Hier gibt es zu allen Fragen "Marke Süßwasser- und Meeresbiologie" kompetente Antworten - vom UBO (unbekannten Bestimmungsobjekt) im See bis zu Verhaltensregeln bei Haibegegnungen.

Baumstämme im See

Hallo!

Man sieht ja des öfteren mal Baumstämme oder Äste am Grunde eines Sees liegen. Erstmal nicht so spektakulär, ist halt mal nen Baum reingefallen. Trotzdem habe ich dazu folgende Frage:
Ich würde mal laienhaft annehmen, dass Holz ja eigentlich schwimmt. Also wieso liegen Baumstämme fest auf dem Grund, und treiben nicht an der Oberfläche?
Ist es so, dass manche Holzarten leichter als Wasser sind, manche schwerer? Wenn ja, welche?Oder schwimmen die erst an der Oberfläche, und sinken erst ab, wenn sie angefault sind, oder wie jetzt?
Danke,
skaidive
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07.10.2004 10:22
Hallo biouli und Tariernix!

Erstmal Danke für Eure Bemühungen um das Thema. So langsam kommen wir der Wahrheit näher. Für mich ist es eigentlich ausreichend beantwortet.
Es werden einige Faktoren zusammen den Umstand erklären:
- Die Hohlräume in Bäumen füllen sich mit Wasser, wodurch die Bäume erst schwerer werden als Wasser und daher langsam absinken (Die physikalischen Gesetze erspare ich mir an der Stelle )
- Ein Paket aus Bäumen, Geröll und Schlamm innerhalb einer Mure kann die Stämme auch sofort unter Wasser drücken, wo sie aufgrund des höheren Umgebungsdrucks verbleiben und sich zudem auch schneller mit Wasser füllen (Ja, Ihr Auskenner, auch dafür gibts physikalische Gesetze )
So. Ok, jetzt gäbe es bestimmt noch Details, die man näher untersuchen kann.
@Tariernix: Darauf muss ich doch nohcmal eingehen:
Für den Sameranger See kannst Duz richtig liegen. Da kenne ich die Geschichhte der Bäume nicht.
Aber Blindsee: Hier ist 1984 eine Lawine (bzw. Mure) abgegangen, die den Wald komplett und auf einmal in den See gespült hat. Da der Hang dort sehr steil ist, vermute ich auch (Spekualtion), dass die Mure sehr schnell war, vielleicht ist das Ganze inerhalb ein oder zwei Tagen passiert.
Und Attersee: Hierzu hat Harry ja schon beschrieben wie es war: Die Mure war hier mehrere Wochen unterwegs. Dies habe ich auch von der örtlichen Tauchschule schon gehört.
Will sagen: Eine Mure transportiert also sehr wohl lebende Bäume in Zeiträumen von ein paar Stunden bis mehrere Wochen in einen See.

Gruß,

skaidive
Tariernixi.d.R. ausreichend
06.10.2004 21:24
@ BioUli - das ist schon OK, ich wollte nicht so in die Details gehen. Vor allem, weil ich mir noch nie ernsthaft überlegt habe, welche Baumart(en?) es da sind, denen man so UW begegnet. Am logischsten wäre es ja, wenn es sich um Reifholzarten handelt, deren gesamter Querschnitt von lebenden, aktiven und damit nicht verschlossenen Leitungsbahnen erfüllt ist. Und diese - s. Dein Posting - sind ja auch solche Pionierbaumarten, die auf flachgründigen, extrem exponierten Standorten wachsen und dann halt schon mal eher mit einer Lawine etc. abgehen.

@ Skaidive: Eigentlich ist anzunehmen (Bsp. Samarangersee), dass diese Bäume nicht von jetzt auf nachher im See gelandet sind. Sondern dass sie erstmal irgendwie entwurzelt wurden (es gibt auch Sturm) und dann vielleicht auch nach und nach, per Gletscher- oder Lawinenstransport schlußendlich im See gelandet sind. Oder auch einfach Relikte von Vergletscherungen sind. Dann hätten Sie u. U. Jahrzehnte Zeit gehabt, einen Zersetzungsprozess durchzumachen, der ihr Inneres den Kollegen Boyle & Mariotte öffnet.

