Hier gibt es zu allen Fragen "Marke Süßwasser- und Meeresbiologie" kompetente Antworten - vom UBO (unbekannten Bestimmungsobjekt) im See bis zu Verhaltensregeln bei Haibegegnungen.
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HarryCMAS*** usw.

Süßwasser: UBO, Riesen-Gelkugel, "Qalle"

Liebe Biologen und Quallenfachleute!

Ich habe aus Frankreich ein Mailanfrage zu großen, nein, riesigen SÜSSWASSERQUALLEN bekommen!

Mir persönlich ist in unserem Raum nur Craspedacusta sowerbii bekannt, über die ich schon mal einen Artikel verfasst habe:
http://www.taucher.net/redaktion/22/show.html?topic=6

hier der originaltext:
(1)
hallo harry
wir haben seit einem Jahr riesige Quallen in unserem Süsswassesrsee. Wenn man sie aus dem Wasser heben will, zerbrechen sie...es ist in gallertartige Masse mit vielen kleinen braunen Punkten...gruselig, doch es gibt keine Hautreaktionen oder dergleichen! Einfach sehr gross - 50cm und mehr im Durchmesser! Sie krallen sich an Steinen fest und schwimmen aber auch frei im Wasser. Was könnte das sein und wie kann man eine Vermehrung verhindern?

(2)
viele Dank für die Antwort.
Ich habe heute eine Medusa oder was auch immer sie/er ist, herausgefischt und fotografiert. Sie liegen wie runde Steine auf dem moorigen Wassergrund. Ich habe ein solches Ding mit den Händen rausgeholt und da muss frau schon vorsichtig sein, dass es nicht auseinanderfällt in . einzelne Weichteile oder so gallertartigne Masse, welche wie Noppen auf der Aussenseite haben...eine fossilartige Blütenzeichnung auf jeder Noppe... sieht noch ganz interessant aus... doch wie gesagt, das letzte schwimmende Ding war immens gross. Ich würde sagen, mit den 50cm Durchmesser habe ich eher untertrieben. Obwohl es tausende von Teichen in dieser Gegend gibt, scheint dieses ominöse Ding eine Neuerscheinung zu sein. Es wäre interessant dem Rätsel auf die Spur zu kommen.

Hier die Bilder:
Schirm:



Unteransicht:



Detail Gallert:



Ist das überhaupt eine Qualle?
Vielen Dank!
Harry
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HarryCMAS*** usw.
22.09.2004 20:28
DANKE!
an alle für die lösung dieses spannenden rätsels!

(süss)wasserbiologie ist und bleibt ein hochinteressantes thema:o

harry
`man sieht nur, was man weiss`
20.09.2004 08:56
Hallo KNAP!
Danke für die Info! Von diesen Moostierchen hatte ich bis jetzt auch noch nie etwas gehört!
Anke^ö^
Bio-UliDipl.Biologe, TL****
16.09.2004 21:24
Ich neige mein Haupt in Ehrfurcht!

PectinATella magnifica!

Dein Link oben übersetzt sich aus dem Bryozoischen :o wie folgt:

"Am Herbst 1999 gelatinöse Massen, die 60 cm Durchmesser erreichen können, sind gekommen, sich auf den Ufern des Teiches des Flaschenhalses an Lormes (Nièvre) zu scheitern. Es handelt sich um Kolonien von Moostierchen der Art Pectinella magnifica. Es ist eine nord-amerikanische Art, die in Ostdeutschland Ende des 19. Jahrhunderts eingeführt wurde, und der sich in Mitteleuropa während des 20. Jahrhunderts propagiert hat. In Frankreich wird sie zum ersten Mal im Jahre 1995 in den Vogesen im Jahre 1998 in der Saône-et-Loire dann hier in Nièvre in 1999. Diese kleinen fast mikroskopischen Tieren stellen Art Samen (Statoblasten) her, die mit Häkchen ausgestattet wurden, die leicht können sich, auf den Schuppen der Fische oder der Beine der Vögel hängen. Es ist dort wahrscheinlich der Ursprung ihrer Einführung in Morvan. Obwohl ungewohnt in unseren Süßwassern diese Kolonien sich nur in sehr heißer Periode entwickeln und ohne Gefahr für den Menschen sind. Einige Autoren leihen ihnen sogar reinigende Tugenden dank dem ständigen Filtrieren des Wassers, das für ihre Ernährung notwendig ist."

