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AllanonCD, TEC Deep Instr. Trainer, Trimix Instructor

Praxis der Tauchuntersuchungen sinnvoll

Mods: Sollte dieser Thread bei "Ausbildung" besser aufgehoben sein, bitte verschieben.

Jetzt zu meiner Frage: Haltet ihr die gängige Praxis wie Tauchuntersuchungen eingefordert oder durchgeführt werden für sinnvoll?

Ketzerisch gebe ich selbst zu Protokoll:

- die derzeitige Praxis ist scheinheilig und nicht zielführend, seitens der Gewerbetreibenden wie auch der Taucher selbst

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shuttleTL** / Instructor Trainer / MSDT / TMX
26.02.2016 23:27Geändert von shuttle,
27.02.2016 10:05

Der Thread passt hier ebenso wie in Ausbildung.

Nun, eine allgemeingültige Praxis gibt es eigentlich nicht. Nach meiner persönlichen Erfahrung (die Basen und Schiffe, die ich so die letzten Jahre aufgesucht habe) ist es so 50/50 (wollen eine TTU sehen oder auch nicht).

Mir persönlich ist das eh "Schnuppe". Ich hab eine (die mach ich ja für mich), wer sie sehen will, darf sie sehen. Wer sie nicht sehen will, auch Recht.

Was ist der Hintergrund der Frage? Die Basen, die so was wollen, wollen im Fall der Fälle sagen können, sie hätten sich vergewissert, dass ... Bei macnhen Verbänden schreiben es ja (zumindest für Ausbildungs-TG) die jeweiligen Standards vor, in manchen Ländern wird es von staatlicher Seite verlangt. 

Aber was "juckt" dich das?

 

AllanonCD, TEC Deep Instr. Trainer, Trimix Instructor
27.02.2016 08:49

>Aber was "juckt" dich das?<

Du hast natürlich in soweit recht, dass es mir persönlich "Schnuppe" sein könnte, wie jemand mit seiner Gesundheit, bzw. mit den Gefahren für diese umgeht.

Es geht mir auch weniger darum wie jemand seine Eigenverantwortung auslebt...denn dafür heisst diese schließlich auch Eigenverantwortung. Mehr geht es mir darum auf welchem Podest die TTU steht.

Zur Erläuterung ist es vielleicht besser Beispiele zu benennen:

1) Tauchbasis in D: Gruppe kommt nach Voranmeldung, beim Einchecken verlangt die Basis Brevets und TTU des Verantwortlichen - nicht vom Rest der Gruppe...Sinnhaftigkeit?

2) Deutsche Tauchbasis in Ägypten: Die Staffs lassen sich von einem Stamkunden (Arzt) unterschriebene TTU's mitbringen

3) An etlichen Basen ist es Usus, dass der Kunde beim ersten mal eine TTU mitbringen muss, in Zukunft dann nicht mehr?

4) Der Taucher bekommt von seinem Arzt keine TTU mehr....Frage/Aussage des Tauchers: Na dann gehe ich halt zu jemand anderen bei dem ich für mein Geld die TTU erhalte

Könnte diese Auflistung jetzt fortsetzen....

Ich bin folgender Auffassung:

Solange die TTU durch jeden Arzt ausgefüllt werden darf und es keine Datenbank gibt, auf die alle Tauchverbände und Tauchärzte zugreifen können, solange hat die TTU nicht den Stellenwert, den man ihr vermeintlich zuschreibt.

In den Ausgaben der GTÜM zu Tauchunfällen steht das Herz- Kreislaufversagen mit Abstand an erster Stelle, denn beim Tauchen ist es wie beim Auto fahren - keiner will sich scheinen wegnehmen lassen. Beim Autofahren sind es die älteren Menschen, die oft nicht mehr in der Lage sind....beim Tauchen sind es nicht nur die Älteren, hier kommen auch noch die sehr beleibten hinzu....

Daher gibt es für mich nur zwei ehrliche Lösungen:

1) Entweder man legt die TTU in Gänze in die Eigenverantwortung des Tauchers und weisst empfehlend beim Grundkrus daraufhin hin und belässt es bei der Selbstauskunft für die eigene Absicherung.

oder

2) Die Durchführung der TTU wird verbindlich genormt und eine Datenbank erstellt. Erhält der Taucher dann eine Ablehnung wird diese in der Datenbank fixiert und der Taucher kann sich nirgendwo anders eine holen.

