Gedanken zu einer Reise durch die Salomonen und Borneo
Geändert von west1high,Wir sind eine Woche zurück.
Eine Woche, die in mir den Gedanken reifen ließ, meine Eindrücke und Erkenntnisse einer mehrwöchigen Reise durch die Salomonen und Malaysia (Borneo) einer größeren Anzahl Menschen als normal mitzuteilen.
Auf dieser Reise haben wir mit vielen Menschen gesprochen - sowohl Einheimischen als auch Touristen aus verschiedenen Ländern (China, USA, Kanada, Großbritannien, Japan, Australien, Frankreich, Spanien, Argentinien…).
Die Salomonen sind ein sehr armes Land. (Nebenbei - viele Menschen, mit denen ich in der vergangenen Woche sprach, wussten nicht einmal, dass es dieses Land gibt, geschweige, dass sie wussten, wo es zu suchen ist).
Wir hatten ein Liveaboard für eine 11-tägige Tauchreise gebucht, waren aber sicherheitshalber schon einige Tage vorher in Honiara.
Ich muss das Leben in dieser Stadt nicht beschreiben - alle, die schon durch Asien bzw. Ozeanien gereist sind, kennen es. Für alle, die es noch nicht erlebt haben: es ist eine Kakophonie aus Geräuschen, Gerüchen und mitunter recht verstörenden visuellen Eindrücken für einen Bewohner der westlichen Hemisphäre.
Wir hatten uns schon lange auf das Tauchen da gefreut und es war auch ziemlich beeindruckend - bis auf den Umstand, dass selbst in diesem entlegenen Teil der Erde grosse Fische schwer zu finden sind. Ab und zu ein kleinerer Hai oder Rochen und das war es schon.
Der industrielle Fischfang leistet in allen Meeren ganze Arbeit.
Die Verschmutzung des Meeres und der Ufer mit dem im restlichen Asien allgegenwärtigen Plastikmüll ist allerdings (NOCH) sehr gering bis nicht vorhanden.
Eine Bemerkung zur Sicherheit.
Vom Auswärtigen Amt werden permanent Reisewarnungen für verschiedene Länder und Regionen ausgesprochen.
Da wir in zwei betroffenen Ländern waren, haben wir uns im Nachhinein gefragt, weshalb niemand entsprechende Warnungen für Deutschland verkündet. Klar, die Eindrücke sind immer subjektiv, aber wenn man mit den normalen Menschen spricht, die jeden Tag da leben, zeigt sich ein anderes Bild, friedlicher und entspannter. Bei Fragen nach der Sicherheitslage wird man sehr freundlich aber dennoch etwas verständnislos darauf aufmerksam gemacht, dass diese angemerkten Ereignisse mitunter viele Jahre zurück liegen (da musste ich wieder an mein Heimatland denken, wo ähnliche Vorfälle zeitnäher stattfanden).
Weiter nach Borneo.
Nebenbei, in Lahad Datu fand zur Zeit unseres Aufenthalts in Sandakan die Berufungsverhandlung der Teilnehmer der terroristischen Attacke von 2013 statt.
Drei Wochen inclusive einer Woche Tauchen um und bei Sipadan kreuz und quer durch den malayischen Teil. Ein paar Tage Sandakan, Sepilok, Kinabatangan River, dann per Auto nach Semporna, weil wir noch auf dem Weg dahin die riesige Fledermaushöhle besuchen wollten.
Im Nachhinein hätten wir diesen Punkt auslassen sollen: nichts für einen schwachen Magen und sensible Geruchsorgane. Ach ja, nicht zu vergessen die gigantischen kontaktfreudigen Kakerlaken überall.
Eigentlich gibt es in diesem Teil Borneos nur noch verschwindend wenig wirkliche Natur. Die Strasse zieht sich durch hunderte von Kilometern von Palmölplantagen.
Semporna - OMG.
Das Tauchen in Mabul/Sipadan war - sagen wir mal so - interessant.
War es schön - ja. Werden wir jemals dahin zurückkehren? Definitiv nein.
Es ist industrialisiertes Tauchen. Allein fünf Boote der Scuba Junkies mit jeweils 12 Tauchern brachen jeden Morgen zeitig nach Sipadan auf. Das ist nur eines der Resorts auf Mabul und dazu kommen dann noch die vom noch weiter entfernten Festland und anderen Inseln.