Wow, also Moostierchen. Ich hatte sie als so`ne Art `Französisches Grünes Gallertkugeltierchen` (das wären dann `Einzeller` gewesen) als erstes auf der Liste, bin aber von mehreren Experten Richtung Blaualgen `überredet` worden! Auf Moostierchen wär ich ohne Lupe wohl nie gekommen!

Bilder: http://images.google.de/images?q= "pectinatella magnifica"&hl=de&lr=&sa=N&as_qdr=all&tab=wi

Geil. Echt!

Danke KNAP! Hast einen Biokurs frei bei mir
- als Assistent!

Uli

B I O N A U T
Süßwasser und Meer erleben!
Ohne B I O fehlt dir was!
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http://www.bionaut-online.de


16.09.2004 17:50
Es handelt sich um sog. water-brain Kolonien von Moostierchen (Pectinella magnifica).
Normalerweise sind Bryozoen an Wurzeln oder Ankerketten in einigen Metern Tiefe im Wasser.
Der Grund für das Aufrahmen ist nicht ganz klar.
Die Gallerte enthält die Statoblasten und vergeht nach einigen Tagen wieder.
Statoblasten sind scheibenförmige Kapseln, in denen die Anlagen für ein neues Tier den Winter überdauern. Im Frühling entsteht aus jeder Statoblaste ein neues Tier.

Weitere Info unter: http://www.shna-autun.net/inverteb.html
Bio-UliDipl.Biologe, TL****
15.09.2004 20:29
Hallo,

Die Lösung des Rätsels lautet: Es handelt sich wohl um eine +/- typische Blaualgen-Bildung.







Ich sage in meinen Kursen immer: "Wenn`s unbestimmbar / schleimig oder sonstwie eklig ist und am Boden oder an der Wasseroberfläche, dann sind`s Blaualgen oder Bakterien!" Es war nur eine Frage der Zeit, bis ich meine eigenen Kurs-Worte im TN zitieren würde!
Ich schließe mich Anke an: evtl. eine Art aus der Gattung Nostoc! Für genauere Bestimmung muss ein gutes Mikroskop und Blaualgenexperte ran!
Zur Vielfalt der Blaualgen (die ja mangels Zellkern mit den Bakterien engstens verwandt sind): http://www-cyanosite.bio.purdue.edu/images/images.html oder, anhand der großen Seen/USA: http://www.glerl.noaa.gov/seagrant/GLWL/Algae/Cyanophyta/Cyanophyta.html#Nostoc

Anyway, das war ein sehr spannendes Quiz!

Übrigens: Die Vermehrung bzw. BLÜTE der Algen ist nährstoff- bzw. licht-abhängig und im Karpfenteich nicht zu kontrollieren.


Best fishes!

Uli

B I O N A U T
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HarryCMAS*** usw.
15.09.2004 20:06
@bio-uli&kollegen:

sind wir der lösung des rätsels schon näher???

gibt´s was neues?

harry, seeeeeeehr neugierig:o
14.09.2004 15:43
Fischlaich? könte doch sein, der sieht doch auch manchmal so aus
14.09.2004 15:00
Hallo biouli

mit Cyanos hab ich mich schon ausgiebig beschäftigt. Bei starkem Licht bilden sich viele Bläschen und ein Auftrieb könnte möglich sein, aber in der Größenordnung und Form. Du sprichst von der Strukturoberfläche. Hast du evtl. Links, Literatur oder Fotos die man sich anschauen könnte?
Ich will hier nicht den Schlaumeier spielen, aber Algengebilde die "pilzförmig" in Seen daherkommen kenn ich einige. Aber sowas ist mir noch nicht untergekommen. Mein letzten Grünalgen"pilz" sah ich erst vor einer Woche im Tiefsee. Ein Gebilde mit etwa 1,50 m Durchmesser. Leider sind die Infos die man hier erkennen kann, etwas dürfig. Am liebsten würd ich schnell hinfliegen und mir das vor Ort hinschauen, hab aber gerade keine Zeit dafür. Leider.
Bio-UliDipl.Biologe, TL****
14.09.2004 14:05
@RainerS:

Gerade die Strukturen der Oberfläche deuten m.E. auf Blaualgen! Auch das Abheben der Matten ist leicht durch Sauerstoffblasenbildung im Gel bei starker Photosyntheseleistung zu erklären. Aber trotzdem viel Erfolg bei der nachmittäglichen Recherche zur Debussy`schen Faunenverfälschung im Karpfenteich!

