Tauchmedizin ist ein sehr interessantes Thema. Über alles rund ums Thema Gesundheit und Tauchen kann hier ausgiebigst diskutiert und geschnackt werden. Sehr kompetente Antworten sind garantiert - denn viele Mediziner besuchen dieses Forum.
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blueskies_up_aheadAOWD, Rescue

Immersions Lungenödem

Geändert von blueskies_up_ahead,

Ich bin über einen Artikel gestolpert, in dem es um das Gerichtsverfahren im Nachgang eines Tauchunfalls aus 2016 in UK geht (im Unfallforum finde ich nichts dazu, sonst hätte ich es da gepostet). Der Tauchlehrer wurde angeklagt und letztendlich freigesprochen. Interessant und teilenswert finde ich den letzten Teil des Artikels, in dem gemutmaßt wird, dass ein Immersions Lungenödem (Immersion Pulmonary Oedema) ursächlich für den Tauchunfall gewesen sein könnte.

Kurz zusammengefasst auf Deutsch: es war der zweite Tauchgang eines Deep Specialties. Neben dem Tauchschüler und Tauchlehrer war noch ein DM dabei. Nach einer 100m Strecke an der Oberfläche war der Tauchschüler außer Atem. Nach einer Pause ging es auf 32m. Hier zeigte er 150 Bar von ursprünglich 250 Bar an. Nach einer Navigationsübung waren es nur noch 60 Bar. Hier brach der TL den TG ab. Als sie auf 18m ankamen, signalisierte der Schüler out of air trotz 20 Bar Rest. Am Okto der DM zeigte er nach Kurzem ebenfalls OOA (wieder fälschlicherweise). Der TL gab ihm seinen funktionierenden Okto. Nach 2 Minuten Sicherheitsstop zeigte er auch auf dem Okto des TL OOA und versuchte in Panik an die Oberfläche zu gelangen, was zuerst kurz vom TL unterbunden wurde. Als der Tauchschüler das Bewusstsein verlor ist der TL mit ihm an die Oberfläche. Im Krankenhaus ist der Tauchschüler verstorben.

Die medizinische Erklärung lautet nun, dass sowohl das Außeratemsein an der Oberfläche als auch und va die falschen OOA Anzeigen ein Indiz für ein Immersions Lungenödem waren. Hierbei füllt sich die Lunge mit Wasser. Kann wohl in kaltem Wasser passieren. Risikofaktoren sind u.a. Bluthochdruck. Padi listet auch Überhydrierung, Überanstrengung und Fettleibigkeit. Laut Artikel ist das vermutlich Hintergrund vieler Tauchunfälle aber noch nicht sehr lange bekannt.

Hier zitiere ich mal den Artikel:

Signs and symptoms of IPO in scuba divers

  • Breathing difficulties including rapid, heavy or uneven breathing, or coughing uncontrollably, when not exercising strenuously
  • Confusion, swimming in the wrong or a random direction
  • Inability to carry out normal functions, while appearing to have to concentrate on breathing
  • Belief that a regulator is not working properly, or indicating one is out of gas when they have an adequate supply
  • Rejecting an alternate air source
  • Indication of difficulty of breathing at the surface.
  • Uncontrollable coughing at the surface accompanied by frothy sputum which may contain blood

Link zum Artikel im Dive Magazine:

https://divemagazine.com/scuba-diving-long-reads/accused-a-dive-instructors-wrongful-prosecution-for-manslaughter

Ich habe keinen medizinischen Background, finde das Thema aber interessant, va weil die Suchfunktion nichts dazu ausgespuckt hat. Eine kurze Google Suche hat ein Ergebnis bei Padi ausgespuckt:

https://pros-blog.padi.com/de/lungenerkrankungen-erkennen/#:~:text=Zum Immersions-Lungenödem kommt es,Flüssigkeit im Lungengewebe ansammeln kann.

