Bundesrecht, Landesrecht, kommunale Verordnungen. Und damit nicht genug, viele weitere Gesetze erleichtern oder besser erschwerden uns das Tauchen. Probleme dazu können in unserem Rechtsforum diskutiert werden, kompetente Moderatoren sind vorhanden.
LordExcaliburAOWD + Nitrox

Haftung bei Tauchunfällen

Hallo,

ich war neulich mit einem TL als Buddy tauchen. DIeser hat mir erzählt, dass er (als höher Brevetierter) im Falle eines Unfalls eigentlich immer die A***karte hätte.
Daher jetzt mal die hypothetische Frage. Wie sieht die Haftung bei Tauchunfällen im Buddy Team grundsätzlich aus?

Grüße,
MadShark
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02.08.2007 20:31
Ist so. Als Tauchlehrer hast du in der Gruppe immer eine gewisse Mitverantwortung. Auch wenn der Event nicht vom TL organisiert wurde. Eine Mitschuld ist gegeben wenn der TL, obwohl er es besser wusste, nicht eingegriffen hat und einen offensichtlicher Fehler, der zu einem Tauchunfall führen kann, nicht korrigiert hat.
02.08.2007 20:38
Ich liebe die pauschalen Fragen und die dazugehörigen Antworten. Als Autofahrer ist man auch immer schuld. So stimmt das nicht und ist stark vereinfacht.
02.08.2007 20:44
Na dann erzähl doch mal lieber Dorfrichter
LordExcaliburAOWD + Nitrox
02.08.2007 20:52
Wie sieht es denn aus wenn man z.B. als Rescue mit nem OWD tauchen geht, oder als CMAS*** mit nem *?
Ist dann im Zweifel immer der höher Brevetierte haftbar?
Und gleich die nächste Frage. Ist eine solche Haftung von der Privathaftpflicht abgedeckt?
02.08.2007 22:44
Das Problem de Haftng stellt sich erst später.
Zuerst geht es mal darum, wer die Verantwortung trägt bzw. getragen hat.
Konstruieren wir mal einen Hypothetischen Fall:

Verein ABC geht zusammen tauchen.
Es wird ein Treffpunkt am See vereinbart, und alle sind da.
Jetzt geht es zunächst mal darum, wer das ganze "angeleiert" hat. Unterstellen wir mal der erste Vorsitzende. Dann ist dieser mal primär dafür veantwortlich, daß die Sicherheitsvorkehrungen eingehalen sind. Das heißt, er muß im Zweifelsfall dafür Sorge tragen, daß ein hoch genug ausebildeter mit dabei ist, damit es den "Vorschriften" entspricht (Wenn es ein Verein im VDST ist: Daß auch *** Taucher dabei sind, wenn auch * mitgehen bzw. wenn nicht zu tief genügend ** wenn auch * dabei sind)
Sollte dies nicht gegeben sein, muß er es ggf. absagen!!!
Er hat auch dafür Sorge u tragen, daß Notfallsauerstoff mit dabei ist oder am Tauchplatz gg. verfügbar ist.
Diese Plichten sind mal unabhängig vom Ausbildungsstand.
Das ist vergleichbar mit der DiscoVeranstaltung in der Dorfturnhalle. Wenn da in der Genehmigung steht, daß zwei Feuerwehrleute vor Ort sein müssen, dann ist der Veranstalter "fällig" wenn die zwei nicht da sind, er die Veranstaltung trotzdem durchführt und es brennt.
Das erste, was ein Sachverständiger vor Gericht gefragt werden wird ist, ob denn die Sicherheitsvorkehrungen eingehalten wurden und ob die "Veranstaltung" nach seiner sachkundigen Meinung, denn sicher hätte ablaufen können
Vor Ort dann, wenn es um`s tauchen geht, geht die Verantwortung für den Tauchbetrieb auf den über, der die höchste Ausbildungsstufe hat, die aber mindestens so hoch sein muß, wie es den Sicherheitsstandards entspricht.
Wenn da also ein TL dabei ist, ist dieser der "Clown in der Bütt".
Dieser erlangt eine Garantenstellung "aus beherschen der Gefahr" für die anderen Taucher.
Wenn dieser zum Beispiel zulässt, daß jemand mit nur einer ersten Stufeins kalte Wasser geht um einen TG auf sagen wir mal 30m oder 40m durchzuführen, ist er fällig wenn dieser Taucher wegen einfrieren dieser einen ersten Stufe abkaspert, denn er hätte aufgrund seines Wissens und seiner Erfahrung die Gefahr erkennen und desalb diesen Tauchgang verhindern müssen.
Da kann man m Einzelfall ganz ganz schnell aus der Fahrlässigkeits- in den Vorsatzbereich rutschen und das ist dann nicht mehr sooo witzig.
Zu dem Themenbereich kann aber sicher Claus mehr beitragen.
Es ist immer alles ganz easy und "Diving is Fun" bis mal was passiert. Dann reden plötzlich ganz unenstpannte Anwälte (Staats- und Rechts-) mit und es zählt überhaupt nicht mehr, ob man das immer so gemacht hat o. ä.
Wenn bei einem Tauchgang einer "ins helle Licht" getauch ist, geht es auch reht scnell um rech viel Kohle von Versicherungen u. ä.
Da wird dann schonmal das eine oder andere Haar gespalten. Da hilft dem, der die Verantwortung hatte, nur, daß alles "richtig" gemacht wurde, was in seiner Macht lag.

