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Tauchen mit Neuroleptika

Hallo Taucher,

ich bekomme seit einiger Zeit Neuroleptika.

Mein Arzt hat gemeint, dass ich trotz Einnahme des Medikamentes weitertauchen könne, weil das Autofahren auch kein Problem darstellt.

Meiner Meinung nach eine etwas zu pauschale Antwort - beim Autofahren sättigt man sich schließlich nicht mit Stickstoff.

Ich erkundige mich heute, ob es sich um ein atypisches (neues) Neuroleptika handelt oder ein altes.

Können die veränderten Umstände beim Tauchen
eine der echt horrormäßigen Nebenwirkungen auslösen?

Oder ist das Tauchen mit Neuroleptika wiklich kein Problem?

Vielen Dank für Eure Antworten im voraus.
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26.10.2002 15:26
Es handelt sich Gott sei Dank um atypische Neuroleptika, welche nur geringe Nebenwirkungen hat. - Also keine Nebenwirkungen, die einen ein ganzes leben bewegungslos im Rollstuhl sitzten lassen -

26.10.2002 16:06
darf ich mal fragen, warum du die nimmst? aber nicht wegen epilepsie, oder?
das waere dann ein absolute kontraindikation. du weisst nie, wann dich uU doch mal im stress ein anfall erwischt... unter wasser ist das sehr schnell toedlich, besonders wenn dein buddy nicht damit umzugehen weiss. und rette mal ne krampfende person... nein danke...
26.10.2002 16:35
Hi Jessica,

vielen Dank für Deine Antwort.

Ich bin körperlich als auch geistig kerngesund
und nur alle 2 Jahre mal krank (meistens Grippe).

Psychisch allerdings etwas angeschlagen.

Ich habe mich in der letzten Zeit überarbeitet und wenig oder gar nicht mehr geschlafen. Das hat mich meine Reserven gekostet, welche sich auch nicht mehr aufgeladen haben. Depressionen und sich nicht mehr lösende Anspannung waren die Folge, obwohl ich mich über mein Einkommen für diese Sonderbetätigungen nicht beschweren kann.

Aber was hilft schon Geld wenn man sich unwohl fühlt.

26.10.2002 18:57
hast du denn jedenfalls das Gefühl, dass dir Tauchen dabei hilft deine Anspannungen und Depressionen zu lindern? Oder fühlst du dich durchs Tauchen einem zusätzlichen Stress ausgesetzt? Was sagen den deine Buddy`s dazu?

Ich kann mir gut vorstellen, dass eine latente Müdigkeit und Anspannung in Zusammenhang mit Depression beim Tauchen übel ausgehen kann.
26.10.2002 19:29
Hallo Billy,

ich möchte mich hier keinesfalls in bestehende Therapien einmischen - aber stell Deinem Dokter ruhig ein paar Fragen.
Bei Neuroleptika unterscheidet man klassischerweise drei Gruppen: Hochpotente, mittelpotente und niedrigpotente Neuroleptika. Diese unterscheiden sich im Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil. Die Hauptwirkung vor allem der hochpotenten Neuroleptika ist die Beeinflussung von Wahnsymptomen (z.B. Stimmenhören, "Verfolgungswahn", Halluzinationen), die z.B. bei der Schizophrenie auftreten können. Wichtigste Nebenwirkung sind z.T. schwere Bewegungsstörungen wie bei der Parkinson-Erkrankung. Eine solche Symtomatik oder solche Nebenwirkungen schließen eine Tauchtauglichkeit aus!
Die niedrigpotenten Neuroleptika wirken dagegen kaum gegen Wahnsymptome, sondern eher beruhigend bis schlaffördernd.
Die neueren "atypischen" Neuroleptika wirken hauptsächlich gegen Wahnsymptome, jedoch mit weniger starken Nebenwirkungen.
Die Probleme, die Du schilderst, sind jedoch offenbar ganz andere - warum nimmst Du dann überhaupt Neuroleptika? Deine Beschwerden klingen eher nach einem Erschöpfungssyndrom. Medikamente braucht man da wohl am wenigsten...bestenfalls bräuchtest Du Antidepressiva zur Unterstützung einer psychotherapeutischen Behandlung.
Das Tauchen kann sehr entspannend wirken, aber auch ein zusätzlicher Stressfaktor sein, wie Soni schon erwähnte. Das mußt Du für Dich selbst entscheiden. Eine gewisse innere Ruhe und Ausgeglichenheit ist meiner Meinung nach zum risikoarmen Tauchen unabdingbar.
Ob Du überhaupt Neuroleptika brauchst, ist vielleicht die wichtigste Frage. Denk selbst drüber nach und frag mal Deinen Arzt, ob es nicht Alternativen zu dem Zeug gibt.

