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Grevelinger-Meer: Gefahr durch Sandkavernen gegeben???

In einem Interview, bzgl. des vermissten Tauchers im Grevelinger Meer, wurde erklärt, dass es dort viele 50 bis 70 Meter tiefe Sandgruben gibt, welche durch den Sauger mit dem dort früher Deiche gebaut wurden, entstanden sind. Wenn man an den Rand einer solchen Sedimentverdeckten Grube stößt, kann es zu einem „Deichfall“ kommen, der einen in die Tiefe zieht. Es wird Sand aufgewirbelt, der auf einen zu strömt und dann mit hinab reißt, heißt es da. {[Quelle=> http://www.omroepzeeland.nl/nieuws/2013-04-02/402511/zoekactie-naar-duiker-uit-wolphaartsdijk-voortgezet auf der Seite links das Interview „luister fragment: Tweede dag van de zoektocht naar de vermiste duiker in het Grevelingenmeer“]}.
Haltet Ihr das für glaubhaft / realistisch, oder für übertrieben? Ich tauche regelmäßig dort und habe derartiges noch nie zuvor gehört.
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ramklovApnoeTL, TL**
03.04.2013 13:50
Hier mal der Tauchplatz am Hafen von Scharendijke: http://www.digischool.nl/bi/onderwaterbiologie/html/frames/frduikze.htm (Tauchplatz 16)

Der größte und wohl am meisten genutzte Bereich des Tauchplatzes mit den Riffbällen und dem Wrack liegt im Bereich bis 30m, nach meiner Erinnerung völlig ohne Steilhänge. Gefährlich ist nach meiner Auffassung dort allenfalls die echte Nullkommanullsicht, die man streckenweise hat, wenn man nach Kompass über den Grund entlaangtaucht.

Vor der Tiefe von 45m in der Tauchverbotszone wird in der Tauchplatzbeschreibung ausdrücklich gewarnt. Diese Stelle ist in der Karte aus dem obigen Link auch eingetragen. Der Grund ist tatsächlich sandig, teils matschig, und wird schnell aufgewirbelt.

gruß ramklov
ramklovApnoeTL, TL**
03.04.2013 13:52
Oben war die Übersicht, hier ist Tauchplatz 16: http://www.digischool.nl/bi/onderwaterbiologie/html/duikloka/zeeland/schadijk.htm
03.04.2013 14:17
Hallo Ramklov,
danke für die Links. Es ging in dem Interview nicht um die Tauchtiefe, sondern um bis zu 70 Meter tiefe, oberflächlich durch Sediment abgedeckte Hohlräume, welche durch Sandabsaugungen – die für den Deichbau notwendig waren – entstanden sind. Diese „Löcher“ sind sehr alt und offenbar ausgesprochen instabil. Ab welcher Tiefe sie auftreten ist nicht ganz verständlich, aber es scheint nicht wirklich so tief zu sein. Wenn ich mich recht entsinne, ist die tiefste legal betauchbare Stelle im Grevelinger Meer sowieso nur 45 Meter. Daher bin ich von der Aussage „50-70 Meter“ sehr überrascht.
ramklovApnoeTL, TL**
03.04.2013 14:27
Dass die Holländer an verschiedenen Stellen ihres LAndes tiefe Löcher (70+) buddeln um an Baumaterial zu kommen, habe ich öfters gehört. So sollen einige betauchbare Seen im Landesinnern entstanden sein.

Aber instabile Hohlräume bis zu 70 m Tiefe, von Sediment verdeckt im Grevelinger Meer neben/in ausgeschilderten Tauchplätzen Davon habe ich noch nichts gehört. Das soll natürlich nicht heißen, dass es soetwas nicht gibt. Vielleicht kann jemand Genaueres beitragen.

gruß ramklov
03.04.2013 15:53
Ich glaube, was da gemeint ist, ist wegen der grossen Zahlen und der Schwammigkeit der Beschreibung nicht klar erkennbar.
Aber das grundsätzliche Phänomen ist doch allgemein bekannt in Baggerseen-gebieten.

Ist doch ein Problem in verschiedenen Seen und der Grund für viele abgesperrte Baggerlöcher.

Der Sauger erzeugt eine Aufwirbelung aus Sand und Wasser.
Dadurch wird das Sediment teilweise bis weit in den Seegrund mit sehr viel Wasser angereichert.

Es ergeben sich also keine echten Hohlräume, sondern Zonen in denen der Sand zu grossen Teilen aus Wasser besteht.
Darauf lagert sich dann auch schwereres Sediment im Laufe der Zeit ab.

Wenn jetzt das ganze instabil wird, kann sich die Situation `spontan lösen` und sich das Wasser von Sand trennen, oder das ganze System bricht von den Wänden her nach unten weg und setzt sich ein paar Meter tiefer als festerer Boden ab (=Deichfall) - in dem Beispiel eventuell mit Taucher drin eingepackt, da das Wasser weniger Aufrieb hat wenn es stark mit Sand durchsetzt ist und das Wasser gerade nach oben abhaut und dafür Sand nachkommt.

