Tauchmedizin ist ein sehr interessantes Thema. Über alles rund ums Thema Gesundheit und Tauchen kann hier ausgiebigst diskutiert und geschnackt werden. Sehr kompetente Antworten sind garantiert - denn viele Mediziner besuchen dieses Forum.

Erfahrungen mit Anfängen einer Kohlenmonoxyd-Vergiftung?

Vergangene Woche waren wir in Kroatien auf einer Tauch-Safari (Diesel-Kompressor an Bord). Einer unserer Taucher brach nach einiger Zeit (ca. 15 min) mittlerer Tiefe 25-30 m seinen Tauchgang wegen Übelkeit, Schwindels und Husten ab. An Bord verabreichten wir ihm zur Sicherheit erstmal Sauerstoff sowie viel Wasser; das Wasser schied er auffällig schnell wieder aus - so dachten wir erstmal an Dehydrierung. Eine Untersuchung im Krankenhaus brachte keine Ergebnisse - erhielt aber 4 Tage Tauchverbot; Er fühlte noch mehrere Tage einen dumpfen Schmerz im oberen Brustbereich.
Tags darauf tauchte ich seine Flasche, die nachbefüllt wurde (Abbruch mit ca. 110 bar - Auffüllung auf 175 bar). Nach circa 2 Minuten auf 10 Meter empfand auch ich ein Schwindelgefühl, mir wurde leicht übel und ich bekam Husten; darauf brach ich umgehend den Tauchgang ab. Ich glich an Bord meine leichten Beschwerden durch bewußt konzentrierte Frischluft-Atmung, saure Vitamine (Orangen) und viel Flüssigkeit aus; Nach kurzer Zeit waren meine Symptome verschwunden.
Vermutung daraus: Kohlenmonoxyd in der Atem-Luft.
Symptome wie im Padi-Lehrbuch beschrieben (kirschrote Lippen etc.) waren in beiden Fällen nicht zu erkennen. Ich habe die Flasche sichergestellt und lasse deren Inhalt gerade bei Linde untersuchen.
Aber vielleicht vorweg: Hat einer von Euch Cracks solches schon mal erlebt - und was ist/wäre die richtige Reaktion?
AntwortAbonnieren
14.06.2002 12:27
Hallo xxl!

Anhand der aufgetretenen Symptome kann eine CO-Vergiftung weder ausgeschlossen noch gesichert werden. Die klassischen Symptome (kirschrote Hautfarbe, Bewusstseinsstörungen), wie Du sie im Lehrbuch gefunden hast, treten erst bei schweren Vergiftungen auf. Leichtere Vergiftungserscheinungen äußern sich v.a. in Erscheinungen, die einem grippalen Infekt ähnlich sind, z.B. Kopf- und Gliederschmerzen, Schwindel, evtl. Übelkeit.
Fakt ist aber: schon bei dem Verdacht auf eine CO-Vergiftung sollte als Erste-Hilfe-Maßnahme hochdosierter Sauerstoff verabreicht werden, Vitamine dürften dagegen keinen Effekt haben. Die Therapie erfolgt übrigens mittels hyperbarer Oxygenierung in der Druckkammer, denn nur durch einen sehr hohen pO2 kann das CO, das sich ca. 300 mal stärker als der Sauerstoff an das Hämoglobin bindet, rasch verdrängt werden.

Es wäre interessant, wenn Du an dieser Stelle über das Analyseergebnis berichten könntest.

Viele Grüße

Andi
14.06.2002 14:28
Klar, sobald die Analyse vorliegt (es hieß 3-4 Wochen) werde ich das Ergebnis hier veröffentlichen.
17.06.2002 16:00
Da die Symptome immer bei Benutzung derselben Flasche aufgetreten sind, ist ein Zusammenahng mit der Atemluft wohl höchst warscheinlich.
Die beschriebene Übelkeit und Schwindel in Verbindung mit Husen klingen sehr nach ner CO2-Vergiftung, denn der Körper hat zum einen Beschwerden wegen zu wenig Sauerstoff (Bewusstseinsstörung) und versucht durch Husten die schädlcihen Gase wieder loszuwerden.
Meinem TL ist das gleiche vor einigen Jahren auch so passiert, auch da war ein mobiler Dieselkompressor die Ursache.
MfG
Trinitor
24.06.2002 22:24
Hai,
die beschriebenen Symptome deuten stark auf eine CO-Intoxikation. Zur Wasseraufnahme: wenn starke Wasserzufuhr zu starker Diurese führt kann man davon ausgehen dass der Taucher nicht dehydriert war, dann hätte er das benötigte Wasser bei sich behalten und nicht wieder abgegeben.
Richtig war die Wassergabe aber trotzdem.
Für den Fall einer CO-Intox: Sauerstoff in rauhen Mengen ist die einzig taugliche Therapie, soll heissen, jemand mit Verdacht auf CO-Intox gehört in eine Druckkammer. CO bindet mehrfach heftiger an die Transportmoleküle als Sauerstoff, so dass dieser in mehrfach höherer Konzentration angeboten werden muss, um das CO wieder aus seiner Position zu verdrängen.

