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Tauchertod trotz Rettungsweste?

Hallo Unterwasserfans,

Meine Frage richtet sich an die Mediziner unter Euch.
Eine Taucherweste (auch bekannt als „Klodeckel“) verhindert, dass der Taucher an der Wasseroberfläche bei Bewusstlosigkeit ertrinkt. Eine Bewusstlosigkeit hat aber auch zur Folge, dass die Zunge erschlafft und die Atemwege verlegt. Man würde also ersticken, wenn man auf dem Rücken liegt.
Meine Frage: Kann ein Taucher, der bewusstlos mit aufgeblasener Taucher- oder Rettungsweste an der Wasseroberfläche treibt, ersticken weil seine erschlaffte Zunge ihm seine Atemwege blockiert?

Bitte nur ernstgemeinte Antworten! Ich bin gespannt auf Eure Beiträge zu diesem Thema...

Gruß Lars
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28.12.2005 23:24
jo, kann passieren. Aber die Zunge rutscht nicht gezwungenermassen in den Schlund, es kann nur passieren. Von daher ist die Chance, bei einer Ohnmacht mit Klodeckel zu ueberleben erheblich groesser, als zu ertrinken
28.12.2005 23:41
Tach,

wir haben bei uns (DLRG) immer noch den guten alten Klodeckel im Einsatz. Die Tauchlage ist zwar entsprechend beschissen im Vergleich zu einem Jacket, aber über Wasser sieht`s anders aus.

Ist der Klodeckel voll, dreht sich der Taucher von selbst auf den Rücken. Der Kopf fällt jedoch bedingt durch den Auftrieb am Oberkörper nach hinten und wird quasi überstreckt.

Jetzt stellt sich nur die Frage ob dieses "nach hinten fallen" ausreicht die Atemwege frei zu machen.

Nicht zuletzt ist das ja die Argumentation der bestehenden Regeln GUR R 2101, FWDV 8.


GRUß

Einsatztaucher

Ein hoch auf das erste zugelassene Rettungs- und Tariermittel:
Scubapro Master Jacket
29.12.2005 14:28
Nicht nur, aber auch aus diesem Grund habe ich mein bewährtes Scubapro Master Jacket noch immer im Einsatz. Auch wenn ich ab und an belächelt werde....

Die Wing Jackets sind in diesem Bereich absolut untauglich. So nach dem Motto, Rettung gelungen, Patient gestorben.

Etwas Abhilfe schaffen hier zusätzliche Bleitaschen an der Flasche. Camaro bietet diese u.a. an. Manchmal genügen 1 - 2 k um wenigstens gerade im Wasser verweilen zu können. Mal ausprobieren...
31.12.2005 08:18
Hallo Jessica! Da du ja von der Redaktion bist sollte man eigentlich annehmen dass du ein wenig Informiert bist....!
OHNMACHT IST NICHT GLEICH WIE BEWUSSTLOS!!!!
31.12.2005 19:39
@hasi
Man kann`s auch übertreiben...
31.12.2005 22:40
Hallo Hasi, dann erkläre mal den Unterschied
Ich gehe schon davon aus, das hier der gleiche Zustand mit zwei verschiedenen Begriffen beschrieben wird! Das ist hier ja schließlich nicht das Anästhesie-Expertenforum

Zur Sache: wie Jessica schon sagte: wenn Du mit dem Gesicht im Wasser liegst (was Dir mit einem Wing fix mal passieren kann...), dann ertrinkst du sicher... wenn der Kopf aus dem Wasser geholt wird (wie bei "Ohnmachtsicheren" Rettungswesten (Wortlaut in den Vorschriften der See-BG/UVV)und "Klodeckeln)hast Du eine Chance, auch wenn vielleicht die Zunge ab und zu die Atemwege verlegt (wegen der Wellenbewegung vielleicht nicht ständig) und Du sicherlich etwas Wasser aspirierst. Wie es im Rettungdienst so schön heißt... Du kannst fast alles wieder reparieren, ein hypoxischer Hirnschaden ist endgültig und sollte damit um jeden Preis verhindert werden!
Schönen Gruß
Der Wikinger
31.12.2005 22:49
also ueber die "Ohnmachtssichere Weste" koennte man sich jetzt tatsaechlich auslassen. Die Weste schuetzt schliesslich nicht vor Ohnmacht/Bewusstlosigkeit (<- der war jetzt extra fuer Dich, Erbsenzaehler), sondern vor dem Ertrinken. Ich bevorzuge also den Begriff "Ertrinkungssicher".

