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HarryCMAS*** usw.

heißwasserbehandlung J/N ?

im allgemeinen wurde in der literatur (so auch im "ehm") empfohlen als ERSTE HILFE MASSNAHME (z.b. an board eines safaribootes) nach stichverletzungen durch steinfische, rotfeuerfische, etc. die wunde mit möglichst heißem wasser zu behandeln um das hitzelabile toxin möglichst weit zu zerstören.
jetzt lese ich im neu erworbenenen "gefährliche meerestiere erkennen, s.104/105, blv 1998) dass dies verpönt sei (verbrühungen, keine denaturierung des toxinprotenis im körper mehr möglich).
wir ist der stand der dinge jetzt wirklich ?
danke, harry
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28.09.2000
ich denke mal so aus laiensicht:wenn ich gerade am akratzen bin und moich durch verbrühen retten kann,werde ich mich einen sch.. drum kümmern...
28.09.2000
Ich weiß garnicht, warum ich zu dem Thema Berichte schreibe, wenn sie doch keiner liest...

http://www.taucher.net/redaktion/2/tiere.html

Mein letzter Stand ist: so heiß wie es nur geht ! Tatsache ist, dass "nasse" Hitze nur bis 40-45° augehalten werden kann, trockene jedoch bis 75° !
Grade Eiweißgifte werden idR erst ab 50° zerstört !!!

In verbrühter Haut kann die Giftaufnahme zudem deutlich beschleunigt werden, wenn das Wasser nicht heiß genug war ! Trotzdem schließe ich mich Oliver an: Wenn kein Fön etc. zur Hand ist: Lieber verbrühte Haut als abzukratzen !

30.09.2000
Einen Fön gibt es wohl in den wenigsten Fällen auf einem Boot oder einer tauchbasis. Auf den meisten Booten gibt es jedoch eine kleine Kochstelle, über die man das verletzte Körperteil halten kann - wie gesagt trockene Hitze ist besser.
Von der leichtfertigen Einstellung lieber eine verbrühung in Kauf zu nehmen halte ich nciht viel: Die zugefügte verbrühung ist meist großflächig und beschwört nur weitere Schockreaktionen und dergleichen zusätzlich auf (ab 18% Hautverbrennung ersten Grades wird es sehr gefährlich)! Dann hat man plötzlich zwei Symptome zu behandeln und die Überlebenschance gerade im Ausland ohne Know-how bei verbrennungsunfällen sinkt.

Grüße Michael

30.09.2000
Also wo der Unterschied zwischen einer Verbrühung und einer Verbrennung unterm Strich besteht ist mir nicht ganz klar...so oder so beides sch....wenns ums abkratzen geht ist das eine so gut wie das andere.Den Menschen möchte ich mal sehen,der sich auf einem Tauchboot zum Herd begibt und sich drüber braten läßt
Nichts für ungut,aber neulich erst habe ich gelesen,daß die meisten vergiftungen nicht lebensbedrohlich im wortsinn sind.Sie lösen "bloß" wahnsinnigen Ochsenschmerz aus.
30.09.2000
Für das verletzungsbild sind verbrühungen und Verbrennungen gleich. Ab temperaturen von 60° , egal woher (Wasser oder Fön) spricht man von verbrennungen dritten Grades! D.h. irreversible Schädigungen mit unschönen Wunden. Und das 'nur' wegen wahnsinigen Ochsaenschmerz?
Natürlich, wenn es ums überleben geht, muß man das in Kauf nehmen, ich persönlich bezweifle aber, ob das in jedem Fall gegeben ist.

Grüße Michael

05.10.2000
Die Gefährlichkeit von Stichen durch Steinfische, Rotfeuerfische, Drachenköpfe oder andere Vertreter aus der Familie der Skorpionsfische (Scorpaenidae) wird üblicherweise – vor allem in Taucherkreisen - vollkommen übertrieben. Von „abkratzen“ oder der "besseren" Alternative dazu kann daher nicht die Rede sein. Todesfälle sind nur sehr wenige dokumentiert, beim Steinfisch sind es bisher zwei (keine Taucher), bei den anderen Arten keine.
Der Vergiftete ist eher durch das hysterische oder panische Verhalten der Helfer gefährdet, als durch das Toxin an sich! (Bei Schlangen-, Skorpion- oder Spinnenvergiftungen stellt sich regelmäßig das gleiche Problem.)

