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Rock Bottom Berechnung - zu konservativ?

Hallo,

ich würde gerne eine Diskussion zur Rock Bottom Berechnung, oder einfacher, Gasreserveplanung bei dekompressionspflichtigen Tauchgängen, hier anstossen. Natrürlich kann man nicht genug Gas haben, allerdings erhöht sich durch das zusätzliche Tragen von Bottom Stages auch die Anforderungen und damit potentielle Fehlerquellen und wahrscheinlich wird mir jeder zustimmen, dass das zusätzliche Tragen von 6 Bottom Stages in einem TMX Freiwasser TG keinen Sinn macht, obwohl man damit die Sicherheitsreserve erhöht. Wo ist also seht Ihr die Grenze?

Bei den momentanen Rock Bottom Berechnungen wird von einem worst case Szenario eines kompletten Verlustes des Rückengases bei einem Taucher angenommen. Eine Konfiguration mit Doppelflaschen und absprerrbarer Brücke vorausgesetzt, erscheint mir dieses Szenario als äusserst unwahrscheinlich und es ist natürlich nicht korrekt anzunehmen, dass der komplette Gasverlust bei einem Bruch der Brücke oder Flaschen-O-Ring erfolgt, wie es auf manchen Internetforen diskutiert wird. Damit ein völliger Gasverlust auftritt, müßte ja die Brücke genau am Absperrventil undicht werden, sonst kann ich beide Flaschen isolieren und hätte im schlimmsten Fall den Gasverlust einer Flasche beim Verlassen der Grundtiefe + den Verbrauch zum Lösen des Problems + Gasverbrauch in Stresssituation bis zum Erreichen des ersten Dekogases zu berechnen.

Ich persönlich steige ins Flugzeug ein, da die Wahrscheinlichkeit eines Absturzes mit Todesfolge momentan "nur" bei ca. 0,4 pro 1.000.000 Flüge liegt. Auch beim Tauchen würde mir eine Wahrscheinlichkeit von 1:1.000.000 oder geringer reichen, um einen TG durchzuführen.

Nun wäre es doch interessant zu erfahren, ob es ähnliche Daten bezüglich der Wahrscheinlichkeit eines kompletten Gasverlustes gibt, z.B. beim Versagens des Brückenventils oder überhaupt bei Undichtigkeiten im Doppelpack.

Gibt es solche Daten aus der Unfallanalyse?

Ich meine mich daran erinnern zu können, das die ursprüngliche Empfehlung, 4 oder mehr Lampen/Taucher bei Höhlentauchgängen mitzuführen aufgrund einer Wahrscheinlich-keitsanalyse auf 3 Lampen reduziert worden ist.

Grüzi

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07.08.2009 14:18
hi Posedonia,

zu Rock Bottom kann ich leider nichts konkretes beitragen, halte Deinen Denkansatz durchaus für nachvollziehbar.

Zur Anzahl der Anzahl der Lampen beim Höhlentauchen gab es meines Wissens nach bei den größeren Organisationen NACD und NSS CDS (bin Mitglied) nie den Ansatz mehr als 3 Lampen mitzuführen.

Könnte u.U. bei den Briten ein Thema gewesen sein, da diese beim Sump-Tauchen oftmals schon an den Helmen mehrere Lampen befestigt haben.

Dive safe

Tom
TorstenSGUE, SSI, IANTD, NACD, DAN
07.08.2009 18:26
@ posedonia:
1. Rock-Bottom macht in meinen Augen absolut Sinn!

2. Es ist korrekt: Der worst-case, wie Du ihn beschrieben hast und der (wie Du richtig beschreibst) als Berechnungsgrundlage bei der Rock-Bottom dient, ist ein vermutlich unwahrscheinlicher Fall. Dennoch können Situationen auftreten, in welchen es einfach sehr beruhigend ist, genügend Gasreserven dabei zu haben. Hier sparen manche am falschen Fleck.

3. Ein Tauchgang mit 6 Bottom-Stages macht IMHO im Freiwasser keinen Sinn. Bei einem solchen Tauchgang sprechen wir von mind. 3 Dekostages, was eine Gesamtsumme an 9 Stages ergibt. Das ist dann sicherlich ein TG, bei welchem ein Rebreather eindeutig Sinn macht!

