranz eben auch tun.
25.04.2017 07:17

Moin! Ich musste es jetzt ja mehrmals lesen, um es zu glauben. Das TNet mausert sich..?

Ich habe heute leider wenig Zeit. Ich werde heutebabend mal meine Trimixunterlagen durchwühlen. So aus dem Kopf heraus 2 Dinge:

Die US Navy hat in entsprechenden Studien bereits in den 60er Jahren (und später in 1995 ) den Unterschied verschiedener Atemgasgemische untersucht. Ergebnis war: Stickstoff/ Sauerstoffgemische führten bei Arbeit auf Tiefe zu einem deutlichen Anstieg des CO2 Levels im Blut, während bei Helium/ Sauerstoffgemischen der CO2 level nicht Anstieg und im "normalen" Bereich blieb. Das man heute Trimix verwendet anstatt Heliox hat wiederum etwas mit dem HPNS zu tun. Aber grundsätzlich kam die US Navy zu dem Ergebnis, dass Helium besser als Stickstoff auf Tiefe sei. Dabei wurde/ wird der Narkoseeffekt von CO2 imho oft verkannt, bzw. es ist oftmals unbekannt, dass das ein Problem sein kann.

Klaus hat ja mal in einem anderen Zusammenhang etwas geschrieben, dass alte Deep Air Hasen dazu rieten uaf Tiefe sich absolut ruhig zu verhalten bzw. jegliche Anstrengung zu vermeiden. Das würde in das Bild passen. Übrigens habe ich mir die von Bleieente verlinkte "Rattenstudie" mal noch genauer angeschaut. Dort heißt es im Diskussionsteil am Ende:

The introduction of trimix diving was aimed at avoiding nitrogen narcosis and obtaining the protective effect of narcosis against HPNS. The present study suggests that trimix may also afford protection against CNS oxygen toxicity. However, both the beneficial and the harmful effect may be related to individual traits. Further evaluation of the effect of inert gas on CNS oxygen toxicity may improve safety in trimix and nitrox diving.

Man geht also eher davon aus, dass Trimx die Sauerstofftoxizität mildert, nicht Luft.

Jamproof hatte ja gestern schon auf den Unfall von David Shaw hingewiesen, wo man davon ausgeht, dass co2 eine große Rolle gespielt haben soll. Es gibt bei sheck exleys basic cave diving, a blueprint for survival, die folgende Unfallschilderung:

Accident Report:
Two Divers from Miami, Barry and Luke, drove up on Thursday night, met some other divers and entered the water at Eagle's Nest Sink at 12:40AM. Barry was an experienced cave and deep diver, but Luke, while experienced at open water diving, had only minimal experience at cave and deep diving. Despite the fact that Luke had never been below 200ft, and both divers were tired from the long drive, a dive was planned to 270ft depth. When Barry and Luke failed to surface, the other divers called the sheriff's dept. on 6/2/72.

We found Luke's body at a depth of 260ft, some 500ft from the cave entrance, and Barry's inert form about 100ft closer at a depth of 240ft. Both divers were completely out of air and the silt on the floor around the bodies did not show any signs of stuggling.

Analysis:
From the lack of signs of a struggle it would appear that both divers lost consciousness before running out of air, probably due in part to the effects of breathing compressed air at great depth.

The "Depth Balckout":
A victim of depth blackout appears to be asleep with his eyes open, and does not move other than continuing to breathe. It is not known why the victim retains his mouthpiece, but it's a fact that the victims of depth blackout will go on breathing lying inert on the bottom, until they run out of air. Further, the shallowest depth at which depth blackout - the most likely cause of Barry and Luke's deaths - has been observed to occur is 150ft

SolosigiPADI DM, RAB/VDST/CMAS CCR Tec, Poseidon SE7EN CCR
25.04.2017 08:36

Selbstverständlich gebe ich dem TO und Fullcave zu 100% Recht!

Dazu vielleicht einige Erfahrungen aus meiner Praxis bzw. aus der Praxis meiner Umgebung:

1.) Ich war lange ein "erweiterter Sporttaucher" und habe auch keine "erweiterten" Tauchgänge mit Luft gescheut! Ich war einmal mit einer Bekannten auf ca. 40m im Achensee. Auf einmal (schlagartig!) kam ich mir vor als hätte ich ein paar Gläser zu viel getrunken. Ein paar meter höher und das Problem war weg. Meine Bekannte hat nichts gemerkt; offenischtlich war da beim mir so eine Art Gewöhnungs-/Wahrnehmungeffekt...