Grüße
S. Overhagen
http://www.ovimed.de/
30.07.2002 09:46
Au weia eine solche Untersuchung braucht wahrlich Zeit.
Jetzt habe ich die Untersuchungsergebnisse vorliegen. Interessanterweise jedoch keinerlei Stellungnahmen von Linde dazu erhalten, ob und inwieweit diese Werte tauchmedizinisch bedenklich sind oder nicht - Aber da hier ja die Cracks sind, kann mir das vielleicht der Eine oder Andere von Euch dazu etwas sagen.
CH4 ppm 1,9
C2H6 ppm < 0.05
C2H4 ppm < 0.05
C2H2 ppm < 0.05
CMHN + ppm < 2.4
CO2 ppm 395
H20 ppm 300
CO ppm 1.4
I-C4H10 ppm < 0.05
N-C4H10 ppm < 0.05

+ in CH4 - Äquivalenten
%-, ppm- und ppb-Angaben sind als ideale Volumenanteile (=Molanteile) zu verstehen.
11.08.2002 16:33
Offensichtlich kann mir doch auch hier keiner weiterhelfen.
Schade. Ich dachte hier seien auch Mediziner am werkeln, die eventuell mit diesen Angaben mehr anfangen können, als unsereiner....
30.08.2002 11:34
Hallo xxl,

wenn ich mich recht erinnere, steht im Ehm, daß CO2 bis 5000ppm und CO bis 30ppm (als 8 Stunden Tagesdosis beim Arbeiten) okay sind. Demnach wären die Werte also gut. Ob der Wert der Kohlenwasserstoffe (CMHN) auch im grünen Bereich ist, kann ich nicht sagen. Unter Umständen deutet er auf unvollständige Verbrennung von Öl oder Benzin (Kompressor) hin.
Zu den anderen Ergebnissen kann ich allerdings nichts sagen.
Vielleicht war es Öl-Nebel? Keine Ahnung.
Gruß
Harro
30.08.2002 11:58
Hallo Harro,
besten Dank - ich hatte schon nicht mehr damit gerechnet, daß sich hierzu noch irgend jemand meldet.
Gestern erhielt ich dazu auch noch relativ interessante Infos von einer (tauchenden) Apothekerin. Dementsprechend gelten bei CO:
bis 0,005% (50 ppm) - keine Gesundheitsgefährdung zu erwarten
0,01% (100 ppm) - nach mehreren Stunden leichte Kopfschmerzen
0,05% (500 ppm) - nach mehreren Stunden heftige Kopfschmerzen, Schwindel, Ohnmachtsneigung
0,1-02% (1000-2000 ppm) - Tod nach 30 Minuten
0,3-0,5% (3000-5000 ppm) - in wenigen Minuten Tod durch Atemlähmung und Herzversagen.

Bei den in unserem Fall vorliegenden Werten kann man nun eigentlich davon ausgehen, dass KEINE CO-Vergiftung vorlag. Andererseits ist es natürlich so, selbst unter Berücksichtigung des erhöhten Partialdrucks beim Tauchen.

Die Frage ist nun aber wirklich: was war schuld?
Öl-Nebel ist natürlich ein denkbarer Grund - zumal wir bei etlichen Flaschen Ölrückstände fanden und diese vor einer weiteren Benutzung erst gerommelt werden mussten. In der betreffenden Flasche aber fand sich keine Öl-Lache - was nicht unbedingt etwas zu bedeuten hat, das ist klar. Aber dann müsste es doch auch bei o.g. Untersuchung ersichtlich geworden sein.

Hier lesen doch mit Sicherheit auch etliche Tauchmediziner sowie Chemiker mit. Vielleicht seht Ihr mal nach, welche Grenzwerte für welche Kohlenstoffe gelten.
Es muss doch irgendwelche Infos darüber geben!
Sehr erstaunt hat mich auf jeden Fall, daß die großen Tauchsport-Organisationen allesamt um Informationen baten, sollte ich irgendetwas herausbekommen..... Sie wüssten es nicht!
30.08.2002 13:52
Hallo xxl,

Die Giftigkeit von CO wird durch einen erhöhten Partialdruck nicht gesteigert. Die "Vergiftung" beruht ja auf den Effekt, daß der Sauerstofftransport behindert wird. Beim Tauchen steht jedoch auch der Sauerstoff mit einem erhöhtem Partialdruck zur Verfügung. Daher hebt sich das Ganze damit auf (wieder lt. Ehm).
Ich finde es auch sehr erstaunlich, daß hier keine wirklich fundierten Antworten gekommen sind. Vielleicht finde ich auch noch etwas heraus.