Das Hauptsymptom der Vergiftung mit o.a. Fischen ist ein evtl . unerträglicher Schmerz, der auch durch die Gabe von Analgetika (Schmerzmitteln) nicht oder nur kurzfristig beeinflussbar ist. Dieser Schmerz vergeht jedoch von selbst nach Stunden wieder. Systemische Komplikationen (Kreislaufkollaps, Atemnot) sind selten.

Aufgrund der realtiven Ungefährlichkeit von Skorpionsfisch-Vergiftungen ist eine Hitzebehandlung, egal ob mit heißem Wasser oder „trockener“ Hitze keinesfalls angezeigt. Ärztlicherseits würde man von einem Kunstfehler sprechen. Denn der schwere, oft irreversible Schaden, der durch Hitzeeinwirkung entsteht, steht in keinem Verhältnis zu den relativ harmlosen, wenn auch sehr schmerzhaften Symptomen der Vergiftung.
Man muss sich nur vor Augen halten, dass nicht nur die Toxine der Fische bei den Temperaturen zerstört werden, sondern auch die Gewebe und Eiweißstoffe des Körpers. Die Folge kann die lebensbedrohliche sog. Verbrennungskrankheit sein.

10.10.2000
Hallo Preßluftjünger,Ich weiß zwar nicht,wie Ihr Kontakt mit o.g. "Tödlich giftigen Monstern" haben wollt,da ja jede ( aber wirklich jede Organisation) die Vorgabe gibt,Finger weg von Korallen;Finger weg von Fischen e.t.c.
Ich kann mir nur die Situation beim Höhlentauchen vorstellen,da ja Rotfeuerfische gerne mal an der Höhlendecke hängen,daß man halt mit dem Kopf ......
Und den knallharten Taucher möchte ich sehen,der seine Birne in einen Topf mit heißem Wasser steckt.*ggg*Ich schließe mich der Meinung an,wenn schon abkratzen,dann reicht die "tödliche"Vergiftung aus.
Meine Meinung :Ruhig stellen und warten bis der Arzt (oder sonstige Fachmann/-frau) kommt !!!!
Gruß Rosi
HarryCMAS*** usw.
10.10.2000
gebe dir schon recht, aber meine lieblingsfische -die rotfeuerbiester- gibt´s u.a. auch in wracks und bei nachttauchgängen, wo sie das licht des scheinwerfers hoch einschätzen um zu jagen !!!!
bei einem nachtTG im roten meer hatte ein mitglied meiner gruppe sogar einen so zutraulichen der sich auf seine schulter setzte !!!
zudem könne sie auch aktiv stechen- das musste meine geliehene uw-video kamera aber ohne heißwasserbehandlung ertragen
harry
und sie sind wirklich meine lieblings-samurai-fische
HarryCMAS*** usw.
31.10.2000
die desinfektion mit gerätedesinfektionsmittel (von antiseptica) die ich in meinem labor habe scheint (vorerst?) gewirkt zu haben.
werden mir aber dennoch in den nächsten monaten eine neue maske zulegen (das bewährte stück ist doch schon fast 7 jahre alt= "abbezahlt")
danke für die vielen tipps und mails !!!!!
harry
HarryCMAS*** usw.
31.10.2000
im falsche posting, mist ! aber danke für die infos !
harry
01.11.2000
Heisswasserbehandlung: jaFieber über 42 Grad ist gefärlich, weil Eiweiss denaturiert wird. Also genügt eine Temperatur über 42 Grad zur Behandlung, wenn es sich um Eiweissgifte handelt. Kontrolle mit der gesunden Hand, oder Partner, da Temperaturempfinden oft gestört durch die Vergiftung, Temperatur max 60 Grad (etwa wie das Wasser in einem Heizkörper, mal an Heizung fassen, um ein Gefühl dafür zu kriegen. Somit Verbrennungen fast ausgeschlossen.
Trocken Hitze ist verträglicher, dringt aber nicht tief genug in den Körper ein.
Ansonsten haben wir in der Erstbehandlung meist keine Alternative.
01.11.2000
Halli,Hallo,hat ja lange gedauert bis sich die Fachwelt einschaltet *ggg*
21.11.2000
In vivo, d.h. am lebenden Organismus, wird eine "Warm"wasserbehandlung (+/- 42°C) wohl kaum eine Denaturierung der Toxinproteine bewirken. Gerade bei injizierten Giften würde die Temperaturerhöhung selbst bei ausreichend hoher Wassertemperatur (s.u.) wohl kaum ausreichen, Toxine unschädlich zu machen. Die Toxine müßten schon auf der Hautoberfäche "liegen".
