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Restsättigung

Geändert von Wolfgangmaier123,

Hallo zusammen,

ich habe eine ggf. etwas dumme Frage, aber komme nicht selbst auf die Antwort...

Ich hatte an einem Tag 3 Tauchgänge gemacht, alle sehr ähnlich (etwa 18-20m, jeweils ca 45 Minunten, Oberflächenpause von jeweils ca. 1,5 Std). Nach dem ersten Tauchgang zeigte mein Computer 12h Restsättigung an. Der zweite und dritte Tauchgang haben aber nur wenige zusätzliche Stunden Restsättigung bewirkt.

Woran liegt es, dass scheinbar der erste Tauchgang deutlich mehr Stickstoff-Aufnahme bewirkt als die Wiederholungstauchgänge?

Für eine Erklärung bin ich dankbar.

Vielen Dank und beste Grüße

Wolfgang

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SpaetberufenerMaster Scuba Diver
02.06.2024 00:51
Wirklich "Restsättigung"? Oder geht es um Flugverbot?

Flache Tauchgänge steigern eine vorhandene Stickstoffaufladung nicht weiter oder senken sie sogar. Stell die drei Tauchprofile hier ein. Nur die Dauer und die maximale Tauchtiefe sagen noch nicht viel aus.
02.06.2024 07:07
Danke fürs Feedback.
Der Computer nennt das "Desaturation". Das Flugverbot wird separat angezeigt (bei mehr als 12h Desaturation zeigt er aber standardmäßig 24h Flugverbot an).
Leider ist mein Tauchcomputer nicht so gut, dass er ein ganzes Profil erstellt. Aber alle 3 Tauchgänge waren etwa ca 15-20 Minuten bei 19 Metern, dann eine Weile bei ca 10-15 Metern und Auftauchen mit Sicherheitsstopp.
Ich habe das Phänomen aber eigentlich bei jedem Tauchtag beobachtet, dass der erste Tauchgang am meisten Desaturation bewirkt und die späteren nur wenige zusätzliche Stunden.
Woran liegt das?
02.06.2024 08:49Geändert von kwolf1406,
02.06.2024 08:52
Welcher Komputer ist das denn? Du hattest also nach dem 2. und 3. Tauchgang weiterhin 12 Std. Restsättigung?
Sascha314AOWD, Nitrox, Deep
02.06.2024 09:21
rechnerisch: Die Aufsättigung und Entsättigung ist nicht linear. Die ersten Stufen machen viel mehr aus. Das kann zu dem gefühlten Effekt stark beitragen, wenn man nur die Zeit direkt nach dem TG anschaut.

Für das Verständnis rechne das mal mit ner Tauchtabelle durch, da siehdt du du steigst mit ner hohen Sättigunsstufe aus, aber durch die Oberflächenpause sättigst du schon ab. Die "Strafe" führt dann nicht mehr zu einer viel höheren Stufe.

Beitragen kann beim TC auch erwas flacheres längeres Auftauchen bei TG2 und 3 bewirken. Allerdings ist das Verstädnis von Wiederholung auch nicht 100%.

Haupteffekt ist aber die nicht Linearität, d.h. exponentielle Auf und Abgabe.
Punkfish Divingbunte Kärtchen, einfarbige Kärtchen, egal - Hauptsache Tauchen :-)
02.06.2024 10:31

Ich würde ganz stark davon ausgehen, dass er aus irgend einem Grund bei jedem Tauchgang erst mal 12h anzeigt, so als Minimum - vielleicht weil er dann immer den nächsten als Wiederholungstauchgang rechnet, was auhc immer. Mit der realen Sättigung kann das nichts zu tun haben.

Dominik_Emind is like parachute
02.06.2024 11:18
Welcher TC ist das denn?