Abschließend möchte ich noch anmerken, dass die Anzahl der Bottom-Stages auch schon allein durch das passende Doppelgerät reduziert werden kann. Ich erlebe es leider allzu häufig, dass genau an dieser Stelle gespart wird und 80-Meter-Tauchgänge mit einer Doppel-12 durchgeführt werden. Nach den Regeln der Rock-Bottom ist das in meinen Augen kein passendes Doppelgerät für diese Tiefe. Nimmt man an, dass ein 36 m Gas für diesen TG geplant ist, dann wären in der D12 fast 230 bar als Rock-Bottom erforderlich. Dies ist natürlich mit einem 4. Dekogas nochmals reduzierbar, aber ein 21/35 hat auf diesen TG wirklich nix verloren. Deshalb ist ein D12 in meinen Augen bis 60 m Tiefe voll ok. Darunter sollte man auf ein größeres Doppel wechseln.

Rock-Bottom-Rechner gesucht?
http://www.faszination-tauchsport.de/rock-bottom-rechner.xls

Gruß
Torsten

P.S.: Ich kann nicht sagen, ob es entsprechende Daten aus der Unfallanalyse gibt.
a2l***, NX**, GUE C+T2
08.08.2009 01:48
@posedonia
Such nicht nach möglichen Ursachen für einen "worst case" und deren Wahrscheinlichkeiten, sondern nach verlässlichen Lösungen -> eine recht sichere ist nun einmal "Rock Bottom"

jm2c

PS: Jeder TG sollte so geplant und durchgeführt werden, daß man ihn am gern nochmal machen will ... und auch kann!!!
08.08.2009 08:12
Hallo posedonia,

also aus den Unfalldaten im Freiwasser und im Bereich „technischem Tauchen“, also mit Tx und Dekogasen kenne ich in Österreich (in den letzten 30 Jahren) keinen einzigen Fall von Bottom-Gasverlust.
Im Bereich „technischem Tauchen“ mit Pressluft und Dekogasen gibt es mehrere Fälle. Diese Fälle unterscheiden sich wiederum in tatsächlichem Gasverlust (Gasvorrat 0) und Fehler (Gas vorhanden, jedoch beide Ventile zugedreht).
Internationale Statistiken in diesem Zusammenhang kenne ich leider keine.

Immer Gut Luft
10.08.2009 12:24
@ThorstenS: Das mit den 6 Stages war als Übertreibung gedacht. Natürlich würde das keiner so durchführen. Wenn man das Doppelpack rein als Reserve verwendet, nützt Dir auch ein grösseres Doppelgerät nicht so viel. Ich gehe davon aus, dass ein volles d12 als Reserve für die meisten TG ausreichend ist.

@a21: schön und gut, trotzdem fehlt mir hier eine konkrete Inzidenzberechnung

@best of34: Interessant. Kann man das nachlesen und weißt Du, wieviele Komplettverluste das pro Anzahl der Gesamttauchgänge mit Doppelpack in Österreich in einem Jahr waren?
10.08.2009 15:43
@TorstenS

Nach deiner Tabelle ist ein 80 m TG mit einer Doppel18 nicht möglich (Umkehrdruck über 210 bar).
Die Berechnung ist formal richtig. Ich bin mir nur nicht sicher, ob man wirklich 40 l/min als AMV annehmen sollte. Auf diese Tiefen gehen keine Anfänger und ein abblasender Regler oder auch 2 oder ein Brückenbruch sollte schon mit einem AMV von 25 machbar sein. Diese Aufstiege übt man ja auch im Kurs!
Gruss
10.08.2009 18:13
Hallo Posedonia,

eine offizielle TU-Statistik gibt es in Österreich nicht explizit. Bei der offiziellen Unfallstatistik ist der Bereich Tauchen einfach bei Schwimmen dabei und hier werden nur Österreicher erfasst.
Kurz um. Rechtlich sind solche Daten eine heikle Sache, darum gibt es in diesem Bereich auch keine öffentlich zugänglichen Daten.

Die Anzahl der Taucher und Tauchgänge in Österreich ist eher eine grobe Schätzung und wie viele davon mit Doppelpack unterwegs sind weiß keiner.

Immer Gut Luft
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