Gruss

Pit
26.10.2002 19:42
Beim Tauchen bin ich völlig entspant.
In der Tiefe verliere ich Anspannung und das Gefüh Streß ausgestzt zu sein komplett.
Auch wenn es dunkel, kalt und tief ist.

Ich bin kein ängstlicher Mensch. Nicht übermäßig vorsichtig aber auch kein Draufgänger.

Beim Tauchen bin genau so present und Leisungsfähig wie im Beruf. - Arbeit hält fit aber zuviel Arbeit kann schädlich sein -

Auf Außnahmesituationen reagiere ist immer suouverän.

Meine Anspannung und Depression beschränkt sich ausschließlich auf den Alltag.

Wenn ich beim Tauchen meine Alltagsprobleme mit in die Tiefe nehmen würde, würde ich mir ziemlich sicher ein anderes Hobby suchen.

Allerdings finde ich es wichtig zu wissen mit welchem Medikamenten man tauchen kann und mit welchem nicht. Ansonsten könnte es ein böses Erwachen geben.

26.10.2002 19:48
Ich habe von meinem Apotheker erfahren, dass das Neuroleptika NICHT gegen die Behandlung von Wahnvorstellungen geeignet ist und auch NICHT zur Behandlung von Schizophrenie hilft (was ja auch nicht nötig ist) sondern nur gegen die Anspannung eingesetzt wird. Mein Arzt hat mir geraten weniger zu Arbeiten.
27.10.2002 10:15
Aua - liebe Leute, stellt doch bitte hier nicht so einfach Diagnosen.
Billy - hol` doch einfach mal auf einer guten Psychiatrie Erkundigungen ein, die kennen sich aus. "normale" Hausaerzte haben - wenn ich mir so anschaue, wieviele Prozent des Auditoriums in den Psychiatrie-Vorlesungen Medizinstudenten sind - mit Verlaub, wohl nicht gerade einen Schwerpunkt auf diesem Gebiet.
27.10.2002 13:25
Hi Veronika,

vielen Dank für den Tipp. In der Psychiatrie kennen die Ärzte sich besimmt mit Neuroleptika aus, weil es in ihrem Tätigkeitsbereich oft eingesetzt wird.