Persönlich bin ich für Alternative 1, da es schon mehr als genug Vorschriften in dieser Welt gibt. Alternative 2 würde die TTU jedoch auf das Podest stellen, auf dem sie derzeit von so manchen scheinbar gehoben wird.

shuttleTL** / Instructor Trainer / MSDT / TMX
27.02.2016 10:32Geändert von shuttle,
27.02.2016 10:58

1) - 4) gelbte Praxis. Du wirst das aber egal mit welchen Vorschlägen weltweit gesehen nicht ändern können. Wir bekommen ja nicht mal in Deutschland eine einheitliche Linie hin.

" Solange die TTU durch jeden Arzt ausgefüllt werden darf und es keine Datenbank gibt, auf die alle Tauchverbände und Tauchärzte zugreifen können, solange hat die TTU nicht den Stellenwert, den man ihr vermeintlich zuschreibt."
-> Einverstanden, aber in hundert kalten Wintern nicht realisierbar wink

"Daher gibt es für mich nur zwei ehrliche Lösungen: 1) .....  belässt es bei der Selbstauskunft "

Die Selbstauskunft - respektive die kursierenden Selbstauskunftsbögen - nebst die Handhabung der Basen sind doch Schwachsinn^10. Wer soll denn hier - bei diesen Bögen - eigentlich eine vernünftige und verbindliche (genormte, weltweit gültige) Form vorgeben? Und wie soll/kann eine Tauchbasis mit ehrlichen Auskünften umgehen ohne medizinsch geschult zu sein? Damit klar wird, was ich meine, nachstehend ein paar (Achtung: zur Verdeutlichung absichtlich überspitzte) Beispiele aus dem weltweit am häufigsten verwendeten Bogen, der für viele Tauchbasen ohne Sinn und Verstand eingesetzt wird:
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ERKLÄRUNG ZUM GESUNDHEITSZUSTAND
Eine mit “JA” beantwortete Frage gibt Aufschluss über einen Zustand, der Ihre Sicherheit beim Tauchen beeinträchtigen könnte
-  Könnte es sein, dass Sie schwanger sind, oder wünschen Sie sich eine Schwangerschaft?
Taucherin (1): „Letzte Woche Regelblutung, aber ja, ich wünsche mir eine Schwangerschaft und werde in diesem Urlaub alles dafür tun“
Tauchbasis: „Ja, tut uns leid, da müssen wir dich jetzt zum Arzt schicken oder du kreuzt „nein“ an, ich geb dir einen neuen Bogen"
Taucherin (1): „Nein, ich kreuze nicht „Nein“ an, denn ich unterschreibe für den Wahrheitsgehalt. Und nein, ich gehe nicht zu einem Arzt, was soll das denn?“
Tauchbasis: „Dann tut es uns leid ….“

 - Nehmen Sie gegenwärtig verordnete Medikamente? (mit Ausnahme von Anti-Konzeptiva oder Malaria-Prophylaxe)
Taucher (2): „Ich nehme Lariam, ist das ein Problem? Ich hab vorher mit einem Taucher geredet, der sagt sagt, bei der Bundeswehr ist die Verwendung von Lariam für Taucher untersagt. Anscheinend gibt es neuropsychiatrische Auswirkungen? Das würde so bei der GTÜM stehen?
Tauchbasis: „Das ist kein Problem. Schau mal, auf dem Bogen steht ausdrücklich „Mit Ausnahme von Malaria-Medikamenten. Da können wir uns schon auf Padi verlassen“

Sind Sie älter als 45 Jahre und erfüllen Sie einen der folgenden Punkte?
- Sie haben in der Familie Vorkommnisse von Herzinfarkt oder Schlaganfall
Taucher (3) : „Mein Opa hatte einen Herzinfarkt. Ich selbst bin jedoch Ausdauersportler und mein letztes Belastungs-EKG war super.“
Tauchbasis: „Kreuz halt „Nein“ an, sonst können wir dich leider nicht Tauchen lassen“.
Taucher (3): „Ich hab eine TTU dabei ….ich hab sie dir doch mit dem Zettel gegeben“
Tauchbasis: „Tut uns leid, wenn du hier „JA“ ankreutzt musst du trotzdem zum Arzt. Deine TTU ist schon 10 Monate alt, das kann ja heute anders sein

Hatten Sie in der Vergangenheit oder leiden Sie momentan an einer der nachfolgenden Krankheiten?
- Erkrankungen oder chirurgische Eingriffe im Bereich des Brustkorbes
Taucher (4) : „Ich hatte ein PFO und habe es mir verschließen lassen. Das war ein chirurgischer Eingriff im Bereich des Brutkorbes, deswegen „JA“
Tauchbasis: „Tut uns leid, dann musst du zum Arzt, der muss das kontrollieren…. Oder du tauchst nicht“

- häufige oder starke Reisekrankheit (Boot, Auto usw.)
Taucher (5) : „Mir wird bei hohem Seegang schlecht, ich nehme jedoch das homöopathische Mittel Divegood®"
Tauchbasis: „Tut uns leid, dann musst du zum Arzt,  Oder du tauchst nicht“

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"oder 2) Die Durchführung der TTU wird verbindlich genormt und eine Datenbank erstellt. Erhält der Taucher dann eine Ablehnung wird diese in der Datenbank fixiert und der Taucher kann sich nirgendwo anders eine holen."