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shaggy_beardBSAC, SDI, TDI
24.02.2023 19:00
IPO ist bei BSAC seit einiger Zeit ein Thema.
Hier ihre Richtlinie zum Thema mit einem Konferenzvortrag:
https://www.bsac.com/safety/diver-guidance-for-immersion-pulmonary-oedema-ipo/?&&type=rfst&set=true#cookie-widget
Dominik_Emind is like parachute
24.02.2023 20:11
IPE kommt vermutlich häufiger vor als allgemein angenommen, und ist ja z.B. auch beim Schwimmen ein Thema. Es ist ein Grund, sehr vorsichtig mit Ideen zu sein wie "Leute in massiver Not unbedingt am Panikaufstieg hindern". Die können -- wie im Fall oben -- auch mal ein unter Wasser komplett unlösbares und unmittelbar lebensbedrohliches Problenm haben.

Und es ist ein Grund, nicht zu massiver Flüssigkeitsaufnahme "über den Durst" zu raten, weil man immer gleich "Dehydrierung und DCS" im Kopf hat. Ein IPE ist eine ungleich gefährlichere Situation als DCS.

Wenn ein wenig uneigennützige "Werbung" erlaubt ist, hier sprechen wir auch darüber:

https://youtu.be/2rJarE8D2NQ
blueskies_up_aheadAOWD, Rescue
24.02.2023 23:39
@Dominik: ach das hatte ich mir schon mal angeschaut. Das mit dem Lungenödem aber scheinbar nicht so wahrgenommen, auch wenn die Kernaussage durchaus angekommen war.
Ich frage mich wie präsent das Tauchlehrern im Durchschnitt ist. Ist es in der Ausbildung ein Thema? Welchen Platz nehmen da grundsätzlich medizinische Themen ein?
Und dann ist natürlich das große Problem den Grund einer Panik zu erkennen und richtig zu handeln. Im Idealfall natürlich schon früh bei ersten leichten Symptomen abbrechen.
Aus Sicht des betroffenen Tauchers: wie mache ich verständlich, dass ich keine Luft kriege, obwohl der AR Luft hergibt?
Interessant ist auch, dass so ein IPO wohl durchaus auch wiederholt auftritt. Thema für eine TTU. Wie wird damit umgegangen?
Dominik_Emind is like parachute
25.02.2023 03:00
Nun ich denke wie präsent das ist, ist schwer über einen Kamm zu scheren. Ich sehe wie gesagt auch mit Sorge, dass erstens manchmal empfohlen wird zu trinken was nur reingeht, auch ohne z.B. zu wissen, ob man Hypertoniker vor sich hat. Und, ja, Mitteilung zu "Wir können jetzt nicht unter Wasser bleiben, medizinisches Problem!" ist schon qualitativ was anderes als "Es stimmt etwas nicht!". PADI hat tatsächlich sogar mal versucht, dafür ein Zeichen zu etablieren. Von der juristischen Seite mal abgesehen, für den TL im Beispiel oben wird sein gesamtes Leben lang nun präsent sein, dass sein Beharren auf dem safety stop eventuell ein Leben gekostet hat. Das hat er nicht gewusst, und das ist durchaus tragisch. Wie so oft, die Frage, warum diese Entscheidung in dem Moment sinnvoll erschien, ist wichtig. Ich denke, weil nicht ausreichend klar war/ist, dass es Situationen geben kann, in denen trotz vorhandenem Atemgas keine einzige Minuten mehr unter Wasser "geht".

TTUs können solche Fälle wohl eher nicht ausschliessen. Risikofaktoren wie Bluthochdruck erkennen, klar.
25.02.2023 06:31Geändert von AMV29,
25.02.2023 06:44

"Und dann ist natürlich das große Problem den Grund einer Panik zu erkennen und richtig zu handeln."

Das wird oft wohl kaum möglich sein, denn oft ist nicht mal dem Betroffenen selbst der Grund klar.

"Aus Sicht des betroffenen Tauchers: wie mache ich verständlich, dass ich keine Luft kriege, obwohl der AR Luft hergibt?"

Wir können nicht für jede Situation ein Zeichen vereinbaren, denn kaum einer kann sich alle Zeichen merken. Insbesondere für Dinge, die nur selten vorkommen.