2.) Ich habe früher oft mit Luft Tauchgänge am Achensee zum Moped gemacht auf ca. 56m! Ich habe mir dann, wie ja eh alle wissen, einen SE7EN gekauft, habe den User und den TMX Kurs dafür gemacht, und tauche jetzt, zumindest in der wärmeren Jahreszeit, immer mit TMX12/60 im Kreisel. Es ist dann natürlich passiert, dass ich wieder mal OC mit Luft mit meinem Buddies getaucht bin und da ging es halt wieder mal zum Moped! Nicht dass ich eine Tiefenrausch gehabt hätte, aber mir ist einfach meine langsame Reaktion mit Air auf 56m aufgefallen!

3.) Ein Bekannter war OC an der Gallerie auf 100m, ich glaube mir D12 und 2 oder 3 Stages. Auf Tiefe hat er sich durch irgeneinen Grund einen CO2 Hype eingehandelt. Fazit des Kollegen: nie wieder OC auf 100m. scheint die These von Fullcave bezüglich Narkosepotential des CO2 voll zu bestätigen!

Beispiele die die These "Helium=Freund", "Luft=Feind" in der Tiefe durch "Learning by Doing" absolut bestättigen!

Gruss

Solosigi

arureusCMAS-TL**, Nitrox**
25.04.2017 09:01Geändert von arureus,
25.04.2017 09:08

Moin,

Taucherladens und Fullcaves Anmerkungen decken sich mit meinen Erfahrungen. Das die CO2-Anreicherung in der Tiefe einen Einfluss auf den Tiefenrausch hat wird schon seit langem Diskutiert. Es ist einfach so, dass die Luft einfach "dicker" wird und die in Alveolen und Bronchien normalerweise vorherrschende laminare Strömung zunehmend turbulent wird. Diese Turbulenzwirbel führen zu einer schlechteren Be- und Entlüftung der Lunge mit zunehmender Übersäuerung des Blutes. Wird so in der Literatur schon lange beschrieben (Ehm, Holzapfel).

Als "alter" Pressufttaucher habe ich circa 400-500 meiner TGs in Tiefen jenseits der 40m durchgeführt, circa 200 jenseits 50+. Die taktische Seite war dabei immer "vorher" durch zunehmende Tiefen eine Adaptation an den Tiefenrausch zu erzielen. Die tiefen Phasen der Tauchgänge habe ich immer durch Entspannungsübungen (Joga) und durch geringste Bewegung in Ab- und Auftauchphase so durchgeführt, das AMV und somit Luftverbrauch und CO2-Anfall sehr gering waren. In der Abtauchphase bewußtes tiefes Aus- und somit Abatmen von CO2. Das hierzu in dieser nur kurzen Form.

Ich forciere das Tieftauche nun seit einiger Zeit nicht mehr. In tief in die Insel ragenden Höhlen auf Paxos/GR habe ich folgende Erfahrung gemacht:

In der "Weltraumhöhle" bin ich früher immer tief getaucht, so um 50m. Ich war immer der Meinung, das die Höhle im dunklen Teil nach circa 50m Strecke nach rechts wegbiegt und verwinkelt. Vor circa 10 Jahren habe ich damit begonnen, diese Höhle "flach" zu tauchen - also um 20-30m Tiefe. Erstens Erinnere ich den Tauchgang hinterher besser und zweitens habe ich festgestellt, dass die Höhle hinten drin nach LIKS winkelt! Gleiches habe ich auch bei der "U-Boot-Höhle" und anderen Höhlen festgestellt, die Erinnerung nach einem tiefen TG mit Luft ist schlecht und schwammig.

Freunde haben mir schon wiederholt dazu geraten, einmal in 60m von Luft auf Trimix zu wechseln (sollte sich die Gelegenheit mal ergeben). Sie berichten, das sei so als ob "ein Vorhang vor dem Gesicht weggezogen wird". Das Röhrensehen geht weg, Du kannst wieder klar denken etc.

