Tauchmedizin Foren

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Thema PFO

Geändert von AußerRanduBand,

Hallo zusammen habt ihr euch schon mal darüber Gedanken gemacht ein PFO Screening zu machen?

Nachdem in letzter Zeit das Thema PFO ins Rampenlicht kommt.

Lg

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Jürgen@blubblubi.a.c. Master Diver
15.11.2025 17:42
Wecke keine schlafenden Hunde. 😉
blackraiderOC TX Plus / CCR Helitrox
15.11.2025 17:51Geändert von blackraider,
15.11.2025 17:54
Nein, selbst für technische Tauchgänge / Kurse sagt Dir in der Regel jeder, dass es keinen Test braucht, wenn man noch kein Thema mit Dekounfall hatte.
Eine Abfrage ob man irgendwelche Beschwerden hatte in Verbindung mit Tauchen wird aber schon gemacht.
Vermutlich dann auch mit medizinischer Abklärung wenn man eben Probleme nennt.

Ich behaupte einfach mal, das ein überwiegender Teil der Taucher mit PFO sein Leben lang ohne Probleme taucht. Ein PFO hat nämlich 1/4 der Menschheit.
15.11.2025 18:00Geändert von AußerRanduBand,
15.11.2025 18:01
@blackraider obwohl von einem PFO keine kleine Gefahr ausgeht, welche zur Behinderung geschweige tote führen kann bei Dekotauchgängen und ebenso Flachwassertauchgängen?
blackraiderOC TX Plus / CCR Helitrox
15.11.2025 18:06Geändert von blackraider,
15.11.2025 18:09
Da sich in den Tauchbasen dieser Welt die Leichen noch nicht türmen scheint das Problem eher ein theoretisches zu sein nicht?

In der Regel wird ein Test gemacht nachdem man auffällig geworden ist in Form eines Dekoschadens...
Und bevor man seine ersten Dekotauchgänge mit ner Stunde Deko auf der Uhr macht hat man ja schon ne gute Stange Tauchgänge ohne Vorfälle hinter sich gebracht.

Edit:
Siehst doch mal anders, Du tauchst seit 10 Jahren, hast 1000 TG problemlos absolviert und nun machst Du so nen Tests.
--> Positiv!
Nun? Herz OP nur wegen eines Befundes ohne je ein Problem gehabt zu haben?
SpaetberufenerMaster Scuba Diver
15.11.2025 22:29Geändert von Spaetberufener,
15.11.2025 22:29
Sehr richtig.

Warum macht man überhaupt (nicht nur wegen PFO) eine Vorsorgeuntersuchung? Um ein Risiko, das mit einer genügend hohen Wahrscheinlichkeit auftritt, zu vermeiden. Und die Betonung liegt auf "genügend"! Beim PFO ist ein Risiko vorhanden, aber es ist sehr abhängig von der Ausprägung des PFO und den Lebensumständen. Hat sich das Risiko bei den bisherigen Lebensumständen noch nicht verwirklicht gibt es ein gewichtiges Argument gegen eine Intervention, und außerdem ein gewichtiges empirisches Argument gegen ein PFO. Hier liegt der Unterschied beispielsweise zum Krebsscreening: weder schließt die Tatsache, dass man BISHER keinen Krebs spürt, aus, dass man einen hat, noch ist das Risiko so niedrig, dass man keinen neu kriegt, noch ist das Risiko einer Intervention höher als einfach gar nichts zu tun.

Jeden Taucher pauschal auf ein vorhandenes PFO zu screenen, BEVOR er Symptome verspürt, ist erstens nicht effektiv und zweitens nicht effizient.
Punkfish Divingbunte Kärtchen, einfarbige Kärtchen, egal - Hauptsache Tauchen :-)
16.11.2025 14:18

Ja, die Gedanken darüber haben sich schon einige Leute gemacht, die im Gegensatz zum TO etwas davon verstehen. Und dabei zeigt sich in der Tauchmedizin ein ganz klarer Konsens: Ein Screening ist NICHT zu empfehlen.