Manche Hersteller zeigen z.B. für die no fly time nicht eine vom Modell unter den gleichen Parametern wie unter Wasser berechnete Zeit an (die oft ziemlich kurz wäre), sondern entweder einen festen Countdown, oder vielleicht auch eine anderweitig "verlängerte" Zeit. Bei der "Entsättigung" ist dazu noch die Frage, welche Schwelle der jeweilige Hersteller denn genommen hat: Zumindest in sehr verbreiteten Modellen nähern sich die Funktionen ja einem Ausgleich beliebig an (halbieren jeweils nach einer festen Zeit die verbleibende Differenz), erreichen ihn aber nicht perfekt nach einer bestimmten Zeit (ein bisschen wie Achilles und die Schildkröte). Daher müsste man irgendwann einen künstlichen Schnitt machen um einen "jetzt ist komplett entsättigt" Zeitpunkt zu bekommen. Diesen Schnitt kann man leicht sehr weit in die Zukunft legen, er wäre dann faktisch aber bedeutungslos.

Ich würde so eine Anzeige ohne zu wissen wie sie zu Stande kommt nicht überinterpretieren. Unsere Modelle sind nicht grade gut darin, die nach mehreren Stunden womöglich noch vorhandene "Mischung" aus ein bisschen Restsättigung und vielleicht kleinen Blasen im Körper zu simulieren.
02.06.2024 11:46Geändert von kwolf1406,
02.06.2024 11:47
Ich habe maal drei Tauchgänge GZ 45min mit OFP jeweils 90 Minuten mit VisualDecompression nach ZHL-16C durchlaufen lassen und die Kurven der Gewebesättigungen dargestellt.
Man kann unschwer erkennen, dass zu Beginn der Wiederholungstauchgänge die Restsättigungen ziemlich gleich waren, weil nach den jeweils 90 minunten OFP die Entsättigungen auf gleiche Niveaus abgesunken sind. Dein TC gibt vernünftige Werte an, insbesondere wenn sie evtl. etwas pauschalisiert sind (s. Dominik). Ich meine, die Kurven erklären deine Frage ganz gut.
NDLimitGelegen-
heits-
taucher
02.06.2024 11:50
Mich würde auch interessieren um welchen "Tauchkomputer" es sich handelt und nach welchen Modellen er rechnet.

Die Tauchpausen an sich führen schon einmal dazu, dass die Sättigung abnimmt. Interessant wäre zu wissen, auf welches Gebewebe sich das Modell bezieht und ob es eine Art Durchschnitt von schnellen und langsamen Geweben berechnet.

Letztlich könnte sich das Modell auch auf "Glas voll" beziehen. Sprich man kann nicht mehr Sättigung hinzufügen. Aber wie gesagt, näheres kann man nur erahnen, wenn man weiß wie der TC tickt.
NDLimitGelegen-
heits-
taucher
02.06.2024 11:51
Danke Klaus
Dominik_Emind is like parachute
02.06.2024 12:01
Was man in den Kurven von Klaus sieht ist denke ich halt vor allem auch, dass die "Verlängerung" viel damit zu tun hat, dass der jeweils neue TG die Sache "resettet" (eigentlich sogar ein bisschen was hinzufügt, weil die OFP nicht reicht um die langsameren Gewebe komplett leer zu bekommen). Aber die OFP reicht um ziemlich weit runter zu kommen, insofern ist halt die Anzeige von 12h nach dem ersten TG etwas dem ich nicht so viel Gewicht beimessen würde.

Wo man auch aufpassen muss: die Simulation ist ein konkretes Modell. Der TC verwendet vielleicht ein ganz anderes?
02.06.2024 12:03
Hallo zusammen,

vielen Dank für die vielen Feedbacks.

Ich habe einen Mares Puck Pro (also ein ganz einfaches Standardmodell). Vielleicht nochmal zur Klarstellung:
- Nach dem 1. Tauchgang zeigte er 12h Restsättigung an (ich vermute nicht, dass er standardmäßig immer 12h anzeigt; ich glaube, die Anzeige war auch manchmal weniger)
- Nach 1h Oberflächenpause, lag die Restsättigung (Desaturation) somit bei 11h
- Dann kam der 2. Tauchgang, und es kamen wieder 4h hinzu (Restsättigung von 15h wurde also angezeigt)
- Nach einer weiteren Stunde Oberflächenpause, waren es noch 14h, dann kam der letzte Tauchgang, und ich lag am Ende bei (ich glaube) insgesamt 18h Restsättigung.

