React Right ist ein US-amerikanisches kommerzielles Programm zur Ausbildung von medizinischen Laien in lebensrettenden Notfallmaßnahmen und erster medizinischer Hilfe.
Leider handelt es sich bei der seit Januar auf dem (Taucher-)Markt befindlichen deutschsprachigen Ausbildung um eine nahezu wortwörtliche Übersetzung aus dem amerikanischen. Auf deutsche Belange der Ersten Hilfe wird mit keinem einzigen Satz eingegangen. So wird bspw. die rechtliche Situation des Ersthelfers ausschließlich für die USA beleuchtet, wo es keine Pflicht zur Hilfeleistung gibt, der Ersthelfer jedoch mit juristischen Konsequenzen rechnen muss, wenn er einen Fehler begeht. Ebenso fehlt jeder Hinweis auf die so genannte Rettungskette oder die in Deutschland gängigen Notrufnummern.
Des weiteren ist das Manual gespickt von Dutzenden, teils gravierenden fachlichen Fehlern und Mängeln.
Die lebensrettende „stabile Seitenlage“ bei Bewusstlosigkeit wird bspw. nur in einem einzigen Bild abgehandelt, wobei die diesbezügliche Darstellung vollkommen falsch ist (Kopf nicht überstreckt, Mund nicht tiefster Punkt des Kopfes, Mund nicht geöffnet). Die Durchführung der stabilen Seitenlage wird im Buch nicht weiter beschrieben.
Weiterhin wird laut React-Right-Manual die stabile Seitenlage nur dann durchgeführt, wenn sich der Ersthelfer sicher ist, dass keine Wirbelsäulenverletzung vorliegt. Dabei wird dem Leser konsequent verheimlicht, wie er denn eine Wirbelsäulenverletzung nachweisen oder sicher ausschließen kann. Tatsächlich ist dies ja auch gar nicht möglich oder nötig, sondern man muss in einem Verdachtsfall aus WS-Verletzung beim Bewusstlosen eine Gefahrenabwägung treffen, die immer dazu führt, dass der bewusstlose Patient zur Vermeidung des Erstickungstodes durch verlegte Atemwege mit entsprechender Vorsicht in die stabile Seitenlage gebracht wird. Auf diese Maßnahme aufgrund einer weitgehend irrealen Angst vor einer Querschnittlähmung, (oder genauer: vor den juristischen Konsequenzen, die es in Deutschland ja gar nicht geben kann) zu verzichten, bedeutet in vielen Fällen den sicheren Tod des Patienten.
Über Tauchunfälle erfährt der React-Right-Teilnehmer gar nichts, über Ertrinkungsnotfälle nur sehr wenig. Aber die enorm wichtigen Themen Schlangenbisse und Notgeburt werden ausführlich abgehandelt, und vom React-Right-Helfer wird sogar gefordert, dass er eine Nabelschnurumschlingung erkennen können muss! Der React-Right-Helfer weiß auch, wie man einen Patienten auf das in den USA gebräuchliche, bei uns aber vollkommen unbekannte, weil durch die Verwendung von Vakuummatratzen überflüssige Lifeboard fesselt.
Aber was macht man bei Brustkorbverletzungen? Oder Kopfverletzungen? Fehlanzeige!
Dafür erfährt der React-Right-Kunde, „Wenn Sie einen Patienten auf seiner verletzten Seite lagern, verhindern Sie damit, dass das Blut innerhalb des Körpers auf die unverletzte Seite fließt.“ Ach so.
Und: „Helfen Sie dem Patienten sich hinzulegen, außer wenn er eines der folgenden Probleme hat: Atemschwierigkeiten, Kopf-, Nacken-, oder Rückenverletzungen.“
In diesen Fällen bleibt der Patient also wohl besser stehen...?
Außerdem: “Machen Sie die Atemwege des Patienten frei, bevor er zu atmen beginnt, indem Sie ihn mit dem Gesicht nach unten drehen.“ ???
Die Reihe von solchen wirren Ratschlägen aus dem React-Right-Manual ließe sich noch lange fort führen.
Ein absolutes Novum ist auch, dass sich die Netzhaut jetzt vor der Pupille befindet (früher war da die Hornhaut), es jetzt ein inneres und äußeres Kreuzband gibt (früher: hinteres und vorderes KB) und die Kniescheibensehne nun im Gelenkspalt des Knies verläuft.
Mit Merkworten wie „UNWADS“, „WATAKLUF“, „SABCDE“, „AMPEL“, „FMS“ und „GBK“ kann sich jeder React-Right-Helfer natürlich spielend leicht und dauerhaft den Ablauf von Untersuchungen am Patienten und die entsprechenden Behandlungen einprägen.
Dem Leser des Manuals wird auch in jedem Kapitel gelehrt, was er tun soll, wenn sich der Rettungsdienst „verspätet“, ungeachtet der Tatsache, dass die meisten medizinischen Laien mit den empfohlenen Maßnahmen, wie z.B. Medikamentengabe oder Reposition von verrenkten Gelenken vollkommen überfordert wären.
Fazit: Das React-Right-Manual ist voller schwerer fachlicher Mängel und merkwürdiger, irreführender Formulierungen. Nicht ein einziges Thema wird im Manual behandelt, bei dessen Lektüre der sach- und fachkundige Leser nicht entsetzt die Hände über dem Kopf zusammenschlägt oder alternativ vor Lachen vom Stuhl fällt („Schreien Sie das Rettungspersonal nicht an.“ „Beruhigen Sie das Opfer, denn nur etwa 15% aller Schlangenbisse sind tödlich.“).
Absolventen eines solchen Kurses werden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage sein, adäquate Notfallmaßnahmen zu treffen. Das fängt mit der Meldung eines Notfalles an, geht über falsche Setzung der Prioritäten bis hin zu seltsamen Empfehlungen für Hilfsmaßnahmen. Da auf Tauchunfälle nicht einmal Ansatzweise eingegangen wird, ist vollkommen unverständlich, dass eine Tauchsportorganisation ein solches Manual zur Ausbildung ihrer Taucher verwenden will.
Interessant ist auch, dass für die React-Right-Ausbilder und auch für deren Trainer wohl keinerlei medizinische Vorbildung gefordert wird. Mutmaßlich ist diese auch gar nicht erwünscht, denn sonst würde dieses Programm mit Sicherheit keine Verbreitung finden können.