Der Zusammenhang, der über das Fieberphänomen geführt wird ist für mich offenkundig falsch. Fieber ist eine Reaktion des gesamten Körpers auf akute Infektionen, Operationen, Verletzungen oder andere Erkrankungen. Eine Erhöhung der Körpertemperatur um 1°C erhöht den Grundumsatz des Körpers um 10-15%. Dieser "Postaggressionsstoffwechsel" verschiebt das Gleichgewicht zwischen Proteinaufbau im Körper und Proteinabbau zu Ungunsten des Proteinaufbaus. Eine solche Gleichgewichtsverschiebung zerrt den Körper natürlich auf Dauer aus und ist daher natürlich bei hohen Temperaturen gefährlich. Zu einer Denaturierung von Proteinen kommt es jedoch nicht signifikant, wobei es in vivo dagegen auch zellulare Mechanismen gibt, die das verhindern.
Dazu noch folgendes Statement: Will man im Labor für experimentelle Zwecke Proteine denaturieren, muß man sie schon aufkochen, wenn man eine nennenswerte Effizienz haben möchte...
Und zum Schluß noch folgende Hypothese: Angenommen, die Warmwasserbehandlung könnte Toxinproteine denaturieren. Dann würde man sicherlich gleichzeitig auch körpereigene Proteine denaturieren - ein sicherlich unbestritten nicht gewünschter Effekt.
42°C Wasserbehandlung? Sie schadet sicherlich nicht. Aber nützen tut sie nichts! Vielleicht hat man Glück und spült einen guten Anteil in der Wunde vorhandener Toxine aus.
21.11.2000
Ja Jan, und was ist nun mit trockener Hitze? 75° kann man noch ganz gut tolerieren, sollte das nicht reichen ?
22.11.2000
kenne leider keine Untersuchung, die nachweist, welche Temperatur beim "fönen" der haut in der Tiefe gemessen werden kann. Stelle mir jedoch vor, dass durch Heissluft keine so starke Temperaturerhöhung entstehen kann wie durch Heisswasserumschläge.
22.11.2000
Hallo Jessica. In dem Falle muss ich Dr. med. Rolf-Udo Neuhaus recht geben, da trockene Hitze erst recht nicht tief genug eindringt (vergl. Wärmeleitfähigkeit Wasser/Luft). Aber sowieso, und das wollte ich oben deutlich machen, Denaturierung von Eiweißgiften wird so keinesfalls gelingen.
Hinzu kommt noch ein weiterer Fakt: Das Gift der konkret erfragten Gitfische, zumindest der Rotfeuerfische, ist in der Hauptsache gar kein Proteingift. Es enthält hohe Konzentrationen des Neurotransmitters Acetylcholin und ein weiteres Toxin, das Acetylcholin an motorischen Endplatten freisetzt. Dieses Toxin ist zwar in meiner Literatur nicht näher charakterisert, aber das dürfte nebensächlich sein. Die hohe Acetylcholinfreisetzung sorgt für die Symptomatik: sofortiger stechender Schmerz, der sich ausbreitet, Ödembildung, Muskelzuckungen. Was die Medikation betrifft, sollte dann lieber ein Mediziner Stellung nehmen, aber es sollte ein parasympathisch hemmender Wirkstoff sein (etwa Atropin, Scopolamin).
Was Steinfisch, Drachenköpfe usw. betrifft, liefere ich noch konkete Angaben über die Giftzusammensetzung. Ich vermute aber, es ist ähnlich, da diese Fische zur gleichen Familie Scorpaenidae gehören. Eiweißgifte gibt es zum Beispiel bei Kegelschnecken und Nesseltieren.
Das Fazit aber soll jetzt schon sein: Am besten schnelle ärztliche und gezielte Hilfe (korrekte Medikation) einleiten. Dubiose "Hausmittel" helfen in diesem Fall nur wenig/gar nicht, und wertvolle Zeit geht verloren.
29.12.2000
Hallo !Ob trockene oder nasse Hitze, will mir die Sinnhaftigkeit bei Stichverletzungen nicht in den Kopf !? Ich gehe davon aus, dass bei derartigen Verletzungen das Gift ralativ tief ins Gewebe abgegeben wird und der Wundzugang sehr klein ist.
Abgesehen davon betrachtet man den Zeitraum (bei einem Tauchgang min 20 Min) bis zur Möglichkeit einer derartigen Behandlung ist das Gift mit Sicherheit bereits Körper verteilt.