Ich denke, wichtig ist, dass dem Tauchschüler immer wieder deutlich klar gemacht wird: Du kannst jederzeit den Tauchgang abbrechen. Auch vor dem Tauchgang. Dieses eine Zeichen, die Arme überkreuzen, kennt hoffentlich jeder TL und auch ein Deep-Schüler. Und dann wird abgebrochen ohne noch ewig Regler kreisen zu lassen.

Meiner Ansicht nach ist oft das eigentliche Problem mangelhafte Kommunikation schon vor dem Tauchgang. Erinnert mich an einen Fall im Urlaub vor ca. 1.5 Jahren: Einer der Buddys einer Gruppe von 5 Leuten zeigt schon beim Anrödeln deutliche Zeichen von Erschöpfung und der musste auch kurz vor Ende abbrechen. Das ist unglaublich schwer für Außenstehende einzuschätzen -> kippt der gleich um oder schnauft der nur etwas mehr? Daher: Wenn's dir schlecht geht, lass dich nicht vom Gruppenzwang mitziehen, kommuniziere das und bleib draußen. Dafür muss man sich nicht schämen!
Und der Guide sollte diesen Taucher im Zweifel lieber nicht mitnehmen und schauen, dass der Taucher an der Oberfläche ordentlich betreut wird.

25.02.2023 08:41Geändert von kwolf1406,
25.02.2023 08:45
Also m.W. ist in meinem Verband IPO in der Ausbildung überhaupt nicht auf dem Schirm. Ich behaupte mal, kaum ein TL weiß, dass man auch zuviel vor dem Tauchen trinken kann.
Bei dieser Atemnot würden wir wohl fälschlich auf ein Essoufflement tippen, auch wenn ja eigentlich keine Anstrengung vorliegt. Zumindest würde nach der Regel der TG abgebrochen werden.
Punkfish Divingbunte Kärtchen, einfarbige Kärtchen, egal - Hauptsache Tauchen :-)
25.02.2023 10:16

Wann versucht man noch, ein Problem unten zu lösen, und wann nicht mehr, ist ECHT schwierig. Nach so einem Tauchgang ist die Idee, dass man den Sicherheitsstopp schon ganz gerne machen würde, ja nicht falsch. Und wenn man dann glaubt, das Problem gelöst zu haben, weil jetzt ist ja Luft da - na ja, dann versucht man ihn zu machen.

Woran man es aber schon meistens merken kann, ist daran, ob die Person sich jetzt gerade wieder beruhigt oder nicht. Wenn man versucht, ein Problem unter Wasser zu lösen, und kurz darauf auch ein ok bekommt - alles klar, Lösung hat anscheinend funktioniert. Nah dran bleiben, genau hinschauen, aber dann kann man unten bleiben. Wenn jemand aber weiterhin hoch will, dann geht der Weg halt auch nur noch nach oben!

Was wahrscheinlich bei vielen reinspielt ist die Sache mit dem Sicherheitsstopp. Auch bei TLs liegt das so verankert als "ganz wichtig, muss ich unbedingt machen, sonst DCS", dass es eine große Hürde ist, den einfach wegzulassen. Der hat ja sicher geglaubt, er würde sich und seinen Schüler in ernste Gefahr bringen, wenn er jetzt direkt aufsteigt, und wirklich sein Bestes gegeben, um diese Gefahr abzuwenden. Dabei hat er halt die sehr konkrete akute Gefahr nicht ernst genommen und einem vagen erhöhten Risiko einer leichten Erkrankung geopfert, die so unglaublich aufgebläht wird, dass sie wirklich irrationale Ängste hervorruft.

Sinnvoll wäre es, diese Überhöhung des Sicherheitsstopps mal loszuwerden. Wenn in der Nullzeit etwas nicht ok ist - im Zweifel hoch. Wenn Deko - nen Moment länger versuchen, ob nicht doch unten lösbar. Wenn wirklich viel Deko - nun ja, dann wird es schwierig und ist ein anderer Schnack....