Warum? Etwa ein Viertel der Bevölkerung, also auch der Taucher, hat ein PFO, un taucht damit völlig beschwerdefrei. Man wüerde also etwa ein Viertel aller Taucher verunsichern, sie würden über einen operativen Eingriff nachdenken, einige würden ihn machen - und all das, ohne dass der Zusammenhang wirklich 1:1 klar wäre. Die Risiken, die hier für das Screening und folgende OPs in Kauf genommen werden müssten, wären ungleich höher als die Risiken durch DCS.

Empfohlen wird eine Untersuchung dann, wenn es bei unauffälligen Tauchprofilen trotzdem zu der Art von Symptomen kommt, bei denen Personen mit PFO anscheinend anfälliger sind. Dann, und nur dann lohnt es sich darüber nachzudenken, wie man damit umgeht.

Und nur weil mal wieder ein neuer Forentroll in schlechtem Deutsch irgendwelche Panik-Schlagworte in den Raum wirft, muss niemand einen Expertenkonsens in Frage stellen.

SpaetberufenerMaster Scuba Diver
16.11.2025 14:38
Vielleicht hat er ja eine Herzneurose. Könnte häufiger sein als DCS bei PFO, insbesondere bei Tauchen ohne Dekopflicht .
stb216RDiver PADI
17.11.2025 09:38
Was beim Thema PFO dazu kommt, ist, dass (soweit ich weiß) die verlässliche Diagnose nur über ein "Schluck-Echo" machbar ist. Das geht imho über eine normale Untersuchung einfach hinaus, wenn man keine Symptome/Beschwerden hat. Das ist nix, was man mal "einfach so" macht...


17.11.2025 17:19
Kann man so ein PFO eventuell auch im Ultraschall sehen ?
In so einen neuartigen Farbultraschall sieht man doch auch ob die Herzklappe leicht undicht ist.
WatsonUWMasterdiver
17.11.2025 22:57
Bei den meisten PFOs ist kein relevanter Blutfluss zu erwarten, das ist dann auch nicht sichtbar mit Farbdoppler.
17.11.2025 23:34
Punkfish hat das für mich relevantes Argument gebracht: 25% der der Untersuchten hätten nun eine für sie alarmierende Diagnose, die manchen zu einer Intervention brächte. Viele weitere wären verunsichert. In Summe würden die Risiken der Interventionen den Nutzen überwiegen.
Ohne begründeten Verdacht einer schlechten Prognose, z.B. wegen früherer Zwischenfälle, sollte man also keinen Verschluss machen, so der Konsens unter den Tauchmedizinern. Dann macht man auch kein Screening dazu.
stb216RDiver PADI
18.11.2025 09:02
nochmals my two bits: ich unterstelle dem TO nicht, hier irgendwie auf extreme Klickhascherei auszusein, dazu ist mir das Anfangsposting zu "unspektakulär".

Tatsache ist - und erkenne ich auch - Insta ist "voll" von irgendwelchen Reels, wo eine SchickiMicki-taucherin aus der Deko-Kammer postet "jetzt hat es mich auch erwischt - es ist unglaublich, wieviele ihr Risiko nicht kennen" -Blabla.

Wenn man dann das Reel dann durchhältt, dann ist sie halt eine, die 3 Wochen in irgendwo ist, 3-4 TGs täglich gemacht hat und irgendwann mit Hautkribblen rauskommt obwohl alle TGs in geringer tiefe, keine Deko und alles brav nach Computer getaucht wurden

@ home wird weiter analysiert und e voila - PFO gefunden. das ganze über 25 stories verteilt, wo sich viele Herzerln und smilys sammeln lassen...

Fakt ist, mit den heutigen Diagnose-Tools findest Du immer irgendwas (überhaupt im fortgeschrittenen Alter). Die Frage, die man sich vor solchen Untersuchungen stellen muss heutzutage - "was kann ich finden und was wären die Konsequenzen von dem Finden"? Bspweise macht eine Koloskopie bei einem 90jährigen Patienten nur bedingt sinn, wenn keine aktuten Symptome vorliegen. Was täte ich mit einer Diagnose "Darmkrebs"? Agressive Chemo? 1/2 Darm wegschnippeln?

Ähnlich sehe ich es bei dem Thema PFO.

Außerdem: Besagte Insta-Stories erzählen halt oft nur die halbe Wahrheit... Dehydration, Übermüdung, Alkohol, Erschöpfung (StrömungsTG) u.ä. - dazu natürlich keine Info...

