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andrej v.Rescue, etc.

Farbwechsel Imperator-Kaiserfisch

Wie bei besagten Fischen der Wechsel vom Teeny zum Erwachsenen funktioniert, das hab ich mich immer mal wieder gefragt. Darum hab ich die Frage irgendwann mal im Unterwasser-Forum Herrn Bergbauer gestellt, Antwort: Keine leider. Vielleicht weiss hier jemand etwas darüber. Ob der Geschlechtswechsel vom "Jungen" zur "Frau", oder der so auffällige Wechsel der "Klamotten", sowie der Form - wie funktioniert das im Detail? Wie auch immer das mit dem Geschlechtswechsel geht, also ob relativ zügig, oder über einen etwas längeren Zeitraum- für den Nicht-Biologen ist die Antwort auf diese Frage vielleicht gar nicht so einfach zu verstehen und ist möglicherweise auch gar nicht sosehr interessant. Das Lebewesen im Laufe ihrer Entwicklung auffällige Formveränderungen durchmachen, das kennt man ja auch. Manche Tiere spinnen einen Kokon und entsteigen diesem als komplett neues Lebewesen, andere verändern sich über einen längeren Zeitraum und bekommen in der Übergangszeit Pickel und eine tiefe Stimme. Eine Frage bleibt aber. Wie geht das bei Fischen mit dem Farbwechsel? Das frage ich mich besonders bei Arten, wo der Wechsel von Farbe und Zeichnung so auffällig ist, wie zb. beim Imerator-Kaiserfisch. Ich habe sowohl die Jung- als auch die Altform schon viele male gesehen, aber niemals eine Zwischenform. Ich habe auch noch nie ein Bild gesehen, von einem Imerator-Kaiser, der Farb- und Zeichnungsmerkmale von beiden Formen hat. Das einzige, was man daraus vielleicht ableiten kann ist, dass sich der Übergang vermutlich relativ schnell vollzieht, oder?

Gruß,
a.
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divemecressiODABBELUESEI
15.09.2009 23:32
Hallo,

im Eichler /Lieske "Korallenfische Indischer Ozean" sind sowohl adulte, subadulte als auch juvenile Imperator Kaiserfische abgebildet. Nur mal so als Literaturtipp.
Ich selbst habe subadulte auch noch nicht gesehen.
Wie das mit dem Farb und Bodyshapewechsel nun genau funktioniert, auch selber keine Ahnung. Aber für mich ist es phänomenal.

Ist nicht böse gemeint, aber ist deine "p" Taste defekt.

Gruß DMC

http://www.flickr.com/photos/berndhoppe/3517788079/

http://www.flickr.com/photos/berndhoppe/3392586893/


ElFlacoPADI OWSI
16.09.2009 07:47
Hallo,

ich habe schon einige Fische in der "Übergangsphase" gesehen, darunter auch Imperatoren, aber auch Süßlippen, bei denen ja auch ein sehr deutlicher Wechsel vorkommt. Meinen Beobachtungen nach geht der Wechsel langsam mit dem Wachstum voran, da bestimmte Stadien immer mit einer bestimmten Größe übereinstimmen.
Beim Imperator werden die weißen Kringel mit der Zeit gelb und orden sich dann allmählich zu Linien.
Wie es allerdings funktioniert, weiß ich auch nicht.
Zumindest bei Süßlippen hab ich einige Fotos. Muss nachher mal durchforsten, wenn es interessiert.
Gruß
Flaco
andrej v.Rescue, etc.
16.09.2009 08:29
Moin.

Imperator-Kaiserfisch, Verzeihung. Meine Tastatur klemmt in der Tat, nachdem letzten So. eine halbe Tasse Kaffee darin verschwunden ist, mist. (postadulte Form von Tastatur...) Viell. bekomme ich ja Hilfe "von oben", damit wenigstens die Überschrift richtig ist, dann würdest du aber wieder als kleinlich da stehen.

Danke für deine Links. Interessantes Bild von der erwachsenen Imp.-Kaiserfisch-Form, scheint noch ein Jung-Erwachsener, bzw. ein kleines Tier zu sein, jedoch schon mit komplettem "Erwachsenen-Look". Das bestärkt meine Vermutung, dass sich der Wechsel über Nacht, oder noch schneller vollzieht. (Vielleicht sollte man mal bei den Aquarianern nachfragen...)

Das Buch welches du ansprichst, habe ich leider nicht. Ist das so? Darin sieht man tatsächlich eine Form, die deutlich unterhalb des Erwachsenen-Stadiums ist, aber auch noch das "Jugendkleid" erkennen läßt?

Gruß, a.
andrej v.Rescue, etc.
16.09.2009 08:35
@Flaco Interessant. Wenn du auch ein Foto von einem Imperator in der Übergangsphase hättest? Nie gesehen! Wenn man googlet findet man genau Kein Bild und auch engagierte Kleinfischfans konnten mir keins zeigen.
divemecressiODABBELUESEI
16.09.2009 08:42
Auch moin Andrej...

die subadulten haben am Unterbauch noch die Färbung der juvenilen und die obere Körperhälfte hat bereits deutlich die Färbung der Erwachsenen.