IPE it tatsächlich in keinen mir bekannten Ausbildungsmaterialien dabei, und ich weiß auch nicht, ob es Sinn macht, ein Gespenst durch ein anderes zu ersetzen oder zu ergänzen... Ja, ist sinnvoll, das wahrzunehmen, und hätte schon auch einen Platz, z.B. beim Thema Dehydrierung. Aber es muss auch nciht sein, dass man bei jedem der ein bisschen außer Atem ist, gleich ein IPE vermutet, da müsste ich an meinem Lieblingstauchplatz so in etwa jeden dritten wieder aus dem Wasser schicken....

25.02.2023 10:56
Stimmt. Ich sage immer, es ist sinnvoll, die ausreichende Flüssigkeit über den Tag verteilt zu trinken. Schon allein deswegen, weil eine große Menge auf einmal getrunken den kürzesten Weg über die Nieren nimmt und man damit nur das Pinkeln während des TG verstärkt, ohne dass die Dehydrierung vermieden wird.

Das mit dem Sicherheitssopp sehe ich genauso: Er ist optional und sollte bei Problemen ohne Zögern ausgelassen werden!
25.02.2023 15:52
Hat jemand ein vernünftiges Paper dazu?
Punkfish Divingbunte Kärtchen, einfarbige Kärtchen, egal - Hauptsache Tauchen :-)
25.02.2023 16:21
Hier sind am Ende einige Referenzen drin, die wahrscheindlich so das ausmalchen, was bekannt ist: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK499853/
blueskies_up_aheadAOWD, Rescue
25.02.2023 17:23
"Wir können nicht für jede Situation ein Zeichen vereinbaren, denn kaum einer kann sich alle Zeichen merken." Nein natürlich nicht, aber ein allgemeines Zeichen "da stimmt was nicht", das ein bisschen mehr Nachdruck hat als die wippende Handbewegung wäre doch vielleicht ganz hilfreich, auch für andere medizinische Notfälle. Mt einem Zeichen alles von "ich bin unsicher" bis "ich ersticke gleich" abdecken zu wollen ist doch irgendwie schwierig. Aber das werden wir hier wohl nicht klären ;)

"
Woran man es aber schon meistens merken kann, ist daran, ob die Person sich jetzt gerade wieder beruhigt oder nicht" Wenn man sich an den o.g. Fall hält, dann wohl nicht (immer). Das Opfer hat hier ja mehrfach ein OK gegeben. Vielleicht hat man auch in Ermangelung von detaillierter Kommunikation zu sehr Tendenz sich am Riemen reißen zu wollen. Man weiß ja nicht, was nicht stimmt und kann es auch nicht erklären. Ich stelle es mir schwer vor, das selbst einzuschätzen. Im Englischsprachigen Forum bin ich auf einen Fall einer Taucherin gestoßen, die schon mal ein IPE erlitten hatte und an ihrem zweiten (dutzende TG später) dann gestorben ist. Und allem Anschein nach war sie sehr erfahren. Wenn sogar so jemand es offentsichtlich massiv falsch einschätzt...

"IPE it tatsächlich in keinen mir bekannten Ausbildungsmaterialien dabei, und ich weiß auch nicht, ob es Sinn macht, ein Gespenst durch ein anderes zu ersetzen oder zu ergänzen..." Nein vermutlich nicht. Jedenfalls nicht im Sinne "neues Gespenst" mit übertriebenem Fokus. Aber ich würde eigentlich hoffen, dass Tauchlehrer und vielleicht Rescue Diver oder Dive Master in der Ausbildung mit möglichen Symptomen vertraut gemacht werden, damit eine Chance besteht, dass sie es erkennen und richtig handeln. Das gilt auch für andere medizinische Notfälle. Padi gibt hierzu ja Infos. Aber ich frage mich, wo diese zum Einsatz kommen, wenn nicht in der Ausbildung.
25.02.2023 21:33
@ punkfish: thanx, interessant!
25.02.2023 23:06
@blue: Wie ich schrieb: Zeichen für Abbrechen. Mit mir stimmt was ganz und gar nicht: Abbrechen!
Da muss nicht stundenlang erklärt werden, welches medizinische Problem vorliegt, denn das lässt sich unten eh nicht lösen.