LG
StB


Dominik_Emind is like parachute
18.11.2025 10:04Geändert von Dominik_E,
18.11.2025 10:44

Guten Tag zusammen,

es wurde ja schon viel gesagt. Dass das Thema für viele mit starken Eindrücken besetzt zu sein scheint ist so. Aber man kann sich wie so oft schon ein wenig am Stand der Forschung orientieren: es gibt ein Positionspapier (recht aktuelles Update) das von einigen sehr erfahrenen Tauchmedizinern mit verfasst wurde:

https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC12043516/pdf/DHM-55-51.pdf


Für die Diskussion hier relevant ist gleich Statement 1, S. 52:

"Routine screening for a right-to-left shunt (PFO, atrial septal defect [ASD] and pulmonary shunts) at the time of dive medical fitness assessment (either initial or periodic) is not indicated."

Fairer Weise, der Grad der Evidenz hierbei ist "nur", dass es eben ein Expertenkonsens ist. Empirische Studien, ob man denn nun fürs Tauchen Reihen-untersuchen sollte oder nicht gibt es meines Wissens nicht. Aber das sind Leute, die sich sehr lange und ausführlich mit der Frage befasst haben. Und, wichtiger: die Argumente die gegen ein "Screening" sprechen sind sehr gewichtig, sie wurden hier ja schon genannt. Man entliesse ca. 25% (20%...30%) aller Taucher mit einer "Diagnose" die Angst, Besorgnis, und den starken Wunsch "etwas zu tun" auslösen würde. Obwohl auch jetzt schon ca. 25% aller mit einem PFO tauchen, und die meisten davon ohne Probleme (sonst müssten ja 25% aller Taucher ein riesiges Risiko haben, was sich nicht mit den beobachteten insgesamt niedrigen Unfallzahlen vereinbaren lässt).

Anders kann das aussehen, wenn man z.B. relevante Formen der DCS hatte (nicht bei allen Arten ist ein PFO ein relevanter Faktor; wenn z.B. das Knie weh tut ist es nicht so sehr plausibel, dass ein Blasenübertritt damit zu tun haben sollte; bei ZNS Symptomen kann das natürlich anders aussehen), nach TGs die wirklich nicht provokativ gewesen sein sollten, und gerne dem auf den Grund gehen möchte. Und natürlich auch wenn sich solche Fälle scheinbar häufen und bisherige Versuche das Risiko zu reduzieren scheiterten. In solchen Fällen empfiehlt sich aber auch erst ein Gespräch mit einem bei dem Thema erfahrenen Arzt/Ärztin. Und ein ruhiges Nachdenken, was man denn mit dem Ergebnis einer solchen Untersuchung anfangen möchte.

PFOs sind verschieden (Größe, funktionale Offenheit, ...), und die Reaktion von Menschen auf arterialisierte Blasen kann verschieden sein. Vor allem aber wäre ja der Pfad über den ein PFO beim Tauchen Probleme macht der Übertritt von Blasen von der venösen auf die arterielle Seite. Wenn man es schaffen kann so zu tauchen, dass man wenig oder sogar keine venösen Blasen hat, dann können logischer Weise auch keine übertreten und ein etwaiges PFO ist keine Bedrohung. Andererseits macht die Abwesenheit eines PFOs aber auch nicht "resistent" gegen DCS. Menschen können noch an anderen Stellen Blasen ins arterielle System verfrachten, und auch auf der venösen Seite oder direkt im übersättigten Gewebe können Blasen auch ernste DCS (mit?-)auslösen. Ganz ohne PFO. Da man bei ca. 25% aller Menschen ein PFO finden kann wenn man denn sucht, ist auch der Fund eines PFOs nach einem einzelnen Deko-Unfall ganz für sich alleine noch kein wasserdichter Beweis, dass dieses PFO auch die Ursache war (auch wenn sich das dann bei fast allen so in die Gedanken setzt). Alleine schon daher gilt es mit Videos etc. bisschen vorsichtig zu sein. Auch wenn ich es grundsätzlich sehr gut finde, wenn Leute über ihre DCS berichten.