Viele Grüße

Harro
30.08.2002 15:03
@Harro,
vielen Dank für Deine Mühen.
Zum erhöhten Partialdruck nochmals - prinzipiell hast Du sicher recht, aber - soweit ich weiss - diffundiert CO ganz anders als Sauerstoff. Dadurch würde der unter Druck erhöhte CO-Gehalt sich länger bemerkbar machen. Sprich die Sauerstoffbehinderung in der Blutbahn würde sich erst wirklich bei niedererem Umgebungsdruck - sprich beim Auftauchen - erst richtig auswirken.
Aber diese Info stammt aus nicht 100% sicherer Quelle.
30.08.2002 16:43
Hai,

die Idee, dass sich CO länger und speziell beim Auftauchen bemerkbar macht hat etwas. CO hat eine mehrfach höhere Affinität zu roten Blutkörperchen als Sauerstoff. Therapeutisch gibt es daher kaum ein Mittel, außer der HBO. Einen Teileffekt der HBO wird aber schon unter Druck mit Pressluft erreicht, lässt aber leider beim Auftauchen nach, die CO-Affinität bleibt aber.
Erschreckend ist wirklich, wie wenig dazu publiziert ist, es müsste doch eigentlich durch Druckluftbaustellen genügend Erfahrungen mit Gasverunreinigungen geben, leider ist nichts davon publiziert, oder ich bin zu dusslig, es zu finden. Richtig fundiert kann ich also leider auch nicht antworten, nur aus den Rückschlüssen der Gasgesetze.

Grüße
S.Overhagen, http://www.ovimed.de
30.08.2002 17:57
Manta, (die Antwort auf Hai )

ja, es ist erschreckend, daß offensichtlich zu diesem Thema so gut wie keine fundierten Kenntnisse vorhanden sind. Selbst an der medizinischen Fakultät der Uni-Erlangen-Nürnberg erlebte ich mit meinen Fragen nur erstauntes Schulterzucken.
Tauchverbände, Tauchärzte, Institute für Überdruckmedzin, Uni-Kliniken - allesamt wissen offensichtlich um die Zusammenhänge von Gasen ausnehmend wenig.
Jede mir bekannte Tauchorganisation erzählt bei einer CO-Vergiftung von "kirschroten Lippen" etc. Nur wie ich über die Gerichtsmedizin herausbrachte ist dieser Zustand bereits der Todeszustand. "Wenn man einen Toten mit gesunder Gesichtsfarbe und/oder schönen roten Lippen sieht - weiss man genau daß die Todesursache eine CO-Vergiftung ist".
Da die Tauchorganisation - wie sich jetzt herausstellt - von dieser Thematik aber leider überhaupt keine Ahnung haben, sollten sie solche Fehlinformationen auch nicht in ihren Prüfungsfragen abtesten.
02.09.2002 12:23
Moin, Taucher!

@xxl,S.Overhagen,harro: Zusammenfassung
Wenn ich das seinerzeit richtig verstanden habe, kommt es bei der Wirkung des CO genaugenommen auf die Menge der eingeatmeten Moleküle an. Diese haben (schon erwähnt) eine ca. 300fach höhere Affinität zum Hämoglobin als O2 und "besetzen" die roten Blutkörperchen; sie verlassen den Körper erst nach bis zu 12 Stunden wieder.

Mir erscheint da wenig logisch, daß die Wirkung von CO auf Tiefe durch den ebenfalls erhöhten PO2 wettgemacht würde. Der weit überwiegende Teil des lebenswichtigen O2-Transportes im Körper wird auch u/w vom Blut besorgt, nur sehr wenig durch eine direkte Diffusion - also dürfte auch der höhere PO2 nicht sehr lange helfen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, den ich bislang noch nicht durchschaue, ist das CO2; wird dessen Abtransport durch das CO vielleicht ebenfalls behindert, und die Vergiftung dadurch noch beschleunigt?

Fragen über Fragen...

Grüße, Mat²
03.09.2002 08:06
Hallo Mat²,

die Behauptung von Ehm ist, daß das Verhältnis der beiden Partialdrücke (CO und O2) ausschlaggebend für die Giftigkeit ist. Wenn also unter 1 bar der CO-Gehalt nicht gefählich ist, ist die gleiche Luft auch beim Tauchen nicht gefährlich. Wenn dies nicht so wäre, würde ja JEDE Konzentration von CO tödlich sein, da immer mehr CO anstelle von O2 - bis zur Sättigung bzw. tödlichen Dosis - "gesammelt" werden würde.
Die Wechselwirkung mit CO2 ist in der Tat auch nicht uninteressant. Ich würde erste einmal davon ausgehen, daß, wenn der Körper trotz CO noch genügend Sauerstoff aufnehmen kann, auch genügend CO2 abtransportieren kann. Oder ?????

"weiterforschender" Gruß

Harro

03.09.2002 09:38
Moin, Harro!

Klingt dann logisch...

Vielleicht frage ich noch mal beim Hypercapnia Research Lab nach - die hatten auch mal zum Thema "Oxy-Breaks" ganz brauchbare Infos...die noch nicht in den Lehrbüchern stehen. Wenn ich mal Zeit habe.

*ebenfalls weiterforschend*

Mat²
Antwort