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Husten/Niesen unter Wasser und die Folgen

Geändert von Husky1969,

Hallo zusammen,

ich bin beim Stöbern in einem anderen Forum auf folgenden Antwortbeitrag zum obigen Thema gestoßen, nachdem mit ein Buddy von der Thematik erzählte. Hierzu würde ich gerne, wenn möglich von einem Mediziner wissen, ob die gegebene Antwort so richtig ist, bzw. die empfohlene Handlungsweise nach einem Husten/Nieser unter Wasser so angenommen werden kann. Vielen Dank schon einmal vorab.

Hier der Beitrag des Fragenden:

Hallo,


ich habe mit dem Tauchen gerade erst angefangen und in der Ausbildung
trat eine Frage auch die mir bisher niemand so richtig beantworten
konnte.

Mir und auch meiner besseren Hälfte ist es bei den wenigen
Tauchgängen passiert dass wir niessen mussten.

Abgesehen von dem lustigen optischen Effekt meinte unser TL das dieses
nicht ungefährlich sei. Konnte diese Aussage aber nicht ausführlich
begründen. Wollte aber mal nachschlagen worauf diese Gefahr beruht.

Da mich diese Frage aber seit ein paar Tagen nicht loslässt hatte ich
gerne vorher eine Antwort.

Meine bzw.unsere erste Vermutung war der Zusammenhang mit einem
möglichen PFO und die bei einem Niesser doch recht erhöhten
Druckverhältnisse innerhalb des Thorax.

Villeicht bin ich aber ganz auf dem falschen Dampfer.

Evtl hat ja jemand eine schlüssige medizinische Erklärung.

Und hier die Antwort von einem anderen User:

Naja, 1. hat beim Niesen, Husten grundsätzlich die Möglichkeit,

daß der Atemregler aus dem Mund gerät, die Maske verrutscht,
Wasser in den AR kommt. Das alles ist nicht wirklich schlimm,
sofern man damit rechnet, evtl. den AR wieder fest in den Mund
nimmt, z.B. die Luftdusche betätigt und ggf. die Maske ausbläst.
Also nix neues, hast Du wahrscheinlich alles in Deiner Ausbildung
gelernt.

2. und da kommen wir zu dem Kern Deiner Nachfrage...
hat etwa ein Viertel aller Menschen ein offenes Foramen Ovale.
So denn auch 1 Viertel aller Taucher. Das ist zunächst einmal
nicht weiter schlimm, da aufgrund der normalen Druckverhältnisse
im Herzen kein venöses Blut auf die arterielle Seite in den
grossen Blutkreislauf gelangen kann.
Die Druckverhältnisse ändern sich aber genau in dem Moment, wo
der Taucher niesst, hustet oder durch Anstrengung pressatmet.
Dann besteht die Möglichkeit für blasenreiches venöses Blut in
den grossen Körperkreislauf zu gelangen, da sich jetzt das FO öffnet.

Was kann man tun?

a) Du weisst, Du hast ein PFO... Nach dem Husten/Niesen extrem
langsam austauchen. Dann weisst Du in der Regel, welche
Austauchzeiten und Verfahren gut für Dich sind und ob Du
überhaupt tauchst.

B) Du hast keine Ahnung, ob Du eins hast oder nicht (das ist
eigentlich die überwiegende Zahl der Taucher).

Da muss ich die Frage eigentlich weiterreichen.

Wenn ich husten oder niesen muss, tauche ich mit etwa max
1-2m/min aus und verdopple alle evtl/möglichen Dekostops in der Zeit.
Also sehr langsame Aufstiege aus beginnend etwa 20m bis zur
Oberfläche. Damit erhoffe ich mir, daß die Blasen wenigstens
nicht grösser werden, solange sie "noch ne Runde drehen".

Es sind wohl einige solcher DCS-Fälle bekannt.
Also "undeserved Hits", die auf Husten/Niesen mit PFO
zurückzuführen sind.