Im uebrigen hatte ich schon zweimal das zweifelhafte Vergnuegen, testen zu duerfen, dass mein Master Jacket mich tatsaechlich in einer kritischen Situation auf den Ruecken dreht. Einmal hat es das nicht ganz geschafft, lag eher ein wenig auf der Seite, so dass ich tatsaechlich etwas Wasser aspiriert habe. Ist doch nett, wenn der Buddy meint, man wuerde eine unangekuendigte Rettungsuebung abhalten und laesst einen einfach bewusstlos treiben..... (ja, das ist wirklich so passiert; das schlimme daran, er war auch noch Schuld an meinem Zustand!)

Wir hatten auch schon mal zwei oder drei Diskussionen zum Thema, ob sich jemand ein Wing kaufen solle. Meine Ausfuehrungen damals (so gut wie nicht rettbar) verpufften weitgehend ungehoert.
Ich hatte bei meiner ***-Pruefung das Pech, jemanden mit Wing "retten" zu muessen. Gott, im wahren Leben waere er vermutlich ertrunken. Es dauerte ewig, bis ich ihn stabilisiert hatte. Und das ging nur so, dass ich komplett die Luft aus seinem Jacket liess, den Bleigurt dem TL in die Hand drueckte (schliesslich wirft man den bei Uebungen nicht wirklich ab, aber in dem Fall war es noetig, ihn loszuwerden) und dann konnte ich denjenigen tatsaechlich an Land transportieren. Aber bis ich das mal soweit raus hatte... Das Wing drueckte permanent den Kopf ins Wasser. Mag ja eine super Tauchlage sein, ueber Wasser ist sie einfach unbrauchbar!
01.01.2006 07:56
Hallo Wikinger,
beim Patient der Ohnmächtig ist:
Funktioniert noch der Husten- Schluck- und Brechreflex.
Auch die Zunge erschlafft nicht und somit kann sie die Atemwege nicht verlegen. Ohnmacht tritt meistens bei kurzweiligem Sauerstoffunterversorgung des Hirns auf.

Dagegen die Bewusstlosen haben diese Abwehrmechanismen nicht mehr. Der Husten- Schluck- und Brechreiz sind nicht mehr vorhanden. Die ganze Muskalatur erschlafft somit auch die Zunge und somit besteht die möglichkeit dass sie die Atemwege verschliesst.
So sieht es im Groben mit dem Unterschied zwischen Ohnmacht und Bewusstlos aus...
01.01.2006 10:13
Also, wie schon gesagt, die bisherigen Diskussionsteilnehmer (sowie auch die See-BG etc.)unterscheiden in ihren Ausführungen nicht zwischen Ohnmacht und Bewußtlosigkeit... die Unterteilung zwischen Synkope (Ohnmacht) und den unterschiedlichen Komastadien sind fließend und in diesem Zusammenhang auch nicht wirklich erforderlich.
Auch bei einer Synkope kann es übrigens durchaus zur Verlegung der Atemwege durch die Zunge kommen.
Wie gesagt, im Zusammenhang mit "ohnmachtsicheren" Rettungsmitteln halte ich die Unterscheidung für eher akademisch...
Zum Thema "Rettung mit Wing": zugegeben, beim Auftauchen besteht die Neigung, mit dem Gesicht im Wasser zu liegen. Es ist allerdings nicht besonders schwer, den verunfallten Taucher in die Rückenlage zu bringen, und dann hat er sogar eine sehr gute Lage, sowohl zum Schleppen als auch ggf. zur Beatmung (bitte jetzt keine Grundsatzdiskussion über den Sinn von Beatmung im Wasser )
Schönen Gruß und ein frohes neues Jahr (in dem alle gelernten Rettungtechniken Theorie oder Übung bleiben können!)
Der Wikinger
01.01.2006 20:16
Euch allen ein schönes neues Jahr und vielen Dank für eure bisherigen Antworten,

@hasi und Wickinger:
Ich denke, damit es mit der Definition von Ohnmacht und Bewusstlosigkeit nicht allzu sehr ausufert einigen wir uns mal auf diese hier:
Eine Ohnmacht (Synkope) ist eine kurz anhaltende Bewusstseinsstörung, die durch einen vorübergehenden Sauerstoffmangel im Gehirn verursacht wird. Dauert die Ohnmacht länger als eine Minute, so handelt es sich um eine Bewusstlosigkeit.

