Hier können alle Fragen zum Thema Tauchausbildung ausgiebig diskutiert werden. Verbandsübergreifend kann hier nach allem gefragt werden was zum Bereich Aus- und Fortbildung gehört - moderiert von erfahrenen Tauchern.
Dive-ManTL**,
TL Nitrox*

Pietät beim Tauchen oder Tauchtourismus

Geändert von Dive-Man,

Mich würde eure Einstellung oder Meinung zum Thema "Tauchen in Wracks in denen beim Untergang Menschen gestorben sind", interessieren.

Wie weit ist an solchen Plätzen das Tauchen vertretbar. Zählt Tauchtourismus mehr als Gedenken an Verstorbene.

AntwortAbonnieren
TechnomancerGeschlossen
14.06.2019 11:43
Interessante Frage.
Ich glaube es kommt auf die Mentalität der Besucher an.
ICH für meinen Teil halte an Gedenkstätten inne, und was kann es für ein größeres Mahnmal geben als ein versunkenes Schiff?
Natürlich gilt immer, egal ob an einem geschichtlich relevanten Wrack oder einer bewusst versenkten Dekoration: "Leave only bubbles, take only pictures.".
Aber bei einem geschichtlich relevanten Wrack, so ich da jemanden sehe der sich daneben benimmt, rumfummelt, mit seinen Flossen Beschädigungen verursacht etc., da klappt mir gedanklich eher das Messer in der Tasche auf und in einem solchen Fall würde ich die Person u.U. auch (notfalls) aus dem Wasser zerren.

Ich finde das respektvolle und erinnernde Tauchen an solchen Wracks ausdrücklich in Ordnung.
(Eines meiner Traumziele ist z.B. Scapa Flow, da starben zwar eher weniger Menschen, aber einen Schauer jagt mir das dennoch über den Rücken und so sollte es auch sein.)

Den Massentourismus, das Durchschleusen ohne Hintergründe, da halte ich nichts von.
MySig... Hit and Run ...
14.06.2019 11:44
Für mich persönlich wäre die Grenze wenn die Gebeine noch vorhanden sind oder nicht geborgen wurden. Das wäre für mich persönlich so als würde ich in ein offenes und "belegtes "Grab steigen.

"Geräumte" und/oder leere Wracks sehe ich für mich weniger problematisch. Das ist für mich vergleichbar als würde ich über einen Friedhof gehen/besuchen.
TechnomancerGeschlossen
14.06.2019 11:45
+ Das was MySig sagt. Wenn in einem Wrack noch sichtbare Gebeine vorhanden wären würde ich auch umdrehen.
SolosigiPADI DM, RAB/VDST/CMAS CCR Tec, Poseidon SE7EN CCR
14.06.2019 11:59
Als ich vor über 25 Jahren den Tauchschein in der DomRep gemacht habe, habe wir auch dei "Hickory" und die "Caption Alsina" betaucht. Bei der "Caption Alsina" (etwas tiefer) kann ich mich erinnern, dass es mir in die Zähne gefahren ist. Und beim Eintauchen in die "Hickory" hat mich eine Seespinne fürchterlich erschreckt...
Aber an irgendwelche Pietät kann ich mich eigentlich nicht errinnern...

Als ich einige Jahre später an der Salem Express getaucht bin (wir waren da mit der Baden Bowell eine der ersten!) war es, auf Grund der kurzen Zeitspanne seit dem Untergang, der großen Anzahl der Toten und des Anblicks der Habseeligkeiten schon ein etwas beklemmendes Gefühl...

Und bei späteren Tauchgängen z.B. an der Gautsch, Abu Nuhas mit all ihren Wrachs oder der Jura war ich offenbar "kalt und abgebrüht". Da gab es dann keine besonderen Gedanken an das Unglück und die betroffenen Menschen... (Leider)

Auch die künstlich versenkten Wrack, wie die Rozy, P28, El Faroug etc. habe keine anderen Gefühle in mir geweckt...