Ich denke, dieses Zeichen reicht, Rest wird an der Oberfläche geklärt, sofern noch möglich.

26.02.2023 08:38
Ich beobachte immer wieder, dass Zeichen, besonders von Anfängern, nicht ernst genommen, oder sogar ignoriet werden. Das ist schon das erste Sicherheitsrisiko!
Punkfish Divingbunte Kärtchen, einfarbige Kärtchen, egal - Hauptsache Tauchen :-)
26.02.2023 09:35

Was blueskies ja gerade schon erwähnt hat: Das falsche ok.... Das beobachte ich - neben dem einfach nicht auf Zeichen reagieren - auch extrem häufig: Leute geben ein ok, obwohl ganz deutlich sichtbar ist, dass es NICHT ok ist. Und das machen durch die Bank alle: Anfänger, weil sie nicht stören wollen, erfahrene Taucher, weil es ihnen irgendwie unangenehm ist, dass sie jetzt gerade ein Problem haben... Also, die Hemmschwelle zu sagen, dass etwas gerade wirklich nicht ok ist, ist leider ganz schön groß. Und dann wird es auch schwer zu helfen, wenn derjenige, dem es gerade nicht gut geht, einfach nicht kommuniziert...

Hatte ich übrigens auch schon, dass es eigentlich besser gewesen wäre, mal was zu sagen, aber erst mal selbst rausfinden wollte, was los ist. War dann eh nichts und hat sich wieder erledigt, aber ich habe mich danach gefragt, warum zum Teufel ich egentlich meinen Buddy nicht gebeten habe, mal nen Moment ganz direkt bei mir zu bleiben.

Zu den Zeichen: Es gibt das schöne Zeichen für Aufstieg, das ich sehr gerne als eins benutze, das einfach nicht diskutiert wird. Ich will hoch? Ab nach oben. Auf dem Weg kann man klären, ob ganz hoch, so schnell wie möglich hoch oder einfach nur etwas flacher werden, aber im Zweifel ist man dann schon etwas näher an der Oberfläche.

26.02.2023 09:52

@blue

Ich finde, dass man mit bekannten Zeichen richtig kombiniert durchaus klar machen kann, dass da ganz akut etwas nicht stimmt. - Wenn man es denn selbst erkennt.

Von IPE hatte ich auch noch nicht gross gehört. Die Frage, ob und inwieweit das gelehrt werden sollte, ist sicher interessant. Ich finde, bei allem, wovon man in den Kursen so hört, dürfte es schon zumindest Erwähnung finden. Inwiefern es für den Notfall relevant ist, es zu kennen, ist dann die andere Frage.
Im Prinzip reicht es ja, zu erkennen, dass etwas nicht stimmt. (Wahrscheinlich genau der schwierigste Punkt am Ganzen.) Was genau es dann ist, ist eigentlich gar nicht so wichtig. Schliesslich würde man den Tauchgang so oder so abbrechen, wenn ein gesundheitliches Problem. Als Massnahme erstmal O2 zu verabreichen, deckt sich dann ja eh mit den Standardprozederen.

26.02.2023 10:04Geändert von kwolf1406,
26.02.2023 10:04
Das ist wahr: Es gibt an der Oberfläche wirklich keinen Grund, O2 nicht zu nehmen - ausser, man hat nichts.
Dominik_Emind is like parachute
26.02.2023 10:07
Ich sehe das mit den Zeichen ein wenig differenzierter. Es ist ja schon ein Unterschied, ob man den TG beenden will (also Daumen hoch), oder ob man mitteilen muss, dass es sein kann man verliert jetzt gleich jederzeit das Bewusstsein (das bedeutet *auch*, dass der TG abgebrochen werden muss, enthält aber noch sehr viel mehr, u.a. massivste Not sich aktiv als Buddy auf diesen Fall einzustellen, statt eben psychologisch oder mit Luft zu unterstützen). Ebenso war in dem Fall oben ja grade nicht das Problem, dass nicht abgrochen worden wäre. Das haben sie getan. Sondern dass der Instructor auf dem Stop bestanden hat. Ich finde es auch in Ordnung, dass er dafür nicht eingesperrt wird. Er konnte sehr wahrscheinlich zu der Zeit damals gar nicht wissen was war. Aber er wird mit Sicherheit sein Leben lang den Gedanken nicht mehr los, dass ein anderer Ausgang zumindest möglich gewesen wäre, hätte er den Stop ausgelassen.