Manche PFOs machen Probleme. Die zu finden ist wichtig, und dann kann ein Verschluss auch mal die absolut richtige Entscheidung sein. Die Prozedur hat aber auch ein gewisses Restrisiko, und will daher abgewogen sein. Ein PFO zu haben erhöht das Risiko für manche Arten DCS, und zwar relativ gesehen deutlich. Aber in absoluten Zahlen bleiben die Unfallraten beim Tauchen insgesamt gering, obwohl viele von uns unwissentlich ein PFO haben und damit tauchen. Und es kommt vor allem auch auf die Größe des PFOs an, was das Risiko angeht. Mit PFO tauchen bedeutet also ganz offensichtlich nicht "mit einem Bein im Grab oder an der Gehhilfe". Wichtig ist es, PFOs nicht zu dämonisieren und ihnen nicht blanko die Schuld an allem zu geben. Sondern diejenigen PFOs zu finden die wirklich Probleme machen, und da dann zielgerichtet Hilfe anzubieten.

ag2908PADI Staff Instr.
20.11.2025 16:39
Ich musste nach einem schweren TU das Screening machen und liess mir dann ein Schirmchen setzen.
Ich kann nur jedem Taucher empfehlen, dies checken zu lassen und ggf. operieren zu lassen!!
Mich hat es fast das Leben gekostet, daß ich das Screenig erst machen liess nach dem DCI Unfall. Das TEE liess ich ohne Narkose machen, aber ich denke es ist mit Narkose angenehmer. Wenn ein Schirmchen eingesetzt werden muss geht das auch recht schnell. Ich blieb eine Nacht in der Klinik.
Ich spreche auch mit jedem meiner Tauchschüler über die Gefahr eines eventuellen PFO.
Diese Gefahr ist nicht zu ignorieren und sie kann das Leben kosten, wenn man nur hofft daß man kein PFO hat und einfach auf gut Glück unter Wasser geht!!!!


20.11.2025 17:09Geändert von uanliker,
20.11.2025 20:50

MOD: Verwarnung an Kevin wegen des Posts.


Danke an ag2908 für deinen persönlichen Bericht.
Es gibt andere Meinnungen in den genannten Studien, dies ist aber kein Grund jemanden persönlich anzugreifen.

20.11.2025 17:44
Mal noch ein Aspekt: Ein PFO zu haben ist nicht notwendiger Weise eine Indikation für eine OP. Und ohne Indikation keine Kostenübernahme durch die KV und EntgFG §3 zieht dann auch nicht.
20.11.2025 22:45

Nach einem Tauchunfall habe ich das machen lassen. Einerseits wollen die Ärzte in Ruhe arbeiten und eine Sedierung vornehmen, andererseits ist es ihnen lieber, wenn es ohne geht. Da bekommen sie ein Feedback und verletzen die Speiseröhre nicht. Ohne Sedierung ist das mehr als unangenehm.

Einfach so ohne triftigen Grund würde ich das nicht machen lassen.

Grüße Arthur

21.11.2025 07:53
@Urs, in dem Beitrag stand exakt NICHTS! was nicht den Tatsachen entsprach, auch meine Aussage zur Person nicht, auch wenn man es nicht gerne hören mag. Wichtiger aber ist, was auch J@TNet schreibt, ein PFO hat nicht notwendigerweise etwas mit einer DCS zu tun. Einen Monokausalen Zusammenhnag gibt es nicht und selbst der Nachweis, das in einem konkreten Fall das PFO DER! auslösende Faktor war ist im Grunde völlig unmöglich. Selbst in Fällen, in denen man mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, dass ein vorhandenes und festgestelltes PFO für verschiedene, wiederkehrende DCS Symptome verantwortlich ist, muss weder eine OP noch ein "ich höre auf zu tauchen" die ultima Ratio sein, selbst dann gibt es andere Lösungen. In so fern ist das was ag da schreibt eben genau nichts weiter, ein persönliches Erlebnis und aus diesem hat er seine ganz persönlichen Entschiedungen getroffen, Die damit ebefalls getroffene Aussage eine PFO sei eine lebensgefährliche Gefahr ist schlicht unsinn. Wenn dann noch jemand in der Funktion als TL seinen Schülern entsprechenden Unsinn mit auf den Weg gibt, wird es unverantwortlich. Nichts davon entspricht dem Stand der Wissenschaft aber Du zensierst den Beitrag der darauf hinweist, lässt hingegen totalen Blödsinn stehen, das muss man schon wollen.
stb216RDiver PADI
21.11.2025 08:57
Ich denke, das thema PFO reiht sich in eine Unmenge an medizinischen themen ein, die ohne anlass nicht untersucht werden, aber vorhanden und potentiell tödlich. das ist so, da kann man nix machen ...