Gruss
Solosigi
MySig... Hit and Run ...
14.06.2019 12:05
Künstlich versenkte (leere) Wracks sind ja nicht das Thema. 😉
IvoryAOWD DTSA**
14.06.2019 12:09Geändert von Ivory,
14.06.2019 12:10
Also ich denke schon, dass man ein respektvolles Verhalten an den Tag legen sollte. Und ich finde es völlig vertretbar, wenn in Wracks wie der Salem das betauchen der Innenräume untersagt ist. Auf der anderen Seite halte ich nichts davon, dass Wracks, wie die Estonia oder der HMS Royal Oak komplett verboten werden. Da wird aus meiner Sicht der Grabcharakter nur vorgeschoben. Denn sind wir mal ehrlich. Was haben die Verstorbenen davon, wenn wir uns vom Wrack fernhalten? Was haben deren Hinterblieben davon? Wracks sind, gerade dann, wenn sie nicht künstlich versenkt wurden erlebbare, lebendige Geschichte. Das Andecken an die Verstorbenen wird durch die Möglichkeit ihr Schicksal hautnah selbst zu erfahren doch eher gestärkt.

Dass nun der Massentourismus ungezügelt über so ein Wrack herfällt und jeder Touri mal ein Selfi mit Opas Schädel machen kann, ist sicherlich die Schattenseite der Medallie. Aber da sollte man versuchen einen mittelweg zu finden, indem man die Zahl der Tauchgäste limitiert und die Voraussetzungen hochschraubt. Auch eine Guidepflicht mit entsprechend sensibilisierten Guides, die gutes Benehmen vorleben halte ich für akzeptabel.
14.06.2019 14:23
Also zunächst mal muss man unterscheiden zwischen einer reinen Unfallstelle und einer Grabstelle. Sind keine menschlichen Überreste mehr vorhanden, weil diese geborgen wurden, hätte ich kein großes Problem, dort zu tauchen. Ja es ist ein Ort, an dem jemand gestorben ist, aber das sind viele Orte. Wohnungen, in denen jemand verstorben ist, werden wieder bezogen, Straßen wieder befahren, etc.

Anders ist es bei tatsächlichen „Grabstellen“. Dort ist es eine Frage der Zeit.

Mal ein Vergleich: Bei einer „regulären“ Bestattung auf einem Friedhof gilt eine sogenannte Ruhezeit/Ruhefrist. Diese beträgt meist zwischen 10 und 30 Jahre. In dieser Zeit dürfen Änderungen nur mit besonderer Genehmigungen und aus wichtigen Gründen vorgenommen werden. Die Zeit hat zum einen den Zweck, dass tatsächlich die sterblichen Überreste zerfallen und dann möglichst wenig übrig bleibt. Zum anderen soll mit der Zeit auch das Andenken an die Person gewahrt bleiben. Je mehr Zeit vergeht, desto weniger direkte Angehörige bleiben übrig, die eine Störung der Grabstelle nicht wollen würden.

Und so würde ich das beim Tauchen auch halten. Zwar geht die Zersetzung eines Körpers unter Wasser eher schneller vonstatten, aber sie kann auch mal langsamer verlaufen, deswegen halte ich 25 oder 30 Jahre für eine gute Frist, in der man so einen Ort nicht stören sollte. Wenn es noch Angehörige gibt, die das nicht wollen, sollte man das respektieren. (Das erledigt sich mit der Zeit...)

Eine Frage ist dann noch, wie der Ort abgegrenzt wird. Bei einigen Wracks ist es ja so, dass man außen rum darf, aber eben nur nicht rein. Könnte man damit vergleichen, dass man ja auch über einen Friedhof gehen kann, solange man nicht anfängt zu buddeln...

Das Ganze ist auch an Land gar nicht so einfach. Manche sehen einen Friedhof eher als Park und gehen dort Spazieren oder Laufen oder sogar Picknicken. (Besonders in Großstädten nicht so selten.) Für andere wäre das undenkbar. Ist also auch eine Frage der persönlichen Einstellung dazu.
14.06.2019 15:22
Das Betauchen von Wracks ist doch fast überall durch Gesetze geregelt. Daran halte ich mich und gut ist.

fusselhirnKinderbeckenapnoebrevet
14.06.2019 17:18
Mich würde ja die Meinung des Fragestellers interessieren, verstehe nicht so ganz worauf die Frage abziehlt.