 

Wovon träumst du? Wer soll "verbindlich" normen? Die GTÜM für den Rest der Welt? Amiland, Australien, Afrika, Mikronesien, Asien ... ?? und der Taucher kann sich auf den Kap-Verden (wahllos gegriffen) beim Dr, med. Joao Rodrigo (Phantasiename) keine TTU holen; oder bei Dr.med. Mustafa al Fari in Marsa Alam oder bei Dr.med. Alfons Müllerim Bittelschießer Täle auf der schwäbischen alb ... weil die alle schön in der in inerantionalen Datenbank sehen, dass Dr.med. Alois Pichelhuber aus Oberammergau dem Sepp keine ausgestellt hat oder der Dr. Li Chung in China .... ? wink ... was macht nochmals der brave Arzt in Botsvaridorf, das keinen Intenet-Zugang hat?  ... Oder tauchen wir nur noch in Europa und EGY und dort auf deutsch geführten Basen ??

Ich verstehe vollkommen, was du meinst. Aber vergiss beide Versionen.

Ein Taucher ist für sich selbst verantwortlich. Für seine Gesundheit, für seine Ausrüstung, für seine Tauchgewohnheiten. Profile etc.pp.

Wie -absolut richtig erwähnt- ein Autofahrer. Ich fahre seit >40 Jahren Auto und kein Mensch will je von mir wissen, ob ich das eigentlich (gesundheitlich) verantworten kann. Und die Mietwagenfirma verlangt keinen Selbstauskunftsbogen. 

27.02.2016 12:45

Ich verstehe diese und ähnliche Diskussionen leider schon im Ansatz nicht. 

 

Wofür mache ich die TTU? Die mache ich persönlich ganz allein für mich. Und da kann ich entscheiden, wo und  in welcher Qualität ich sie mache. Da mir mein Leben und meine Gesundheit wichtig sind (und ich die 40 überschritten habe) gehe ich jedes Jahr zu einem Spezialisten mit Belastungs EKG, Lungenfunktiontest, und dem ganzen Gedöns. Weil es MIR wichtig ist. Scheiß drauf, was andere denken oder wie andere es handhaben. Hat jeder selbst in der Hand, wie so ziemlich alles beim tauchen.

 

Gelebte Praxis? Ist mir scheissegal, habe alle notwendigen Papiere und Brevets, weshalb ich mit jeder gelebten Praxis klarkomme. Wenn jemand mit irgendeiner Basis oder irgendeiner Regel Probleme hat: Sein Problem. Muss er halt diskutieren und nachhause gehen oder gleich Zuhause bleiben. Hat auch jeder in der Hand.

 

Ketzerisch? Ist doch Quark, da jeder den Grad seiner "Ketzerei" selbst zu verantworten hat.

AllanonCD, TEC Deep Instr. Trainer, Trimix Instructor
27.02.2016 17:29

@shuttle / @Fullcave

Genau eure direkten Aussagen zu diesem Thema wollte ich hören/lesen und widerspreche auch in keinem Wort..wink

Das meine Alternative mit der Datenbank völlig illusorisch ist, ist mir auch völlig klar. Es sollte nur mit der Darstellung der anderen Beispiele erläutern welche Alibi-Funktion die bisherige Praxis mit sich bringt.

Was die Selbstauskunft angeht, so haben diese auch in anderen Sportaktivitäten wie zum Beispiel Fallschirmspringen oder Indoor Skydiving etc. Einzug gehalten. Und ob die Selbstauskunft in Ägypten, Deutschland oder anderswo inhaltlich die gleiche sein muss, sei auch dahingestellt. Am Ende soll sie ja nur den Gewerbetreibenden vor einer Haftung schützen.

Mir ging es bei der Eröffnung dieses Threads im wesentlichen darum darzustellen wie scheinheilig ich die gängige Praxis finde. Denn letztlich interessiert es die Basis sehr oft nicht, wie gesund ich tatsächlich bin.

Und wie man in einem Thread in der Ausbildung feststellen kann, wurde das (nicht) Einfordern als möglicher Grund gesehen, ob diese Basis qualitativ wertvolle Arbeit leistet.

Eine offene und ehrliche Meinung von einem Gewerbetreibenden zu diesem Thema fände ich schon durchaus interessant.