Gruß
Bertl

29.12.2000
Einen gestochenen Taucher habe ich selber noch nicht erlebt. Ich selber hingegen bin vor Jahren in eine Anemonenkolonie hineingedrückt worden, die mir den halben Oberarm vernesselte. Zurück an Bord leistete ich mir sofortige erste Hilfe indem ich frischaufgekochte Teegläser auf die entsprechenden Stellen drückte. Dort wo ich die Behandlung nicht durchführen konnte dauerte der Heilungsprozess Wochen länger, dieses Posting aus der Praxis vielleicht nur mal zum Hinweis an die, die Hitzebehandlung hier so kategorisch als erste Hilfe ablehnen
HarryCMAS*** usw.
29.12.2000
zum thema scorpaeniadea toxin: ...das toxin besteht offenbar aus einer wärmeemüfindlichen protein fraktion die selbst bei zimmertemperatur instabil ist.... (seite 103 -s.u.)
und zum thema steinfischgift: ...das rohgift ist eine klare, farblose flüssigkeit, das 13% protein enthält...das toxin besteht aus einem gemisch von 10 proteinen, von denen jedoch nur eines toxisch ist....das toxin wird durch säuren, ammoniak, alkohol und hitze inaktiviert.... (s. 104 s.u.)
quelle: gift-tiere und ihre waffen- gerhard g. habermehl, springer verlag 1987
harry
ps.: buchkritik meinerseits unter diverses/tauchbücher zu finden !
08.01.2001
Der zuvor geschriebene Beitrag deckt sich ja mit meinen vorherigen Schilderungen, wonach die Proteinfraktion des Toxins anteilmäßig gering ist. Den Hauptteil bildet in dem von mir konkretisierten Fall der beschriebene Neurotransmitter. So vorsichtig man in den Naturwissenschaften mit Verallgemeinerungen sein muß: Es liegt nahe, daß die Verhältnisse bei so nah verwandten Spezies, wie es innerhalb der Scorpaenidenfamilie der Fall ist, ähnlich sind. Bei dem Protein, das Harry erwähnt (bzw. der Proteinfraktion), handelt es sich wahrscheinlich um ein oder mehrere Proteine, die eine weitere AcCh-Freisetzung an den Synapsen bewirken.

Noch die folgenden Anmerkungen zum Beitrag von Hacky: Ich habe bisher in der Hauptsache von Intoxokationen durch bestimmte Fischgifte gesprochen. Bei Nesseltieren, die ja gar nicht in der ursprünglichen Fragestellung auftauchen, ist die Sache anders. Hier liegen in den allermeisten Fällen tatsächlich hochkonzentrierte Proteingifte vor, die wohl in der Regel auch eher oberflächlich freigesetzt werden. Natürlich gilt auch hier, was ich oben zu Proteinen und deren Denaturierung geschrieben habe. Ich will auch nicht Hausmittel kategorisch ablehnen. Aber ich bin auch hier der Ansicht, daß etwa ein Antihistaminikum in der Bordapotheke, das sofort aufgetragen werden konnte, besser gewirkt hätte, die Symptomatik zu lindern. Bei einem Insektenstich vertraut man doch auch meist darauf, oder? Etwas komisch ist es, daß du (Hacky) ja anscheinend vorsätzlich als Versuchskaninchen herhältst. Oder warum hast du einen Teil deiner Verletzung behandelt, den anderen anscheinend aber nicht?

Zum Schluß wünsche ich allen noch ein gutes neues (Tauch)jahr, möglichst ohne Gift- oder sonstige Zwischenfälle.

Jan

Antwort