Das Buch ist momentan ganz günstig zu haben und eine ganz gute Ergänzung zu den verschiedenen "Debelien". Es sind halt nur Fische drin, dafür aber umfaßt das Verbreitungsgebiet den gesamten Indik incl. Rotes Meer bis hin zum Westpazifik.


http://www.amazon.de/Korallenfische-Indischer-Ozean-Dieter-Eichler/dp/3861321343/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books&qid=1253082843&sr=8-1


Gruß DMC
16.09.2009 08:43
Hallo,
eine Juvenilfärbung, die sich vom ausgewachsenen Fisch unterscheidet, dient der Reduktion der innerartlichen Aggression. Jungtiere werden von den ausgewachsenen nicht als die eigene Art erkannt und daher im Revier toleriert. Übrigens wurden schon viele Jungfische von Systematikern als neue Art beschrieben, und es hat sich erst viel später herausgestellt, dass es nur ein Jungtier war (z.B. bei Papageifischen).

Es ist davon auszugehen, dass die Umfärbung nicht nur vom Alter und der Größe des Fisches, sondern auch vom Umfeld abhängt - sprich: wie viele Adulttiere halten sich in der Umgebung auf. Ähnlich ist es auch bei den im Korallenriff sehr verbreiteten Geschlechstumwandlungen. Die wird durch Anwesenheit von größeren, stärkeren Tieren unterdrückt.

Wie schnell die Umfärbung tatsächlich von statten geht, weiss ich auch nicht. Ich würde aber wetten, dass es keine sehr genau vorhersagbare Dauer ist. Ich würde mal auf einige Wochen bis wenige Monate tippen.
Jens
divemecressiODABBELUESEI
16.09.2009 09:01
Moin Andrej nochmal....


habe eine subadulten gefunden.

http://www.flickr.com/photos/cat64fish/3743970621/

Gruß DMC

andrej v.Rescue, etc.
16.09.2009 09:09
@dmc Danke, bin mit dem Einkaufswagen gleich zur Kasse gegangen.

@Jens Hartmann Das mit der Unterdrückung, bzw. der Anzahl der Adult-Tiere war mir völlig neu, erstaunlich.

@dmc & Jens Hartmann Um mal bei der optischen Verwandlung zu bleiben- Dann würde sich die Umfärbung vermutlich Phasenweise vollziehen? Also zuerst ein rascher Wechsel zum adulten Kleid, während der Bauch sich anschließend nachfärbt?
andrej v.Rescue, etc.
16.09.2009 09:15
@dmc

! - Das is es! Danke sehr.

Man sieht tatsächlich beide Farbkleider, mit gekreuztem Muster, verrückt!

Grüße,
a.
divemecressiODABBELUESEI
16.09.2009 09:17
@andrej


sieht ganz so aus. Die gute Frage ist, ihn welchem Zeitrahmen das passiert. Der Tipp von Dir, mal einen Aquarianer zu fragen, ist daher nicht schlecht.

Wer von uns Tauchern hat schon die Möglichkeit für Langzeitbeobachtungen?


Gruß DMC
16.09.2009 13:17
Hab auch schon Jungtiere und Übergangsformen in natura gesehen. Sieht echt schräg aus, fast so als ob man beide Färbungen übereinanderlegt. Dass es in Phasen vonstatten geht, glaube ich nicht, ich denke eher, es ist ein ganz kontinuierlicher Vorgang, wobei die Adultfärbung im vorderen Bereich (Brust/Bauch) zuerst auftritt und sich dann zunehmend nach hinten ausbreitet.

Aquarianer zu befragen, kann einen ganz groben Anhaltspunkt liefern, der aber mit Vorsicht zu genießen ist:
Im Aquarium passiert möglicherweise genau das, was ich oben bereits angesprochen habe - aus Mangel an Konkurrenz färbt sich das Tier schneller um. Es kann aber auch umgekehrt sein: bekanntlich bleiben Fische, wenn sie in zu kleinen Aquarien gehalten werden, kleiner als ihre Kollegen in freier Natur. Die Umfärbung könnte dann auch seeeehr viel später erfolgen (sollte die Umfärbung hauptsächlich von der Körpergröße anhängen).
Jens
Bio-UliDipl.Biologe, TL****
16.09.2009 19:07
@andrej_v "Ob der Geschlechtswechsel vom "Mann" zur "Frau", oder der so auffällige Wechsel der "Klamotten", sowie der Form - wie funktioniert das im Detail? Wie auch immer das mit dem Geschlechtswechsel geht, also ob relativ zügig, oder über einen etwas längeren Zeitraum ..."