Trotzdem, so ganz zufrieden stellen mich diese Erklärungsversuche nicht, ich werde bei passender Gelegenheit mal einen der früheren Komilitonen befragen.

Tariernix - der lieber taucht als im Wald rumzulaufen

06.10.2004 09:59
Ups, ich meinte: NatürlichE Seen. Natürlich sind das Seen, aber eben auch natürliche
Bio-UliDipl.Biologe, TL****
06.10.2004 10:32
@ Tariernix, dem bekennenden Liebhaber von Baumestemme con molti funghi!

Schön! Du hast mich tatsächlich dazu gebracht zu ein paar Webseiten über verschiedene Arten der Holzimprägnierung zu surfen.
Da les ich doch u.a.:
"Durch V a k u u m :o - Druck-Imprägnierung werden
die Holzzellen gegen Fäulnis und Holzschädlinge
dauerhaft geschützt. Vakuum entzieht den Holzzellen die Luft, durch Druck wird der entstandene Hohlraum mit Schutzmittel gefüllt. Durch dieses Verfahren dringt der Wirkstoff tief in das Holz ein. Auch die feinsten Risse und Spalten werden geschützt."
Warum sollte nicht auch Wasser unter dem Druck von 2 oder mehr bar in der Lage sein, zusammen mit Myriaden von Mikrorganismen (die ja in den frischen Bäumen haufenweise Sauerstoff vorfinden, oder?! ), Leitgefäßsystem und andere Hohlräume soweit zu fluten, das der Holzstamm nicht mehr aufschwimmt?

Hier mal ne Grafik vom Aufbau eines Baumstammes:


Das (Zell-) Wachstum findet im sogenannten Kambium statt. Nach außen wird Bast und Rinde gebildet, nach innen das sog. Splintholz.
Das zentrale Kernholz, das nicht mehr am Stoffwechsel teilnimmt, besitzt bei gleicher Jahresringbreite eine höhere Dichte als das Splintholz, jedoch einen geringeren Wassergehalt.
Artspezifisch gibt es dabei enorme Unterschiede:



Sog. Reifholz-Bäume (links) sind Fichten, Tannen, Buchen, Ahorn u.a. (Tannenholz verträgt es gar nicht, dauerhaft in Wasser eingetunkt zu werden!), als Kernholz-Bäume (Mitte) gelten Eichen, Lärchen, Kiefern, Nußbaum u.a.), Splintholzbäume (rechts) sind Birken, Erlen, Pappeln ...

Es ist also auch durchaus auch entscheidend welche Bäume da schnell versenkt werden sollen!

Summa summarum: Ich find Boyle-Mariotte hat da vielleicht durchaus eventuell was mit alledem zu tun. Gerade CMAS-Tauchlehrer können ja von diesem Gesetz gar nicht genug bekommen! Ansonsten bleib ich jetzt bei meinen Leisten und bereite meinen HAI-Vortrag in Volkach vor, bei dem ich natürlich auch zu OPEN WATER http://www.taucher.net/forum/bioShow.html?messageNummer=2064 aus biologischer Sicht Stellung nehmen werde!

Best fishes,

Uli
B I O N A U T
Ohne B I O fehlt dir was!
---------------------------
kompotente , danke skaidive! meeres- und süßwasserbiologische Seminare!
http://www.bionaut-online.de


PS. Die inzwischen übliche Beregnung von gelagerten Baumstämmen in warmen Sommern soll doch wohl vor dem Befall des Borkenkäfers schützen, nicht vor Pilzen, die`s (wie viele andere *grins*) feucht lieben!
06.10.2004 09:57
Hallo Tariernix!