Claus, sag du mal was dazu........

Vercingétorixold school
03.08.2007 08:56
Wir reden immer über Papierfälle.
Der Einwand im Fall von Oliver würde lauten, jeder Depp weis, das zur Vorbereitung eines Tauchgangs eine Rettungskette und eine O2-Versorgung gehört. Jeder Depp weis, das im Kaltwasser zwei getrennte Stufen erforderlich sind. Wenn man sich darauf einläst, handelt es sich um eigenverantwortliche Selbstgefährdung.
Oder gibt es feststehende Regeln für die Durchfürung von Tauchgängen, die dem Stand der Technik entsprechen und unabdingbar sind? Tauche nie allein ist z.B. eine solche Regel, die Betrennung unter Wasser zu Unanehmlichkeiten führen könnten. Habe ich damit bereits den Punkt erreicht, wo ich das nicht mehr hätte durchführen sollen? Mache ich die Verantwortung an dem Zettel oder an den tatsächlichen Tauchgängen fest? 100 Tauchgänge im Roten Meer oder 20 Tauchgänge Kalt, Tief und Dunkel. Lag der Unfall tatsächlich an einer ersten Stufe oder daran, das der Depp keine Wechselatmung konnte oder den Kraken nicht gefunden hat. Hat er das vor dem Tauchgang erklärt oder wurde nachgefagt? War seine Ausrüstung technisch OK, wenn nicht hätte man das sehen können? Müssen wir nach Veranstaltung (Verein, gewerblicher Club, gewerbliche Tauchbasis im Ausland oder privates Treffen am See) trennen bei der Beurteilung?
Eins ist jedenfalls sicher "Tauchen ist lustig und einfach" ist ein Trugschluss. Bei Unfällen mit finalem Ausgang wird die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Und wenn die erstmal anfangen Fragen zu stellen, kann es schnell unangenehm werden und zwar für alle Beteiligte! Und Staatsanwälte sind Opfer ihres Berufes, da wird jedes Wort auf die Goldwaage gelegt.
LordExcaliburAOWD + Nitrox
03.08.2007 09:04
Mir ist schon klar, dass das ganze auf hypothetische Ebene relativ schwierig ist.
Dennoch interessiert mich der Sachverhalt.