Ich denke immer öfter darüber nach, zumindest normoxic TMX zu probieren. Bisher scheue ich jedoch den Aufwand und das man dann auf Gedeih und Verderb an die wenigen TMX-Basen pilgern muss. Ansonsten ist die Gaslogistic an meinen bevorzugten Destinationen nicht gegeben.

Was ich jedem empfehlen kann: Führt mal eine Druckkammerfahrt auf 50m durch! Danach wißt ihr was N2-Narkosis ist! Ohne die Umweltreize beim Tauchen (Kälte, Ausrüstung, psychische Anspannung) wird die narkotische Wirkung viel besser bemerkt. In der Druckkammer lachst Du Dich bereits ab 40m wegen jedem schlappen Witz halb kaputt.

Ansonsten bleibe ich/bleiben wir mittlerweile deutlich innerhalb der ppO2 von 1,6

Grüße arureus

25.04.2017 09:16Geändert von kwolf1406,
25.04.2017 09:18

"Helium dein Freund" - Fullcave, meinst du wirklich eine Wechelwirkung des Heliums mit CO2, oder liegt der Effekt der Narkosereduktion daran, dass weninger N2-Narkose und bei hyoxischen Gemischen (für 60m wird ja nur 18%O2 im TMX empfohlen) auch weniger O2 (-Narkose) vorhanden ist. 

SolosigiPADI DM, RAB/VDST/CMAS CCR Tec, Poseidon SE7EN CCR
25.04.2017 09:29

@kwolf1406

das wird wohl an allen Faktoren liegen!

Die Narkosewirkung von CO2 liegt IMHO deutlich tiefer als die Narkosewirkung von He. Dass da auch die 3%ige Reduktion des O2 eine Rolle spiel, wenn auch einen geringe, sollte auch klar sein. Und dass die Reduktion des N2 wahrscheinlich den Löwenanteil ausmacht, eh logisch!

Die Summe macht es aus... auch wenn gedanklich die Meisten da nur an die Reduktion von N2 denken!

Gruss

Solosigi

25.04.2017 10:38Geändert von Fullcave,
25.04.2017 10:38

@Klaus, ich sehe es so wie solosigi. Es wird wohl an allen Faktoren liegen. Deshalb bin ich bei anspruchsvollen Tauchgängen von den zB bei IANTD vielfach praktizierten "best mix" Geschichten komplett weg und habe zu den sog. Standardgasen gewechselt. Eben weil diese Gase neben anderen Vorteilen imho auch eine "bessere balance" zwischen ppO2, Narkose, isobarer Gegendiffusion und Dichte des Atemgases bieten.

Es ist einfach so, dass die Luft einfach "dicker" wird und die in Alveolen und Bronchien normalerweise vorherrschende laminare Strömung zunehmend turbulent wird. Diese Turbulenzwirbel führen zu einer schlechteren Be- und Entlüftung der Lunge mit zunehmender Übersäuerung des Blutes. Wird so in der Literatur schon lange beschrieben (Ehm, Holzapfel).

Ich möchte zu diesem imho guten Beitrag einen weiteren Aspekt in Bezug auf CO2 hinzufügen: Den Atemwiderstand der benutzen Regler (nein, ich habe bewusst keine Marken, spezielle Regler genannt, damit es NICHT entgleist) 

Edit: Formatierung geändert

25.04.2017 10:46
Es ist mir ein großes Vergnügen, euch allen bei Eurer kultivierten Fachsimpelei als hochinteressierter Zaungast zu folgen. Ich bin schwer beeindruckt. Chapeau!
SolosigiPADI DM, RAB/VDST/CMAS CCR Tec, Poseidon SE7EN CCR
25.04.2017 10:56

@Fullcave

dass die "laminare Strömung" in den Luftwegen (Luftröhre, Bronchien, ...) eine einen Unterschied zwischen Pure-EAN21 und TMX??? ausmachen ist mir klar!

Aber die Regler, 1. Stufge, MD Schlauch, 2. Stufe???

Da wäre jetzt wohl ein Techniker und kein Mediziner gefragt...