Warum verläuft das aber nicht linear, sondern der zweite und dritte Tauchgang führen zu weniger zusätzlicher Sättigung? Und ist das richtig so, oder stimmt mein Computer nicht?

Grund meiner Frage war folgende Überlegung: mein Computer zeigte mal am Ende eines Tauchtages (mit 3 TG) 16h Restsättigung an. Mein Flug ging in 20h, und ich habe überlegt, ob ich mir noch einen weiteren (flacheren) Tauchgang "leisten" könnte. Mein Gedanke war: wenn 3 Tauchgänge 16h Restsättigung bedingen, sind das ca. 5h je Tauchgang. Ein weiterer Tauchgäng hätte also zu 21h (16+5) Restsättigung geführt - damit wäre der Stickstoff beim Flug nicht vollständig abgebaut gewesen. Somit hatte ich auf den Tauchgang verzichtet, aber wenn das nicht linear zu sehen ist, waren meine Überlegungen evtl nicht ganz richtig.

Mit der auf dem Computer angezeigten Zeit des Flugverbots hat das nichts zu tun: die zeigt mein Computer standardmäßig bei 24h an, wenn die Restsättigung >12h ist (hat also m.E. nichts mit der Zeit zu tun, in der es tatsächlich gefährlich wäre zu fliegen, sondern ist einfach sehr konservativ).

Danke für eure Feedbacks und Einschätzungen. Und noch eine Bitte: lasst uns nicht diskutieren, ob der letzte Tauchgang in meinem obigen Beispiel sicher gewesen wäre oder nicht - mir geht es nur darum, das Prinzip der Sättigung zu verstehen, und werde unabhängig von den Antworten keine gefährlichen Experimente beim Tauchen eingehen.

Vielen Dank und beste Grüße
Wolfgang
NDLimitGelegen-
heits-
taucher
02.06.2024 12:04
An der Stelle möchte ich erwähnen, dass kein TC eine individuelle Berechnung anstellt. Je nach körpereigenen Biopren ist die Restsättigung eh total unterschiedlich
Dominik_Emind is like parachute
02.06.2024 12:21
Wie gesagt, alle diese Anzeigen sind nicht in dem Sinne "korrekt" als dass man sich da fest drauf verlassen könnte. Alle Modelle die wir heute haben tun sich schwer damit, vorherzusagen was genau 12h nach 3 Tauchgängen los ist. Es ist nicht "linear", Sättigung und Entsättigung gehen immer nach der Logik "in gleichen Zeiträumen halbieren sich Differenzen".

Der Grund aus dem heraus durch die weiteren TGs vermutlich nur jeweils ein paar Stunden hinzu kamen, da kannst Du schon die Grafik von Klaus oben hernehmen, auch wenn der Puck ein ganz anderes Modell verwendet als das was Klaus genommen hat: der erste TG erzeugt eine gewisse Sättigung, die nach Erreichen der Oberfläche nicht ganz abgebaut ist. In der ersten Oberflächenpause sinkt es aber schon weit runter. Nicht ganz entsättigt, aber weit runter. Der TC sagt an dieser Stelle halt "12h" bis "komplett entsättigt". Aber schau Dir mal die Kurven an, ganz null würde es ja mathematisch auch ohne weitere TGs nie. Die Kurven schleichen langsam Richtung null, erreichen es aber eigentlich nicht. So sind die Modelle gemacht, das entspricht natürlich nicht der Realität. Aber ist alles was der TC halt hat. Der Hersteller hat entschieden, irgendwo weit in der Zukunft einen Schlusspunkt zu setzen, der dann halt bei so 12h liegen wird. Dann kommen aber die neuen TGs. Pragmatisch warst Du nach den OFPs schon weit runter entsättigt. Daher sind die beiden weiteren TGs aus Sicht des Modells fast wie frische, neue. Und erzeugen halt jeweils wieder sowas wie 12h, mit der gleichen "Logik" wie oben beschrieben. Allerdings, ein bisschen länger durchaus, denn die OFPs haben ja wie besprochen ein bisschen was noch hinterlassen, auf dem die neuen TGs "aufsockeln".

So kann man das Verhalten des TC schon verstehen.