Finde ich bezogen auf des Grevelinger Meer nicht unrealistisch.
Es würde mich aber doch wundern, schliesslich wird da schon seit ein paar Jahren getaucht, aber nicht mehr gebaggert und der Schiffverkehr sollte dabei den Boden schon genug durchschütteln.
05.04.2013 10:07
Ich selbst kenne das Grevelinger Meer nicht.

Aber angenommen, der Taucher ist an einem Hang und unter ihm rutscht Sand, Sediment, sonstwas ab.
Jedes Teilchen wird von der Hangabtriebskraft beschleunigt und vom Wasser gebremst. Dabei wird Impuls aufs Wasser übertragen, wodurch es dann parallel zum Hang nach unten rauscht. Es strömt Wasser von oben nach, was den Taucher durch Verwirbelungen durcheinander bringt und ihn in die abwärts rauschende Wasserschicht drückt/saugt.

Jeder weiß, dass er wegen des Soges weg muss von einem sinkenden Schiff.
Jeder hat schon erlebt, dass ein Wolkenbruch sich durch starken Wind ankündigt. Alles das gleiche Prinzip.

Und noch was aus dem Bereich der Spekulation:
Das Grevelinger Meer liegt in einem Fluss-Delta. Wenn es da Löcher gibt, könnte ich mir eine Halokline vorstellen, in der dann Sediment abgelagert wird. Sieht dann wie normaler Sand- Schlick-Boden aus.
Und dann ein Flossenschlag, der die Halokline durchbricht und das Sediment fällt runter.

Gut Luft

FANATIC DIVER
bikefreshTaucher i.R.
08.04.2013 21:15
Sowohl die Antworten von Razorista und FANATIC DIVER sind schlüssig, wobei die Beschreibung von Razorista den Nagel auf den Kopf trifft.
Die größte Tiefe des Grevelinger Meeres liegt bei 47m und nur kurz vor der Hafeneinfahrt von Scharendijke.
Unglücklicherweise ist diese Stelle vom "normalen Einstieg" and der Tauchbasis De Kabbelaar gut erreichbar.
So kommt es hier bei "erfahrenenen Tauchern" gern mal zum "Hemmooreffekt", d.h. es wird versucht tief und dreckig zu tauchen.
Ob dies in diesem Fall auch so war wäre allerdings Spekulation. Da die Suchkräfte aber am Folgetag genau dort suchten, ist es wohl etwas mehr als Spekulation. Ich war zufällig am Dienstag (nach dem Unglück) da, und es wurde noch mit viel Mensch- und Materialeinsatz gesucht.
Die Bodenstruktur kann man aber schon außerhalb der Riffbälle im Bereich der tieferen Plattform und etwas tiefer gut erkennen, wie Ramklov es ja schon beschrieben hat. Hier geht es recht steil abschüssig runter, und zwar weicher Schlick als Grund. Wenn sich sowas auf Steinen am Hang ablagert und dann irgendwann als Lawine abgeht
Ich hab hier früher mit Schülern Tieftauchspecial gemacht- und immer schön Abstand vom Hang gehalten.
10.04.2013 16:58
Könnte man ja mal von den Lawinensprenungen in den Alpen lernen und kontrolliert Seimentlawinen auslösen ?
10.04.2013 17:43
Bei Baggerlöchern,die mit Weiternutzungsplänen aufgegeben werden wird das ja gemacht.

Ich glaube, das passiert dann aber duch Rüttelsysteme, die den Boden einfach allgemein verfestigen sollen.

Problem beim Grevelinger Meer wäre wohl, das die Deiche auf den Fundamenten anderer Deiche stehen und niemand die Fahrrinnen anders kontrolliert als durch rücksichtsloses ausbaggern.
Der Boden ist ja fast überall leichter Schwemmschleim.
07.05.2013 09:09
Schwemmschleim? Also "Boden", der nicht organisch ist, hat eine Rohdichte von etwa 2,50-2,8 to/m³. Unter Wasser mithin noch 1,6 to/m³. Und einen natürlichen Schüttkegel bei nichtbindigem Boden unter Wasser von ca. 3o-33 Grad. Bindiger Boden, einmal umgerührt (Lehm/Ton) braucht lange, um sich zu stabiliseren, da durch die Dipolcharakteristik der feinen Teilchen Wasser sich gernae dran bindet. Ich habe aber sowohl im Lehm als auch in Kies Abbaggerungen gesehen (nasse Baggerei), wo die Wände senkrecht stehen blieben. Das sich alles durch Saugbaggerei auflöst, stimmt zumindest für die Nordsee vor dem Wattenmeer Deutschlands überhaupt nicht. Die Saugbagger fahren ein ganz präzises GPS-gestütztes Muster. Das wäre nicht sinnvoll, wenn alles zusammenlaufen würde.
Ich vermute, es handelt sich bei dem beschriebenen Phänomen entweder um die üblichen Gerüchte (nach denen auch in jedem Teich "ein Panzer steht), oder um vom Taucher ausgelöste Sedimentlawinen, wie sie auch in Hemmoor beliebt sind, wenn man, Flossen schön zum Hang, gerade statt schräg abtaucht.
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