@Jessica
Durch welche Ursachen wurdest Du ohnmächtig?

Nun zur Ohnmachtssicherheit bzw. Ertrinkungssicherheit von Taucherrettungswesten:
Verliere ich an der Wasseroberfläche mit aufgeblasener Rettungsweste nur für kurze Zeit das Bewusstsein (sprich: werde ich ohnmächtig) werde ich sicherlich nicht ertrinken oder durch Verlegung der Atemwege ersticken .
Anders sieht es aber meiner Meinung nach aus, wenn ich längere Zeit im Wasser treibe, weil ich z.B. durch Strömung abgetrieben bin, und durch Unterkühlung bewusstlos werde...

Tests haben gezeigt, das ein mit Rettungsweste Bekleideter in Wind und Welle immer mit dem Gesicht nach oben, mit Blickrichtung zu den Wellen liegt. Sein Körper wirkt hierbei wie ein Treibanker und sein Kopf wie ein Segel. D.h. besonders kurze Wellen und Gischt überspülen sein Gesicht.
Versuche im Wellenschwimmbecken mit der moderaten Wellenhöhe von 1,0 m zeigen, dass
sich das Gesicht, selbst beim Tragen einer aufgeblasenen 275 kN Rettungsweste, etwa 80 % der Zeit unter Wasser befindet!

Dies würde bedeuten, dass ich als abgetriebener und unterkühlter Taucher mit größter Wahrscheinlichkeit trotz Rettungsweste (Klodeckel) ertrinken würde .
Mit aus diesem Grund werden Rettungswesten heute mit Spraycaps ausgestattet. Spraycaps sind Schutzhauben, die verhindern das der Kopf des Rettungswestenträgers überspült wird und somit Wasser an bzw. in seine Atemwege gelangt.
Würden die Hersteller nun auch Taucherrettungswesten mit solchen Spraycaps ausstatten, hätte der Taucher eine vollwertige Schutzausrüstung, die ihn an der Wasseroberfläche auch bei Wind und Wellen vor dem Ertrinkungstod schützt .

Was die Stabi-Jackets betrifft, bin ich der Meinung, dass ihnen ein Luftpolster im Nackenbereich fehlt. Dieses Luftpolster hebt den Kopf aus dem Wasser und verringert somit hier die Wärmeabgabe. Man sagt, dass ca. 30% des Wärmeverlusts über den Kopf erfolgen.

Übrigens für Taucher, die beim Tauchen nicht auf ihr Wing verzichten und an der Wasseroberfläche trotzdem nicht ertrinken möchten, gibt es von Zeagle das „Rapid Diver BC“. Es verfügt zudem über eine 4 Liter Druckluftflasche, die einen sicheren (Not-)Aufstieg aus 40 Metern Tiefe ermöglicht .

Nen schönen Gruß
Lars
01.01.2006 20:22
Hi
bei eine Rettung mit Wing ist es zwar durchaus möglich den ärmsten in die Rückenlage zu bringen, aber er bleibt dort nicht stabil liegen, man muss ihn halten um ein Drehen zu verhindern. Beim Klodeckel oder auch beim Master Jacket passiert das nicht, es erzwingt regelrecht eine Rückenlage. Für mich ist es deshalb immer noch das bevorzugte Jacket. Man kann darin so schön entspannen.
Da war doch mal ein Unfall wo eine Frau aufs Boot gehievt werden musste. Diese rutschte den Helfern an Bord noch mal kurz nach unten und die Flasche auf dem Rücken der Frau traf den Mann, der von unten die Frau nach oben schob, auf den Kopf. Die Helfer kümmerten sich um die Frau und erst nach einer Weile fiel ihnen auf das da ein Körper reglos mit dem Kopf nach unten im Wasser trieb.
Ergo die Frau wurde gerettet und der Mann dem ursprünglich nichts fehlte ertrank. Wenn ich mich recht erinnere hatte er ein normales ADV Jacket.
Da wäre ein Stabilizing Jacket von Nutzen gewesen.
Grüße
K3
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