Stichwort Aortenaneurysma, Tumore, und wasweißichnochwasichgarnichtwissenwill...

21.11.2025 09:42
Aortenscreening für Männer ab 65 von den Kassen bezahlt, bei Frauen mit Risikofaktoren auch.
stb216RDiver PADI
21.11.2025 10:23
stimmt, aber das hat dem Sohn vom HansPeter Haselsteiner mit 44 auch nichts genutzt...

Ich wollte nur exemplarisch etwas aufführen -sowas passiert halt, auch wenn man sich an alle (empfohlenen) Vorsorgerichtlinien hält wobei ich aber deren Sinnhaftigkeit überhaupt nicht in Frage stelle...

21.11.2025 11:08Geändert von kwolf1406,
21.11.2025 11:13
Wieder selbst gelöscht. Tut nichts zur Sache
Dominik_Emind is like parachute
21.11.2025 11:38Geändert von Dominik_E,
21.11.2025 20:12
An der Stelle möchte ich aber ein paar Dinge einwenden:

- Klaus hat es schon gesagt, mit allen diesen Fragen haben sich ja schon Menschen befasst, Daten und Fakten zusammengetragen, und begründete Standpunkte herausgearbeitet. Natürlich ist das nie perfekt, und natürlich darf man abweichende Meinungen haben. Aber man tut gut daran, sich zumindest erstmal einzuarbeiten und die Begründungen nachzuvollziehen. Es ist einfach sehr wahrscheinlich, dass die Expertenmeinungen besser fundiert sind als das was einem Bauchgefühl oder Einzelfall nahelegen. Weil üblicher Weise sehr viel gründliche Arbeit da hinein geflossen ist. Für die Frage PFO Screening beim Tauchen habe ich ja oben eine solche Empfehlung (aus Smart et al. 2025) zitiert. Daran muss man sich nicht halten, aber in Erwägung ziehen ist eine echt gute Idee. Die Empfehlungen für manche Tumore und manche Lokalisationen von Aneurysmen sind anders, weil die Ausgangspunkte andere sind.

- Die Bildung einer solchen Expertenmeinung hat ja nicht nur einfach mit Häufigkeit der Erkrankung (bzw. beim PFO eigentlich eher der Variante, für viele Menschen ist das keine Erkrankung) zu tun, sondern auch mit der Frage wie groß eigentlich das Risiko ist, und was die Handlungsoptionen sind. Insbesondere auch ob es extrem hilfreich ist, einen sich immer weiter verschlimmernden Prozess früh zu erkennen, bevor irreversibler Schaden angerichtet ist. Tumore, und oft auch Aneurysmen, können wachsen bis zu einem Punkt wo dann beim Tumor z.B. Fernmetastasen oder beim Aneurysma eine Ruptur da ist. Dann ist die Prognose oft sehr schlecht, daher möchte man diese Prozesse sehr gerne schon lange vorher, wo sie noch gut behandelbar sind, entdecken.

- Beim PFO ist das fundamental anders. Ja, auch da besteht im Prinzip immer ein Risiko, wenn man lange Zeiträume betrachtet, dass ein irreversibles Ereignis passieren kann (sehr schwerer Tauchunfall, und auch manche Fälle von kryptogenen Schlaganfällen auf dem trockenen Land sind womöglich solche Szenarien). Aber, anders als bei einem Tumor im Darm (wo eine Reihenuntersuchung in einem gewissen Altersband tatsächlich empfohlen wird), werden die meisten Träger eines PFO mit dem PFO glücklich und ohne Probleme leben. Das ist ein fundamentaler Unterschied zum Tumor. Und auch zu vielen Fällen von Aneurysmen.