Gruss

Solosigi

25.04.2017 11:19

Naja, unterschiedliche Regler atmen sich nunmal unterschiedlich (schwer). Das ist ja auch persönliche Geschmackssache. Gibt zB einen Regler, den ich absolut grauslich finde, weil man da geradezu "ziehen" muss, um Gas zu bekommen. Andere finden es grauslich, wenn sie "aufgeblasen" werden. Kurzum: Der Atemregler beeinflusst auch die zu leistende Atemarbeit und damit imho auch die CO2 Produktion bei tiefen Lufttauchgängen.

25.04.2017 12:55Geändert von kwolf1406,
25.04.2017 13:06

Eine komprimierete, aber gute Zusammenfassung der CO2 Tox habe ich in diesem Online-Lehrbuch gefunden. Einfach das entsprechende Kapitel anklicken: http://www.divingmedicine.info

Um das ganze mal in den Gesamtzusammenhang der Todesfälle zu stellen, möchte ich auch auf das Kap. 34 verweisen.

nandersenIANTD CCR
25.04.2017 16:31

Zugegebenermassen musste ich eine Weile über die obigen Beiträge grübeln. Als Nicht-Biologe nehme ich mal die folgenden Annahmen an um mich gedanklich zu sortieren:

- Die Narkosewirkung von N2 ist bei gleichem PN2 konstant (unabhängig von zusätzlicher Narkosewirkung anderer Gase)

- Die CO2 Narkosewirkung steigt wenn der PO2 steigt (Haldane-Effekt) noch vor der Hypercapnie

- Die Narkosewirkung von He ist wesentlich geringer als die von N2 und CO2 (Solosigi)

- Die CNS Toxizität des O2 ist unabhängig von der Narkosewirkung anderer Gase

Jetzt frage ich mich weiter, in wie weit He und O2 im Gemisch sich (speziell auf die CO2tox) auswirken.

Was O2 bei gleichbleibender Metabolisierung und steigender Tiefe angeht vermute ich, daß CNS Toxität des O2 vor der durch den Haldane Effekt begünstigten Hypercapnie eintritt wenn das Gemisch ausreichend lean ist.. (Um auf fullcaves Beispiel anhand von David Shaw zurück zu kommen)

Somit könnte ich weiter annehmen, daß bei durch Umgebungsdruck beeinflusstem PCO2 (kwolf sagt 0.07 bar, aber teilweise gebunden an Erys) irgendwann eine Sättigung des beschriebenen Bindungskomplexes an die Erythrozyten erreicht ist.

Q: Was passiert bei Erreichen solcher Sättigung?

Q: Wie wird die Ausgasung des angesammelten CO2 durch das verwendete Gemisch beeinflusst? Haben hier hypoxische Gemische Vorteile gegenüber dem Hyperoxischen? (Bzw. anders herum, hat der PO2 hier Einfluß? Oder bedingt He eine Änderung?)

Ich glaube mal in einer Debatte gelesen zu haben (es gibt um Unterschiede FMCL/BMCL am Kreisel) daß Hypercapnie und Heliumdeko durch den Gegendruck in der Lunge Veränderungen erfahren (Gegendruck positiv oder negativ).

Btw. danke für den Leselink ;)

Interessantes Thema, das kann einen schon fesseln....

25.04.2017 17:32

Zur Wirkung von CO2 verlinke ich mal noch 1 Artikel

Carbon dioxide and the cerebral circulation

@nandersen:

Wie wird die Ausgasung des angesammelten CO2 durch das verwendete Gemisch beeinflusst? Haben hier hypoxische Gemische Vorteile gegenüber dem Hyperoxischen? (Bzw. anders herum, hat der PO2 hier Einfluß? Oder bedingt He eine Änderung?)

Ob es direkt auf die Ausgasung des CO2 Einfluss hat, weiß ich nicht. Aber:

Da in den Atemgasen ja nur ein ganz geringer CO2 Anteil ist (je weniger mit Pressluft aufgetoppt wurde, desto weniger CO2), ist das Druckgefälle zum CO2 im Blut letztlich zunächst mal maximal. Es würde sich imho ja sogar noch dadurch verstärken, wenn durch Anstrengung und Stress die CO2 Produktion "hochfährt", was das Abgasen sogar noch beschleunigen dürfte. Frage ist eben, was ist, wenn die Abatmung des CO2 nicht mehr richtig funktioniert und ich dann anfange vermehrt nicht abgeatmetes CO2 wieder mit einzuatmen.