27.10.2002 20:48
Hai,
ich darf noch kurz die offizielle Meinung der GTÜM(deutsche -),ÖGHT(österreichische -) und SGUHM(schweizer -Gesellschaft für Tauch- und Überdruckmedizin) aus dem zusammen herausgebrachten Tauchtauglichkeitsmanual zitieren:"Absolute Kontraindikation: Medikamente der Gruppe C, als da wären: Psychopharmaka(Tranquilizer, Neuroleptika, Antidepressiva) Hypnotika, Psychostimulantien, zentralwirkende Analgetika, sedierende Antihistaminika, Antiemetika, Alkohol.
Grüße
S.Overhagen http://www.tcsoverhagen.de
27.10.2002 21:16
Stefan: Weil, wie ich es verstanden habe, die Grunderkrankung eine Kontraindikation darstellt, oder ? Dann bleibt eben die Frage, ob die Neuroleptika berechtigterweise verschrieben wurden.
28.10.2002 07:08
Eine sicherlich sinnvolle Alternative wäre auf pflanzliche Antidepressiva umzuschwenken, die auch längere Zeit ohne Nebenwirkungen genommen werden können, wie z.B. Hypericum-Präparate (Johanniskraut). Diese gibt es rezeptfrei in der Apotheke. Chemische Psychopharmaka sind wohl eher nicht geeignet, einem normalen Menschen auf die Dauer das Leben erträglicher zu machen... (Lies mal die Nebenwirkungen.)
28.10.2002 08:25
Hai,
@ Veronika:
Ich denke, grade bei Psychopharmaka ist die Vigilanzveränderung gemeint(siehe unter Punkt Gefahr).
Umso strenger sollte die Indikation geprüft werden, es gibt ja nun kaum eine Medikamentenklasse, die häufiger bei falscher Indikation angewandt wird, als Psychopharmaka.
Bei dem sog. Burn-Out-Syndrom, das Billy beschreibt, fallen mit mindestens zwei nicht-medikamentöse Behandlungen ein, die helfen (Urlaub und Jobwechsel). enn es damit nicht getan ist, helfen meist auch regelmässige Entspannungstrainings unter psychosomatischer Betreuung. Alles kann nur besser sein, als Chemie einzuführen, die das eigentliche Problem nur verdecken und den Patienten "normal" funktionieren lassen.
Grüße
Stefan
29.10.2002 14:02
Leider habe ich mit einer ähnlichen (identischen?) Problematik eigene Erfahrungen. Was ich nun schreibe, schreibe ich nicht als Mediziner (bin nämlich keiner), sondern aus meiner Erfahrung plus Laienverständnis. Aus Deiner Beschreibung, was Du beim Tauchen fühlst und was Dein eigentliches Problem ausmacht, würde ich Dir raten, gar keine Medikamente zu nehmen und statt dessen regelmäßig tauchen zu gehen. Zusätzlich würde ich einen Kurs in Autogenem Training machen oder ähnliche Entspannungstechniken erlernen. Deiner Schilderung entnehme ich, daß Du zwar Deine Gesundheit gegen viel Geld eingetauscht hast, mit dem Handel aber nicht zufrieden bist und daher solltest Du einfach weniger arbeiten (Setze Dir ein strenges Limit!). Die Einbuße beim Geld solltest Du dann bewußt in Kauf nehmen.
Die Medikamente lösen Dein Problem nicht, sondern lindern nur die Symptome. Bei schweren Depressionen etc. ist das natürlich etwas anderes. Ich habe zwei Jahre lang ca. 30 verschiedene Medikamente genommen und wäre heute froh, ich hätte es nicht getan. Ich war auch unter Medikamenteneinfluß tauchen und rate Dir davon ausdrücklich ab, obwohl mein Arzt es damals befürwortet hat. Auch Medikamente, die nicht die Verkehrstauglichkeit einschränken, können die Wahrnehmung bei Kälte, Dunkelheit, Stickstoff, etc. verändern. Ich hatte z.B. unterhalb ca. 15 m in heimischen Gewässern Schwindel und ähnliches. Die GTÜM hat schon Gründe für ihre Empfehlungen... Wenn Du näheres wissen möchtest, kannst Du Dich gerne per Mail mit mir in Verbindung setzen.
15.07.2003 18:21
Ich habe heute im Forum gestöbert und dabei ist mir aufgefallen, daß in einigen Stellungnahmen (v.a.von Jessica) immer darauf hingewiesen wird, daß Epilepsie eine absolute Kontraindikation zum Tauchen darstellt. Da ich schon über 50 Jahre alt bin, seit meiner Kindheit Epilepsie habe und zusammen mit meinem Mann seit Jahren eine sehr begeisterte und verantwortungsbewußte Taucherin bin, möchte ich an dieser Stelle nur einiges anmerken und vor allem, meinen Leidensgenossen Mut machen! Es gibt die verschiedensten Arten von Epilepsie, die meisten sind heutzutage mit den heutigen Medikamenten - wenn man sie richtig einnimmt - so gut zu managen, daß keiner in Deiner Umgebung auch nur auf den Gedanken kommen könnte, daß Dir etwas fehlt, inklusive Dir selber. Wenn ich nicht täglich meine Medikamente nehmen müßte, wüßte ich auch nicht, daß ich ja eigentlich krank bin. Ich habe seit 35 Jahren keinen Anfall gehabt! Ich fahre Auto, tauche, reite und lebe ein glückliches und erfülltes Leben. Warum sollte ich auf all das verzichten? Mein Neurologe hat mir sogar die Freigabe für den Flugschein erteilt, nur mag ich nicht Fliegen! Ich glaube, daß es gerade für Menschen, die mit einer körperlichen Behinderung zu kämpfen haben, enorm wichtig ist, ein so normales Leben wie möglich zu führen. Und wenn Tauchen dazu gehört? Welches Hobby könnte schöner sein! Immer noch besser als zusätzlich zu der Krankheit auch noch Depressionen zu bekommen! Ich möchte nur noch eines hinzufügen: vor 35 Jahren, wie die Krankheit bei mir angefangen hat, haben mir die Ärzte damals so ziemlich alles, was das Leben lebenswert macht, verboten: nicht rauchen, nicht trinken, keinen Sex, keine Kinder, nicht Autofahren, kein Flugschein, nicht reiten, nicht Schwimmen, von Tauchen schon gar keine Rede! Ich mache keinen Spaß, das war wirklich so. Zusammen mit meinem Mann habe ich den Mut gefaßt, und entgegen den Ratschlägen der Ärzte zu LEBEN begonnen: ich trinke (mäßig) ich rauche nicht (schmeckt mir nicht), habe zwei Kinder, einen Enkelsohn, schwimme, tauchem, reite, fahre Auto und habe seit 35 Jahren KEINEN Anfall. Wie traurig wäre mein Leben mit all diesen Kontraindikationen gewesen. Also, an alle, die es betrifft: Kopf hoch und einen guten und verständnissvollen Arzt aufsuchen!
12.12.2004 17:11
Lieber Billy
Diese Frage stelle ich mir auch schon seit einigen Jahren. Mein Mann (54) ist begeisteter Taucher aber auch Manisch Depressiv. Dank der richtigen medizinischen Einstellung kann F. seit 2001 ein annehmbares Leben führen. Er wird lebenslänglich, jeden Tag, zwei verschiede Antiepileptica, ein Neurolepticum, einen Stimulant (Ritalin) sowie ein Benzodiazepin alles in hoher Dosierung einehmen müssen. Tauchen ist das was ihm im Leben am meisten Freude macht! Leider gibt es zu wenig professionelle Infos. Ich beobachte, dass er nach dem Tauchen immer sehr glücklich ist, dass es ihm schadet (wird unruhig und etwas konfus) wenn er zu viele Tauchgänge macht. Unser Psy meint er mache sich schon etwas Sorgen, aber wenn es ihm so Freude mache...

