Hier gibt es zu allen Fragen "Marke Süßwasser- und Meeresbiologie" kompetente Antworten - vom UBO (unbekannten Bestimmungsobjekt) im See bis zu Verhaltensregeln bei Haibegegnungen.

Süßwasser: bohrende Malermuscheln im Chiemsee?

Hallo liebe Tauchergemeinde (sorry, ich bin keiner)..

hab eine Frage die vielleicht nur ihr lösen könnt???

Die Malermuschel gibt es auch im Chiemsee, die Ufer und vermutlich Teile des Seeboden sind aus Geröll (Kalkstein) der letzten Eiszeit. Normalerweise graben sich Muscheln in das vorhandene Substrat = Sand, Kies ein. Wo und wie setzen sich die Muscheln im Chiemsee fest???
Auf dem www.furchenstein.wordpress.com hab ich http://furchenstein.files.wordpress.com/2009/08/muschelstein_600x.jpg?w=600&h=496 ein Bild eines Kalksteinblockes der lauter Vertiefungen aufweist, meine Vermutung ist, dass das Muscheln ware, die sich
a) die Vertiefungen selbst geschaffen haben,
b) sich in diesen Vertiefungen festgesetz hatten???

Kann das ein Taucher bestätigen???
Gibt es Bilder mit Kalkstein-Geröll, das mit Muschel besetzt ist???

Hintergrund zu der Frage ist die Vermutung, dass bestimmte im / am Chiemsee gefundene Stein mit einer besonderen Struktur ----
"Regmaglypten" als Folge eines postulierten Impaktes aufweisen... siehe dazu:
http://www.chiemgau-impakt.de/images/bdw/artikel.pdf

meiner Meinung nach ist die Struktur aber durch den Besatz von Muscheln entstanden, kann es aber nicht beweisen, denn ich tauche nicht!!!!

Ich bin gespannt auf eure Beiträge und freu mich jetzt schon auf die Diskussionen.

AntwortAbonnieren
Bio-UliDipl.Biologe, TL****
29.08.2009 16:22
Keine heimische Süßwassermuschelart (wie z.B. Teichmuschel und Malermuschel) bohrt, die meisten Arten bevorzugen - im Gegenteil - Feinsediment. Nochmals: Die von dir verdächtigte Malermuschel setzt sich weder auf Kalkstein noch anderem Hartsubstrat fest und verursacht auch keine "Vertiefungen" darin. Was in Europas großen Binnengewässern ständig und überall auf Hartsubstrat festsitzt, teils flächendeckend, ist der Neobiot Dreissena polymorpha, aka "Wandermuschel". Auch sie "bohrt" nicht, sondern haftet mit den von den Miesmuscheln bekannten Kleb-/Byssusfäden.
Die Löcher in deinem Stein haben ohne j e d e n Zweifel andere, nicht-biologische Ursachen.
Die Sache mit dem Chiemsee-Impakt und den entstehenden typischen Regmaglypten ist dagegen doch sehr plausibel. Allerdings bin ich nur Biologe und kein Geologe.
29.08.2009 18:27
Ich tauche öfter im chiemsee. Dort gibt es sogut wie keine natürlichen Felsen Unterwasser. Alles ist komplett mit Sediment und Schlamm überzogen. Die Muscheln haften nur an eingebrachten Dingen, wie Betonklötzen, Baumstämmen etc.

Könnte das Stück von Dir nicht auch eine Versteinerung sein? Also versteinerte Bohrgänge von Würmern?
29.08.2009 21:36
@BIOnaut..
erst mal dank für die Antwort..
was macht die Malermuschel wenn sie kein Substrat findet??
beim schwimmen im See (Nähe Chieming) hab ich beim herausgehen, es ist dort sehr flach und steinig (Geröll bis zu 10-15cm Durchmesser) einige der Steine dicht besetzt mit kleinen Muscheln gesehen..
es scheinen mir Jungmuscheln zu sein (wenige mm groß), kann mich auch nicht entsinnen dass es wie Wandermuschel ausgesehen hat...
warum nicht an jedem Stein, sonder nur vereinzelt an dem einen oder anderen???
Könnte es sein, dass Süßwassermuscheln wie die Malermuschel bei fehlenden Substrat (Sand, Kies) sich an "festen" Objekten wie Steinen, dann aber bevorzugt Kalksteinen, die sie mit dem Fuß anlösen können, ---anheften???
Werde morgen nochmal an die Stelle gehen, vielleicht kann ich Fotos machen!!!
Der Artikel vom Regmaglypth (CIRT) bietet eine sehr schlüssige Argumentation.
Ich kann es nur nicht glauben!!!???