Na, jetzt wird`s ja interessant.
Für UW-Wälder in Baggerseen oder ehemaligen Tagebauen magst Du recht haben: Die sind ja nun mal mit dem Boden verwurzelt. Aber im Attersee (Oberösterreich), Blindsee, Sameranger See u.a. (Tirol) liegen wie schon beschrieben die Stämme wie ein Riesenmikado kreuz und quer über- und durcheinander. Und das sind natürlich Seen. Die Bäume standen da also nie, sondern sind dort reingefallen, hauptsächlich eben durch Muren (also Erdrutsche, Lawinen).
Das fand ich halt auch unlogisch. Ich hätte es mal rein aus Erfahrung erwartet, dass es so ist wie Du sagst: In diesem Fall schwimmen die. Auch dass die erst anfaulen müssen, hatte ich ja bereits vermutet (siehe Anfang des Threads). Also muss man sich das echt so vorstellen: Da geht ne Mure ab (häufig ja sehr langsam, daher wäre ich mir auch nicht so sicher damit, dass die Bäume von Geröll runtergedrückt werden), die Stämme schwimmen dann ein paar Wochen an der Oberfläche und sinken dann mit der Zeit langsam ab. Oder wie? Naja, warum nicht. Das erklärt eigentlich alles.
Danke für die Erklärung,
skaidive
Tariernixi.d.R. ausreichend
06.10.2004 00:30
Holz schwimmt - immer! Zumindest unser mitteleuropäisches Holz, von dem hier die Rede ist.

In einer äußeren, ringförmigen Schicht befinden sich viele Hohlräume, die als Leitungsgefäße beim lebendigen Baum für Transportvorgänge verantwortlich sind. Wird der Baum dicker, werden diese Leitungsbahnen "stillgelegt", da die Transportvorgänge nur außen ablaufen. Die stillgelegten Bahnen verschließen sich beim Absterbevorgang, vorher werden dort noch Sachen eingelagert, aber es wir eben auch Luft eingeschlossen.

Damit dort Wasser eindringen kann (oder z. B. Imprägniermittel), müssen diese abgeschlossenen Hohlräume wieder eine Verbindung nach außen bekommen. Technisch macht man das mit irsinns Hitze und Druck zur Imprägnierung, Mutter Natur macht das ganz langsam mit zersetzenden Organismen, vorwiegend Pilzen. Die Pilze sind überwiegend auf die Anwesenheit von Luftsauerstoff angewiesen, weshalb dieser Prozess im Wasser praktisch zum Stillstand kommt (Wasserkonservierung von Holz - s. Beregnungsanlagen auf den gr. Holzpoltern im Schwarzwald).
Damit ein Holzstamm also absinkt, muß er vorher schon einige Zeit vor sich hin verrottet sein, oder sogar schon stehend von innen zersetzt worden sein, damit er von den Herrn Boyle & Mariotte durchdrungen werden kann. Und natürlich, je dünner, desto leichter.

Ich denke, ein Großteil der UW-Bäume in den Baggerseen ist irgenwie im Kies oder in der Schlammhalde verankert und kann gar nicht weg. Und etwa armdicke Äste haben noch keinen abgestorbenen Kern, die können da auch rumliegen.

Tariernix - bekennender Grüner und Liebhaber von Pizza con funghi

HarryCMAS*** usw.
05.10.2004 19:17
@holk:

bezüglich nöhmer und anderer spezialitäten am attersee bin ich am forschen

soviel aber schon mal dazu:
19. Juni 1959 - Mitte August 1959
Die Jägermaisrutschung zwischen Konsumgraben und Grenzgraben. Im Juni begannen rund 100 Meter Hang abzureißen, das Erdreich senkte sich bis zu 15 Metern. Anfang August begann der Boden mit rund 6 Metern pro Tag zu wandern. Im Herbst hatte der Erdstrom den Attersee erreicht, und im Frühjahr 1960 kehrte wieder Ruhe ein. Verlagert wurden rund 300.000 m³ Material in den See... und ein Wohnhaus.
Nach sechs Versuchen, die Bundesstraße wieder flott zu machen, gab man auf und richtete einen Fährbetrieb ein.


harry
Bio-UliDipl.Biologe, TL****
05.10.2004 15:24

Wenn`s ne Mure war, die für die Bäume im See gesorgt hat, dann ist doch leicht vorstellbar, dass Geröll und Schlamm die Bäume unter Wasser gehalten haben, bis sie - vergleichsweise schnell - titanicmässig! vollgelaufen sind!