- Sowohl beim Tumor als auch bei einem rupturgefährdeten Aneurysma ist daher klar, was man mit dem Ergebnis eines Screenings machen wird: wenn gefunden, dann sofort behandeln. Beim PFO ist das sehr anders. Auch der Verschluss eines PFO hat ein gewisses Risiko dass dabei erhebliche Komplikationen eintreten (z.B. Verfrachtung des "Schirmchens", was dann manchmal eine offene Herz-OP benötigt). Eine Betrachtung von Risiken sollte nicht nur das Risiko einschliessen, unbemerkt mit einem Risikofaktor weiter zu tauchen, sondern auch das Risiko das durch den medizinischen Eingriff entsteht. Der Eingriff sollte nur gemacht werden, wenn sein Nutzen klar sein Risiko überwiegt. Das ist bei einem Darmtumor sehr sehr oft eindeutig, bei einem per Screening gefundenen PFO aber viel weniger. Dann entlässt man die untersuchten Menschen mit Ungewissheit wie es nun weiter gehen soll, und oft auch mit dem Wunsch eines eigentlich nicht wirklich zu rechtfertigenden medizinischen Eingriffs. Das ist genau die Stelle an der ich mir wünschen würde, dass die Videos und Postings die einen PFO Test empfehlen nochmal gründlich überdacht werden. Denn wenn man nun zig tausende PFOs verschliessen würde, einige dieser Patienten würden lebensverändernde Schäden erleiden. Dieser Effekt ist leicht zu verdrängen, aber er ist da, und sollte mit dem Gewissen vereinbar sein bevor man etwas bewirbt, erst recht wenn das gegen die Empfehlungen der medizinischen Community geht. Vielleicht ein gangbarer Vergleich ist eher, dass man auch nicht das komplette vaskuläre System eines Menschen abbildet, um kleinste Aneurysmen irgendwo zu finden...

- Es ist wirklich wichtig zu bedenken, dass die obigen Fragen ca. ein Viertel von uns allen betreffen. Das ist eine riesige Zahl Menschen. Auch kleine OP-Risiken würden sich bei unglücklichen Menschen manifestieren wenn man wirklich alle diese PFOs verschliessen wollte. Und einem Viertel aller Taucher vom Hobby abzuraten ist auch keine gute Option, denn ganz offensichtlich tauchen die meisten davon ja sehr lange schon ohne Probleme.

- Simon Mitchell, der Letztautor (sind ja Mediziner ;) ) auf Smart et al. 2025, hat mal sinngemäß geschrieben, dass die Mehrheit der fürs Tauchen relevanten PFOs nach wiederkehrender aber milder DCS gefunden (und dann verschlossen) werden. Auch das ist ein wesentlicher Unterschied z.B. zum Aneurysma, wo es zwar warning leaks geben kann, aber wo oft auch der erste Schlag der letzte ist.

- Letztlich ist das eigentlich auch keine Frage des Levels der Ausbildung die man anstrebt. Ja, man kann davon ausgehen bei technischen Tauchgängen werden größere Dekopflichten entstehen. Andererseits aber vermittelt eine technische Ausbildung auch Wissen und Können für die Verwendung von O2 in der Deko (und sogar an der Oberfläche), und letzteres, O2 direkt nach Erreichen der Oberfläche für ein paar Minuten, kann eine mächtige Waffe sein wenn man davon ausgeht, vielleicht ein PFO zu haben das Probleme machen könnte (dazu gibt es von Frank Hartig einen sehr empfehlenswerten Artikel in der Wetnotes 29; übrigens einer DER deutschsprachigen Experten zu dem Thema überhaupt, hat auch einen weiteren Artikel in der Wetnotes 57).

Selbstverständlich ist Wissen immer im Fluss. Da wir aber auch dieses Thema ein kleines Stück weit für "Dekotheorie" aufbereitet haben, kann ich sagen der Tenor der Expertenmeinungen hat sich in den letzten Jahren nicht fundamental geändert. Auch wenn der Eindruck in sozialen Medien ein anderer sein mag.
21.11.2025 12:17
Wie Dominik ja angemerkt hat werden die Leitlinien zum Screeing, speziell bei Tumoren, immer wieder kritisch hinterfragt und teilweise auch radikal ugebaut. Aktuell ist z.B. die Leitlinie Prostatakrebs komplett umgekremplet worden, weil das bisherige Screeing basierend auf der Digitalen Rektalen Tastuntersuchung nicht daß gebarcht hat, was man erhofft hat.
Jedes Screening muß klar definiert sein, was bei positiven Ergebnissen passiert, und das ist beim PFO einfach nicht gegeben.
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