Jetzt könnte jemand entgegnen, es gibt aber nur eine täglich begrenzte Anzahl an Genehmigungen! Stimmt, aber die werden permanent nach oben verändert und bald gibt es drei Tauchgänge pro Taucher.
Unter Wasser wurde ich mitunter an meine schlimmsten Tage in Ägypten erinnert: überall Luftblasen.
Als wir die Buckelkopf Papageienfische beobachteten, waren wir drei Reihen hintereinander, toll! Sipadan ist klein.
Sicher war es in der Vergangenheit einer der schönsten Tauchplätze.
Wir haben mit Guides gesprochen, die schon 15 Jahre, ein paar sogar länger da arbeiten. Sie sind natürlich ungemein kompetent, freundlich und sehr serviceorientiert. Aber man spürt den Frust und die Verzweiflung in ihren Worten über die sich rapide ins Negative verändernden Bedingungen. Wie so oft, gibt es für eine kleine Gruppe Menschen sehr viel Geld zu verdienen - und dem wird, wie immer, alles untergeordnet.
Während unseres Aufenthalts wurden wir ab und an von anderen Tauchern und Angestellten darauf angesprochen, doch Hausriff - bzw. Nachttauchgänge zu unternehmen, was wir regelmäßig zurückwiesen. Wir lieben beides, aber nicht unter folgenden Bedingungen:
Es gibt in dieser Region überall die sogenannten Watervillages. Entgegen aller Beschreibungen in den Tourist Guides haben sie überhaupt nichts romantisches oder pittoreskes an sich. Es sind Slums auf Pfählen für die ärmsten der Armen, recht häufig illegale philippinische Flüchtlinge. Eines dieser „Dörfer“ liegt weniger als 10(!) Meter direkt neben dem Einstieg für Tauchausbildung, Hausriff - und Nachttauchen. Da vegetieren geschätzt mehrere hundert, wenn nicht tausend Menschen, die ihre Notdurft und auch alle anderen Abwässer direkt ins Meer entrichten.
Als wir die Taucher auf diesen Umstand ansprachen, schauten uns wirklich alle mit großen Augen an. „Ehrlich?“ Tja, gelebte aber alltägliche Ignoranz.
Die Diskrepanz zwischen der Armut, dem Kampf ums tägliche Überleben der vielen Menschen in diesen Ländern und dem sehr offensichtlichen Wohlstand der Touristen, der sich schon durch die Ausrüstung (Kamera - Tauchequipment) zeigt, die tagtäglich an den Bewohnern vorbeigetragen wird, ist schmerzhaft.
Die Almosen in Form von Tipp und Kleiderspenden ändern daran nichts und hinterlassen nur einen schalen Geschmack, wenn man sich auf dieses Denken einlässt.
Ein paar O - Töne:
- Muss ich mir das jeden Tag ansehen, bei dem Geld, dass ich bezahlt habe!
- Die sollten mal etwas aufräumen, wie kann man denn zwischen all diesem Müll leben.
Die haben doch genug Zeit!
- Wenn die ihre Kinder in die Schule schicken würden, wäre das Bildungsniveau höher und sie würden ihre Probleme selbst erkennen und beseitigen.
- Eine Bildungskampagne unter den Menschen hier wäre doch eine Idee.
- Es kann doch nicht so schwer sein, ein paar Mülleimer aufzustellen - bei uns geht das doch auch.
Wir tollen reichen Menschen aus dem Westen haben schon immer gewusst, wie es geht.
Zum Abschluss haben wir ein paar Tage fast ausschliesslich mit wenigen Touristen und vielen Einheimischen im Regenwald am Mount Kinabalu verbracht. Es war zwar anstrengend, aber menschlich der schönste Teil der Reise.
Ein Nachtrag zum Fischen mit Sprengstoff. Wir mussten das leider beim Tauchen vor Si Amil mit anhören - eine erschreckende Erfahrung. Als wir unseren Guide nach dem Tauchgang darauf ansprachen, entgegnete er, dass die Fischer kaum noch etwas fangen, um zu verkaufen und ihre Familien zu ernähren. Ja, und dann greifen sie eben zu drastischeren Mitteln. Ab und zu wird einer erwischt und geht ins Gefängnis aber eigentlich trifft es wieder die falschen.