BOYLE-MARIOTTE!
05.10.2004 19:06
Hallo !

@Holk: Genau. Ich war auch neulich am Attersee, Nöhmer. Und diverse Seen in Tirol. Und eben da ist bei mir diese Frage aufgekommen.
@Biouli. Ja, das wäre eine Erklärung. Die ganze Mure mit Geröll und Schlamm drückt eben auch die Stämme gleich mit unter Wasser.
Danke. Biouli, nichts für ungut. Ich finde Deine kompotenten und schnellen Beiträge zu Bio-Fragen immer sehr gut . Echt jetzt
Aber dieses Physik-Gesetze-Zitieren mag ich nicht so, sorry. Und Boyle und Mariotte haben sich nunmal nicht mit Muren und Baumstämmen beschäftigt.
05.10.2004 15:19
Die selbe Frage habe ich mir auch schon gestellt und das mit dem volllaufen ist dabei schon richtig. Aber wie ist das wenn gleich mehrere Bäume übereinander gestapelt liegen wie im Attersee. Beim Tauchplatz Nömer/Baustämme liegen Bäume mit 15m länge umd 2m Durchmesser drinn wie Mikadostäbchen. Die wurden von einer Mure eingeschwämmt und sind sicher nicht 5 Stunden rumgetrieben ehe sie sich dann übereinander gelegt haben.


Ich glaube das hat etwas mit der Anziehungskraft zu tun, das wenn ein Baum die Wasseroberfläche bis zu einer bestimmten tiefe durchbricht gleich sinkt?? daher liegen die Bäume übereinander. HAbe leider auch noch nicht die richtige Anwtort bekommen


ciao Holk
http://www.abyssdivers.at
Bio-UliDipl.Biologe, TL****
05.10.2004 15:15
"Wasch mich, aber mach mich nicht nass!"

Vielleicht hilft dir das weiter. http://www.google.de/search?hl=de&ie=UTF-8&as_qdr=all&q=holzphysik&btnG=Suche&meta=
Alles Fachseiten für Holzphysik, von erfahrenen Baumfällern erstellt!
JA, mea culpa: Ich weiss wirklich nicht, wie lange ein mittelgroßer Fichtenstamm schwimmt. Ich schätze mal zwei bis drei Wochen. Halt uns auf dem Laufenden, skaidive!
Bio-UliDipl.Biologe, TL****
05.10.2004 14:28
Unsere Bäume haben im lebenden wie toten Zustand an Land alle eine geringere Dichte als Wasser. Das liegt an den vielen Leitgefäßen bzw. luftgefüllten Hohlräumen im Baum.
Ein Baumstamm im Wasser schwimmt also erst (Gesetz von Archimedes) und weil er nicht wasserdicht ist, läuft der Baum dann mit Wasser voll (Gesetz von Boyle-Mariotte) bis er Abtrieb hat. Das ist so ähnlich wie bei einem Taucher, dessen Jacket angeknabbert wird.

Können wir jetzt wieder über Haie und OPEN WATER reden?! http://www.taucher.net/forum/bioShow.html?messageNummer=2064
05.10.2004 14:49
Hallo uli !

Danke für die Antwort.
OK, er läuft mit Wasser voll. Ist ne Erklärung (Dazu braucht man nicht mal nen Verweis auf Boyle-Mariotte Uli, das Gesetz kennen wir alle, es hätte meine Frage aber nicht allein beantwortet ). Wie lange dauert denn das?
Ich habe mal gehört, dass man in Alaska zum Transport von Bäumen ins Sägewerk die Dinger einfach in nen Fluss schmeißt, und flussabwärts irgendwo wieder einsammelt. Dann dürfen die sozusagen nicht lange unterwegs sein, wie?
Übrigens: Zu Deinem tollen Thread habe ich schon gepostet
Gruß,

skaidive
Antwort