Übrigens: die meisten Antworten oben sind volliger Quatsch!!! Depression ist eine Krankheit und muss vom kompetenten Arzt behandelt werden! Johanniskraut ist nicht ohne Nebenwirkungen und wirkt nur bei leichter D.
Die Antwort von Shamanin finde ich toll, bravo!!!

Ganz lieber Gruss
daniela
15.12.2004 11:30
@ Daniela:

Vielen Dank für deine sicherlich kompetente und fachlich fundierte Bewertung aller Antworten.

Doch auch wenn du dich dafür entschieden hast, dass "Depression eine Krankheit ist und vom kompetenten Arzt behandelt werden muss", gilt das ja vielleicht nicht für alle!

Billy umriss seine Verfassung weiter oben so:
"Ich bin körperlich als auch geistig kerngesund
und nur alle 2 Jahre mal krank (meistens Grippe).

Psychisch allerdings etwas angeschlagen.

Ich habe mich in der letzten Zeit überarbeitet und wenig oder gar nicht mehr geschlafen. Das hat mich meine Reserven gekostet, welche sich auch nicht mehr aufgeladen haben. Depressionen und sich nicht mehr lösende Anspannung waren die Folge, obwohl ich mich über mein Einkommen für diese Sonderbetätigungen nicht beschweren kann."

In diesem Falle wäre auch meiner Meinung zu überlegen, ob überhaupt Analeptika eingesetzt werden sollten oder vielleicht eine Alternative durch Hyperikum (Johanniskraut) zu suchen. Es handelt sich bei Billy zunächst einmal ja nicht um einen Menschen mit "manischen Depressionen" o.ä.

Die Antworten wie z.B. von Emanuel sind von daher nicht "völliger Quatsch".
Ich finde es aber eher traurig, wenn jemand - so wie du hier in eiem öffentlichen Forum - aufgrund seiner Meinung und vielleicht auch Erfahrung mit einem Einzelfall, über alles andere hinwegbügelt.

Da du aber von den schweren Deppressionen deines Mannes berichtest, verstehe ich, woher das Ganze kommt. Ich wünsche dir daher alles Gute für dich und deinen Mann...
Antwort