Spannender Thread, vor allem multidisziplinär - das macht Spass!
Ausgehend von der Aussage, dass VPM vieel zu rechenaufwändig sei, um auf einem Tauchcomputer zu laufen, wurde gezeigt, dass VPM in der Spitzenklasse der Armband-Tauchcomputer bereits käuflich zu erwerben ist. Es kam der berechtigte Einwand, dass man nicht wisse, ob VPM wirklich vollständig berechnet würde oder nur anhand von Tabellen. Das dürfte tatsächlich Herstellergeheimnis sein, was wir hier nicht klären können. Aber das war ja auch nicht die Frage. Die Frage war, ob es geht oder nicht. Und ich behaupte weiterhin, dass es geht. Dass die in den Tauchcomputern tatsächlich verwendete Hardware es nicht kann, da widerspreche ich ja gar nicht. Das, was der Endkunde für den Tauchcomputer bezahlt, sind nur zum allergeringsten Teil die Kosten der Hardware selbst. Schaut doch mal bitte, was ein Einplatinencomputer wie der Raspberry Pi kostet (40€) und was er alles kann. Ja, das ist natürlich ein Stromfresser. Aber das sind Tauchlampen Modell Varta Volkssturm und Heizunterwäsche auch. Und was machen wir Taucher? Wir kaufen uns 20 Ah - Akkutanks und klemmen die an unser Backblech. Angenommen, rein hypothetisch, es gäbe ein sicheres Dekomodell, mit dem man die Dekozeit gegenüber allen heute bekannten Modellen halbieren könnte, aber das hätte den Nachteil, sehr rechenaufwändig zu sein. Ich behaupte mal, mindestens die halbe Taucherweilt wäre mit Akkutank-gespeisten Kleinstrechnern unterwegs. An der Rechenintensität liegt es also nicht, dass VPM nicht Standard auf den TC ist.
Pauschal finde ich den Rückgriff auf Tabellen auch nicht unmoralisch. Wenn im Modell eine Gleichung ausgerechnet werden muss, in der Wurzel 2 als Konstante steht, kann man das natürlich so programmieren, dass die CPU stumpf bei jedem Durchlauf die Quadratwurzel aus der Zahl 2 ziehen muss. Oder aber ich schreibe als Programmierer schon gleich 1,4142 hin. Wenn der nächste Faktor im Produkt ein Messwert mit nur drei signifikanten Stellen ist, dann reicht das doch allemal aus. Und durch diesen Kniff verändert sich ja auch nicht mein Modell. Deshalb stimme ich nicht zu, dass ein mit Tabellenwerten simuliertes VPM-Modell kein volles VPM mehr ist. Sofern bei der numerischen Umsetzung Fachleute am Werk sind, merkt man keine Unterschiede. Etwas anderes wäre es, wenn man Gleichungen des Original-VPM verinfacht, beispielsweise durch Linearisierung einer quadratischen Terms, Neuberechnung von variablen Koeffizienten nur alle 5 Minuten o.Ä.
Die Tauchcomputer von Ratio haben neben dem VPM-Modell gegen Aufpreis übrigens noch ein GPS Feature an Bord. Wer sich mal mit GPS beschäftigt hat weiß, dass da auch viel zu rechnen ist. Anscheinend langweilen sich die Ratio- Computer Aber weil es relativ rechenintensiv ist, greift man auch da gern auf Tabellen zurück. Mir ist noch nicht zu Ohren gekommen, dass sich diese Tabellen nachteilig auf die Navigation ausgewirkt hätten.
Wenn wir Taucher ein Interesse an verbesserten Dekomodellen haben, dann sollten wir nicht erwarten oder hoffen, dass Institutionen wie Industrie und Militär das für uns tun. Big Data ist doch sehr populär aktuell, nicht nur Google und Facebook, sondern auch die öffentliche Forschung ist an dem Thema dran. Gründen wir eine Stiftung, spenden wir jährlich den Preis einer Trimix-Füllung und übertragen wir doch all unsere Tauch-Profile an eine von der Stiftung verwaltete Datenbank, aus denen sich die Unis und Institute bedienen können. Mit den Stiftungsgeldern könnte man dann auch einzelne Forscher fördern. Vielleicht nicht unbedingt die Autoren des verlinkten Papers aus der Underwater Technology - hab's nur überflogen, machte aber nicht wirklich Lust, es in Gänze zu lesen.