14.09.2004 12:28
Genau! Nostoc- da war ich auch grade:
http://home.t-online.de/home/ghstanjek/hm3.htm
14.09.2004 13:09
Hallo

der Gedanke mit den Algenkolonien hatte ich auch schon, aber wieder verworfen. Nicht in so eine Struktur, das passt nicht wirklich. Blaualgen (Cyanos) sind es sicher auch nicht. Die schleimen zwar, aber nicht in dem Ausmass und nicht in den Formen. Es soll wohl ein Oscillatoria Art geben die sich zusammenschließt, aber die bilden keine freitreibenden "Aliens" sondern legen sich über Pflanzen und Bodengrund.
Ansonsten recherchiere ich gerade Richtung Südamerika und Asien, was Quallen betrifft bin aber noch nicht weiter. Mal sehen. Aus Europa hab ich bislang keine weiteren ARten finden können ausser Craspedacusta sowerbii, die damit nu gar nix zu tun hat.
Bio-UliDipl.Biologe, TL****
14.09.2004 12:17
Ahhhhhh , jetzt kommen wir der Sache schon näher.
Wie wär`s mit einer BLAUalgen-Kolonie?!? Die heimischen Urwesen Nostoc, Rivularia und Schizothrix bilden z.B. Glibberkugeln!
14.09.2004 12:13
Es handelt sich sicher um keine Qualle, sondern um eine Algenkolonie. Um eine genaue Bestimmung durchzuführen müßte man eine Probe mikroskopieren.
14.09.2004 10:02
Hallo alle !

Also ich finde das Thema auch spannend. Ich bin zwar überhaupt nicht vom Fach, aber ich wage trotzdem mal einen Tipp:
Ich sehe das so wie Cliff. Ich tippe auf Fischlaich. Das erklärt das auseinanderfallen und die fehlende Eigenbewegung. Eventuell sogar dieses kuriose "wieder aufleben" nach Landaufenthalt. Form und Farbe sind ja vielleicht eine Mischung aus dem Schleim um den Laich rum und den Schwebeteilchen (Moos, Algen) im Wasser.
Das wäre mein Tipp. Bin gespannt, was rauskommt.
Gruß,
skaidive
14.09.2004 10:05
Wenn die einfach nur so rumtreiben - kann das nicht vielleicht geklumpte Karpfenscheisse sein?
14.09.2004 10:46
Hallo.

Ich glaube nicht, dass es sich hierbei um Quallen handelt.
von der Größe mal abgesehen - beim ersten Bild kam mir spontan die gute alte Volvox in den Sinn.
Diese grünalge bildet ja auch gallertige Kugeln mit Kolonien. Werden zwar meines Wissens nie im Leben so groß und so viel ich weiss, hängen die "Koloniekugeln" auch nicht zusammen. Dennoch denke ich, dass eher in die Richtung recherchiert werden sollte als dass es sich hierbei um einen eingeführten Organismus handelt. Eine Qualle scheidet aufgrund der Struktur der abgebildeten Organismen bzw. der Beschreibung ohnehin aus.

Gruss
14.09.2004 09:33
Hallo zusammen,
also unsere normale Süßwassermeduse die kenne ich ja auch.
Aber so groß.....?
Kann dieses Gebilde nicht auch Fischleich sein?
Grübelnde Grüße
Cliff
Bio-UliDipl.Biologe, TL****
14.09.2004 09:16
Hallo zusammen,

hier noch mehr Infos für die Jäger des Grünen Schlabberdingens. Bin übrigens NOCH nicht zur eindeutigen Identifikation in der Lage, wir kommen der Sache aber schön näher!

QUOTE Antworten vom Finder

A. wo ist der see/teich, in dem die dinger sich aufhalten?

Der Teich liegt in der Haute Saône (France). Zwischen Belfort und Vesoul. In der Nähe von Ronchamp..Etang Mont Gérard, La Lanterne - im Land der tausend Teiche. Le pays des Mille Etangs.