Wenn man mal weiter annimmt, dass die Gasdichte mit das Hauptproblem bei tiefen Tauchgängen ist (je schwerer/"dicker" das Gas, desto schwerer der Gasaustausch und desto schwieriger ist das Abatmen von CO2) müsste man mE auch über den Sauerstoffgehalt des Gemisches sprechen. Sauerstoff ist sogar etwas dichter als  Stickstoff, so dass gerade bei "best mix" Gasen neben der ZNS Uhr bzw. dem ppO2 auch die Gasdichte des Gemisches erhöht wird. D.h. imho hat der Sauerstoffanteil gewissen Einfluss auf die Ausgasung und das Abatmen und Helium auch. Also im Sinne von Helium positiv, o2 eher negativ.

Ist klar geworden, was ich sagen will?

nandersenIANTD CCR
25.04.2017 19:51

Juppi, diesen Gedanken zum Gasgefälle hatte ich auch schon. Stimme ich voll mit Dir überein.

Q: Je hypoxischer das Trimix (bzw. je höher der He zu O2 Anteil) desto besser die CO2 Ausgasung

A: Wird relativiert. Zwar schreibt der Artikel es gäbe einen gewissen Kausalzusammenhang zwischen der durch Hypercapnie verursachen Symptome und der daraus resultierenden verringerten Metabolisationsrate, es wird jedoch direkt Bezug genommen auf einen anästisierten Patienten.

(...)Further, because hyperbaric oxygen can increase the frequency of the EEG, and cause seizures, it is not clear if reversal of hyperventilation-induced EEG changes-represent a specific or nonspecific effect.(...) Besonders interessant ist hier jedoch der Umstand, daß über die Kausalzusammenhänge von hohem PCO2 und PO2 referiert wird und die Annahme daß EEG Funktionen (ich interpretiere mal den Bewußtseinszustand hier hinein) von beiden Parametern gesondert verschiedene Parameter beeinflussen.

-- Somit läßt sich die Eingangsfrage möglicherweise beantworten mit: Helium ist Dein Freund, zumindest was die Hypercapnie angeht. Ob jedoch Sauerstoff Dein Feind ist bleibt offen, zumindest wenn der Taucher bei Bewußtsein ist.

uuuund.... Wieder was gelernt ;)

TondobarPassivtaucher
25.04.2017 19:58Geändert von Tondobar,
25.04.2017 20:01

Denke, der menschliche Organismus ist zu komplex, um ihn mit einfachen Prinzipien erklären zu wollen.Beispielsweise kann man Blutgefäße und Atemwege nicht zu Kunststoffschläuchen vereinfachen, weil Gefäße sich weiten und verengen können - während eines Tauchgangs. Die ganzen Überlegungen zu laminarer und turbulenter Strömung sind daher mit außerster Vorsicht zu genießen. Da wirken auch zu viele Faktoren gleichzeitig und teilweise entgegengesetzt, dass man nicht aus der Theorie ableiten kann, welche Faktoren sich letztendlich unterm Strich durchsetzen.

Wenn es nur an der Gasdichte hinge, dann solte die Atemarbeit bei Heliox (Molmasse = 11 g/mol) nur ein Drittel von der bei Luft (Molmasse = 29 g/mol) betragen. Gemessen wurde aber das Doppelte, nämlich Zweidrittel von Luft. (Man muss den Text aufmerksam lesen, die Zunahme wurde um 34% vermindert. Wenn bei Luft die Zunahme durch die Tubusatmung 100 Einheiten beträgt, dann sind es bei Heliox nur 66 Einheiten.)

Bei Tx45/18 ist der Effekt der Gaszusammensetzug noch geringer (Molmasse 18). Der Umgebungsdruck wirkt ja auch auf die Dichte: Hochgerechnet ist die Atemgasdichte von Luft bei der Sporttauchergrenze von 40 Meter gleich der Trimix-Dichte bei 70 Meter. Das würde wohl kein Trimix-Taucher als neue Tiefengrenze akzeptieren wollen. Dichte erklärt nicht alles.

25.04.2017 20:35

Beispielsweise kann man Blutgefäße und Atemwege nicht zu Kunststoffschläuchen vereinfachen, weil Gefäße sich weiten und verengen können - während eines Tauchgangs. Die ganzen Überlegungen zu laminarer und turbulenter Strömung sind daher mit außerster Vorsicht zu genießen. Da wirken auch zu viele Faktoren gleichzeitig und teilweise entgegengesetzt, dass man nicht aus der Theorie ableiten kann, welche Faktoren sich letztendlich unterm Strich durchsetzen.