Die Flugverbots-Zeiten sind sehr konservativ, ja. Rein den Modellen nach müsste man früher fliegen können. Aber die Entscheidung kann Dir so eine "Entsättigungs-Anzeige" echt nicht abnehmen, denn die hat wie beschrieben ihre eigene "Willkür". Und ein Teil des Grundes aus dem die Empfehlungen fürs Fliegen so vorsichtig sind ist, dass wir wissen, dass die Modelle die wir haben bei so langen Zeiträumen einfach nicht besonders gut sind. Hinzu kommen noch andere Gründe, wie z.B. dass viele Leute mehrere Stunden brauchen bis sie sich selbst eingestehen können, dass sie DCS haben. Wenn dieser Moment im Flugzeug kommt (obwohl die DCS nicht vom Flug kam sondern eh da war), dann muss der Flug halt dennoch evtl. umgeleitet werden.

Quintessenz: die "Flugverbots-Zeiten" kann man aus den Modellen und der Entsättigung in den Modellen heraus eigentlich nicht ableiten. Die Modelle würden einen deutlich früher fliegen lassen, und sehr wahrscheinlich geht das ja in den aller meisten Fällen auch. Die langen Zeiten sind "abundance of caution" plus "hm aber wer haftet denn für den Ärger??"
NDLimitGelegen-
heits-
taucher
02.06.2024 12:27
Dominik, völlig richtig.

Die Hersteller möchten halt auch sichergehen, dass sie im Nachgang nicht haftbar gemacht werden könnten. Daher die konservativre Anzeige.
Dominik_Emind is like parachute
02.06.2024 12:31
Naja, für die no fly time haben sie aber eine getrennte Anzeige, und die hat halt die international empfohlenen 12 bis 24h. Insofern macht da ein Anwalt eh keine Schnitte.

Denke mal diese Entsättigungs-Anzeige kommt schon aus dem Willen heraus, Leuten die Frage zu beantworten, wann sie wieder "frisch" sind. Und dann hat man halt sofort das Problem, dass in der reinen Mathematik die Antwort erstmal "nie!" wäre. Das kann ja nicht sinnvoll sein, die Natur schafft sich schon ihren Schnitt. Aber als Programmierer muss man ihn halt künstlich irgendwo hin legen. Also was tun? Zeitpunkt ausgucken wo alles schon sehr weit unten ist...
NDLimitGelegen-
heits-
taucher
02.06.2024 12:40Geändert von NDLimit,
02.06.2024 12:40
Dominik, ich bin ja da absolut bei Dir.

No-Fly ist mit Sicherhiet gerichtsfest. Restsättigung ist halt immer noch die Frage, nach welchem Modell gerechnet wurde. Nochmals Danke an Klaus. Aber diese Berechnungen gehen halt von einem gewissen Durchschnitt aus.

Und damit kommen wir wieder zur mehrfach genannten Frage: Welcher "Tauchkomputer"?
Dominik_Emind is like parachute
02.06.2024 12:44
Steht oben! Mares Puck!

Ist also eine Version von RGBM, damit anders als Bühlmann bei Klaus. Wo genau Mares da den "cut" gelegt hat kann man halt nur raten.
02.06.2024 12:49Geändert von kwolf1406,
02.06.2024 12:51
Der Mares hat ein ganz anderes Modell, nämlich er kalkuliert die Vergrößerung einer bereits vorhandenen (Mikro)Blase oder an einem Blasenkeim entstehende Blase und steuert dich so, dass diese Blasen nicht wachsen. Das ist ein völlig anderer Ansatz, als ZHL (Bühlmann) in dem wir denken und uns vorstellen, dass die Gewebe durch zu starke Übersättigung Blasen entstehen, und wir diese kritische Übersättigung vermeiden. Folgerichtig kennen die ursprünglichen Blasenmodelle keine Restsättigung, denn sie gehen ja von bereits existierenden Blasen aus. Das ist für uns etwas ungewohnt zu denken, dass es funktioniert, aber das berühmte Blasenmodell VPM rechnet wimre tatsächlich ohne Vorsättigung bzw. fragt in der Planung keine Vorsättigung/ Oberflächenpause ab.
Dennoch hat man die Tauchkomputer mit Blasenmodellen, wie deinen Mares, an die Verhaltensweisen der Bühlmannkomputer (ZHL) angepasst. Irgendwie ist die Vorstellung der Übersättigung zu zwingend, und zu Bühlmann gibt es einfach sehr viele experimentelle Daten.
NDLimitGelegen-
heits-
taucher
02.06.2024 12:52Geändert von NDLimit,
02.06.2024 13:15
Ok, habe ich tatsächlich überlesen.