Angenommen ich suche hier in der Buddydatenbank und wir verabreden uns zum tauchen. Einer der beiden ist höher Brevetiert als der andere. Vor dem TG unterhält man sich über Erfahrung etc...
Ein Buddycheck wird vorschriftsmäßig durchgeführt.
Aus irgendwelchen Gründen passiert dem niedriger Brevetierten etwas, sagen wir mal er kriegt Panik und schießt nach oben durch --> DCS.

Wie sieht die Lage aus?
Vercingétorixold school
03.08.2007 09:37
Mmmmh, für Panik ist keiner verantwortlich. Die Frage wäre, hättest du die beginnende Panik merken können, weil du als Führender die Kontrolle des anderen vernachlässigt hast? Vor oder wärend des Tauchgangs? Das du verpflichtet bist, auf die Gruppe zu achte steht außer Frage. Das wäre eine Garantenstellung. Nächster Punkt wäre, hast du alles gemacht um das Durchschießen zu verhindern ohne dich selbst zu gefährden? Oder ist der Kollege mit dem Finger am Inflator wie im Fahrstuhl hoch und du hattest keine Möglichkeit zu reagieren? In der Uhr bist du, wenn er klar und deutlich signalisiert, ich mag nicht mehr. Dann mußt du den Tauchgang ins Flachwasser führen oder beenden.
LordExcaliburAOWD + Nitrox
03.08.2007 11:04
Ok, also sollte man ganz genau darauf achten alles Lehrbuchgemäß zu machen...
Wie sieht denn die Lage aus wenn der höher Brevetierte verunglückt?
Vercingétorixold school
03.08.2007 13:22
Naja, lehrbuchmäßig ist immer so eine Sache. Aber so gewissenhaft wie möglich. Das Befummeln vor dem Tauchgang fällt bei Änfängern anders aus, als bei langjährigen Tauchpartnern. Wenn der Gruppenführer verunglückt, stellt sic die Frage ob der andere nach seinem Erfahrungs- und Kenntnisstand etwas hätte besser machen können und ob er, ohne sich selbst zu gefährden, Hilfe leisten kann.
04.08.2007 08:28
Die Aussage "Der höher brevetierte haftet immer!" ist völliger Humbug. Jeder haftet nach dem grad des persönlichen Verschuldens. Es ist also die FRage zu stelle, ob der h.b. die Gefahrensituation erkannt hat, bzw. hätte erkennen können, ob er hätte helfen können und ob diese Hilfe zumutbar gewesen wäre. Nur wenn diese Frage alle mit ja zu beantworten sind, kommt eine Haftung überhaupt in betracht. In diesem Rahmen stellt sich auch die Frage der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung. Wer sehenden Auges die Regeln verletzt und sich in Gefahr begibt darf nicht darauf evrtrauen, daß sein Buddy ihn unter Einsatz der eigenen Gesundheit rettet. Hat der Buddy hingegen die gefährliche SItuation verursacht, so hat er auch eine höhere Verpflichtung zu helfen (Ingerenz - eigtl. auch StR), die bis hin zur Selbstgefährdung geht.
In diesem Zusammenhang hat auch die Garantanstelleung nicht verloren. Garantenstellung ist ein Begriff aus dem Strafrecht. Haftung ist hingegen eine zivilrechtliche Frage.
Strafrechtlich sieht es für die Unterlassungsdelikte (bspw. Totschlag durch Unterlassen) so aus, das eine Garantenstellung, also eine Handlungspflicht bestanden haben muß. Ohne Garantenplicht keine Unterlassungsdelikte. Dies kann eine Stellung aus Ingerenz, familiärer Verbundenheit, Gefahrgemeinschaft o. ä. sein. Wobei ein höher brevetierter Buddy nicht so ohne weiteres einem Bergführer gleichzusetzen ist. Dies gälte allenfalls für einen Diveleader, der einen Tauchgang führt.
Ausnahme ist die unterlassene Hilfeleistung, da jedermann zur Hilfeleistung verpflichtet ist, aber eben nur im Rahmen des persönlich möglichen.
ralfeisfeldPADI AOWD
09.12.2008 22:24
Hallo, am 7.12. ereignete sich ein tödl. TU am Werbellinsee. Ich war der Tauchpartner des Verunglückten. Ich verlor den Kontakt zu meinem Tauchpartner, so dass ich nach kurzer Suche wie gelernt auftauchte. Mein Tauchpartner konnte nur noch Tod geborgen werden. Welche rechtlichen Konsequenzen hab ich zu befürchten. Habe 75 Tauchgänge, mein Partner wie ich erst später erfuhr war Neuling ohne Taucherfahrung mit wohl 8 Tauchgänge.
Trauriger Gruß und mein tiefstes Beileid an die Hinterbliebenen
Münchner KindlTDI Helitrox Diver
03.06.2016 12:29