Naja, ich denke aber man kann mal folgendes ganz sicher sagen:

Die Fähigkeit, Gase abzuatmen nimmt unter hyperbaren Bedingungen ab. Steigt die Dichte (und damit das Gewicht des Gases) ist mehr Anstrengung erforderlich. um das Gas aus der Lunge abzuatmen. Je mehr ein Gas wiegt, desto schwerer ist das Ganze.

Gasgewichte:

Sauerstoff: 1.2572 gramm/liter

Helium: 0,1573 gramm/liter

Stickstoff 1,1009 gramm/liter

Das Volumen, welches ich mit maximaler Kraft ausatmen kann, dürfte auf eine feste Größe begrenzt sein. Ich meine, dass ich dann weniger Gas bei gleicher Kraft und gleichem Volumen abatmen kann, je schwerer das Gas ist. oder ist das ein Denkfehler?

Gasdichte Gasgemische:

Luft an der Oberfläche: 1.138 gramm/liter

Luft in 30m Tiefe: 4x 1.138=4.552 gramm/liter

EAN 32 in 30m Tiefe: 4.605

16/55 in 60m Tiefe: 4.310

10/70 in 100m Tiefe: 4.560

dementsprechend Luft auf 60m: 7x1.138=7.966 gramm/ liter

Hochgerechnet ist die Atemgasdichte von Luft bei der Sporttauchergrenze von 40 Meter gleich der Trimix-Dichte bei 70 Meter. 

Da gibt es aber andere Werte.

(Alle Werte aus meinen GUE Tec1 und 2 Unterlagen)

Sicher ist "Dichte" nicht alles. In Bezug auf CO2 scheint das aber einer DER Faktoren zu sein.

neoonfischvoll krass zertifiziert
25.04.2017 20:50

Mir ist noch nicht klar geworden, warum beim Mischgastauchen das Abatmen des CO2 erleichtert werden soll. Die dynamische Viskosität von Stickstoff und Helium bei 10Bar Druck und 36°C  sind fast identisch (N2 18,455, He 20,374 µPa s) , Helium ist sogar etwas viskoser.

 

25.04.2017 20:59

Bevor CO2 abgeatmet werden kann, muss es erstmal produziert werden. Und was hat das ganze denn mit Viskosität zu tun? Willst Du behaupten, dass sich Trimix auf 60m schwerer atmet als Luft? 

25.04.2017 21:46Geändert von U_34456,
25.04.2017 22:09

Habe mal in der Tabelle geschaut, dort wird Luft mit 1,3 g/l angegeben:

das Gewicht an der Oberfläche mit 7,8g  Lungenvolumen, auf 70m 62,4g. 8 fache Gasdichte...

vor der Erschöpfung der Atemhilfsmuskulatur wird hier deutlich gewarnt, gerade wenn noch "Arbeit" sich aufschultert....

...und man findet Verweise bei erhöhtem CO2, die Neigung zu Krampfanfälle..!!

Hier könnte sich der Kreis nochmal in Richtung O2 Krampf schließen, obwohl ppO2 tiefer als 1,6....sprich mit Luft tief getaucht, dann zuviel CO2 produziert--verminderte Abatmung? 

25.04.2017 21:54

Selbsterfahrung: machte ich am selbigen Tauchplatz, Hemmoor 57m. 

Da ich dort mit Trimix war, mehrfach, haben wir uns den klassischen Lufttauchgang mal gegönnt....ohne Decogase, so wie es "raw" mal zu machen war....

Völlig andere Geschichte, vom Bewußtsein her, Atemarbeit ( damals mit Abyss getaucht = nix verstellen ) und auch erst recht danach...fühlte ich/wir uns irgendwie platt und müde...

Habe bewußt versucht unten "voll" Kompassnavigation zu machen/rechnen...ich weiß nur noch, dass ich es nicht lösen konnte, komplexe Aufgaben zu lösen..muss qual sein

Selbe Geschichte letztes Jahr Attersee, nur etwas 40+ mit Luft ( ohne Decogase )...macht kein Spaß

neoonfischvoll krass zertifiziert
25.04.2017 21:57

Trimix läßt sich leichter atmen, da seine Dichte geringer ist. Aber der Effekt ist nicht so groß wie das Dichteverhälnis glauben macht, da die Viskosität von Helium größer ist.