27.02.2016 18:07

Jeder verantwortungsvolle Mensch, völlig egal ob Taucher oder Nichttaucher, wird sich ab und zu durchchecken lassen. Manche sogar öfter als ihr Auto.

Der Sinn einer entsprechenden ärztlichen Bescheinigung bleibt mir aber weitgehend verborgen, denn damit belege ich doch nicht, dass ich gesund bin, sondern nur, dass ich irgendwann mal gesund war. Das kann allerdings schon Monate oder Jahre her sein. Was nützt das dann mir oder einer kontrollierenden Tauchbasis?

Dann doch lieber nur unterschreiben, dass man auf eigene Gefahr taucht. Damit ist die Tauchbasis aus dem Schneider.

Verantwortungslose Menschen werden immer einen Weg ins Wasser finden, ganz egal wieviel Kreuze sie machen oder welche Zettel sie vorzeigen müssen.

Maxxi

 

 

ramklovApnoeTL, TL**
29.02.2016 16:42Geändert von ramklov,
29.02.2016 16:46

"Haltet ihr die gängige Praxis wie Tauchuntersuchungen eingefordert oder durchgeführt werden für sinnvoll?" -> Klares Nein für Einforderung und klares Ja für Durchführung.

Für die Durchführung habe mich mir meinen eigenen Arzt ausgesucht, der die nach meiner Auffassung "richtigen" Untersuchungen macht und mich mit den nach meiner Meinung "unsinnigen" Untersuchungen in Ruhe lässt. Anschließend wird das Ganze durchgesprochen und ich fühle mich informiert.

Die Einforderung: Ich habe kein Problem, die Untersuchung vorzulegen - die TSU steht sowieso in meinem Taucherpass. Die Praxis sieht aber häufig wie von shuttle am 27.02.2016 10:47:58 beschrieben aus. Man wird mit Nachdruck genötigt (!), den Padi Bogen mit 30mal ja hinzuschreiben, auch wenn man die TSU vorzeigt. Dies steigert nicht nur meine Allergie gegen ... (Amisch***) sondern animiert mich zu besonders überlegter Basenauswahl. Im Übrigen schreibe ich bei den Erklärungsbögen meist irgendwo "ja" hin und lege anschließend meine TSU vor. Die von shuttle oben beschriebenen Vorgehensweisen und das von mir Erlebte sind wie eine Nötigung sich einer Art Scharia zu unterwerfen. Traurig, dass so viele Taucher (Kunden) mitmachen und alles erklären, was der Basenbetreiber (Geschäftsmann) haben will. Das "Nein" stimmt zwar nicht, aber ...

Das Argument, nach der die TSU nur besagen soll, dass man irgendwann mal gesund war, zieht nicht, da durch eine jährliche Untersuchung für (Tauch-)Sportler viele sich schleichend entwickelnde Erkrankungen, die irgendwann Probleme aufwerfen, erkannt werden dürften. Ohnehin sollte man seine Körpersignale kennen und halbwegs fit sein. Tot umfallen kann man immer, da wird auch eine tägliche Untersuchung nichts ändern.

gruß ramklov

29.02.2016 18:03

 

"Dies steigert nicht nur meine Allergie gegen ... (Amisch***) sondern animiert mich zu besonders überlegter Basenauswahl. Im Übrigen schreibe ich bei den Erklärungsbögen meist irgendwo "ja" hin und lege anschließend meine TSU vor. Die von shuttle oben beschriebenen Vorgehensweisen und das von mir Erlebte sind wie eine Nötigung sich einer Art Scharia zu unterwerfen."

 

Das sagt ein Soldat des "Produkthaftungs IS" lol2

 

popcorn

 

 

01.03.2016 13:31

Eine Normierung wird es hinsichtlich der TTU nicht geben, den Fragebogen benutzen die Tauchbasen doch schließlich auch nur um sich abzusichern. Für meine Tauchtauglichkeit bin ich selbst verantwortlich und habe daher kein Problem einfach auf dem Fragebogen 30 Häkchen bei NEIN zu machen (Vielleicht könnte man die Dinger ja vorausgefüllt anbieten^^).

Alle 2 Jahre geht es dann zum Checkup und dann gibt es (hoffentlich) wieder einen schönen Eintrag im Pass.

Wie gründlich dieses Checkup ausfällt (Belastungs EKG, Lungenfunktionstest etc.) muss jeder für sich verantworten, denn schließlich ist auch in Deutschland  zum Erhalt der "bescheinigten TT" vom Handauflegen beim Sportmediziener bis zum GTÜM-Volltest alles möglich. Die Praxis ist und bleibt ein rechtliches "Absicherungsinstrument" und hat im Großteil der Fälle sicherlich keinerlei Bezug zu einer tatsächlichen Tauglichkeit.

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