Wie sieht es denn mit folgendem Szenario aus: Ich bin der einzige Tauchlehrer auf einem Tages Trip (Boot) mit 10 Gästen.

Nur zwei der Gäste (unbrevetiert) werden mir zugeteilt.

Die restlichen brevetierten Gäste gehen in 3er Gruppen mit jeweils einem Divemaster als Gruppenführer.  

Ich gehe mit meinen beiden Tauchern in seichteres Gewässer als die anderen Gruppen. 

Bei einer der anderen Gruppe passiert ein Tauchunfall (z.B. Lungenriss oder Kreislaufkollaps).

Kann ich als höchstbrevetierter Taucher des Bootes belangt werden obwohl ich nicht mal in der Nähe der anderen Gruppen war?

ramklovApnoeTL, TL**
05.06.2016 00:32

Bei dem beschriebenen Szenario: Warum solltest Du? Worin soll ein Verschulden, Handlung oder Unterlassung, Deinerseits liegen?

gruß ramklov

30.11.2016 16:10

Hallo zusammen,

die Gesetzgebung ist hier sehr einfach und nachvollziehbar gestrickt. 

Zum einen gibt es 2 relevante Rechtsbereiche:

Rechtsbereich 1: Haftung aus Vertrag, Mitgliedschaft

Rechtsbereich 2: Strafrechtliche Haftung (unabhängig von Rechtsbereich 1)

Es gilt bei jeder Situation aus Rechtsbereich 1 folgenden Sachverhalt zu prüfen:

Wer?                                            Der Geschädigte

Kann von wem?                            Dem Mittaucher/Tauchlehrer

aus welchem Grund?                     Ausbildungsvertrag, oder Mitgliedschaft in einem Verein, wenn es sich um eine

                                                   Vereinsveranstaltung handelt

Was verlangen?                            Schadenersatz für Sach-, Personen- oder Vermögensschäden

Abkürzung:                                  In der Regel über die Tauchlehrerhaftpflicht des Tauchlehrers oder aber

                                                  über die Vereinshaftpflicht für Ihre Übungsleiter/Tauchlehrer versichert.

                                                  Zusätzlich besteht Schutz über die Pflichtversicherung für Unfälle.

Bei Fragen der Haftung wird meist unterschieden zwischen den beiden Begriffen:
A: Grobe Fahrlässigkeit (Ich sehe das Risiko das unmittelbar etwas passieren kann) aber ich nehme das Risiko in Kauf

    in Verbindung mit der Hoffnung, das nichts passiert

B: Vorsatz (Absicht)

In den meisten Policen ist die grobe Fahrlässigkeit mittlerweile Standard. Bei Vorsatz wird der Schaden abgelehnt und der Verursacher trägt die komplette Haftung alleine.


Strafrechtlicher Bereich:

Hier kommen ausschließlich Paragraphen in Frage, die auf folgende Punkte abzielen:
Körperverletzung und gefährliche Körperverletzung (aktives Handeln notwendig)

Unterlassene Hilfeleistung in einer Situation, in der Leib und Leben einer dritten Person
in Gefahr sind.