@Sung...
das Becken in dem sich der Chiemsee befindet ist vor XYZ-Jahren durch den Chiemsee-Gletscher entstanden, alle Steine die da mittransportiert wurden sind gerundet, es kann keine Kanten geben...
wenn jetzt ein Fundstück Kanten hat, dann ist es (in geologischen Zeitmaßstäben gesehen) erst vor kurzem vor Ort entstanden
30.08.2009 11:32
@rimbao

danke für die Info. Gehen manche nicht davon aus das der Chiemsee durch einen Meteoriten Einschlag verursacht wurde? Seltsamerweise gibt es halt im Chiemgau völlig unterschiedliche Seen. Zum Beispiel ist der Langbürgner See völlig klar und steil abfallend. Während der Chiemsee einem flachen Tümpel gleicht.
30.08.2009 12:12
@Sung

der Chiemsee wurde nicht durch Metoriten Einschlag geschaffen, man nimmt das aber vom Tüttensee an, dort befindet sich neben dem Ufer ein Ringwall...

der Chiemsee ist deshalb nicht klar, denn die Tiroler Ache bringt sehr viel Sedimente und Schwebstoffe mit, der See ist aber an der tiefsten Stelle 70m und das Chiemseebecken wurde von einem Gletscher geformt..
der Chiemsee wird durch den Schwebstoff/Sediment -Eintrag irgendwann verlanden..

der Langbürgener See war auch mal eine Gletscherzunge des Chiemseegletschers, da der Langbürgner See aber keinen nennenswerte Zulauf/Abfluss hat, ist er klar (praktisch stehendes Gewässer
30.08.2009 12:56
@rimbao
Danke!
Bio-UliDipl.Biologe, TL****
31.08.2009 11:44
@Rimbao
Schau halt einfach mal im www, was du zum Leben und der Entwicklung der heimischen Großmuscheln (Unio, Anodonta) so alles findest. Da liest du zum Beispiel regelmäßig von vampiristischen kleinen "Muschelbabys" (Glochidien), die von der Mutti auf Wirtsfische gespuckt werden, dort an Flossen oder Kiemen Blut saugen , und dann erst ins Sediment fallen, wo sie im Sandlückensystem groß werden. Die Frage also "was macht die Malermuschel wenn sie kein Substrat findet??" ist einfach zu beantworten: Sie stirbt.
Zurück zu den jungen heimischen Großmuscheln. Nach Jahren des versteckten Lebens kommen sie an erst an die Oberfläche. Sie lösen nichts, auch keinen Kalkstein chemisch oder mechanisch an. Vielmehr sind sie beweglich auf dem Feinsediment "unterwegs". Malermuscheln können auch feinen Kies gut ab.
Wenn du im Chiemsee Steine siehst, die dicht besetzt mit kleinen Muscheln sind, sind das natürlich Jungtiere der Wandermuschel (die zumindest bei einfachem Hinsehen noch kein Zebramuster haben). Junge Dreissenas, die dem kurzen Larvenstadium entwachsen sind, kriechen auf Hartsubstrat noch umher, um evtl. eine Kolonie zu finden. Dort erst heften sie sich fest. Daher findet man sie meist gehäuft, eng gedrängt an einem Fleck.
Info zu dieser "flinken", schnelllebigen, unsere heimische Großmuscheln verdrängenden Einwanderin gibts ebenfalls im www oder bei jedem BIONAUT-Kurs zum Thema Süßwasser.
31.08.2009 17:23
@BIOnaut
vielen dank!!!

war gestern nochmal an der Stelle im Chiemsee, südlich des Seglerhafens Unterhochstätt und es sind dort wie du es beschreibst im knietiefen/hüfttiefen Wasser an einer Stelle fast alle Steine mit bis zu 10mm großen Dreissenas besetzt!
konnte mir die Anheftung am Stein mit dem Byssus-Faden anschauen..
Jetzt ist mir auch der beliebte "Besatz" der Wandermuschel an den im Substrat eingegrabenen "Groß"-Muscheln klar.... ist ja der restliche herausragende Teil eine wunderbar einladende freie Fläche..

nochmals vielen Dank, mir ist viel klar geworden.
Antwort