25.04.2017 22:10Geändert von gr3yw0lf,
25.04.2017 22:12
ließt sich alles ganz spannend bis jetzt - mir drängt sich nur grade eine frage zum CO2-austausch ins hirn:
unser organismus ist grunz-sätzlich darauf ausgelegt, CO2 abzuatmen - so weit, so gut (an der oberfläche ca 4% der ausatemluft). liegt das problem, auf tiefe zuwenig CO2 abzuatmen, u.u. daran, daß der organismus einfach nicht mehr schafft bzw. diesen wert nur geringfügig steigern KANN?
25.04.2017 22:17

Viskosität in einer Richtung vs. Pendel ( Lunge/Besatz durch Dichte )...Temp-Expansion?

wwjkTaucher
25.04.2017 22:20

Die Gasdichte spielt eine entscheidende Rolle. Wo man jetzt die Grenze exakt ansetzt, sei dahingestellt, aber eine zu hohe Gasdichte führt sehr schnell zu CO2-Retention. Ein hohes CO2 senkt dazu die Krampfschwelle fürs O2 massiv, wer Pech und viel CO2 hat, krampft bei einem pO2 von 1,8 z.B.

Zum Thema Gasdichte etc.: Respiratory Physiology of Rebreather Diving    Gavin Anthony, Simon J. Mitchell

Also Gasdichte runter. Ist ja überhaupt kein Thema mehr, seit klar ist, dass ein hoher Heliumanteil die Deko NICHT verlängert. Bis das allerdings in die jetzigen Computermodelle einfliesst dauerts noch.

DECOMPRESSION FROM He-N2-O2 (TRIMIX) BOUNCE DIVES IS NOT MORE EFFICIENT THAN FROM He-O2 (HELIOX) BOUNCE DIVES - DAVID J. DOOLETTE, KEITH A. GAULT, WAYNE A. GERTH   NEDU-Studie von 2015, Ende 2016 freigegeben

Ok, was haben wir? Klare Daten, saubere Strudien. Sprich: Je geringer die Gasdichte, desto besser. Mitchell spricht von 6g/l als Obergrenze, wären etwa 42m bei Luft.

Bei 60m sind wir schon bei 8g/l, entschieden zuviel. Kommt Arbeit dazu, gehts CO2 schnell hoch, dazu der pO2-muss nicht sein. Also Helium rein.

Die NEDU-Studie nimmt jetzt nur noch Heliox. Ich hätte auch keine Lust, für einen 60er TG jetzt 80Teuronen und mehr hinzulegen nur fürs Gas. Mach ich ja auch nicht, ich nehm meinen Rebbie, da spielts dann keine wesentliche Rolle mehr. Und ja, die o.g. Daten stammen zum grossen Teil aus dem Rebreathertauchen, das heisst aber nicht, dass das offen nicht gilt.

Offen verzeiht sicher etwas höhere Gasdichte da der Atemwiderstand und damit die Atemarbeit geringer ist. Eine höhere Narkosewirkung dämpft aber leider die Atmung wieder...

Mein Fazit aus all den Studien der letzten Jahre fürs Rebreathertauchen: Standardgase ändern, bei mir für einen 60er statt 15/55 ein 15/70, für 100er 8/90. Ab 150m muss wahrscheinlich wieder etwas N2 mit rein wg. HPHNS, aber das geht hier zu weit. Dekozeiten bleiben aber wie gehabt, heisst das 15/70 wird gerechnet wie ein 15/55 und das 8/90 wie ein 10/70. Klappt .

Zusätzlich kann man ja Atemarbeitsfähigkeiten trainieren, sprich die Atemmuskulatur. Geht gut, man nehme dazu sogenannte Höhentrainingsmasken. Die machen zwar kein Höhentraining, aber sie trainieren sehr effektiv Atemmuskulatur, kann mal hilfreich sein.

65m mit Luft hab ich auch hinter mir-bin mit meinem heutigen Wissen froh, das alles gut gegangen ist...

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