Diese Punkte sind eigentlich selbst erklärend. Es verhält sich ähnlich einem Übungsleiter/Trainer bei allen

anderen Sportarten. Menschliches Versagen, übersehen, versehen reicht hier nicht aus, um jemanden
strafrechtlich zu Verfolgen.

Üblich ist, das die Staatsanwalt bei Unfällen mit Personenschäden (oder auch Tot) von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren eröffnet. 

Beispiel Abgrenzung Vorsatz: Der Tauchlehrer sieht, das der Tauchschüler plötzlich die Flasche leer hat und
es ist ihm egal. Er taucht weiter mit dem Schüler. Hier ist abzusehen, das etwas passiert, es ist nur die Frage in 
welcher Sekunde. Die Hoffnung, das trotz der drohenden Gefahr alles gut geht, wiederspricht dem gesunden Menschenverstand. Dies alles müßte in einem Urteil natürlich bewiesen werden, das heißt es müßte Zeugen geben etc, bevor es zu einer Verurteilung überhaupt kommt.

Wichtig als letzen Aspekt: Es besteht auch die Möglichkeit, das ausserhalb von Tauchschule, Verein ein privater Tauchgang unter Freunden stattfindet. Hier besteht keine besondere Verpflichtung des besser Ausgebildeten die 
vollständige Sorge für dessen Tauchgang etc. zu übernehmen.

Beispiel Abgrenzung: Nimmt ein Fahrlehrer mit Freunden an einem Rennwochenende teil, wäre er quasi bei jedem Fahrfehler mit in der Haftung, wo er daneben sitzt und nicht rechtzeitig eingreift (Beispiel Ralley mit Beifahrer). 
Hier ist jeder für sich selbst verantwortlich und Schadenersatzansprüche würden sich nur dann stellen, wenn eine
vorsätzliche Handlung herbeiführen würde. Einfach und logisch nachvollziehbar auch auf andere Lebensbereiche, dann wird es anschaulich. Ein Metallbaumeister würde sich quasi mitschuldig machen, wenn er sieht, wie sein Nachbar sich selbst etwas zusammen schweißt, was nicht fachgerecht ist und einstürzen kann (Carport). Er wäre ja verpflichtet, aufgrund seiner Ausbildung einzugreifen. Hier ist die Abgrenzung eindeutig und läßt sich auch so übertragen.

Alles klar? Gelegentlich hört man auch den Spruch: Wer sich in die Gefahr begibt, der kommt darin um.

Das hat durchaus einen ernsten Hintergrund, das jedem die Gefahr bewußt sein sollte. Möchte ich bestmögliche Sicherheit, dann tauche ich nur in einer Tauchschule mit einem Tauchlehrer, oder im Verein. Gehe ich mit Freunden, Bekannten tauchen, so würde ich A. mir das Geld für die teuren Tauchgänge in der Tauchschule sparen, aber B. den ahnungslosen und auch in seiner Freizeit befindlichen Kumpel/Bekannten haftungstechnisch voll ins Boot ziehen.
Bei Umzügen sprechen die Richter an dieser Stelle von Gefälligkeitsschäden, wenn den helfenden Freunden etwas herunterfällt. Sie sind dafür nicht haftbar zu machen. Ähnlich nachvollziehbar läßt sich das auch auf uns übertragen.

Ich rege durchaus zur Diskussion an. Hier wurden nicht alle Aspekte beleuchet, sondern nur ein grober Überblick gegeben, der dazu beitragen soll, selbst eine mögliche Haftung/Verantwortung einzuschätzen.

Allzeit 50 Bar
Volker

14.12.2016 08:45

@Huski1969 Wie würdest du denn die Begriffe "Gefahrengemeinschaft" für vergleichbar erfahrene Tauchpartner und "Garantenstellung" für einen deutlich erfahreneren Tauchpartner strafrechtlich bewerten?