Kann ich der völlig veralteten Forensoftware die Schuld in die Schuhe schieben?
blackraiderDM / IANTD Normoxic Plus
02.06.2024 13:10
Naja, etwas weniger wissenschaftlich kann man auch einfach sagen, dass Du bei den wohl Nullzeittauchgängen immer mir sehr ähnlichen Sättigungen das Wasser verlassen haben wirst.
Der Computer setzt da nun nach deinem ersten TG die 12 Stunden an, Du entsättigst und gehst erneut einen ähnlichen TG machen, danach hast Du wieder eine ähnliche Situation wie nach TG 1, das gleiche passiert bei TG 3.

Was sich allerdings bei der Geschichte ändert, ist die Sättigung der langsamen Gewebe, die sättigen nach und nach mehr auf, da diese in der Oberflächenpause auch langsamer entsättigen. Das führt dann dazu, dass sich eben deine 12 Stunden nicht verdoppeln sondern eben ein Zeitaufschlag drauf kommt für die langsameren Gewebe.

Das kannst Du in der Grafik von Klaus auch sehen, die unteren Linien werden mit jedem TG höher, das sind die langsamen Gewebe in dem Modell.

Ob nun die 12 Stunden korrekt sind und woher die nun kommen, kann Dir nur Mares erklären, Bühlmann erreicht deutlich schneller eine Entsättigung. Wahrscheinlich ist es so wie Dominik es sagt, das einfach irgendwo dann ein Cut gemacht wird.
Dominik_Emind is like parachute
02.06.2024 13:45Geändert von Dominik_E,
02.06.2024 13:48
Ist bisschen komplizierter. Einschränkend vorweg: was RGBM wie von Mares verwendet genau tut weiss Mares natürlich, ich aber nicht.

Als Orientierung für die Basics kann man aber sicherlich VPM nehmen, das ist ja gut bekannt. Da gibt es Blasen in den Kompartimenten, ja. Aber man braucht genauso auch ein Sättigungsmodell. Ohne geht es auch bei VPM nicht, der Gasaustausch mit der Blase hängt ja u.a. davon ab. Und ausserdem ist der Prozess der diffusiven Sättigung und Entsättigung ja auch unvermeidlich, ich denke nicht, dass jemand bestreiten würde, dass das stattfindet. Die Kritik war ja wenn dann, dass in der Realität immer beides, Diffusion und auch Blasenbildung, stattfindet. Vorhandensein von Blasen bedeutet dann nicht, dass alles Gas in diesen Blasen steckt, sondern einfach, dass es Gas in zwei Zuständen (gelöstes Gas, und halt freies Gas = Blasen) gleichzeitig gibt. Bühlmann und Co. (die Neo-Haldane-Modelle) modellieren aber nur einen Zustand direkt, das gelöste Gas bzw. seine Diffusion. Blasen "verstünden" diese Modelle nicht, so war ja die Denkweise. Nicht, dass man ohne Diffusion auskäme. Die Limits wählt man dann z.B. so, dass eine Modellblase kein Gas aufnimmt.

Beide Modellarten werden aber mit einiger Wahrscheinlichkeit bei dieser Art TGs nach vergleichsweise kurzer Zeit kein Problem mehr sehen. Es bewegt sich also doch wieder auf die Frage zu, wo der Hersteller seinen Cut gemacht hat.

Um das zu verstehen: Wenn Dich jemand fragen würde, wie lange er denn mit dem Tauchen warten soll nachdem er eine Erkältung hatte...Du würdest auch sehr ungern eine Antwort geben wollen, und wenn dann eine sehr konservative geben, oder? Und nicht anders geht es halt den Herstellern mit solchen Anzeigen. Kunde möchte gerne wissen "wann bin ich wirklich sauber?". Mathematik kann diese Antwort aber so wirklich nicht geben. Also setzt man eben eine sehr konservative Antwort fest...