bolivarJA…..
14.06.2019 17:43Geändert von bolivar,
14.06.2019 21:22
Tauchtourismus ist meistens nicht sehr pietätvoll es geht um Tourismus ....
In jeder Ausgrabungsstätte sind menschliche Überreste vorzufinden .
Genau so verhält es sich mit dem Wracktauchen ein Großteil davon I.& lI.WW bei der naturgemäß Menschen zu Tode gekommen sind .
Respektvoller Umgang wie mit den Lebewesen im Meer ist immer angezeigt
TondobarPassivtaucher
14.06.2019 20:40
Den Toten dürfte es egal sein, aber den Angehörigen vielleicht nicht. Ich würde gerne wissen, was die Leute in Safaga darüber denken, dass die Salem betaucht wird.
Auf Friedhöfen in Deutschland wird es nicht gern gesehen, wenn Kinder dort Ball spielen. Es gibt aber aufgegebene Friedhöfe, wo heute ein Park ist, in dem die Leute im Sommer grillen und picknicken. Ein paar alte Grabsteine stehen dort immer noch herum. Unsere Gesellschaft unterscheidet also, wie lange der Leichnam schon an dem Ort liegt. Möglich, dass andere Kulturen das genauso handhaben. Ich persönlich habe mich damals aus diesen Erwägungen nicht für die Ausfahrt zur Salem eingetragen. Dagegen hätte ich keine Hemmung, mir 100 Jahre alte Gebeine in den Cenoten anzuschauen.
14.06.2019 21:02
Wir betrachten auch Leichen von kirchlichen Würdenträgern in Kirchen oder Knochen- und Schädeltürme in Beinhäusern von Friedhöfen - aber das sind alte Relikte. Deshalb ist es für mich auch eine Frage der Zeit. Etwa wie die Frage: Interessiert sich die Polizei für eine Leiche oder der Historiker/Archäologe.
Aber Respekt verdienen alle. Und WKI-Tote sollten noch absolut tabu sein.
vinnimStroke ;-)
15.06.2019 09:08
Dive-Man, ich bin bekennender Wracktaucher - an Wracktourismus habe ich noch nie gedacht. Und pietätlos bin ich auch nicht.
Ja, auch ich mache Unterschiede bei der Betauchung. So war ich in den letzten 15 Jahren mehrfach an der Salem Express, bin aber erst dieses Jahr erstmalig durch getaucht. Andererseits habe ich für nächstes Jahr Truk Lagoon gebucht - obwohl dort noch viele Gebeine in den Wracks sind. Und ich fahre dort nicht hin um Tourismus zu betreiben, oder mir einen Schauer über den Rücken kommen zu lassen.
Wenn in bekannten und betauchten Wracks noch Gebeine liegen, dann wäre genug Gelegenheit gewesen diese zu bergen. Wer der Meinung ist die Gebeine sollten in ihrem Grab (Wrack) verbleiben, der hat Möglichkeiten das Wrack als offizielle Grabstätte eintragen zu lassen und somit für ein Tauchverbot zu sorgen.

Wie ist denn deine Einstellung?
15.06.2019 10:51
Vinnim

Truk und viele Gebeine?? Eher nur bedingt. Die man in den meist betauchen Wracks zu sehen bekommt, sind von den Guides vor Ort drapiert und sind keine Orginallage. Japan hat soviel wie möglich seiner Leute geborgen. Kaum betauchte Wracks wirst Du eher nicht zu sehen bekommen
bolivarJA…..
15.06.2019 11:33Geändert von bolivar,
15.06.2019 11:46
Auf der waren noch nicht viele ...
Kann man sehr pietätvoll betauchen
Nagano Maru von thorfinn.net
03.04.2018 · The Nagano Maru was built in 1917 by Mitsubishi Heavy Industries for the Nippon Yusen Kaisha (NYK) Line as a ...
15.06.2019 17:52
Moinsen,

über den Friedhof mit Anstand gehen ist aus meiner Sicht ein guter Vergleich.
Das an solchen Wracks auch mit Anstand getaucht werden sollte ist eigentlich klar die Gebeine wenn vorhanden bleiben da wo sie sind.
In der Regel ist nichts mehr von den Leihnahmen vorhanden ausser eventuelle letzte Habseligkeiten.
Aber darum geht es bei solch einen Tauchgang an einen Warck ja auch garnicht.
Dieses Thema wird aus meinersicht sehr stark von nicht Tauchern geschürt. Die Können sie das einfach auch nicht vorstellen, wie auch.
Und dann gehen da die Phantasien mit dem ein oder anderen durch. Klar gibt es negative Beisspiele, das lässt sich leide auch nicht ausschließen.
Es gibt immer irgend ein Idiot in den Verschieden szene das ist nunmal so.