17.12.2016 14:24Geändert von Husky1969,
17.12.2016 14:29

Hallo KWolf,

die Gefahrengemeinschaft bezieht sich ja auf Unterlassung einer Hilfeleistung nach StGb 13. 

Es geht um die Zumutbarkeit der gegenseitigen Hilfe in Notsituationen unter Abwägung der eigenen Kenntnisse und Fertigkeiten

sowie der Abschätzung des Risikos für die Gefahr der eigenen Gesundheit und des Lebens.

Gefahrengemeinschaft: Wenn sich mehrere Personen zu dem Zweck verbunden haben, durch ihren Zusammenschluss die Chancen zur Bewältigung eines gefährlichen Unternehmens zu erhöhen.

Hiermit ist genau diese gegenseitige Hilfe gedacht, die sich aber erst einmal NICHT auf Notfälle und lebensbedrohliche Situationen bezieht.

Kurz: 1000 Passagiere auf einem Kreuzfahrtschiff sind keine Gefahrengemeinschaft, 3 Taucher bei einem gemeinsamen Tauchgang sehr wohl.

Kommt es jetzt zu einer Situation die von einem der Beteiligten A erkannt wird, B durch risikolose Hilfe C abgestellt werden kann, so ist jeder der Teilnehmer dieses Tauchganges (Gefahrengemeinschaft) verpflichtet in diesem Rahmen zu helfen.

Macht er dies nicht, so ist es wie in jeder anderen Situation über Wasser. Unterlassene Hilfeleistung ist strafbar §89 

Es wird niemand dafür bestraft, wenn er nicht hilft, weil er 1. Weder die Ausbildung hierfür hat  (Beispiel Höhenrettung in den Bergen) oder 2. 

sich und andere damit zusätzlich gefährdet. 

Die Situation ist wie folgt definiert:

Konkrete Gefährdung liegt vor, wenn sich eine bestimmte Situation bereits so bedrohlich zugespitzt hat, dass sie für den davon Betroffenen erfahrungsgemäß nahezu zwangsläufig zu einer Beeinträchtigung von Leib und Leben führt.

Unglücksfälle sind:

Unglücksfälle sind idR plötzlich eintretende Ereignisse, die erhebliche (konkrete) Gefahren für Leib und Leben eines anderen befürchten lassen.

Unterlassene Hilfeleistung

(1) Wer es bei einem Unglücksfall oder einer Gemeingefahr (§ 176) unterläßt, die zur Rettung eines Menschen aus der Gefahr des Todes oder einer beträchtlichen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung offensichtlich erforderliche Hilfe zu leisten, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen, wenn die Unterlassung der Hilfeleistung jedoch den Tod eines Menschen zur Folge hat, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen, es sei denn, daß die Hilfeleistung dem Täter nicht zuzumuten ist.

(2) Die Hilfeleistung ist insbesondere dann nicht zuzumuten, wenn sie nur unter Gefahr für Leib oder Leben oder unter Verletzung anderer ins Gewicht fallender Interessen möglich wäre

Die sogenannte Unzumutbarkeit ist hier wie folgt definiert: 

Unzumutbarkeit nicht erst bei beträchtlicher, sondern schon bei einfacher Gefahr für Leib und Leben und bei anderen Interessen ist ein überwiegen nicht notwendig, sie müssen nur ins Gewicht fallen.

Bezogen ein konkretes Beispiel:

A. Bewegt sich ein Taucher komisch oder gar nicht mehr, bin ich verpflichtet zu ihm zu tauchen und mittels Check zu überprüfen, ob eine Notsituation vorliegt. Frage-Antwort ok, Sichtkontakt etc. Sollte der Check negativ sein, so bin ich verpflichtet, entsprechend meiner Ausbildung zusammen mit ihm den Aufstieg einzuleiten auf diese Art zu helfen.