B. wie tief ist der see?

Der Teich ist an der tiefsten Stelle 4m - beim Abfluss. Im Teich werden Karpfen gezüchtet. Nach hinten steigt er zu einem Meter Tiefe an. Der Teich ist moorig, hat aber einen guten Frischwasserzulauf.

C. gibt es eine salzwasserverbindung?

Nicht dass ich wüsste!!! liegt zwischen dem Mittelmeer und der Nordsee!!

D. wenn sich die dinger im freiwasser bewegen, tun sie es dann, indem sie mit dem schirmrand schlagen wie quallen/medusen es tun?

Nein, ich glaube nicht. Sie schweben einfach irgendwie im Wasser, lassen sich von der Strömung treiben, so habe ich wenigstens das Gefühl. Wir haben die Dinger bereits einmal eingefroren und luftgetrocknet. Wenn sie wieder ins Wasser kommen, leben sie wieder auf.

E. hat das ding tentakel? wenn ja wo wieviele?

es gibt keine tentakel, so meine ich.

QUOTE Ende
13.09.2004 22:38
Faunenverfälschung klingt hochinteressant:
handelt es sich um einen verfälschten Faun oder verfälschte der Faun etwas?

Ich gehe jetzt Debussy hören...

Ein kleiner Scherz zur Auflockerung der Spannung
Interessiert mich auch sehr, was da los ist.

13.09.2004 22:00
@ RainerS,

bin ja selbst relativ häufig dort, aber die Kollegen fahren immer lieber an die Küste, ich bin ja auch eher in der Bretagne oder am Mittelmeer, konnte bisher nir die hier geposteten Bilder weiterschicken.

cu

tg
13.09.2004 20:40
@ harry,

habe nun die wenigen französischen Freunde von mir , die im Süßwasser tauchen, mit den Bildern versorgt, sobald ich etwas höre, poste ich es hier !

tg
13.09.2004 21:29
hallo Tauchgeist,
Ein Foto wie Bild1 nur von der Rückseite wäre hilfreich gewesen. Gibts davon eins oder ist sie bei dem Versuch sie umzudrehen zerglibbert? (nennt man das so?)
Interessant wäre die Tatsache wann sie schwimmen und wann sie am Boden sitzen (Wassertemperatur macht dies abhängig meistens...). Bis zu welcher Wassertiefe sind sie zu finden und im welchen Rahmen bewegen sie sich dort? Würde evtl. Rückschlüsse begünstigen. Handelt es sich bei dem See um ein geschlossenes System? Gibt es eine Verbindung zum Meer? (evtl. schiffbar?)
Zivilisation oder Industrie in der Nähe?
Zulauf von Kanalisations- oder Industrieabwasser?
Vorwiegender Tauchsee? Wie stark frequentiert?
Angler am Gewässer, auch Touristen?
Bootsverkehr (keine Angelkähne...)? Wurde der See mit Fischen aus Zuchtbetrieben besetzt, evtl. mit nicht-einheimischen Fischarten? (russ. Stör?)

Das alles wäre interessant um weitere Recherchen anzustellen. Ich wart einfach mal ab, was deine Freunde aus Frankreich antworten werden.

p.s.: Frankreich hat sehr schöne Süssgewässer zum Tauchen...kann ich für nen Kurztripp nur empfehlen. Billigflieger und los.....kaltwasser...
13.09.2004 20:01
Hallo

das sieht mir bedenklich nach Fauenverfälschung aus. Könnte sein, das die von einem Aquarianer stammen. In Österreich sind auch (aber wesentlich kleinere) Süsswasserpolypen aufgetaucht die wahrscheinlich aus einem Aquarium entstammen. Bitte um Erlaubnis diese Fotos in einem anderen Forum verlinken zu dürfen, da dort diverse Süsswasserexperten sitzen die diese Frage evtl. beantworten könnten.
Der Fundort (See) wäre interessant und ob es dort in den letzten Jahren klimatische Veränderungen im Wasser gegeben hat.
Ich beschäftige mich mit dem Thema Faunenverfälschung schon etwas länger und es interessiert mich wirklich welche Polypenart es ist.....
HarryCMAS*** usw.
13.09.2004 20:09
@rainerS:
du kannst die bilder gerne verwenden!
halte uns aber bitte am laufenden!

ich warte derzeit auf das mail aus frankreich, dann weiss ich den see und andere details, die ich nachgefragt habe (temperatur etc.)

harry
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