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22.08.2021 17:08Geändert von kwolf1406,
22.08.2021 22:52
Also, während meiner 4-stelligen Tauchgangszahl musste ich noch niemals niesen. Während der vielen Schnorchelstunden auch nicht. Wer hat schon mal bei der Zahnbehandlung niesen müssen? Im Alltag an Land muss ich regelmäßig niesen. Niesen ist eine Reinigungsreflex auf Fremdkörper oder Allergene in der Nase. Beim Tauchen atmest du weder durch die Nase noch Luft mit solchen Verunreinigungen. Da kommt halt kein Niesreflex. Und mit Schnupfen taucht keiner.
Gelegentlich durch den Regler husten, ist kein Ding. Wer mal mit Buddies, die rauchen, getaucht ist, kennt das Geräusch.
SpaetberufenerMaster Scuba Diver
22.08.2021 17:24Geändert von Spaetberufener,
22.08.2021 17:26
Hab schon geniest und auch gehustet. Gut, den Regler sollte man drinbehalten, und wenn, ists auch egal. Hab gehört, dass man durch den Regller sogar k.tzen kann.

Dass sich ein PFO durch Husten öffnet UND eine nennenswerte Menge "blasenhaltigen" (?) Blutes in den großen Kreislauf davonmacht und dann etwas schädigt, halte ich doch eher für unwahrscheinlich. Blut ist schnelles Gewebe, und die Aufsättigung wird gleich sein, egal ob kleiner oder großer Kreislauf. Und die Wahrscheinlichikeit, dass ein PFO bisher dicht war und durch Husten unter Wasser aufgeht - hm, die halte ich doch für arg klein.

Ach ja: langsames Aufsteigen ist immer gut. Ich möchte allerdings nicht gerne einen Buddy haben, der auf 30m kurz hustet und dann eine halbe Stunde zum Aufsteigen braucht...
22.08.2021 17:32Geändert von kwolf1406,
22.08.2021 17:33
Und wenn vielleicht mal doch ein Nieser kommen sollte: Niesen, Maske abnehmen, innen ausreiben (erneuert den Beschlagschutz), aufsetzen, ausblasen - wo ist das Problem? 😁

Das mit dem PFO halte ich für total übertrieben: Bläschen entstehen nicht unten, sondern beim Entsättigen während des Aufstiegs. So gewaltig niesen, dass Blasen übertreten, halte ich unter Wasser für nicht wahrscheinlich.
Dominik_Emind is like parachute
22.08.2021 22:28Geändert von Dominik_E,
22.08.2021 22:39
Kein Mediziner hier.

Niesen musste ich beim Tauchen auch noch nie, Husten kennt wohl jeder. Beides kann zu intrathorakaler Druckerhöhung führen. Die meisten Shunts sind ja ohne eine solche Druckexkursion gar nicht offen bzw. funktional (--> der Druck im arteriellen Kreislauf ist bisschen größer als im venösen, damit Blasen übertreten braucht es also etwas zusätzlich).

PFO ist der Taucherdämon. Die Wahrheit ist doch aber, viele viele Menschen haben irgendwo Shunts. Wenn nicht im Herz, dann vielleicht woanders. Lunge zum Beispiel. In einem Land das sich grade einbildet es fange an "mit Covid zu leben" werden die auch bestimmt nicht weniger. Es bringt meiner Meinung nach also ehrlich gesagt wenig, sowas immer nur auf die Menschen mit PFO abzubilden. Da ist doch in Wahrheit keiner von uns "immun".

Damit ein Shunt ein Thema werden kann muss man ihn also "öffnen", das mag ein Hustenanfall schaffen, aber es muss auch nennenswerte Blasenlast da sein. Dann aber, Spaetberufener, kann es durchaus sein man tut sich an den Blasen weh auch wenn sie nur klein sind. Klar ist Blut schnell, aber mit em Blutstrom werden die kleinen Blasen halt mit Pech in empfindliche und nennenswert gesättigte Zielgewebe gespült (Gehirn z.B.). Da können sie dann leider wachsen. Die Löcher im Schweizer Käse waren ja auch mal klein...