Also, ein Zeichen, wie es PADI mal vorgeschlagen hatte, den Kreislauf nachahmende Bewegung, für "Massives medizinisches Problem, ich muss *hoch*, safety stop und auch deko ist leider für mich nicht mehr möglich, tu für mich was noch möglich ist!" könnte man durchaus diskutieren, finde ich. Denn die häufigste Todesursache beim Tauchen ist genau das: ein überwältigendes medizinisches Problem, das keinen normalen Abbruch mehr zulässt (also, wenn normaler Abbruch zumindest mal den safety stop enthält, sowie das Ankommen beider an der Oberfläche bei Bewusstsein). Es gibt Zeichen für so ziemlich jeden Fisch, und für so extrem relevante Dinge wie Ankerketten. Wir wäre es, da mal zu entrümplen, das ist locker Platz für ein neues...

Viel wichtiger als die Frage, ob jemand "schuld" ist (oder, Forentauchers Liebling, "selbst schuld") ist nach einem Unfall die Frage, warum es für die beteiligten in dem Moment nach einer sinnvollen und guten Idee aussah. Der Instructor im Fall oben war absolut überzeugt, das richtige zu tun und Schaden von seinem Schüler abzuwenden. Warum? Unter anderem, weil wir beim Tauchen zu oft DCS im Verhältnis zu den wahren Killern (Herz-Kreislauf) diskutieren. Für den Verunglückten selbst wäre es in dieser Situation es sogar die richtige Entscheidung gewesen, verpflichtende Deko auszulassen (zumal man weder ohne Perfusion noch ohne Lunge überhaupt entgasen kann, also was von der Deko hat)! Ob der Instructor dann mit hoch geht, das kann man getrennt diskutieren. Aber blasenfrei, nur leider ohne Kreislauf, ist halt immer ein schlechter Tausch. IPE, und natürlich auch ein Herzstillstand, sind unter Wasser unlösbar, das Überleben liegt da an Oberfläche und Land, etwaige DCS ist immer noch viel besser zu reparieren als der direkte Tod. Da könnte ein wenig mehr Awareness, und sei es durch ein Zeichen das alle mal gesehen haben, nicht schaden.

Gleiches gilt für so Aktionen wie einem Mann, Alter 52, stark übergewichtig, schwitzt ohne Ende, zu sagen er solle am besten 1L Wasser direkt vor dem Tauchgang trinken. Die Volumenspitze fällt dann genau in den gefährlichen Bereich. Aber dennoch kursieren solche Empfehlungen immer wieder, ohne zu differenzieren. Wenn jemandem 1L fehlt, dann soll er diesen trinken, klar. Dann ist aber eh besser man wartet noch ein wenig mit dem TG. Und wenn jemand normal hydriert ist, dann ist es sinnstiftender, nach dem TG das wieder nachzuliefern was durch Diurese und Co. dabei verloren geht. Ich habe diesen Spruch "More Water, less Bubbles!" nie so richtig gemocht, er ist in meinen Augen ein Beispiel dafür, dass wir DCS im Verhältnis zu anderen Dingen, die mehr Leben kosten, zu viel Aufmerksamkeit geben. Die richtig Trinkmenge ist für den Körper gut, nicht die maximal mögliche...
Punkfish Divingbunte Kärtchen, einfarbige Kärtchen, egal - Hauptsache Tauchen :-)
26.02.2023 10:18

Dominik, ich verstehe deine Argumentation, und ein Zeichen für "hoch wegen Riesenproblem" wäre nun auch nicht verkehrt, ok. "Abbruch", "nicht ok" pus "hoch" dürfte intuitiv sein und das schon ausdrücken, ein eigenes für "Notfall" wäre vielleicht tatsächlich sinnvoll.