CiccioneAdvanced Technical Mermaid
02.06.2024 14:03
Punkt 1: die Desaturation ist ein Prozess, der einer Kinetik erster Ordnung folgt. Also einer Funktion e^(-kt) (wie zB auch ein radioaktiver Zerfall). Beim Bühlmann-Modell hast du insgesamt 16 solcher Kurven mit unterschiedlichen Halbwertzeiten.
Theoretisch (also rein rechnerisch) dauert es unendlich lange bis diese Kurven wieder auf Basislinie zurück gegangen sind.

Praktisch hast du nach einer Nacht nur noch eine minimale Restsättigung bei den langsamen Geweben. Manche TCs zeigen dir die Sättigung der einzelnen Gewebe sogar grafisch an.

Damit ist die Angabe eines Zeitpunkts, ab dem Du vollständig entsättigt bist, eigentlich unseriös. Dein TC scheint hier einfach (willkürlich) mal mit 12h loszulegen. Bzgl NoFly verhält es sich ähnlich. Wenn du viele TG am Stück hattest, solltest du spätestens nach 24h Oberflächenpause wieder uneingeschränkt Flugtauglich sein. Das ist praktischer Weise auch die Zeit, die dein Krempel zum Trocknen braucht, damit du ihn einpacken kannst.
Manche TC geben gar keine NoFly-Zeit an, weil deren Berechnung doch reichlich esoterisch ist
Dominik_Emind is like parachute
02.06.2024 15:53Geändert von Dominik_E,
02.06.2024 15:54
Naja es wird nicht "unseriös" wenn man einen cut in die Modellkurven legt ab dem man einfach den Ausgleich als erfolgt annimmt. Auch real tauchen die Kurven ja irgendwann in den diffusen Untergrund ab, wir tragen keine jahrealte Stickstoff-Schuld mit uns rum ;)

Oft nimmt man ja 6 Halbwertszeiten als Faustregel für "Ausgleich". Wenn man nun als weitere grobe Vereinfachung sagt die Länge eines TGs bestimmt so etwa, welche HWZ Gewebe haben müssen um betroffen zu sein, naja, dann kommt man bei 2 Stunden tauchen auch auf 12 Stunden. Das ist massiv vereinfacht, aber nicht komplett absurd.

Und es scheint ja so, dass nichtmal einfach 12h fix genommen wurden, sondern irgendein sehr kleiner cut auf die Übersättigung. Kann man ja durchaus so machen. Das eigentliche Problem haben die Modelle, Bühlmann sicherlich, aber RGBM würde ich vermuten genauso: es gibt Testreihen mit denen man zeigen konnte, dass Leute die getaucht waren auch nach mehr als 12 Stunden bei einem folgenden Flug dann Blasen entwickelt haben. Laut "Bühlmann" sollte das so nicht sein. Darauf, plus oben besagter Übervorsicht auch im Hinblick auf nicht-wahrhaben-wollen-aber-imFlugzeug-dann-doch-Angst, beruhen ja die Empfehlungen. Die mit einem Countdown einzubauen, dagegen spricht sicherlich nichts.

Was ich nicht machen würde ist, anzunehmen, dass solche Zahlen dann exakt sind. Und, darauf aufbauend, ich würde auch extremste Vorsicht walten lassen wenn ich je in die Verlegenheit sein sollte sowas wie 18 Stunden Dekopflicht mit einem Bühlmann-Modell zu planen. Da schlagen diese Unsicherheiten natürlich auch zu...
CiccioneAdvanced Technical Mermaid
02.06.2024 16:11
@Domink: wobei das erstaunliche ja ist, dass man lt Bühlmann selbst nach einem ordentlichen 90m TG ja recht schnell wieder "clean" ist. Hier scheint die Nutzung mehrerer Deko-Gase sehr viel zu bingen.
Ich hatte öfter schon den Eindruck, dass ein normaler Sporttaucher nach 2x30m da schlechter dran ist.
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