B. Stelle ich auf 30 Metern Tiefe fest, das mein Buddy auf einmal 20 Meter abgesackt ist, so kann ich zwar helfen, aber ich muss es nicht, da in dieser Tiefe evtl. die Luftreserve nicht mehr für beide reicht für einen gemeinsamen Aufstieg. Eine Hilfe würde eine Gefahr für meinen Körper und meine Gesundheit bedeuten. 12 L Flasche.

C. Bin ich für Tiefen bis 50 Metern ausgebildet und habe einen genügenden Trimix-Vorrat mit, bedeutet das Hinterhertauchen bis zum Buddy kein 

übermäßiges Risiko und ich bin verpflichtet zur Hilfe, weil ich sowohl Ausbildung als auch Erfahrung und die technischen Mittel habe auf diese Tiefe
abzusinken, ohne mich oder andere zu gefährden.

Alles eindeutig jetzt? Hinweis: Der Begriff der Gefahrengemeinschaft umschreibt nur eine Gruppe von Personen, die sich zu einem bestimmten Zweck zu einer Gruppe zusammenschließen um ein mit Gefahren verbundenes Ziel einfacher zu erreichen.

Unter wie über Wasser gilt das gleiche Recht. Im Rahme seiner Möglichkeiten ist jeder zur Hilfe verpflichtet in Notsituationen.

Hinweis: Wir beleuchten an dieser Stelle nur die strafrechtlichen Auswirkungen. Im Bezug auf die gegenseitige Haftung für einen verursachten Schaden geht es auch darum, wenn ein Schaden durch Tun (Handlung) oder Unterlassung verursacht wird. 

Aber auch diese Unterlassung würde sich in den obigen Situationen immer an das Strafrecht anlehnen.

17.12.2016 17:55

Danke. Und Garantenstellung bedeutet, dass der höher Erfahrene oder höher Qualifiziere eingreifen muss (wenn es  zumutbar ist), falls er aus seinem Wissen oder Erfahrung heraus eine Situation zwingend voraussieht, die Leib und Leben eines anderen in Gefahr bringt.

Die Frage wurde hier mal sehr kontrovers diskutiert, inwieweit dies auch Fremden gegenüber gilt, die nicht Teil der eignen Tauchgruppe sind, man also gefährliches Tun nur beobachtet:

Wenn ein Schaden für Leib und Leben unausweichlich erscheint, müsste imho auch ein Fremder zumindest dringend auf die Gefahr aufmerksam machen.

08.01.2017 13:13

Ich darf ganz allgemein zu bedenken geben, dass es bei nicht rein deutschen Fällen stets darauf ankommt, WO sich der Schadensfall zuträgt und nach dem Kollisionsrecht (IPR) zu beurteilen wäre, das (Schadenersatz)Recht welchen Staates auf den Sachverhalt anwendbar wäre. Dabei ist vorrangig zu entscheiden, ob es sich um eine vertragliche oder außervertragliche Haftung handelt. Vorgelagert ist noch die Frage, die Gerichte welchen Staates international für die Rechtssache zuständig wären, denn danach richtet sich, welches Kollisionsrecht heranzuziehen wäre.

Im Strafrecht ist überwiegend der Tatort relevant für das anwendbare Strafrecht.

08.01.2017 13:23
"Im Strafrecht ist überwiegend der Tatort relevant für das anwendbare Strafrecht."Guter Hinweis! Gilt aber wohl nur, wenn man sich noch im Zugriff der fremden Gerichtsbarkeit befindet.
14.07.2017 17:01Geändert von Herbert,
14.07.2017 17:15

Wir haben zum Thema einen neuen Thread eröffnet aufgrund einer Ausführung von Dr.Ulrich Böttger zum Thema Gefahrengemeinschaft: taucher.net/forum/84757/topic/

Antwort