Geschlechtswechsel bei Kaiserfischen:
Alle Kaiserfische wechseln ihr Geschlecht. Nennt sich sich Folge-Zwittertum (sequenzieller Hermaphroditismus), und hier wechselt man von Frau zu Mann (wie so oft auch in anderen Fischfamilien), was sich dann protogyner Hermaphroditismus nennt. Imperator-Kaiserfische leben nicht in Harems (wie andere G-Wechsler), sondern solo. D.h. sie wandeln ihr Geschlecht langsam, innerhalb von Wochen/Monaten, nicht Tagen, um.
Im Klartext: der junge "Teeny", der gerade seine "Klamotten" auf erwachsen wechselt, war bis dahin sexuell noch nicht aktiv und hat seine kümmerlichen Geschlechtsdrüsen noch nicht gebraucht. Nun aber beginnt er sie zeitgleich mit dem Farbwechsel hochzurüsten und zwar auf eierproduzierende Ovarien. Um damit produziert bzw. legt umgefärbte Madame Kaiserfisch Eier, bis ihre Eierstöcke heiß-gelaufen sind. Je nach Gelege-Häufigkeit kann das (in Aquarien) schon mit 2 Jahren aber auch erst nach 6 Jahre der Fall sein. Dann ist Schluss mit diesen Drüsenzellen, und sie baut ihre "leeren" Eierstöcke irreversibel zu Hoden um, um am Ende als Kerl zu sterben.

Farbzellen/Chromatophoren:
Für einen schnellen Farbwechsel steuern entsprechend begabte Riffische kleinste Muskeln an, die darunter liegende Farbpigmente freilegen bzw. überdecken können. In der Regel gibt es dazu drei verschiedene Chromatophoren, die unter der Epidermis in Schichten übereinander liegen. Es sind dies Xanthophoren, Melanophoren und Guanophoren. Jede ist für verschiedene Farben/Färbungen verantwortlich. Die oberste für Gelb und Rot, die mittlere für Schwarz, die unterste bricht das einfallende Licht und erzeugt so Blau.
Kaiser sind nun eher langsame Farbwechsler. Balz, Aggression usw. gehen nur mit kleinen Veränderungen einher. Insofern dürfte o.g. System nur recht schwach ausgeprägt sein. Es kommt in natura wohl zu einem +- gemächlichen Umbau der Chromatophoren innerhalb von mehreren Wochen. Denn: Je länger die Metamorphose ja dauert umso länger kann sich der Teeny ja noch im Territorium der Altiere bewegen. Es besteht also beim Übergang, andrej_v, gar kein Grund zur Eile.
andrej v.Rescue, etc.
16.09.2009 20:48
@BIOnaut
Junge, das war ausführlich, danke sehr! Da hätt ich mir das Eichler/Lieske-Buch von amazon auch sparen können. Das Bio-Forum ist schwer in Form, nicht schlecht.
17.09.2009 09:34
Geschlechterwechsel allgemein:
Es gibt 2 Typen des sequenziellen Zwittertums:
- Proterandrie ("Vormännlichkeit": zuerst Männchen, dann Weibchen)
- Protogynie ("Vorweiblichkeit": zuerst Weibchen, dann Männchen)

Höchst interessant ist dabei, dass jede Fischart den Typ des Zwittertums auf den Fortpflanzungserfolg optimiert hat. Bei jenen Arten, wo auch kleine Männchen erfolgreich sind (viele Eier befruchten können und trotzdem zB nicht gefressen werden) und große Weibchen mehr Eier legen können, ist Proterandrie vorherrschend. Dies ist zB bei den Anemonenfischen der Fall. Die Revierverteidigung übernimmt hier teilweise auch die Anemone, und es ist für diese Art ein größerer Vorteil, das Leben als kleines Männchen zu beginnen und als Weibchen zu beenden. "Starke" Männchen dienen dem Fortpflanzungserfolg weniger , als "Starke" (große!) Weibchen.
Anders bei Arten, wo die Revierverteidigung wichtig ist und/oder die Innerartliche Konkurrenz um Weibchen hoch ist. Hier ist der Fortplanzungserfolg am größten, wenn die Art protogyn ist.

Das ist evolutionäre Ökologie vom Feinsten, hochinteressant nicht nur für den Biologen!

In einem Buch von mir, welches derzeit noch in Arbeit ist, gibts noch deutlich mehr dazu.
Jens
ElFlacoPADI OWSI
17.09.2009 17:43
Sorry hat etwas gedauert, aber hier noch meine versprochenen Fotos zum Thema:
http://platax.gmxhome.de/imperator
http://platax.gmxhome.de/suesslippe.jpg
(Die gibts auch in besserer Auflösung, falls Du die für Dein Buch verwenden willst, Jens)
Gruß
ElFlaco

andrej v.Rescue, etc.
18.09.2009 03:27
Noch so ein Foto, ich werd bekloppt. An dieser Stelle verabschiede ich mich offiziell aus der Diskussion und bedanke mich noch mal herzlich für die ausführlichen Erklärungen und die Bilderschau. Zum Abschied möchte ich in diesem Zusammenhang noch auf einen Artikel in der Süddeutschen (Ausgabe Mittwoch, 16. Sept.) aufmerksam machen. Vielleicht interessiert euch das. Thema: "Abwasser verursacht im Mississippi Metamorphosen bei Schwarz- und Forellenbarschen." Dieser schließt mit dem Satz: " (...) Unklar ist auch, warum Barsche häufiger verweiblichen als andere Fischarten." - Arme Barschartige.
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