Aber: Ich habe massive Zweifel, dass derjenige, der das Problem gerade hat, das wirklich sauber kommuniziert kriet. Meistens ist das doch so ein "ach nee, da ist nichts", gefolgt von "oh, Mist, da ist doch was wirklich nicht ok", dann vielleicht noch "wo ist mein Buddy?" oder halt gleich ab nach oben... Wie oft wird denn an Land ein Herzinfarkt vernünftig kommuniziert, und wie oft behauptet derjenige vehement, es sei alles gut, bis er nicht mehr reden kann? Das wird unter Wasser nicht leichter....

Dominik_Emind is like parachute
26.02.2023 10:28
Es wird oft nicht klappen, auch schon weil viele Fälle so plötzlich sind, dass das gar nicht mehr geht. Aber im konkreten Fall oben war "Abbruch" ja offensichtlich nicht ausreichend, da als "Abbruch mit Safety Stop" verstanden worden, und ausserdem wesentliche Info zur Natur des Problems fehlte. Technisches Problem (kein Gas mehr) wurde angenommen, auch weil der Schüler (richtiger Weise, denn ein Zeichen für Ich-kann-nicht-atmen-das-liegt-aber-nicht-am-Gerät gibt es halt nicht) "kein Gas mehr" anzeigte. Für den Instructor schien es damit durch Gasspende lösbar.

Ich bin eigentlich überzeugt, hätte die Möglichkeit für diesen einen Schüler bestanden, seinem Instructor unzweideutig anzuzeigen es handelt sich um eine medizinische Notlage, der Ausgang hätte ein anderer sein können. Und diese Unterscheidung leistet einfach kein existierendes Zeichen. Hinzu kommt halt das Awareness-Thema.
Dominik_Emind is like parachute
26.02.2023 10:30
Wir könnte ja mal eine Blitzumfrage machen: Buddy zeigt euch nach 10 Minuten auf 30m den "Daumen hoch". Ihr sagt alle "Das bedeutet Abbruch ohne Diskussion". OK. Bedeutet das ohne Diskussion denn auch das Auslassen des Safety Stops für euch?

Das ist ziemlich genau die Lage in der die beiden oben waren...
26.02.2023 10:39Geändert von Ky10,
26.02.2023 10:41
Ich habe gelernt, wenn ich meinem Buddy zeige:
  1. Es ist etwas nicht in ordnung
  2. Ich zeige auf ihn
  3. Ich zeige auf mich
  4. Ich zeige autauchen, Dann heisst das an die Oberfläche
Ohne einen Safety stop
Punkfish Divingbunte Kärtchen, einfarbige Kärtchen, egal - Hauptsache Tauchen :-)
26.02.2023 10:41
Na ja - wenn er beim Safety Stop noch mal Daumen hoch macht: Ja. Wenn er da völlig entspannt ist, vielleicht noch auf ein Safety-Stop-Zeichen oder ein hier-Level-halten - Zeichen mit einem entspnnten ok reagiert, dann mache ich den Stop...
Dominik_Emind is like parachute
26.02.2023 10:57
Beide Sichtweisen kann ich verstehen. Aber schon in den zwei ersten Postings unter der Frage eigentlich divergierende Interpretationen, oder?
26.02.2023 11:24

Ich komm ehrlich gesagt nicht ganz mit, was gegen das Abbruch-Zeichen spricht. Meinetwegen auch Daumen nach oben. Aber das andere hat deutlich mehr Gewicht, wie ich finde. Und so wie ich den Fall oben gelesen habe, war hier wohl tatsächlich das Problem, dass der Schüler selbst nicht genau erkannt hat, dass er selbst ein massives Problem hat.

Allgemein ist doch aber das Arme überkreuzen _das_ Zeichen, dass jetzt abgebrochen wird - natürlich ruhig und kontrolliert nach oben, soweit möglich. Eine Kombination von irgendwelchen Zeichen sehe ich da nicht erfordlerlich. Ich hatte das übrigens auch schon mal, dass ein Buddy das wegen Unwohlsein gezeigt hat - dann ging es eben hoch zum Sicherheitsstopp.

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