Gruß
Hammerhai

15.06.2019 18:01
Bolivar

Aikoku Maru oder San Francisco Maru waren für mich die Top Wracks
15.06.2019 18:31
Wenn unsereiner stirbt, dann kommt er im Sarg auf den Friedhof. Und wenn die Kinder nach 20 Jahren keine Lust haben weiter das Grab zu pflegen, dann werden die Überreste mit dem Mini Bagger ausgegraben und in ein Loch zu hunderten Anderen geschmissen. Wo ist denn der der Unterschied zwischen einem ertrunkenen Matrosen und einem an Krebs verschiedenen Opa? Ich habe auch keine Lust zwischen Leichen rum zu tauchen und ich mag die Salem Express überhaupt nicht, aber ich denke nach 30 Jahren muss man auch kein Riesendrama mehr um Totenruhe machen. Letztlich macht die See früher oder später eh Alles platt. Die Argumentation einiger Archäologen finde ich scheinheilig.
15.06.2019 19:28
Für mich ist es jeweils ein Unterschied, ob jemand eines natürlichen Todes oder Krankheit, aufgrund eines Verbrechens, einer Katastrophe oder Kriegsereignisses gestorben ist. Und dann auch wann. Besonders Kriege hallen im kollektiven Gedächtnis lange nach, sind Ausdruck extremsten menschlichen Versagens. Daher halte ich besonders Kriegsgräber für besonders schützenswert vor Sensationstourismus unter Wasser, weil letzterer den Krieg zur Show degradiert. Der ernsthafte Wracktaucher, der keine voyeuristische Intention hat, kann imho alles besuchen, soweit freigegeben. Er wird sich, davon gehe ich aus, respektvoll verhalten und muss es selbst mit sich ausmachen.
16.06.2019 11:06Geändert von strandkrabbe,
16.06.2019 14:01
Auch wenn ich gerne Wracks betauche war die Salem Express für mich bisher ein no-go. Gleiches würde für die Estonia gelten wenn dort das Tauchen erlaubt wäre.
Sind einfach zu viele Leute im Schiff umgekommen und werden von den Angehörigen noch betrauert.
Bei Wracks aus den Weltkriegen ist es für mich was anderes. Hier liegt das Ereignis lange zurück und auf Friedhöfen wären die Gräber auch längst aufgelöst.
virilityCMAS Gold
16.06.2019 13:09
Sehr schwierige und höchstindividuelle Entscheidung.
Ich gehe gerne auf Friedhöfen spazieren, mache dort keine Party und gedenke den Toten. Ob ich dabei was esse oder Musik in den Kopfhörern habe ist in meinem Empfinden egal.

Für mich persönlich ist das Tauchen okay, sobald alle menschlichen Überreste nicht mehr da sind. Ob geborgen oder vom Meer verschlungen ist in meinen Augen egal.

Ja, auf der Salem Express oder der Baron Gautsch sind viele Menschen gestorben. Beim Anschlag auf das World Trade Center aber auch. Auf letzterem hat man sogar einfach ein neues Gebäude errichtet. Wo zieht man da die Grenze? Das One World auch nicht betreten? Das Unglück ist ja gerade Mal 18 Jahre her.

Ich finde es halt wichtig, dass man nicht vergisst was an einem Ort passiert ist und sich dementsprechend verhält. Keine Feier oder Party an dort, der Opfer Gedenken (und wenn es "nur" im Kopf ist)....


17.06.2019 17:01

Tauchtourismus ist für jedes Warck ein Problem. (z.B. festmachen von Booten,Diebstahl,Vandalismus,Ausatemgas das sich im Wrack fängt u.s.w)

Kontrollen sind nicht oder nur schlecht möglich.

Viele Taucher belassen es leider nicht beim Ansehen.

Man sollte versuchen die Taucher über die Geschichte der Wracks zu informieren und damit hoffendlich Ihr Verhalten im und am Wrack positiv zu beeinflussen.

Antwort