Die Frage aller Fragen ist wie immer, wie relevant ist das? Man wird immer Taucher finden die tun sich weh, dann geht eine sehr umfangreiche Ursachensuche los, in 20-30% aller Fälle mindestens findet man dann ein PFO (was halt zu erwarten war weil 20-30% eines haben), dann wird das erstmal für schuld erklärt, und wenn dann noch gehustet wurde...aber, was sagt einem das im Einzelfall *wirklich*? Da muss man wissenschaftlich vorsichtig sein.

Also, so Fälle gibt es sicherlich unter vielen vielen TGs. Genauso übrigens wie Embolien durch orales Befüllen der Boje.

In der Theorie hat Dein TL also sicherlich Recht, und der Forenuser den Du zitierst auch.

In der Praxis habe ich persönlich aber keine Angst vorm Husten, und breche (wenn ich nicht so stark Husten muss dass es eh nicht mehr geht, logisch) wegen eines Husters auch keinen TG ab. Was man machen kann ist versuchen möglichst ein Stück weg von allen Grenzen zu bleiben, damit sichert man sich gegen all diese Ungewissheiten ein Stück ab.

Ich würde also bitte Deinen Kumpel beruhigen wollen. Man kann sich mit großer Angst vorm Unbekannten alles verderben, auch das Tauchen. Regler feshalten, Husten, mit ganz normaler Umsicht weitertauchen, alles wird gut sein. "Alle Stopps verdoppeln" hätte übrigens bei manchen TGs die wir machen massive Konsequenzen und ist auch kein Rat den ich persönlich so weitergeben würde. Viele viele Menschen husten jeden Tag unter Wasser. Nicht so viele Sorgen machen
22.08.2021 23:07Geändert von kwolf1406,
22.08.2021 23:12
Ehrlich gesagt achte ich mehr darauf, dass ich direkt aus dem Wasser kommend Anstrengungen mit thorakalem Druck eine kurze Zeit vermeide. Da ist man noch maximal verträglich von diesem Tg. gesättigt. Also erst mal in Ruhe ablegen, ggf. noch im Wasser ein bisschen klönen, Debriefing. Keine isometrische Anspannung mit angehaltener Luft. Und wenn ich die Böschung hoch klettern muss, langsam, ohne zu schwer atmen zu müssen.
Aber beweisen kann ich nicht, was wichtiger ist. Reine Gefühlssache.
Dominik_Emind is like parachute
22.08.2021 23:14Geändert von Dominik_E,
22.08.2021 23:17
Es ist alles die gleiche Baustelle, Valsalva "weil ein Ohr komisch ist" und auch beim Wiederholungs-TG übrigens auch. Alle diese Dinge reichen aus um Shunts funktional zu machen, das ist denke ich "sicher". Ebenso "sicher" ist, dass viele von uns ab und an venöse Blasen haben.

Der große Punkt ist immer, überspringen alle diese theoretisch sicher korrekten Überlegungen die Hürde der Evidenz? Ich bin da oft ziemlich skeptisch. Ich vermeide die Sachen die ich mir frei aussuchen kann. Ich muss keine X Liter Boje oral füllen wenn ich 2+ Inflatorschläuche habe. Ich muss nicht Valsalva machen. Ich muss auch nicht absichtlich gleich mein Gerät ins Auto wuchten. Aber da geht es halt los. Mal ne Leiter hoch muss man eben an manchen Ausstiegen. Maximum der venösen Blasen ist meist so 30 - 45 Minuten nach Erreichen der Oberfläche, lange im Wasser warten ist also vielleicht gar kein Ausweg (ausser sicherlich man atmet dabei die O2 Stage fertig, aber mal ehrlich, so ganz ohne Anlass...). Und Husten muss man auch mal. Es ist natürlich auch richtig, dass nicht jede Embolisation einer minimalen freien Gasmenge gleich dramatische Konsequenzen hat. Interessant finde ich diese Fragen alle sehr, aber mir tut es weh, wenn sich deswegen jemand sehr ernste Sorgen macht, denn das nimmt viel Spass!
22.08.2021 23:36
"Maximum der venösen Blasen ist meist so 30 - 45 Minuten nach Erreichen der Oberfläche"

Guter Einwand
Antwort